Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) Herausforderung in der betrieblichen Praxis
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- Nikolas Schreiber
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1 Fachtagung DVSG: 20.Oktober 2014, Düsseldorf Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) Herausforderung in der betrieblichen Praxis Norbert Gödecker-Geenen Deutsche Rentenversicherung Westfalen 1
2 Herausforderungen der Zukunft Demografische Entwicklung Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials: bis 2050 um rd. 6-8 Mio. Personen. Steigender Altersdurchschnitt der Gesellschaft und der Belegschaften. Wahrscheinlichkeit alterungsbedingter gesundheitlicher Einschränkungen steigt. Berufliche Entwicklungen Wandel der Arbeitswelt: Schrumpfung des produzierenden Bereichs und Ausweitung des Dienstleistungssektors. Drastischer Rückgang der Nachfrage nach geringqualifizierten Arbeitskräften. Steigender Bedarf an Fachkräften. Lebenslanges Lernen und Gesundheit als Voraussetzungen für lebenslange Beschäftigungsfähigkeit (Employability). 2
3 Historie eigenständiges Angebot der DRV Westfalen seit dem Fortführung des bundesweiten Modellprojektes Gesunde Arbeit zur Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen der Arbeitswelt Zuständigkeitsbereich der DRV Westfalen Anpassung des Leistungsangebotes an den Auftrag der gesetzlichen Rentenversicherung 3
4 Handlungsfelder konkret Betriebliches Gesundheitsmanagement Vernetzung mit Kooperationspartnern Betriebliches Eingliederungsmanagement Demografiemanagement Ermittlung von Rehabilitationsbedarf Gesundheitsförderung 4
5 Beratung im Unternehmen Grundverständnis - PE = Personalentwicklung OE = Organisationsentwicklung 5
6 Rente Rehabilitation Prävention 6 Neue Perspektive der Rentenversicherung Antrag Gesundheit Krankheit Abnehmende Wirksamkeit und Effizienz
7 Situation in Betrieben (wissenschaftlicher Befund) Ausgangslage in einem Betrieb = Völlig Gesunde Mitarbeiter sind in der Minderheit (N= ) % 20% 40% 60% 80% 100% Quelle: Stork 2010, Grundlagen angewandter Arbeitsmedizin Gesunde ohne Risikofaktoren Gesunde mit beeinflussbaren Risikofaktoren Chronisch Erkrankte mit beeinflussbaren Risikofaktoren Chronisch Erkrankte 7
8 Frühwarnsysteme im BGM Gesunde Beschäftigte Was tun? Gesundheit erhalten! Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) Beschäftigte mit Risikofaktoren Was tun? Gesundheitszustand verbessern BGF, Präventive Rehabilitation Langzeiterkrankte Was tun: Strukturiert Eingliedern Rehabilitation; Betriebliches Eingliederungsmanagement 8
9 Gesetzliche Grundlagen BEM: 84 SGB IX Prävention (...) (2) Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). (...) 9
10 Gesetzliche Grundlagen BEM: 84 SGB IX Prävention (...) Soweit erforderlich wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die örtlichen gemeinsamen Servicestellen oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des 14 Abs. 2 Satz 2 erbracht werden. Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, können die Klärung verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt. (...) 10
11 Betriebliches Eingliederungsmanagement Was soll erreicht werden? gesetzlich regulierter kooperativer Suchprozess nach den Ursachen der AU nach Möglichkeiten zur Überwindung der AU nach Hilfen zur Vorbeugung erneuter AU / zur Sicherung des Arbeitsplatzes Ziel: Erhalt/Schaffung eines leistungs- bzw. behindertengerechten Arbeitsplatzes 11
12 Betriebliches Eingliederungsmanagement - Beteiligte Unternehmen: initiiert und verantwortet die Durchführung sorgt für Information, Zustimmung, Beteiligung der/des Betroffenen schaltet Personalvertretung und ggf. SBV ein gewährleistet den Datenschutz sorgt für die erforderliche Hinzuziehung interner und externer Beteiligter 12
13 Betriebliches Eingliederungsmanagement - Beteiligte erkrankte(r) Beschäftigte(r): stimmt dem Verfahren im Einzelfall zu oder lehnt ab hat jederzeit ein Abbruchrecht verpflichtet sich zur aktiven und konstruktiven Mitwirkung 13
14 Betriebliches Eingliederungsmanagement - Beteiligte Personalvertretung/SBV: unterstützt das Unternehmen bei initiierten Maßnahmen und bringt eigene Anregungen ein wirkt auf Zustimmung der/des Betroffenen hin fördert Akzeptanz des BEM im Unternehmen überwacht die gesetzliche Verpflichtung des Unternehmens 14
15 Betriebliches Eingliederungsmanagement - Beteiligte Weitere mögliche Beteiligte (intern): Vertreter involvierter Unternehmensbereiche Betriebsarzt Sicherheitsfachkraft Betrieblicher Sozialdienst 15
16 Betriebliches Eingliederungsmanagement - Beteiligte Weitere mögliche Beteiligte (extern): gemeinsame Servicestellen für Rehabilitation Rehabilitationsträger, Integrationsämter Reha-Kliniken Einrichtungen der beruflichen Reha Integrationsfachdienste Disability-Manager... 16
17 Allgemeine Hinweise Leitsatz: Nur solche Daten erfassen, die für ein zielführendes BEM nötig sind (Differenzierung)! Datenschutz in die Betriebsvereinbarung aufnehmen Schweigepflicht für Akteure vereinbaren Sensibilität bei der Weitergabe von Daten der/des Betroffenen an Dritte/Externe Rollenkonflikt mit anderen Aufgaben im Unternehmen vermeiden 17
18 BEM in der Praxis - in 7 Schritten zum Erfolg 1. Schritt: Einleitung des BEM-Prozesses 2. Schritt: Erstkontakt 3. Schritt: Erstgespräch 4. Schritt: Fallbesprechung 5. Schritt: Maßnahmen vereinbaren 6. Schritt: Maßnahmen umsetzen 7. Schritt: Wirkung prüfen (Evaluation) 18
19 1. Schritt: Einleitung des BEM-Prozesses Gesundheitliche Probleme einer(s) Beschäftigten werden bekannt längerfristige Erkrankung (> 6 Wochen) kumulierte kürzere Erkrankungen Erfassung der AU durch Unternehmen/Personalabteilung Information durch Vorgesetzte/Kollegen Ziel: Vorliegen der Voraussetzungen für BEM feststellen 19
20 2. Schritt: Erstkontakt Kontaktperson muss bestimmt sein Info an Kontaktperson über Einzelfall Kontaktperson bietet Erstgespräch an Aufklärung über Ziele des BEM Aufklärung über Art und Umfang der hierfür erhobenen Daten Ziel: Bereitschaft zum Erstgespräch erzeugen 20
21 3. Schritt: Erstgespräch Vertrauensbasis herstellen Informationen über Ursachen und Auswirkungen der Erkrankung erfragen Leistungspotentiale analysieren Perspektiven der/des Beschäftigten erarbeiten Ziele und Lösungsideen entwickeln Zustimmung zum BEM-Verfahren einholen Ziel: Zustimmung zum BEM erreichen 21
22 Praxistipps Erstgespräch I gemeinsame/einvernehmliche Terminvereinbarung Wahl der Örtlichkeit: sicher, angenehm und störungsfrei Gesprächsrunde so wählen, dass Betroffene(r) sich unterstützt fühlt personelle Kontinuität sichern Begrüßung, Einleitung und Ablauf des Gesprächs planen verständliche Infos über Ablauf des BEM (Beispiele) 22
23 Praxistipps Erstgespräch II Aufklärung über Datenschutz Hinweis auf Möglichkeit der Ablehnung schriftliches Einverständnis einholen bei Ablehnung: betriebliches Interesse verdeutlichen Handlungsnotwendigkeit darstellen Aufklärung über mögliche Konsequenzen 23
24 4. Schritt: Fallbesprechung Situationsanalyse (Zusammentragen aller relevanten Informationen) Planungsgrundlage schaffen interne und externe Berater hinzuziehen gemeinsame Beratung aller Beteiligten Maßnahmen planen Ziel: Erstellen eines Maßnahmeplans 24
25 Checkliste Fallbesprechung In welcher Form treten die Fehlzeiten auf? Liegt eine Schwerbehinderung/Gleichstellung vor? Medizinische Reha durchgeführt/geplant? Fähigkeits-/Anforderungsprofil vorhanden? Kann technische Ausstattung optimiert werden? Können Arbeitsbelastungen minimiert werden (organisatorische Veränderungen)? Gibt es Qualifizierungsbedarf? 25
26 5. Schritt: Maßnahmen vereinbaren Zustimmung der/des Betroffenen einholen zu: betrieblichen Maßnahmen (z.b. Arbeitsplatzanpassung, Hilfsmittel, Umsetzung, interne Qualifizierung) außerbetrieblichen Maßnahmen (z.b. Anträge an Leistungsträger, Einbeziehung von Dienstleistern, externe Qualifizierungen) Ziel: Verbindliche Vereinbarungen abschließen 26
27 6. Schritt: Maßnahmen umsetzen zeitnahe Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen Begleitung der/des Betroffenen während der Maßnahmen notwendige Korrekturen vornehmen Schwierigkeiten erkennen und beseitigen Ziel: Erfolgreiche Eingliederung 27
28 7. Schritt: Wirkung prüfen / Evaluation Auswertung der Dokumentation Abschließende Bewertung des Einzelfalls Gesamtergebnis bewerten Wirkung des BEM übergreifend für denn Betrieb erfassen Ggfs. weitere Maßnahmen ableiten Ziel: erfolgreiche Prävention für alle 28
29 Datenschutz I Leitsatz: Nur so viele Daten wie für ein zielführendes BEM nötig! Datenschutz in die Betriebsvereinbarung aufnehmen Schweigepflicht für Akteure vereinbaren Rollenkonflikt mit anderen Aufgaben im Unternehmen vermeiden ggf. Sachverständigen zum Datenschutz hinzuziehen 29
30 Datenschutz II Daten differenzieren Diagnosedaten nicht erforderlich Leistungsdaten (Leistungsbild) und mögliche Einsatzfelder erforderlich Daten zu (betriebsbedingten) Ursachen erforderlich Sensibilität bei der Weitergabe von Daten der/des Betroffenen an Dritte/Externe 30
31 Datenschutz III Betriebsarzt als "Übersetzer" medizinischer Diagnosen Datenschutz bei der Dokumentation des BEM beachten in Personalakte lediglich Hinweis auf Durchführung/Ablehnung von BEM sowie Mitteilung durchgeführter Maßnahmen medizinische Daten verbleiben beim BEM-Beauftragten oder Betriebsarzt 31
32 BEM-Leistungen der DRV Westfalen - Prozessberatung/Prozesssteuerung - 1. Prozessphase Verfahren zum BEM installieren Struktur, Verlauf und Verfahren des BEM passend zum Betrieb organisieren Begleitung bei der Umsetzung des BEM in der praktischen Arbeit Optimierung des Verfahrens Unterstützung bei der Entwicklung von Vereinbarungen und Regelungen zum BEM 2. Prozessphase Unterstützung im Einzelfall Teilnahme an Fallbesprechungen Analyse des Rehabilitationsbedarfes Entwicklung von individuellen, flexiblen und passgenauen Maßnahmen zur Eingliederung (Teilhabeplanung) Präsentation des Leistungsspektrums der DRV Westfalen 3. Prozessphase Maßnahmeumsetzung Maßnahmen organisieren Maßnahmeumsetzung verfolgen Schwierigkeiten erkennen und beseitigen 4. Prozessphase Eingliederung Bewertung und Dokumentation des Einzelfalls Nachverfolgung des Einzelfalls 32
33 Kooperations- und Netzwerkverständnis DRV Westfalen Passgenaue Rehabilitationsleistungen Individualisierung Flexibilisierung Arbeitgeber Verstanden als Kooperationspartner im Eingliederungsprozess Unterstützung Betriebsservice Gesunde Arbeit strukturiertes Beteiligung Leistungsberechtigter Verstanden als aktiver Beteiligter im Eingliederungsprozess Eingliederungsmanagement Netzwerkpartner Leistungserbringer der beruflichen Teilhabe (z. B. BFW) Integrationsfachdienst Andere Sozialleistungsträger 33
34 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: Norbert Gödecker-Geenen (M.A.) Deutsche Rentenversicherung Westfalen telefon: telefax: mail: 34
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