Work-Life-Balance: Ein Thema für die Medizin? Engadiner Fortbildungstage 2013
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- Bertold Reuter
- vor 8 Jahren
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1 Work-Life-Balance: Ein Thema für die Medizin? Engadiner Fortbildungstage 2013 Dr. med. Andreas Canziani Coaching, Supervision Potentialmanagement und Diagnostik FMH Psychiatrie und Psychotherapie Neumünsterstrasse Zürich
2 Work-Life-Balance: Ein Thema für die Medizin? Engadiner Fortbildungstage 2013 Stress und deren Folgen Work-life-Balance: Ein Defintionsversuch Gesundheitliche Auswirkungen Von Burnout Daten zu Stress und Burnout Massnahmen zum Erhalt einer guten Work-Life-Balance
3 Selbsttest I Haben Ihnen Arbeitssorgen schon mal den Schlaf beeinträchtigt? Sind Sie schon mal mit Widerwillen an den Arbeitsplatz gefahren? Neigen Sie dazu, an Ihre Arbeit strenge Massstäbe anzulegen? Denken Sie manchmal, dass die Belastungen zu viel für Sie sind? Haben Sie manchmal ein Gefühl der inneren Leere? Haben Sie sich schon mal abgearbeitet gefühlt?
4 Selbsttest II Haben Sie oft Ihre Arbeit gründlich satt? Stecken Sie in einer Krise, aus der Sie keinen Ausweg finden? Neigen Sie dazu, Dinge schwer zu nehmen? Halten Sie emotionale Belastungen schlecht aus? Fühlen Sie sich von Ihrer Arbeit ausgebrannt? Haben Sie die Fähigkeit zur Entspannung verloren?
5 Wohin geht die Entwicklung?
6 IV-Statistik
7 IV-Statistik
8
9 Stress Eu ABER:, Dystresstheorie Gibt es überhaupt gesunden Stress?? Chronischer Stress führt zu psychischen und physischen Störungen: Kreislauf, Schmerzempfindung, Magen-Darm, Abwehrsystem, Gehirn (Untergang von Neuronen), Stimmung, Schlaf, Appetit, Pathol. Kompensations-verhalten
10 Stress und Nervensystem
11 Stress und Herz
12 STRESSSYMPTOME EBENE 1: GEDANKEN UND GEFÜHLE UNZUFRIEDENHEIT, ÄRGER, VERSTIMMUNG VERAGENSÄNGSTE, HILFLOSIGKEIT, MINDERWERTIGKEIT SELBSTVORWÜRFE KOGNITIVE BEEINTRÄCHTIGUNG ANSPANNUNG SUCHE NACH ENTSPANNUNG GEDÄCHTNISLÜCKEN O.Benkert: Stressdepression 2006
13 STRESSSYMPTOME EBENE 2: VERHALTEN UNGEDULD, HAST (ESSEN, ZWISCHENMENSCHLICHE BEZIEHUNGEN ETC) REIZBARKEIT LEISTUNGSEINSCHRÄNKUNG (KREATIVITÄT, KOGNITION, ENERGIE) UNKOORDINIERTES ARBEITSVERHALTEN BETÄUBUNGSVERHALTEN UNFÄHIGKEIT ABZUSCHALTEN O.Benkert: Stressdepression 2006
14 STRESSSYMPTOME EBENE 3: KÖRPER ERSCHÖPFUNGSGEFÜHLE HOHER PULS HOHER BLUTDRUCK ATEMBESCHWERDEN, ERHÖHTE ATEMFREQUENZ TROCKENER MUND UND HALS FEUCHTE HÄNDE MAGEN-DARM-BESCHWERDEN KOPFSCHMERZEN SCHWINDEL ERHÖHTE MUSKELSPANNUNG (RÜCKEN UND NACKEN) UNRUHE SCHLAFSTÖRUNGEN ABNAHME SEXUELLES VERLANGEN SCHMERZEN
15 Quellen von Stress
16 Quellen von Stress Dysfunktionale Kommunikation Destruktive und/oder verdeckte Teamkonflikte Hoher Belastung bei wenig Mitsprache Unsicherer Arbeitsplatz, unsichere Existenzgrundlage Unrealistische Ansprüche Fehlende Feedbacks Fehlende Unterstützung und Wertschätzung...
17 Quellen von Stress orten Wichtige Fragen: Genüge ich? Fühle ich mich wertgeschätzt? Verdiene ich angemessen? Kann ich meine Fähigkeiten am Arbeitsplatz anwenden? Sind die Arbeitsabläufe angepasst? Welchen Sinn gibt mir die Arbeit? Wie fügt sich meine Arbeit in mein gesamtes Leben ein?
18 Emotionale und neuronale Orientierung: Realitäts- und Wahrheitsfindung Exzentrisch Egoze ntrisch
19 Stress individuelle Faktoren: innere Bewertung: Kenn/kann/schaffe ich das? Abgleich mit persönlichen Ressourcen / Einstellungen Stressquelle / Belastung Stressreaktion / Beanspruchung
20 Stress individuelle Reaktionen:
21 Akuter vs. chronischer Stress Alarmreaktion Körper zeigt physiologische Veränderungen Resistenz Bei anhaltendem Stress reagieren Adaptionsmechanismen Erschöpfung Adaptionsenergie ist erschöpft, jetzt irreversibler Stress
22 Stress was ist das für Sie? positive Herausforderung Sinnfindung Sinnfindung im Leben / Arbeit Überlastung / Druck / Anstrengung
23 Deutschland im Stress Zahlen der Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse 2009
24 Deutschland im Stress Zahlen der Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse 2009
25 Burnout Zahlen in Deutschland 2012 nach Geschlecht, Alter und sozialem Status (SES) Quelle: Robert Koch-Institut, N=7.807
26 Burnout Achillesferse der Leistungsträger Zahlen für Deutschland ca. 30 % - branchenabhängig bis zu 50 % - aller Erwerbstätigen betroffen (Stepstone) Führungskräfte besonders ca. jeder dritte Manager hat Burnout-Symptome (Stepstone) Menschen schlucken regelmäßig Tabletten am Arbeitsplatz, um Stress und Konflikte auszuhalten (Krankenkasse DAK) 47% der Männer und 41% der Frauen nennen starke nervliche Belastung am Arbeitsplatz (Bundesamt für Statistik, 2002) Je höher die Schulbildung, desto höher der psychische Druck am Arbeitsplatz. z.b. Manager, Rechtsanwälte, Ärzte, Lehrer, Sozialarbeiter, Pflegepersonal.
27 Körperliche & psychische Belastungen nach Berufsgruppen Statistisches Bundesamt 2007
28 Kosten / Schäden für UNTERNEHMEN schleichende, unaufhaltsame Abnahme der Leistungsfähigkeit von engagierten Mitarbeitern ausgedehnte, nicht absehbare Krankheitszeiten zusätzliche Mehrarbeit für Kollegen und hierdurch neues Konflikt- und Stresspotenzial drohende Gefahr, dass der betroffene Mitarbeiter dauerhaft berufsunfähig wird Wegfall des Mitarbeiters und damit Verlust von Know-how Zeit und Kosten für die Stellenneubesetzung und Einarbeitung eines potenziellen Nachfolgers für PRIVATPERSONEN Erschöpfungszustand an sich lange Fehlzeiten bedingen Gehaltsausfall und finanzielle Verluste möglicher Arbeitsplatzverlust Gefahr von Berufsunfähigkeit erhebliche Zerreißprobe für Privat- und Familienleben bzw. drohendes Scheitern von Beziehungen soziale Isolation und Perspektivlosigkeit
29 Work-life-Balance Versuch einer Definition Was wollen wir unter Work-Life-Balance verstehen? Erhalt von Leistungsmotivation und Lebensfreude Altersentsprechende Arbeitsumstände Sicherheit
30 Work-life-Balance Versuch einer Definition Was wollen wir unter Work-Life-Balance verstehen? Erhalt von Leistungsmotivation und Lebensfreude Altersentsprechende Arbeitsumstände Individuums- und altersbezogene psychische, physische und soziale Anforderungen und Sicherheiten Körper, Psyche, Geist, Soziales(Arbeits-)Umfeld im Gleichgewicht
31 Dysbalance Verschleiß der menschlichen Existenz. Ganzheitlicher Prozess mit allmählichem Zusammenbruch. Körper. Psyche. Geist. Soziales (Arbeits-)Umfeld tangiert
32 Burnout ein dynamischer Prozess Sehnsucht nach Sinn, doch starke Fremdbestimmung (Zweckorientierung) verbunden mit hoher Neigung zur biografisch bedingten Stressvulnerabilität (verstärkt durch chronischen Stress). Stressfördernde Denk- & Fühlmuster bewirken eine erhöhte Stressvulnerabilität (Abwertung, Autoaggression), wenn das Selbstwertgefühl destabil wird. Kognitive Reaktionen: Verarbeitungs- & Bewältigungsstrategien / verstärkte Stressvulnerabilität Emotionale Reaktionen mit psychosomatischen Beschwerden / Depression Sinnkrise Burnout Existenzielles Vakuum
33 Burnout Interventionsphasen OE- & PE-Maßnahmen sind ausreichend Handlungsbedarf Krisenintervention Primär-Prävention Gesundheit fördern Sekundär-Prävention Krankheit früher erkennen Externe Begleitung durch Arbeits- & Gesundheitspsychologen, Psychotherapeuten / Arbeitsmediziner Tertiär-Prävention Krankheiten verringern
34 Stress- & Burnout-Prävention bei Führungskräften Studie 2011 N = 272 gesund 71 % (N=194) Persönlichkeits- Coaching WICHTIG Stress-Index < % (N=56) Persönlichkeits- Coaching NOTWENDIG Stress-Index (6+2) % (N=22) Intervention: Fachpersonal NOTWENDIG Stress-Index > 60 krank Quelle: Helmut Graf: MOA-SCR1.0 Burnout-Screening
35 Burnout Irrtümer & Fehlentwicklungen Ein unwissenschaftlicher und unkritischer Gebrauch des Begriffs Burnout für quasi sämtliche psychischen Störungen, die im Zusammenhang mit einer Arbeitsbelastung stehen. Gleichstellung von Burnout mit einer Erkrankung im zeitlichen Zusammenhang mit Arbeitsbelastungen. Ersatzweiser Gebrauch von Burnout für jegliche Art von Depression. Burnout ist nur eine Modediagnose. Burnout hat es immer schon gegeben. Früher hat man dazu Frustration oder Demotivation gesagt. Burnout ist deswegen im Ansteigen, weil die Arbeitsbedingungen unmenschlich geworden sind.
36 Work-Life-Balance: Wie messen?
37 Motivation durch Sinnerleben 37 POTENZIALMANAGEMENT & -DIAGNOSTIK
38 Fremdmotivation & Zufriedenheit mit der PE & OE Fremdmotivation Motivation durch (1) die unmittelbare Führungsperson offene Kommunikation, ausreichende Information, transparentes Führungsverhalten sowie Nachvollziehbarkeit strategischer Entscheidungen (2) Kolleg(inn)en / Mitarbeiter(innen) kollegiale Unterstützung, Freiraum bei der Zusammenarbeit, kein negativer Einfluss sowie Verständnis bei fachlichen Problemen (3) andere (abteilungsfremde) Führungspersonen Anerkennung der geleisteten Arbeit, Informationsfluss auch unter Zeitdruck sowie menschliche Akzeptanz
39 Stressfördernde Einstellungen & Denkmuster
40 Stressfördernde Fühl- & Verhaltensmuster Stressfördernde Fühl- & Verhaltensmuster sind unbewusste, bereits in der Kindheit verinnerlichte Haltungen (z.b. Anforderungen der Eltern) sind zwanghaft-ähnlich, weil zumeist nicht an die Realität angepasst, sondern stressfördernd müssen immer ausgelebt werden auch in Lebenslagen, in denen dies gar nicht erwartet wird führen zum Scheitern, da in ihrer Absolutheit nicht erfüllbar sind z.b. stark, perfekt, gefällig, schnell sein oder sich anstrengen müssen
41 Stressfördernde Fühl- & Verhaltensmuster... sei stark... streng Dich an... sei fleissig... sei schnell... sei gefällig
42 Salutogene Potenziale: Das Kohärenzgefühl
43 Salutogene Potenziale: Das Kohärenzgefühl Die drei Komponenten (1) Gefühl der Verstehbarkeit (Sense of Comprehensibility): berufliche & private Anforderungen werden als geordnet, planbar, einschätzbar oder erklärbar wahrgenommen (2) Gefühl von Handhabbarkeit (Sense of Manageability): es stehen geeignete Mittel im Arbeits- & Privatleben zur Verfügung, um den Anforderungen begegnen zu können (3) Gefühl der Sinnhaftigkeit (Sense of Meaningfulness): Ausmaß, in dem man das Leben als emotional sinnvoll empfindet sowie Probleme & Anforderungen für wert befindet, dass man Energie in sie investiert. Sinnhaftigkeit ist somit ein starkes Motivationselement. Schwierige Lebensbereiche werden als Herausforderung und nicht als Überforderung sowie als sinnstiftend erlebt.
44 Berufliche Belastungen: bio-psycho-sozial Das individuelle Belastungsniveau wird auf vier Ebenen gemessen: (1) Physische Belastung. (2) Psycho-soziale Belastung. (3) Organisatorische Belastung. (4) Individuelle Belastung.
45 Stresskompetenz Kognitiv und emotional Erlerntes Persönlichkeit Prägung
46 Menschliche Performance Kompetenzen Verhaltenspräferenzen Potentiale, Talente Persönliche Interessen, Motive
47 Life-Balance-Modulatoren Emotionale Achse: Erwartungshaltung Konfliktmanagement Coaching Zusammenarbeit Stressmanagement Wertschätzende Dialoge (Geissler, Bökenheide) Vertrauensbildung Führung Freunde und Familie
48 Life-Balance-Modulatoren Formale Achse: Zeitmanagement Trennung Arbeit/Freizeit Erreichbarkeitsmanagement Versicherungssituation Delegieren können Verantwortung teilen
49 Life-Balance-Modulatoren Biologische Achse: Schlaf Ernährung Bewegung Medikamente Verhalten Gesundheit Physik. Schutzmassnahmen Kleidung Mechanisierung Ergonomie Mobilität Sport
50 Take-Home-Message JA, Work-Life-Balance ist ein unvermeidbares Thema in der Medizin, weil: Work-Life-Balance bedeutet physisch, psychisch und sozial stabil zu leben und zu altern Begriffe wie Work-Life-Balance und Burnout sind heute weit mehr als Modebegriffe, sie spiegeln die aktuellen kulturellen und beruflichen gesundheitsfördernden und schädigenden Einflüsse wieder To be balanced entspricht einem zentralen biologischen, ökonomischen, psychologischen, physikalischen und medizinischen Prinzip. Die Missachtung des To be balanced - Prinzips ist in der modernen Welt gang und gäbe und führt zu Problemen und Krisen (Gesundheit, Natur, Wirtschaft)
51 Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit
52 Jeder von uns ist mehrere, ist viele, ist ein Übermass an Selbsten. Deshalb ist, wer die Umgebung verachtet, nicht derselbe, der sich an ihr erfreut oder unter ihr leidet. In der weitläufigen Kolonie unseres Seins gibt es Leute von mancherlei Art, die auf unterschiedliche Weise denken und fühlen. F. Pessoa 1932
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