Zusammenarbeit in IT Projekten und andere Wunder über die psychologischen Aspekte von SCRUM

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1 Zusammenarbeit in IT Projekten und andere Wunder über die psychologischen Aspekte von SCRUM Jürgen Dittmar SCRUMDay , Darmstadt

2 Who s talking Jürgen Dittmar IT Projekte und Prozesse Führungsverantwortung Psychologische Fragestellungen in der IT Agile Methoden Arbeitsund Organisationspsychologie Selbstständig SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 2

3 Von Eisbergen und Höhlenmenschen Struktur Ziele Regeln Aufgaben Rollen Werkzeuge Konflikte persönliche Ziele Erfahrungen Beziehungen (Vor)Urteile Motivation Vertrauen Werte Schubladen Ängste Bedürfnisse SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 3

4 Ausgangsthesen des Vortrags Die Qualität der Zusammenarbeit ist entscheidend für den Erfolg von Unternehmen IT Projekten Erstaunlicherweise liegt der Fokusin IT Projekten aber meist auf technischen Fragestellungen Das ist spannend! SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 4

5 Peopleware : Tom demarco& Timothy Lister 1987: Die größten Probleme bei unserer Arbeit sind keine technologischen Probleme, sondern soziologische Probleme Der Grund, warum wir uns lieber auf die technische Seite unserer Arbeit als auf die menschliche Seite konzentrieren ist nicht, weil diese wichtiger ist sondern weil sie einfacher zu handhaben ist Geschichte / Metapher: Der Schlüsselsucher" SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 5

6 Softwareprojekte scheitern noch immer häufig an Peopleware dem Faktor Mensch Häufig genannte Ursachen: Qualität der Kommunikation Zieldefinition Grad der Managementunterstützung Motivation Projektteam Projektkontrolle Projektleiterbefugnisse Häufigkeit von Änderungen KnowHow Projektteam und Projektleiter Partizipation Projektteam Projektlaufzeit Größe des Projektteams SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 6

7 Das Phänomen Zusammenarbeit Teamfähigkeit Feedback Empathie Motivation Vorurteile Belohnung/Sanktionen Konkurrenzsituation Tools Zusammenarbeit Konfliktfähigkeit Werte Altruismus Regeln Kultur Kommunikation Gemeinsame Ziele Persönliche Erfahrungen Korruption SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 7

8 Der Begriff Zusammenarbeit Zusammenarbeit ist die ziel und konsensorientierte, arbeitsteilige Erfüllung von Aufgaben in und mit einer strukturierten Arbeitssituation Rolf Wunderer (2007) Arten von Zusammenarbeit: Führung Laterale Kooperation abteilungs/teamintern abteilungs/teamübergreifend SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 8

9 Ein typisches ITProjekt?! CFO Sales Marketing Customer Service HR Sales A Market.1 CSS CIO Legal Sales B Market.3 CS Finance Market.2 PMO DEV Test Betrieb Analyse Dev1 Mngt. Ops1 PM Dev2 Exec. Security Archit. Dev3 SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 9

10 IT das besondere Projektumfeld IT Projekt = Komplexer Kommunikations und Interaktionsprozess Starke Arbeitsteilung (=>Software Factory) Große Organisationen Häufige Änderungen Lange Projektlaufzeiten Technologische Lösungsorientierung Extremer Zeit und Erfolgsdruck Linien und Matrixorganisationen Komplexität wird ausgeblendet Eingeschränkte Kommunikation Offene und verdeckte Konflikte Konfliktfähigkeit keine Kernkompetenz Interne Konkurrenz, Politik Outsourcing? Vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 10

11 Wichtige Rahmenbedingungen für gute Zusammenarbeit Waterfall* Klare, abgestimmte und gemeinsame Ziele Intensive und direkte Kommunikation Transparenz Teamgröße < 10 o Teamziele statt individueller Belohnungssysteme Direktes und offenes Feedback Selbstorganisation statt Delegation Aktives Kommunikations und Konfliktmanagement Vermeidung interner Konkurrenz Ausgeprägte Soft Skills und psychologisches Wissen Kooperatives Menschenbild und Wertschätzung Kultur der gegenseitigen Unterstützung und Mitdenkens Gegenseitiges Vertrauen Individuelle Teamfähigkeit und Toleranz o * Eigene Einschätzung auf Basis von Experteninterviews: + eher gut, o neutral oder nicht bewertbar, eher schlecht SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 11

12 Typische Lösungsreflexe Vision Kooperation Schäfer S.67 Leitbilddiskussionen Teambuilding und Incentives Regulierung / Prozessoptimierung Reorganisation SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 12

13 Sozialpsychologische Aspekte: Konkurrenz oder Kooperation? Darwins Grundprinzip der Natur: War of Nature Struggle for Life Survival of the Fittest Konkurrenz Charles Robert Darwin Kooperation Hirnforschung: Kern aller Motivation sind zwischenmenschliche Anerkennung, Wertschätzung, Zuwendung oder Zuneigung zu erhalten oder zu geben SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 13

14 Werteorientierung und Kooperation Konkurrenz Trainiertes Verhalten Förderung von Helden und High Potentials Inoffizielle Belohnungssysteme Zunahme von individualistischen Wertorientierungen Krisen fördern Konkurrenz Kooperation Kooperation entspricht der sozialen Erwünschtheit Teamfähigkeit, Zusammenarbeit und kooperative Haltung sind in der Personalauswahl sehr hoch gewichtet Komplexität erfordert stärkere Kooperation SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 14

15 Soziale Fallen: Beispiel Gefangenendilemma Zwei Verdächtige werden verhaftet Keine Kommunikation möglich Wahlmöglichkeiten Wenn beide leugnen: geringe Strafe Wenn einer gesteht, der andere leugnet: Straffreiheit für den Kronzeugen, Höchststrafe für den Verratenen Wenn beide gestehen: Hohe Strafe Walt Disney Wie würden Sie sich entscheiden? Auszahlungsmatrix B schweigt B gesteht A schweigt A: 3 B: 3 6 A: 10 B: 0 10 A gesteht A: 0 B: A: 8 B: 8 16 SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 15

16 Effekte in selbstorganisierenden Gruppen SocialLoafing Soziales Faulenzen In Gruppen führt fehlende Sichtbarkeit der Einzelleistung zu Motivationsverlust und Leistungsabfall Groupthink Eigene Meinung wird an vermutete Gruppenmeinung angepasst Salomon Ash Experiment Selbstorganisation in Teams stellt hohe Anforderungen an die Sozialkompetenz der Teammitglieder! SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 16

17 Retrospektive Qualität der Zusammenarbeit bedingt den Erfolg von ITProjekten Zusammenarbeit ist ein komplexes Konstrukt und wird durch vielfältige Faktoren beeinflusst Die Rahmenbedingungen für Kooperation sind in herkömmlichen ITProjekten ungünstig Fokussierung auf technische Fragestellungen Zusammenarbeit als entscheidender Faktor wird ausgeblendet Psychologisches KnowHow und entsprechende Soft Skills sind Mangelware Und was ist mit SCRUM? SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 17

18 Rahmenbedingungen für Zusammenarbeit: ein Vergleich Wichtige Rahmenbedingungen für Zusammenarbeit Waterfall Scrum Klare, abgestimmte und gemeinsame Ziele + Intensive und direkte Kommunikation + Transparenz + Teamgröße < 10 o + Teamziele statt individueller Belohnungssysteme + Direktes und offenes Feedback + Selbstorganisation + Aktives Kommunikations und Konfliktmanagement + Vermeidung interner Konkurrenz o Ausgeprägte Soft Skills und psychologisches Wissen Kooperatives Menschenbild und Wertschätzung + Kultur der gegenseitigen Unterstützung und Mitdenkens + Gegenseitiges Vertrauen + Individuelle Teamfähigkeit und Toleranz o o Eigene Einschätzung auf Basis von Experteninterviews: + eher gut, o neutral oder nicht bewertbar, eher schlecht SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 18

19 SCRUM und Zusammenarbeit ein Fazit SCRUM verbessert eine Reihe von Rahmenbedingungen für eine konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit von Menschen Entscheidend ist aber, wie die verbesserten Rahmenbedingungen genutzt werden Denn SCRUM bedeutet u.a. auch: höhere soziale Anforderungen an alle Teammitglieder Bedarf an ausgeprägten Soft Skills insbesondere bei Scrum Mastern Zunächst nur interne Optimierung der Rahmenbedingungen für Zusammenarbeit Einführung führt zu weiteren Konflikten ( Psychological Debt ) Präferenz für technischen Lösungen wird nicht verändert; kein stärkeres Bewusstsein von psychologischen Fragestellungen SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 19

20 Psychological Debt Altlasten und Risiken durch Alte, ungeklärte Konflikte Geringe Beachtung und Einbindung der Verlierer und Zaungäste Übertriebene Euphorie der Gewinner Mangelnde Anpassung des alten und neuen Managements Überforderung der Teammitglieder aufgrund höherer Anforderungen an ihr Sozialverhalten Mangelnde Soft Skills von Scrum Mastern Höheres Konfliktpotential in selbstorganisierenden Gruppen Vernachlässigung von lateralen Konflikten Allgemeine Ängste und Unsicherheiten bei Veränderungen SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 20

21 Empfehlungen Tauchen lernen! Konfliktmanagement Kompetenz aufbauen Transitionsprozess durch Externe begleiten Coaching und Mentoring durchführen Management einbinden und Soft Skills nutzen Psychological Debts aktiv managen SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 21

22 Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit! SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 22

23 Ausblick: Die Zeichen stehen auf Kooperation SCRUM?! WachstumsphasenModell von Larry E. Greiner Darstellung entnommen aus Greiner (1998) und 12manage.com SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 23

24 Literaturempfehlungen und hinweise Axelrod, R. (1995). Die Evolution der Kooperation (W. Raub & T. Voss, Trans. 3. Aufl.). München: Oldenbourg Verlag. Bauer, J. (2008). Prinzip Menschlichkeit. Warum wir von Natur aus kooperieren. (2.Auflage) München: Heyne Verlag Bierhoff, H.W. & Müller, G.F (1993). Kooperation in Organisationen. Zeitschrift für Arbeits und Organisationspsychologie, 37, Gloger, B., Häusling, A (2011): Erfolgreich mit Scrum, Einflussfaktor Personalmanagement. München: Carl Hanser Verlag Greiner, L. E. (1998), Evolution and Revolution as Organizations Grow. Harvard Business Review Article, May 01, 1998, Harvard Business Publishing Vigenschow, U., Schneider, B. (2007). Soft Skills für SoftwareEntwickler. Heidelberg: Dpunkt Verlag. Vigenschow, U., Schneider, B., Meyrosei. (2009). Soft Skills für ITFührungskräfte und Projektleiter. Heidelberg: Dpunkt Verlag. Wunderer, R. (2007): Führung und Zusammenarbeit: eine unternehmerische Führungslehre (7. überarb. Auflage). Köln: Luchterhand(Wolters Kluwer GmbH) SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 24

25 Literaturhinweise Internetquellen: C. Becker, Dr. E. Huber (2007): Die Bilanz des (Miss)Erfolgs: Erfahrungen in ITProjekten, Harte Fakten und weiche Faktoren Link: [Abruf ]. R. Buschermöhle, H. Eekhoff & B. Josko (2007) SUCCESS Erfolgsund Misserfolgsfaktoren bei der Durchführung von Hard und SoftwareEntwicklungsprojekten in Deutschland, OFFIS e.v. Link: ]. H. Eekhoff & OFFIS e.v. (2007) ITProjekte besser als ihr Ruf? Link: ]. C. Engel. & C. Holm (2007): Ergebnisse der Projektmanagement Studie 2007, Gemeinsame Studie der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.v. und PA Consulting Group Link: [Abruf ]. 12manage.com (2011): Growth Phases Modell (WachstumsphasenModell) Greiner Link: [Abruf ]. SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 25

26 Kontaktdaten Jürgen Dittmar Cocondi Coaching Consulting Dittmar Arbeits und Organisationspsychologe Systemischer Berater und Coach ITManagement Berater Adresse Fuggerstraße München Fon +49 (0) Mobile +49 (0) (0) 1761dittmar Mail Web dittmar@cocondi.de SCRUM Day Jürgen Dittmar: Zusammenarbeit in ITProjekten und andere Wunder Folie 26