Übersicht: Online-Kurs Filme schneiden wie die Profis

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1 Übersicht: Online-Kurs Filme schneiden wie die Profis 1. Grundbegriffe Das Schnittprogramm Die Timeline Der Feinschnitt Harmonische Übergänge Springende Bilder Zwischenschnitte Ort- und Zeitwechsel Blick- und Bewegungsrichtung Der Feinschliff Rhythmus und Szenenlängen Blenden und Effekte Die Analyse Seite 2009 worldwidevideo.de Andreas Schulz 1

2 Workshop: Digitale Videos produzieren 1. Grundbegriffe 1.1 Das Schnittprogramm Programme für den Videoschnitt gibt es in allen Preisklassen, manchmal sogar gratis. Ein wesentliches Kriterium ist dabei, ob die Software Effekte erst berechnen muß oder in sogenannter Echtzeit arbeitet. Das heißt, bestimmte Effekte werden sofort, ohne Wartezeit, angelegt. Das ist natürlich sehr komfortabel, aber wenn Sie genug Zeit und Geduld mitbringen, sind Sie auch mit einer kostengünstigen Software gut bedient. Lassen Sie bei der Anschaffung eines Schnittprogramms nicht durch hunderte von Effekten und Blenden beirren: Was Sie für ein gutes Video brauchen, finden Sie eigentlich in jeder Software. Sogenannte nonlineare Schnittprogramme haben alle einen ähnlichen Aufbau. Es gibt zum Beispiel ein Fenster, in dem Ihre aufgenommenen Clips oder Bins der Reihe nach aufgeführt sind. Zur Erklärung: Je nach Schnittprogramm werden die aufgenommenen Teile Ihres Videomaterials Clips (z.b Adobe Premiere) oder Bins (z.b. Avid) genannt. Der Begriff Bins stammt aus dem Filmschnitt. Es ist der Filmgalgen, an den das Filmmaterial gehängt wird, das später verwendet werden soll. Ähnlich funktionieren die Bins oder Clips in der Schnittsoftware. Man könnte sie als virtuelle Filmgalgen bezeichnen. Die Clips oder Bins sind der Grundstock für Ihr Videoprojekt. Diese können Sie in einem Vorschaufenster öffnen und bearbeiten. Da die Reihenfolge der Sequenzen in Ihrem Storyboard schon festgelegt ist, wissen Sie genau, welchen Clip oder welches Bin Sie öffnen müssen. Noch nicht klar ist allerdings, wie Sie die einzelnen Bilder dieser Sequenzen montieren. Überlegen Sie sich beim Betrachten des Vorschaufensters dafür eine vorläufige Lösung. Das Schöne am Computer-Schnitt ist ja: Es genügt ein Mausklick, um die Struktur des Films wieder zu verändern worldwidevideo.de Andreas Schulz 2

3 Clips oder Bins Vorschaufenster Timeline Abb. 1: Aufbau eines Schnittprogramms Im Vorschaufenster der Clips oder Bins können Sie genau festlegen, von wo bis wo eine einzelne Szene gehen soll. Die kleinste Einheit ist dabei ein Frame, also eine 25stel Sekunde. Sie brauchen es aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht so genau zu machen, denn auch das spätere Kürzen oder Verlängern auf der Timeline kostet nur einen Mausklick. Die ausgewählten Szenen ziehen Sie nun nacheinander auf die Timeline. Abb2: Oberfläche in Pinnacle Studio einstellen Abb.3: Storyboard-Modus in Pinnacle Studio 2009 worldwidevideo.de Andreas Schulz 3

4 Tipp: In vielen Schnittprogrammen gibt es eine Funktion, die sich häufig Storyboard nennt. In dieses Storyboard kann man die markierten Szenen legen, um sie später auf die Timeline zu übertragen. Im Modus Storyboard erhalten Sie noch einmal eine Übersicht, in welcher Reihenfolge die Szenen angeordnet sind. Diesen Schritt können Sie aber auch überspringen und die einzelnen Szenen direkt in die Timeline ziehen. 1.2 Die Timeline Die Timeline ist das Herzstück der Software. Hier findet der eigentliche Schnitt statt, das Arrangieren der Szenen. Im wesentlichen besteht eine Timeline aus einer Zeitachse und verschiedenen Video- und Audiospuren. Ihre ausgewählten Szenen ziehen Sie auf die dafür vorgesehene Videospur, die häufig Video 1, Video A o.ä. genannt wird. Der Ton der jeweiligen Szene ist mit der Videospur verbunden und wird automatisch auf der dafür vorgesehenen Tonspur abgelegt. Um den Ton kümmern wir uns erst im nächsten Kapitel dieses Workshops. Abb.4: Timeline in Adobe Premiere Abb.5: Modi für die Timeline in Adobe Premiere Mit der Timeline verbunden ist ein Vorschaufenster, auf dem die üblichen Bedienerelemente zu finden sind. Von hier aus kann das, was bereits auf der Timeline abgelegt ist, gestartet werden. Komfortabler funktioniert das allerdings mit einem wandernden Balken (Timemarker) direkt auf der Timeline, der nach einem Mausklick an jede beliebige Stelle gefahren werden kann. In der Fachsprache wird das Scrubbing genannt worldwidevideo.de Andreas Schulz 4

5 Tipp: Die Vorschaufenster in Schnittprogrammen sind häufig sehr klein. Es kann passieren, dass Sie später auf einem großen Bildschirm oder Monitor unschöne Details erkennnen, die auf dem kleinen Fenster kaum sichtbar waren. Besser ist es also, wenn Sie mit einem Kontrollbildschirm arbeiten (TV-Gerät). Voraussetzung dafür ist allerdings eine Videokarte, die über analoge Ausgänge verfügt. Auf einer Timeline lassen sich verschiedene Modi einstellen (Abb.5). Unter dem Punkt Ansicht oder mit dem Lupen-Symbol können Sie festlegen, in welcher Größe der Inhalt der Timeline auf dem Monitor angezeigt wird. Die Auswahl geht von Frames über Sekunden bis zu Minuten. Wenn Sie bei einem längeren Video den Überblick haben möchten, stellen Sie die Ansicht so ein, dass alle Szenen auf der Timeline zu sehen sind. Geht es um den Feinschnitt zwischen zwei Szenen, wählen Sie die Ansicht so groß wie möglich. Hier einige weitere Funktionen, die Sie in den meisten Timelines einstellen können: Trennen von Video- und Tonspur bei einer markierten Szene Teilen von einzelnen Szenen, häufig symbolisiert durch eine Rasierklinge An Kanten ausrichten (in- und out-punkte werden automatisch zusammengefügt) Szenen werden mit oder ohne Bild auf der Timeline angezeigt Ich gehe nun davon aus, dass Sie einzelnen Szenen in der vorläufigen Reihenfolge auf die Timeline gezogen haben. Das ist natürlich noch nicht der fertige Film, sondern ein sogenannter Rohschnitt. Jetzt fängt die eigentliche Arbeit erst an. 1.3 Der Feinschnitt Schauen Sie sich den Rohschnitt über das Vorschaufenster in aller Ruhe an, am besten gleich mehrmals. Dabei bekommen Sie schon einen ersten Eindruck, ob die Sequenzen richtig angeordnet sind und ob einzelne Bilder aneinander passen. Das Schöne ist: Sie können jede einzelne Szene auf der Timeline kürzen und auch verlängern, denn die Szenen bleiben mit den Clips oder Bins verbunden. Um einzelne Szenen in der Länge zu verändern, werden sie markiert und dann mit Hilfe eines Anfassers zusammen- oder auseinandergezogen. Im 2009 worldwidevideo.de Andreas Schulz 5

6 Vorschaufenster können Sie dabei kontrollieren, wo die Szene beginnt und endet. Je größer Sie dabei die Ansicht in der Timeline eingestellt haben, umso genauer können Sie die in- und out-punkte bestimmen. Anfasser zum Kürzen oder Verlängern Abb.6: Kürzen und Verlängern von Szenen auf der Timeline Für diesen Vorgang des sogenannten Trimmens gibt es in manchen Schnittprogrammen spezielle Fenster. Häufig ist es so, dass im Vorschaufenster auch ein Trimm-Modus eingestellt werden kann. Hier können Sie in der Regel exakter arbeiten als in der Timeline. Es gibt nämlich die Möglichkeit, sich innerhalb der Szene schrittweise zwischen den Einzelbildern zu bewegen, also Frame für Frame. So können Sie die Übergänge ganz genau festlegen. Noch komfortabler ist es, wenn Ihre Software im Trimm-Modus zwei parallele Fenster öffnet. In einem Fenster erscheint die zu verändernde Szene, in dem anderen die Szene, die daran anschließt. So können Sie den Übergang im Auge behalten und exakt steuern worldwidevideo.de Andreas Schulz 6

7 Abb.7: Trimmfenster in Pinnacle Studio Abb.8: Trimmfenster in Adobe Premiere Schauen Sie sich zunächst Ihren Rohschnitt nicht nur im Hinblick auf gute Übergänge an, sondern denken Sie dabei auch an Ihre Geschichte, die Sie erzählen möchten. Versuchen Sie doch einmal, Ihre Geschichte sich selber oder Anderen zu erzählen, während der unfertige Film abläuft. Wenn Sie an einigen Stellen ins Stocken geraten, kann das ein Anzeichen dafür sein, dass Ihre Geschichte noch nicht richtig aufgebaut ist. Verschieben Sie Ihre Szenen auf der Timeline per drag und drop oder mit Ausschneiden und Einfügen so lange, bis Sie das Gefühl haben, dass Ihre Geschichte optimal erzählt wird. 2. Harmonische Übergänge 2.1 Springende Bilder Ein wichtiger Leitsatz für den Schnitt von Videos lautet: Die besten Schnitte sind die, die der Zuschauer als solche gar nicht wahrnimmt. Die Konsequenz daraus: Die Bilder sollten harmonisch ineinander übergehen, ohne zu springen. Wann ein Schnitt springt und wann nicht, hängt in vielen Fällen vom ästhetischen Empfinden des Cutters oder des Zuschauers ab. Manchmal sind die Sprünge aber so offensichtlich, dass es darüber keine Diskussionen geben kann: Bilder ohne Kontext Ein Film sollte immer einer gewissen Logik folgen. Das heißt, jedes verwendete Bild muss im Gesamtgefüge Ihres Videos einen Sinn haben und für den Zuschauer verständlich sein. Natürlich kann es auch reizvoll sein, 2009 worldwidevideo.de Andreas Schulz 7

8 überraschende, fremde Bilder zu zeigen, aber irgendwann müssen diese aufgelöst und erklärt werden. Abb. 9: Bild ohne Kontext und Erklärung Beispiel: In Abbildung 9 sind drei aufeinander folgende Bilder aus einem Video über den Kölner Karneval zu sehen. Das Motiv auf dem mittleren Bild ist in dieser nahen Einstellung nicht zu identifizieren. Es folgt auch im weiteren Verlauf des Videos keine andere Aufnahme, die dieses Bild erklärt. Die Folge: Die Zuschauer sind verwirrt und die Konzentration läßt nach. Grundsätzlich ist es ein gutes Stilmittel, mit Nahaufnahmen Neugier zu erwecken. Doch schon das nächste Bild müßte die Situation auflösen. In diesem Fall ist es ein Taktstock in einer Karnevalskapelle. Bilder mit gleichem Hintergrund Wenn Sie fotografieren, betrachten Sie jede Aufnahme als ein einzelnes Bild. Beim Medium Video ist es anders: Jedes geschnittene Bild sollte auf die 2009 worldwidevideo.de Andreas Schulz 8

9 vorigen Bilder aufbauen. Deshalb ist es hier nötig, zu extreme Sprünge zu vermeiden. Beispiel: Sie drehen beim Rosenmontagszug in Köln. Endlich haben Sie einen guten Standpunkt für Ihre Kamera gefunden. Von dort aus drehen Sie mehrere Bilder von vorüber ziehenden Wagen. Diese werden auch schön, aber Sie können Sie nicht direkt aneinander schneiden, weil sie springen. Der Grund: Auf den Bildern bleibt der Hintergrund gleich, der Vordergrund verändert sich. Der Zuschauer erkennt einen Zeitsprung, der im Laufe eines Schnitts passiert. Die Bilder springen! Abb. 10: Bilder mit gleichem Hintergrund Für fast alle Regeln gibt es auch Ausnahmen. Natürlich haben Sie schon häufig aufeinander folgende Bilder vor dem gleichen Hintergrund in Film- oder Fernsehproduktionen gesehen. In diesen Fällen soll das Vergehen von Zeit durch die Bilder angezeigt werden. Beispiel: Ein Darsteller hält sich an einem bestimmten Ort auf. Die Kamera bleibt in der gleichen Einstellung, aber der Darsteller nimmt immer neue Positionen ein, die meistens durch eine weiche Blende getrennt werden. Dieses Beispiel ist exemplarisch für den Filmschnitt: Eigentlich ist alles erlaubt, wenn es Sinn macht und gut aussieht. Das sollten auch Sie beherzigen, wenn Sie etwas weiter fortgeschritten sind. Zunächst einmal gilt es, die Grundbegriffe zu beherrschen und die gröbsten Fehler zu vermeiden. Denn was Profis mit Bedacht kreieren, sieht bei Amateuren meistens dilettantisch aus worldwidevideo.de Andreas Schulz 9

10 Gleiche Motive in einem Schnitt Grundsätzlich gilt beim Videoschnitt: Ein Motiv kann sich nicht von einem Bild auf das andere plötzlich verändern: Das Bauwerk steht nicht zunächst auf der rechten Seite und auf dem nächsten Bild links, ein Mensch verändert nicht seine Position und seinen Standort in einem Schnitt (Abb. 11). Abb. 11: Person ändert ihren Standort in einem Schnitt Das ist die Regel, aber Sie wissen ja bereits, dass es doch geht. Und zwar in dem Beispiel der Person, die vor gleichem Hintergrund ständig die Position wechselt. Auch in schnell geschnittenen Clips ist es fast die Regel, dass eine Person in verschiedenen Situationen und Posen gezeigt wird und das alles in einem Schnitt. Bevor Sie das selber praktizieren, müssen Sie aber wissen, dass man es eigentlich nicht macht. Wenn Sie das verwirrend finden, liegen Sie richtig. Aber so funktioniert der Filmschnitt. Es gibt hier einfach keine Regeln, die ohne Ausnahme sind. Selbst die Regel des Achsensprungs, die ich Ihnen in Kapitel 1 erklärt habe, wird von einigen Regisseuren gebrochen, um bestimmte Effekte zu erzielen. Also, um noch einmal auf unser Thema Gleiche Motive in einem Schnitt zurückzukommen. Für den Anfang empfehle ich Ihnen: Schaffen Sie schon beim Drehen sogenannte neutrale Übergänge. Das heißt, Wenn Sie Menschen filmen, lassen Sie diese öfter einmal in das Bild hineinkommen und wieder herausgehen. So haben Sie keine Probleme, ein passendes Anschlussbild zu finden worldwidevideo.de Andreas Schulz 10

11 Bei diesem Thema spielen die verschiedenen Bildgrößen eine entscheidende Rolle (Kapitel 1). Sie können nämlich in der Regel die Totale, Halbtotale, Halbnahe, oder Nahaufnahme beliebig kombinieren und sind deshalb um passende Anschlüsse nicht verlegen. Aber Vorsicht: In den einzelnen Bildgrößen darf sich eigentlich am Motiv nichts verändern, ohne springende Bilder zu riskieren. Bei leblosen Gebäuden oder Landschaften ist das kein Problem, aber Menschen bewegen sich nun einmal gerne. Zur Erklärung: Die hohe Kunst des Schnitts ist es, innerhalb einer Bewegung den richtigen Zeitpunkt für einen harmonischen Übergang zu erwischen. Angenommen, Sie drehen einen Töpfer bei der Arbeit. Das Formen des Gefäßes auf der Töpferscheibe nehmen Sie als Halbtotale auf. Im Idealfall zoomen Sie das Bild heran (Hand und Gefäß) während der gleiche Vorgang abläuft. Dann können Sie in der Bewegung einen harmonischen Schnitt machen, am besten innerhalb einer Handbewegung. Hat sich aber während der verschiedenen Bildgrößen die Situation verändert, müssen Sie einen Trick anwenden: Sie machen einfach eine Nahaufnahme vom Gesicht des Töpfers oder von der Antriebsscheibe ohne Gefäß und schneiden diese Bilder dazwischen. So sind Sie immer auf der sicheren Seite. Beim Schnitt zahlt es sich immer aus, wenn viele verschiedene Bildgrößen und Perspektiven von einer Situation gedreht worden sind. Je mehr Alternativen Sie haben, desto perfekter können Sie Ihre Filme montieren. 2.2 Zwischenschnitte Die Nahaufnahmen vom Kopf oder der Töpferscheibe aus dem vorigen Kapitel sind gleichzeitig auch so genannte Zwischenschnitte. Das sind vereinfacht ausgedrückt Bilder, die zwischen zwei Aufnahmen gesetzt werden, die eigentlich zusammengehören, aber nicht zusammenpassen. In jeder Nachrichtensendung finden Sie viele Beispiele dafür. Zur Erklärung: Beim Schnitt von Interviews kommt es oft vor, dass verschiedene Ausschnitte aneinander montiert werden sollen. Schneidet man diese direkt zusammen, springt das Bild, weil der Interviewte sich immer etwas bewegt. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Die beiden Ausschnitte haben verschiedene Bildgrößen und die minimal verschobene Position fällt beim Schnitt nicht mehr auf 2. Bei der gleichen Bildgröße muß ein Zwischenschnitt eingesetzt werden 2009 worldwidevideo.de Andreas Schulz 11

12 Erfahrene Kameraleute drehen solche Bilder fast automatisch. Hier gibt es verschiedene Varianten: Die Interviewsituation (Interviewer und Interviewter) als Totale Der zuhörende Interviewer als Nahaufnahme Hand des Interviewten als Nahaufnahme... Nicht nur beim Interview, auch in anderen Situationen sind Zwischenschnitte wichtig. Vor allem bei längeren Abläufen, z.b. Veranstaltungen, sind Zwischenschnitte das geeignete Mittel, um lange Passagen zu kürzen. Bei Theaterstücken, Musikkonzerten oder langen Reden bietet es sich an, Bilder von Zuschauern oder Zuhörern als Trenner einzusetzen. Drehen Sie verschiedene Bildgrößen und Situationen (Beifall, Freude beim Zuschauen...), weil Sie für solche Videos wahrscheinlich mehrere Zwischenschnitte brauchen. Auf den Abbildungen 12 bis 14 müssen zwei Bilder mit dem gleichen Motiv verbunden werden. Es geht um eine Musikgruppe, die auf dem ersten Bild auf den Einsatz wartet, auf dem zweiten Bild aber schon trommelt. Die Lösung: Ein Zwischenschnitt, auf dem Zuschauer zu sehen sind. Abb. 12: Musikgruppe vor dem Einsatz Abb. 13: Musikgruppe im Einsatz Abb. 14: Zuschauer als Zwischenschnitt 2009 worldwidevideo.de Andreas Schulz 12

13 Auch wenn Sie noch ziemlich unerfahren beim Drehen von Videos sind, hier ein grundsätzlicher Tipp: Drehen Sie so viele schöne Nahaufnahmen wie möglich. Denn diese sind nicht nur das Salz in der Suppe, sondern retten auch häufig als Zwischenschnitte einen ganzen Film. 2.3 Ort - und Zeitwechsel Im Laufe Ihres Videos wechseln Sie in der Regel mehrmals den Ort und die Zeit. Als Ihr eigener Regisseur wissen Sie natürlich genau darüber Bescheid, an welchen Orten Sie zu welcher Zeit gedreht haben Ihre Zuschauer aber nicht. Diese Informationen können Sie in Ihren Kommentartext einbauen, aber Sie sollten solche Sprünge auch auf der Bildebene anzeigen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Blenden Wenn Sie Ihre Bilder auf der Timeline zusammenfügen, erzeugen Sie zunächst einmal einen sogenannten Hartschnitt. Das heißt, die Bilder wechseln abrupt, ohne Übergang. In Ihrem Video sollten Hartschnitte die Regel sein. Für besondere Fälle biete Ihr Schnittprogramm eine Fülle von sogenannten Blenden, also verschiedenen Arten des Übergangs. Darüber erfahren Sie im entsprechenden Kapitel mehr. Hier nur einige Anmerkungen zum Thema Blenden als Stilmittel für Orts- und Zeitwechsel. Wenn Sie keine bessere Lösung finden, sind eine weiche Blende oder eine Schwarzblende ganz gut dazu geeignet, Wechsel der Zeit oder des Ortes anzuzeigen. Bei einer weichen Blende gehen die aufeinander folgenden Bilder langsam ineinander über. In manchen Schnittprogrammen können Sie sogar die Länge genau einstellen. Besonders elegant ist eine Schwarzblende, bei der das erste Bild auf eine schwarze Fläche abgeblendet wird und das nächste Bild aus der schwarzen Fläche aufgeblendet wird. Mit dieser Methode zeigen Sie einen extremen Wechsel in Ihrem Video noch deutlicher an, als mit einer weichen Blende. In einigen Schnittprogrammen können Sie eine Schwarzblende ganz einfach herstellen. Dieses Feature nennt sich z.b. bei Adobe Premiere Additive Blende, die jeweils auf Ausblenden oder Aufblenden eingestellt wird. Bei 2009 worldwidevideo.de Andreas Schulz 13

14 manchen Programmen müssen Sie vorher ein Stück schwarzen Film in Ihr Video montieren und zwei weiche Blenden einfügen. Ortswechsel in Bildern Eine elegantere Methode, einen Wechsel des Ortes anzuzeigen, ist es, den Übergang mit passenden Bildern darzustellen. Zeigen Sie z.b. nur die sich bewegenden Füße einer Person, die sich von einem Ort zum anderen bewegt. Machen Sie ruhig auch eine totalere Aufnahme, in der die Person aus dem Bild geht. Das ist eine von vielen Möglichkeiten, einen Ortswechsel zu kennzeichnen. Eine weitere ist etwa eine Autofahrt, die Sie als Trenner nutzen können. Achten Sie darauf, die Fahrt von innen und außen zu drehen, um eine schöne Sequenz daraus schneiden zu können. Als letztes Bild der Autofahrt könnten Sie z.b. einen Schuss durch die Windschutzscheibe verwenden, auf dem das Ziel (der nächste Drehort) schon zu sehen ist. Oder halten Sie kurz vor dem Ziel an, um den Ort heranzuzoomen. Diesen Zoom können Sie mit Fahraufnahmen kombinieren, am besten mit einer weichen Blende. Lassen Sie Ihre Phantasie spielen, wenn Sie einen Ortswechsel in Bildern darstellen möchten. Beliebt ist auch immer eine Landkarte, auf der Sie den Wechsel abschwenken können. Oder Sie ziehen ein Spielzeugauto mit einer dünnen Schnur über die Karte. Fortgeschrittene unter Ihnen, können die Karte als Grafik einscannen und mit einer dafür vorgesehenen Software animieren. Zeitwechsel in Bildern Auch einen Wechsel der Zeit können Sie mit verschiedenen Symbolbildern anzeigen. Verwenden Sie doch passende Lichtstimmungen, wenn es um Tageszeiten geht: Das weiche, gelbliche Licht am Morgen läßt sich gut vom härteren Licht im Laufe des Tages unterscheiden. Und wenn es noch deutlicher sein soll, drehen Sie einfach einen Sonnenaufgang, oder, wenn es um eine Abendstimmung geht, einen Sonnenuntergang. Darüber hinaus gibt es noch viele andere Bilder, die auf bestimmte Tageszeiten hinweisen: Der Straßenkehrer am Morgen, Angestellte am Mittag, die zur Pause aus Firmengebäuden strömen, oder der Ladenbesitzer, der am Abend sein Geschäft schließt. Die einfachste Art und Weise eine bestimmte Zeit im Bild festzuhalten, ist eine Uhr oder ein Kalender. Sicher kennen Sie, vor allem aus alten Schwarzweißfilmen, die Aufnahmen von Kalendern, auf denen die im Film vergangenen Tage schnell herunter gezählt werden worldwidevideo.de Andreas Schulz 14

15 Tipp: Innerhalb der meisten Schnittprogramme, gibt es die Möglichkeit, so genannte Titel anzufertigen. Das heißt, ein Text wird im laufenden Video eingeblendet, auf dem Videobild oder einem neutralen Hintergrund. Natürlich können Sie auch auf diese Weise Orts- und Zeitwechsel anzeigen. Ich finde jedoch, dass Titel im Laufe von Videos häufig ein Zeichen von mangelnden Bildideen sind und keinen guten und professionellen Eindruck machen. Also: Überlegen Sie sich lieber dreimal, ob Sie über den Vor- und Abspann hinaus noch weitere Titel einfügen wollen. Wie kann vergangene Zeit in einem Video bebildert werden? Zum Beispiel durch ganz einfache Symbolbilder: Ein Glas, das vorher noch voll war, ist plötzlich halb oder ganz leer. Oder ein Aschenbecher, der vorher leer war, ist plötzlich ganz voll. Mit solchen Übergängen können Sie Eindruck schinden, vor allem, wenn Sie dazu einen sogenannten Stopptrick verwenden. Und der geht so: Die Kamera ist fest auf einem Stativ verankert. Der Bildausschnitt vom Glas oder Aschenbecher ist relativ nah. Wenn es um das Glas geht, drehen Sie zunächst das leere Glas, schütten dann nach und drehen das vollere Glas. Im Schnitt drehen Sie die Bilder um und schneiden zunächst das volle und dann das leere Glas. Wenn Sie das hart schneiden, verändert sich außer den Glasinhalt nichts und der Zuschauer sieht den Vorgang wie von Geisterhand. Beim Aschenbecher können Sie es schneiden, wie sie es gedreht haben: leerer Aschenbecher, voller Aschenbecher. Den Effekt des Stopptricks bekommen Sie nur richtig hin, wenn die Kamera und das Bild unverändert bleiben Achten Sie darauf, dass die Lichtverhältnisse sich zwischen den beiden Aufnahmen nicht ändern. Viel Vergnügen beim Stopptrick! 2009 worldwidevideo.de Andreas Schulz 15

16 Abb. 15: Stopptrick mit vollem Glas Abb. 16: Stopptrick mit halb geleertem Glas 2.4 Blick- und Bewegungsrichtung In einem harmonisch geschnittenen Video ist der Zuschauer immer auf der Höhe des Geschehens. Wenn er durch bestimmte Schnitte irritiert wird, läßt seine Aufmerksamkeit nach. Das passiert zum Beispiel bei falschen Blick- und Bewegungsrichtungen. Blickrichtungen Wenn eine Person auf einem Videobild interessiert in eine bestimmte Richtung blickt, möchte der Zuschauer gerne wissen, was denn wohl so interessant ist. Zeigen Sie es ihm im nächsten Bild! Was Sie zeigen, ist natürlich nicht genau das, was die Person gerade sieht, denn Sie können ja mit Ihrer Kamera nicht parallel zeitgleiche Aufnahmen drehen. Das heißt: Vermitteln Sie dem Zuschauer die Illusion, dass er das Motiv der Person sieht. Diesen Effekt erreichen Sie aber nur dann, wenn die Blickrichtung und das folgende Bild in der Perspektive übereinstimmen. Beispiel: Auf Abbildung 17 sehen Sie vier aufeinander folgende Bilder. Unten rechts schaut ein Mann nach unten. Das passende Anschlussbild, links unten, zeigt die Aufnahme eines Kindes in der Vogelperspektive. Rechts oben blickt der Mann geradeaus und das folgende Bild ist frontal aufgenommen. So stimmen die Blickrichtungen und die Schnitte sind sauber und glaubhaft worldwidevideo.de Andreas Schulz 16

17 Abb. 17: Unten rechts: Blickrichtung nach unten Unten links: Anschlussbild aus der Vogelperspektive Oben rechts: Blickrichtung geradeaus Oben links: Anschlussbild frontal Es sind unter anderem solche Kleinigkeiten, die einem Zuschauer beurteilen lassen, ob ein Film gut oder schlecht ist. Achten Sie in Zukunft wenn möglich - schon beim Drehen auf passende Blickrichtungen. Bewegungsrichtungen Wenn die Richtungen der Blicke nicht so ganz stimmen, ist der Betrachter etwas irritiert. Werden unterschiedliche Bewegungsrichtungen aneinander geschnitten, kann der Zuschauer die Orientierung verlieren. Ein sich bewegendes Objekt kann nicht in einem Moment von dieser Richtung kommen und im nächsten von der entgegen gesetzten. Das ist wie im folgenden Beispiel der Straßenbahnen ein klassischer Achsensprung, den Sie ja in Kapitel 1 kennen gelernt haben worldwidevideo.de Andreas Schulz 17

18 Abb. 18: Unterschiedliche Bewegungsrichtung von Straßenbahnen Etwas komplizierter wird es, wenn Sie Außen- und Innenaufnahmen kombinieren wollen. Im Falle der Straßenbahn müssen Sie sich orientieren und entscheiden, von welcher Seite aus Sie die Innenaufnahme machen. Entscheiden Sie sich zur Sicherheit dafür, beide Varianten zu drehen, denn manchmal ist die Orientierung nicht ganz einfach. An Ihrem Schnittcomputer sehen Sie dann, welche Aufnahmen zueinander passen. 3. Der Feinschliff 3.1 Rhythmus und Szenenlängen Ein wichtiges Kriterium für die Qualität Ihrer Videos ist ein durchdachter Schnitt-Rhythmus. Wenn Sie alle Bilder in der gleichen Länge aneinander schneiden, kommt Langeweile auf. Je nach Situation und Thema sollten Sie mehrmals einen Rhythmuswechsel vollziehen. Schneiden Sie ruhige Szenen etwas behäbiger und ziehen Sie das Tempo an, wenn auf Ihren Bildern Bewegung und Action zu sehen ist worldwidevideo.de Andreas Schulz 18

19 Abb. 19: Rhythmuswechsel auf der Timeline Bauen Sie doch in Ihr Video einen schnell geschnittenen Clip ein, der z.b. mit einer guten Musik unterlegt wird. So stellen Sie sicher, dass bei Ihren Zuschauern die Aufmerksamkeit nicht nachlässt, denn ein Rhythmuswechsel erweckt immer Neugier. Der Clip kann klassischerweise am Anfang stehen, oder irgendwo dort, wo das Thema oder die Art der Bilder wechseln. Schauen Sie sich unter diesem Aspekt einmal professionelle Filmproduktionen an. Wie lange Sie einzelne Aufnahmen laufen lassen, hängt auch von der jeweiligen Bildgröße ab. Es gilt die Regel: Je totaler das Bild, desto länger sollten Sie es zeigen, weil der Zuschauer viele Details erfassen muss. Nahaufnahmen haben dagegen in der Regel eine einfache Bildsprache und können kürzer geschnitten werden. Tipp: Es gibt eigentlich keine festen Richtzeiten für die Länge von Bildern in Videos. Das wird je nach Aufnahme und persönlichem Gefühl entschieden. Wenn Sie noch keine oder wenig Erfahrung mit dem Videoschnitt haben, hier die ungefähren Schnittlängen für die einzelnen Bildgrößen: Totale: 8 Sekunden Halbtotale: 6 Sekunden Halbnahe: 5 Sekunden Nahe: 3 Sekunden 2009 worldwidevideo.de Andreas Schulz 19

20 Abb. 20: Ungefähre Richtzeiten für verschiedene Bildgrößen Bedenken Sie, dass Sie für schnelle Clips, die einzelne Bilder teilweise weniger als eine Sekunde zeigen, eine ganze Menge Nahaufnahmen brauchen. Also noch einmal die Anregung: Drehen Sie so viele Nahaufnahmen wie möglich. 3.2 Blenden und Effekte Wie schon einmal erwähnt: Es gibt in Ihrem Schnittprogramm eine große Palette von Blenden und Effekten. Mein Rat: Lassen Sie in der Regel die Finger davon. Wenn Sie den Rohschnitt beendet haben, können Sie sich immer noch überlegen, ob sich so etwas an einigen Stellen anbietet. Eine Blende oder ein Effekt sollte ein besonderes Stilmittel sein. Wenn Sie diese zu oft einsetzen, sind es keine Stilmittel mehr, weil sie sich zu sehr abnutzen. Eine weiche Blende bietet sich immer dann an, wenn sich ein Wechsel im Video vollzieht. Auch wenn es um langsame und softe Bilder (z.b. Unterwasser- Aufnahmen) geht, erzielt eine weiche Blende eine gute und harmonische Wirkung. Wenn Sie andere Blenden aus der großen Auswahl verwenden, fragen Sie sich immer, ob das an der jeweiligen Stelle motiviert ist oder doch nur Spielerei worldwidevideo.de Andreas Schulz 20

21 Abb. 21: Blendenvariante Umblättern Was für den Einsatz von Blenden gilt, ist auch beim Thema Effekte gültig. Auch diese sollten im Verlauf des Videos motiviert sein. Beispiel: Den Effekt Schwarzweiß sollten Sie vor allem dann einsetzen, wenn es um Rückblenden in die Vergangenheit geht. Sehr wirkungsvoll kann es sein, wenn Sie die Geschwindigkeit von Szenen verändern. Werden sie verlangsamt, erzeugen Sie damit eine Zeitlupe. Damit können Sie besondere Momente auf der emotionalen Ebene noch verstärken, vor allem, wenn Sie noch eine passende Musik unterlegen. Wird eine Szene dagegen beschleunigt, können Sie mit dem Zeitraffer einen Slapstick-Effekt erzielen. Eine weiter schöne Spielerei ist die Einstellung Stroboskop : Damit wirken die Szenen abgehackt und roboterhaft. Den Einsatz dafür sollte man sich aber genau überlegen. Wenn Sie Zeit und Muße haben, schauen Sie sich doch einmal alle Blenden und Effekte an, die Ihr Schnittprogramm zu bieten hat. Vielleicht brauchen Sie ja eines Tages etwas ganz Spezielles. Aber grundsätzlich werden Sie sich in Zukunft mehr über gelungene Übergänge ohne Schnickschnack, als über komplizierte Blenden und Effekte freuen worldwidevideo.de Andreas Schulz 21

22 3.3 Die Analyse So, an dieser Stelle gehe ich davon aus, dass Sie Ihr Video fast fertig geschnitten haben: Sie erzählen eine Geschichte, haben einen roten Faden, harmonische Übergänge, passende Blick- und Bewegungsrichtungen und einen guten Rhythmus. Das ist gerade die richtige Zeit, um jemandem Ihr bisheriges Werk zu zeigen. Wenn ein Außenstehender den Film zum ersten Mal sieht, können Sie genau feststellen, über welche Stellen er noch stolpert. Nehmen Sie solche ersten Eindrücke sehr ernst, denn Sie selber haben sich zu lange mit dem Video beschäftigt, um Details und die Wirkung auf Zuschauer richtig beurteilen zu können. Bevor es im nächsten Kapitel unter anderem um den Filmtext, die Auswahl von Musik und den Tonschnitt geht, ist es wichtig zu wissen, ob Betrachter das Video und die beabsichtigte Geschichte verstehen. Ist das nicht der Fall, sollten Sie überlegen, einige Bilder auszuwechseln oder zu ergänzen. Achten Sie bei der ersten Vorführung auch darauf, an welchen Stellen Ihre Zuschauer aufmerksam sind und an welchen nicht. Letztere Sequenzen sollten Sie noch einmal kritisch analysieren und in einigen Fällen kürzen. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem gelungenen Video worldwidevideo.de Andreas Schulz 22