Arithmetik II 1. Stephan Rosebrock WS 07/08. 1Entstanden mit der tatkräftigen Unterstützung von Stephan Huÿmann und Reinhold

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1 Arithmetik II 1 Stephan Rosebrock WS 07/08 1Entstanden mit der tatkräftigen Unterstützung von Stephan Huÿmann und Reinhold Mauve

2 Inhaltsverzeichnis 1 Gruppen Geometrie und Zahlen Der Gruppenbegri Folgerungen aus dem Gruppenbegri Untergruppen Isomorphie Euklidischer Algorithmus Der gröÿte gemeinsame Teiler Darstellungen des ggt als Vielfachensumme Das kleinste gemeinsame Vielfache Kongruenzen Ganze Zahlen Restklassen Die Euler-Funktion Die Gruppe der primen Restklassen Die Primzahlen Den Primzahlen auf der Spur Primfaktoren, kgv und ggt Abstände zwischen Primzahlen Weitere spannende Primzahlen Verschlüsselungsverfahren Einfache Verschlüsselungsverfahren Das RSA-Verfahren Zeichenerklärung 57 Literaturverzeichnis 58 Index 60 1

3 Kapitel 1 Gruppen In diesem Kapitel geht es um Gruppen. Die Literatur dazu ist [Ros04]. Obwohl bereits Gauss implizit Gruppen nutze (er führte eine Operation auf quadratischen Formen ein, die damit eine Gruppe bilden) und schon vorher wichtige Sätze aus der Gruppentheorie bewiesen wurden (etwa von Lagrange und Euler) wurden Gruppen doch erst explizit von dem genialen französischen Mathematiker Evariste Galois [ ] genutzt. Das Problem der algebraischen Lösung von Gleichungen wurde von ihm mit Hilfe von Gruppen vollständig gelöst untersuchte Augustin-Louis Cauchy [ ] als erster systematisch Gruppen. Bei ihm waren es Gruppen von Permutationen. Arthur Cayley [ ] war der erste, der im Jahr 1854 abstrakt Gruppen einführte. Zu den einzelnen Kapiteln gibt es einleitende Fragestellungen, die von Ihnen zu Hause angedacht werden sollen. Denken Sie darüber nach, das ist die beste Vorbereitung auf die Vorlesung. 1. Wir betrachten verschiedene Mengen: Z = {..., 4, 3, 2, 1, 0, 1, 2, 3, 4, 5,...}, die Menge der ganzen Zahlen, M 1 = {2n n Z} = {..., 6, 4 2, 0, 2, 4, 6, 8,...}, die Menge der geraden Zahlen, M 2 = {n n = 4k + 1, k Z} = {..., 11, 7, 3, 1, 5, 9, 13, 17,...}, die Menge der Zahlen der Form 4k + 1, M 3 = {a + b 3 a, b Z}. In jeder dieser 4 Mengen kann man Elemente addieren. Ist diese Addition abgeschlossen? (Eine Verknüpfung heiÿt abgeschlossen auf einer Menge, wenn zwei Elemente verknüpft miteinander wieder ein Element der Menge ergeben. So ist die Subtraktion auf den natürlichen Zahlen nicht abgeschlossen, weil 6 8 keine natürliche Zahl ist. Auf den ganzen Zahlen ist die Subtraktion aber abgeschlossen, weil die Dierenz zweier ganzer Zahlen immer eine ganze Zahl ist.) Gibt es jeweils ein neutrales Element, also ein Element e, dass wenn man 2

4 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 3 e zu irgendeinem anderen Element a addiert, kommt wieder a als Ergebnis raus? Falls es ein neutrales Element gibt: Gibt es zu jedem Element a aus einer der vier Mengen ein anderes Element a aus derselben Menge, so dass deren Summe a + a das neutrale Element ergibt? Gilt für diese Operation das Assoziativgesetz? 2. Wir betrachten noch einmal die vier Mengen der letzten Aufgabe, betrachten aber diesmal die Multiplikation und stellen dieselben Fragen. 3. Gegeben ein auf einer Pappe angebrachtes, um den Mittelpunkt drehbares, gleichseitiges Dreieck (siehe Abbildung 1.1). Das Dreieck ist dort im Abbildung 1.1: Drehscheibe für Dreiermathematik Ausgangszustand abgebildet. Drehen wir die Drehscheibe um 1 in Pfeilrichtung weiter (also um 120 Grad), so zeigt der Pfeil oben auf die 1, um 2 weiterdrehen führt zur 2. Wir führen nun eine Addition auf der Menge {0, 1, 2} ein: i j soll sein, wenn wir im Ausgangszustand starten, zuerst um i drehen und danach um j drehen. Die Zahl, auf die der Pfeil dann zeigt, ist das Ergebnis von i j. Rechnen Sie: 0 1, 1 1, 2 1, 2 2. Ist diese Addition assoziativ, kommutativ? Ist diese Addition abgeschlossen? Gibt es ein neutrales Element? Falls es ein neutrales Element gibt: Gibt es zu jedem Element a ein anderes Element a, so dass deren Summe a a das neutrale Element ergibt? Gilt für die Addition das Assoziativgesetz? Führen Sie eine sinnvolle Operation ein, so dass das Distributivgesetz gilt. 4. Wie viele Symmetrien lässt ein Dreieck (ein Viereck, ein n-eck, ein Würfel) zu? Genauer: Wie viele Drehungen und Spiegelungen lässt ein Dreieck zu, so dass bei jeder dieser Abbildungen das Dreieck auf sich selbst abgebildet wird? Literatur zu diesem Kapitel gibt es sehr viel. Insbesondere empfehlenswert sind: [Sch96], [JJ98], [Ros04]. Basis unserer Darstellung hier ist [Ros04]. [Göt97] ist

5 > =!? Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 4 etwas formal in der Darstellung, [BR03] mit einer Anwendung für die Schule, [GAP06] ist Freeware-software zur Gruppentheorie. 1.1 Geometrie und Zahlen Wie können wir ein gleichseitiges Dreieck auf sich abbilden? Da gibt es die Identität id, die jeden Punkt auf sich abbildet. Wir können das Dreieck auch an einer Geraden durch eine Ecke und den Mittelpunkt der gegenüberliegenden Kante spiegeln. Von diesen Geraden gibt es drei, in Abbildung 1.2 mit a, b, c bezeichnet. Abbildung 1.2: Ein gleichseitiges Dreieck Spiegeln wir beispielsweise an a, so wird der Punkt 1 auf den Punkt 2 abgebildet und 3 wird auf sich abgebildet. Die Abbildung, die durch Spiegelung an a gegeben ist, heiÿe s a. Es gilt also: s a (1) = 2, s a (2) = 1 und s a (3) = 3. Gibt es weitere Abbildungen dieses Dreiecks auf sich? Wir können das Dreieck um seinen Mittelpunkt gegen den Uhrzeigersinn drehen und zwar entweder um 120 Grad oder um 240 Grad. Nennen wir diese Drehungen d 120 und d 240. Weitere Drehungen des Dreiecks gibt es nicht: eine Drehung um 360 Grad ist dasselbe wie eine Drehung um 0 Grad, denn wir betrachten Abbildungen des Dreiecks auf sich, und als Abbildung gesehen, ist eine Drehung um 0 Grad dasselbe wie eine Drehung um 360 Grad. Bei beiden Abbildungen wird der Punkt 1 auf den Punkt 1 abgebildet, 2 auf 2 und 3 auf 3. Es ergibt sich also für die Menge der Abbildungen des regulären Dreiecks auf sich: D 3 = {id, d 120, d 240, s a, s b, s c } Eine Abbildung einer Figur auf sich heiÿt Deckabbildung. Mehr Deckabbildungen des Dreiecks als in D 3 gibt es nicht: Bei jeder Deckabbildung wird nämlich Eckpunkt auf Eckpunkt abgebildet. Es gibt aber nur 6 Permutationen von 3 Punkten. Jede Deckabbildungen ist eine Isometrie, d.h. eine längenerhaltende Abbildung der Ebene auf sich. Eine Abbildung f der Ebene auf sich heiÿt längenerhaltend,

6 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 5 wenn f(a) und f(b) denselben Abstand haben, wie A und B. Jede Strecke wird bei einer Isometrie auf eine Strecke derselben Länge abgebildet. Zum Beispiel ist bei jeder Abbildung aus D 3 der Abstand zweier Eckpunkte des Dreiecks vor der Abbildung derselbe, wie hinterher. Wir benutzen die Permutationsschreibweise, in unserem Beispiel s a (1, 2)(3). In jedem Klammerpaar wird ein Punkt auf den Punkt abgebildet, der ihm folgt. Die Klammern werden zyklisch gelesen, also wird die letzte Zahl in einem Klammerpaar auf die erste abgebildet. Die erste Klammer sorgt in s a (1, 2)(3) dafür, dass die 1 auf die 2 und die 2 auf die 1 abgebildet wird und die zweite Klammer bedeutet, dass die 3 fest bleibt. Die Spiegelung an der Geraden a ist natürlich nicht dasselbe, wie die Permutation (1, 2)(3), in der nur Zahlen vertauscht werden. Das Zeichen soll andeuten, dass (1, 2)(3) die Spiegelung s a beschreibt. Das gilt natürlich nur dann, wenn die Ecken des Dreiecks nummeriert sind, wie in Abbildung 1.2. Für die Identität gilt id (1)(2)(3). Es gilt d 120 (1, 2, 3), also die 1 auf die 2, die 2 auf die 3 und die 3 auf die 1. Statt s b (1, 3)(2) schreiben wir auch s b (1, 3) und lassen also die Punkte, die festbleiben, weg. Mit dieser Kurznotation dürfen wir id () schreiben. Da die Klammern zyklisch zu lesen sind, gilt: (1, 2, 3) = (3, 1, 2) = (2, 3, 1). Insgesamt können wir die Isometrien des regulären Dreiecks also beschreiben durch: D 3 = {(), (1, 2, 3), (1, 3, 2), (1, 2), (1, 3), (2, 3)} Wir wollen nun Isometrien miteinander verknüpfen und Eigenschaften dieser Verknüpfung studieren. Die Verknüpfung (Hintereinanderausführung) zweier längenerhaltender Abbildungen ist wieder eine längenerhaltende Abbildung. Wenn nämlich eine Abbildung f eine Strecke a auf eine Strecke a gleicher Länge abbildet und eine Abbildung g die Strecke a auf eine Strecke a abbildet, dann bildet die Hintereinanderausführung von f und g die Strecke a auf die Strecke a gleicher Länge ab. Also ist die Verknüpfung zweier Isometrien wieder eine Isometrie! Verknüpfen wir also 2 Elemente aus D 3 (d.h. führen wir die zugehörigen Abbildungen hintereinander aus), so muss sich ein drittes aus D 3 ergeben. Man sagt, die Menge D 3 ist bezüglich Hintereinanderausführung abgeschlossen. Ebenso ist die Addition ganzer Zahlen abgeschlossen, denn die Summe zweier ganzer Zahlen ist wieder eine ganze Zahl. Für die Hintereinanderausführung wählen wir das Symbol. Wir führen als Beispiel erst s a und dann s b aus, also die Isometrie s b s a. Wir verfolgen die Bilder der Eckpunkte unter dieser Isometrie: s a (1) = 2 und s b (2) = 2. Also ist s b s a (1) = 2. s a (2) = 1 und s b (1) = 3. Also ist s b s a (2) = 3. s a (3) = 3 und s b (3) = 1. Also ist s b s a (3) = 1. Insgesamt gilt also s b s a (1, 2, 3) d 120. So wie wir in den ganzen Zahlen rechnen können, so können wir hier mit Isometrien rechnen. Einige weitere Beispiele:

7 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 6 d 120 d 120 = d (1, 2, 3) (1, 2, 3) = (2, 1, 3) d 240; d = id; s a s b (1, 2) (1, 3) = (1, 3, 2) d 240 s b s a Die Hintereinanderausführung von Isometrien ist, im Gegensatz zur Addition in den ganzen Zahlen, also im Allgemeinen nicht kommutativ! Wir können diese Verknüpfungen in einer Verknüpfungstafel (auch Gruppentafel genannt) notieren: Beispiel 1.1 Die Verknüpfungstafel der Menge D 3 bezüglich der Hintereinanderausführung ist: id d 120 d 240 s a s b s c id id d 120 d 240 s a s b s c d 120 d 120 d 240 id s b s c s a d 240 d 240 id d 120 s c s a s b s a s a s c s b id d 240 d 120 s b s b s a s c d 120 id d 240 s c s c s b s a d 240 d 120 id Ist die Menge M 2 = {n n = 4k + 1, k Z} abgeschlossen bezüglich der Addition? D.h. gilt für n, m M 2 immer n + m M 2? Wir prüfen das: Ist n = 4t + 1 (weil n M 2 ) und m = 4s + 1 (weil m M 2 ), so folgt n+m = 4t+1+4s+1 = 4(t+s)+2. Aber 4(t+s)+2 ist nicht ein Element von M 2, weil es nicht die Form 4k + 1 hat. M 2 ist also nicht abgeschlossen bezüglich Addition. Ist M 2 bezüglich Multiplikation abgeschlossen? D.h. gilt für n, m M 2 immer n m M 2? Wir prüfen auch das: Ist n = 4t + 1 und m = 4s + 1, so folgt n m = (4t + 1) (4s + 1) = 16ts + 4s + 4t + 1 = 4(4ts + t + s) + 1. Es hat damit die Form 4k + 1 und liegt folglich in M 2. M 2 ist also bezüglich Multiplikation abgeschlossen. Es gibt viele Gemeinsamkeiten von ganzen Zahlen und Isometrien, die wir hier herausarbeiten wollen: In der Menge der ganzen Zahlen mit der gewöhnlichen Addition gibt es ein neutrales Element, nämlich die Zahl 0. Addiert man eine Zahl zum neutralen Element, so kommt wieder die Zahl raus. Formal: a + 0 = 0 + a = a, a Z. Auch in der Menge D 3 mit der Verknüpfung der Hintereinanderausführung gibt es ein neutrales Element, nämlich die Identität: g id = id g = g, g D 3. Verknüpft man irgendeine Abbildung mit der Identität, so kommt die Abbildung raus. Gibt es ein neutrales Element bezüglich der Addition in M 2? D.h. gibt es ein e M 2, so dass e + n = n für alle Elemente n M 2 gilt? Da gewöhnlich addiert wird, müsste e = 0 gelten. Die 0 ist aber nicht in M 2. Es gibt also kein neutrales Element der Addition in M 2. Gibt es ein neutrales Element bezüglich der Multiplikation in M 2? D.h. gibt es ein e M 2, so dass e n = n für alle Elemente n M 2 gilt? Da gewöhnlich

8 > " = Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 7 multipliziert wird, muss e = 1 gelten. Das geht: e = M 2. Wir haben ein neutrales Element der Multiplikation gefunden. In den ganzen Zahlen gibt es zu jeder Zahl eine Inverse: Zur 5 ist das inverse Element die 5, da die Summe beider Zahlen das neutrale Element ergibt. Formal: a Z gibt es ein a Z mit a + a = 0. a heiÿt das inverse Element zu a bezüglich Addition. Die Bezeichnung für das Inverse zur Zahl a Z ist a. Die natürlichen Zahlen mit der Addition haben keine Inversen. Wir nden zu keiner natürlichen Zahl eine andere natürliche Zahl, so dass deren Summe die Null ergibt. Zu jeder Isometrie ist die Abbildung, die diese Isometrie rückgängig macht, auch längenerhaltend, daher auch eine Isometrie. Es gibt also zu jeder Isometrie eine weitere, so dass die Hintereinanderausführung der beiden Isometrien die Identität ergibt. Zu jeder Isometrie gibt es die inverse Isometrie. Um beispielsweise eine beliebige Spiegelung rückgängig zu machen, spiegelt man an derselben Geraden noch einmal. In D 3 gilt also s a s a = s 2 a = id. Es gilt d 120 d 240 = id. Die Inverse zur Isometrie f wird mit f 1 bezeichnet. Es ist also s 1 a = s a und d = d 240. Man kann natürlich statt eines gleichseitigen Dreiecks eine beliebige andere Figur mit der Menge ihrer Isometrien betrachten. Als weiteres Beispiel betrachten wir die Raute aus Abbildung 1.3. Auÿer der Identität können wir an a oder b! Abbildung 1.3: Raute spiegeln und die Raute um ihren Mittelpunkt um 180 Grad drehen, d.h.: R = {id, s a, s b, d 180 } Hier führt die Verknüpfung der Hintereinanderausführung zu anderen Ergebnissen, als bei dem gleichseitigen Dreieck. Es gilt beispielsweise: s a s b = d 180. Eine Beschreibung der Deckabbildungen der Raute ergibt sich analog zum gleichseitigen Dreieck, wenn man wieder nur die Permutationen der Eckpunkte betrachtet: R = {(), (1, 3), (2, 4), (2, 4)(1, 3)} Zum Beispiel lässt sich die Drehung um 180 Grad um den Mittelpunkt der Raute durch (2, 4)(1, 3) beschreiben, was keinesfalls mit (2, 4, 1, 3) zu verwechseln ist. Die letzte Permutation kommt nicht von einer Isometrie der Raute.

9 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 8 Insgesamt stellen wir fest: Wir können mit Isometrien und der Verknüpfung der Hintereinanderausführung genauso rechnen wie mit ganzen Zahlen und der Addition. In beiden Fällen haben wir eine Menge (einmal Zahlen und einmal Isometrien) und eine Verknüpfung (einmal die Addition und einmal die Hintereinanderausführung). Entdecken Mathematiker in verschiedenen Strukturen dieselben Mechanismen, so tendieren sie zur Verallgemeinerung: 1.2 Der Gruppenbegri Denition 1.2 Sei G eine Menge und eine Verknüpfung, bezüglich der G abgeschlossen ist. Das Paar (G, ) heiÿt Gruppe, wenn es folgende Eigenschaften erfüllt: 1. ( Assoziativität) Für alle u, v, w G gilt: (u v) w = u (v w) (1.1) 2. (Existenz eines neutralen Elements) Es gibt ein e G, so dass e g = g e = g, g G (1.2) e heiÿt neutrales Element der Gruppe G. 3. (Existenz inverser Elemente) Zu jedem g G gibt es ein g G, so dass g heiÿt das Inverse zu g. g g = g g = e (1.3) Wir haben uns im wesentlichen klar gemacht, dass (Z, +) und (D 3, ) Gruppen bilden. Das neutrale Element in (Z, +) ist die Null und in (D 3, ) die Identität id. Das Assoziativgesetz ist für die Addition ganzer Zahlen erfüllt. Überprüfen wir die Assoziativität für die Gruppe (D 3, ) an einem Beispiel: (d 240 s c ) s a = d 240 (s c s a ) (1, 3) s a = d 240 (1, 3, 2) (1, 2, 3) = (1, 2, 3) Sei D n die Menge der Deckabbildungen des regulären n-ecks. Beispiel 1.3 Für n 2 bildet (D n, ) eine Gruppe, die Diedergruppe. Beweis: Führt man zwei längenerhaltende Abbildungen, die eine Figur festlassen, hintereinander aus, so erhält man wieder eine längenerhaltende Abbildung, die dieselbe Figur festlässt. Das beweist die Abgeschlossenheit. Wir überprüfen (1.1) aus Denition 1.2: Sei x ein beliebiger Punkt der Ebene. Es folgt für alle u, v, w D n : (u v) w(x) = u(v(w(x))) = u (v w)(x). Da das für jeden Punkt x der Ebene gilt, gilt insgesamt: (u v) w = u (v w). Die identische Abbildung

10 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 9 ist das neutrale Element. Es fehlt noch (1.3): Zu einer längenerhaltenden Abbildung g, die eine Figur festlässt, ist die Abbildung g, die g rückgängig macht, auch längenerhaltend und lässt die Figur fest. g ist also auch eine Deckabbildung derselben Figur und ist damit Element von D n. Man kann leicht Verknüpfungen und Mengen nden, die abgeschlossen sind, aber die nicht assoziativ sind: Wir betrachten die Menge der ganzen Zahlen mit der Verknüpfung: a b = a + 2b. Z.B. ist 3 5 = = 13 oder 4 2 = 0. Diese Verknüpfung ist nicht assoziativ, denn: aber 2 (3 4) = 2 11 = 24 (2 3) 4 = 8 4 = 16 Weitere Beispiele von Gruppen: 1. (Z, +), (Q, +), (R, +) sind Beispiele von additiven Gruppen (also welchen, bei denen die Verknüpfung die Addition ist). 2. (Q\{0}, ), (Q +, ), (R\{0}, ), (R +, ) sind Beispiele multiplikativer Gruppen. 3. Zu einer beliebigen Figur F in der Ebene sei S(F ) die Menge aller Isometrien der Figur auf sich (also ihrer Deckabbildungen). Dann bildet (S(F ), ), die Menge dieser Abbildung bezüglich der Hintereinanderausführung, eine Gruppe, die Symmetriegruppe von F. Beispiel ist die Gruppe (D 3, ) vom gleichseitigen Dreieck oder die Gruppe (R, ) der Raute. 4. Die Menge aller Permutationen S n der Zahlen {1, 2, 3,..., n} bezüglich Hintereinanderausführung. Die Permutation id ist das neutrale Element. Das Inverse zu einer Permutation ist die Permutation, die gerade die Permutation rückgängig macht. S n wird symmetrische Gruppe genannt. 5. Auch die drei Zahlen {0, 1, 2} bilden zusammen mit der Operation aus unserer Eingangsfrage 3. eine Gruppe. Das neutrale Element ist die 0. Addiert wird durch weiterdrehen. Etwa ist 2 2 = 1. Das Inverse der 2 ist beispielsweise die 1. Drehen wir ein reguläres n-eck mit der Beschriftung von 0 bis n 1 so haben wir eine Gruppe mit den Elementen {0,..., n 1} Diese Gruppe heiÿt Z n. Für die Addition in Z n schreiben wir manchmal + n statt. 1. und 2. sind Beispiele von unendlichen Gruppen, also Gruppen, mit unendlich vielen Elementen. 4. und 5. sind endliche Gruppen. In 3. hat man manchmal endliche Gruppen (wie beim regulären n-eck), oder unendliche Gruppen, wie bei Bandornamenten oder dem Kreis.

11 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 10 Keine Gruppe bildet zum Beispiel (N, +). Es gibt zwar ein neutrales Element (die 0, die eigentlich nicht zu den natürlichen Zahlen dazuzählt), aber kein Element (auÿer der Null) hat ein Inverses: Wir können zur 3 keine Zahl addieren, so dass 0 rauskommt. Man kann den Übergang von N nach Z so deuten, dass man die Inversen der Addition dazunimmt. Ebenso ist (Z, ) keine Gruppe, weil die Inversen der Multiplikation fehlen. Nimmt man die dazu, so hat man den Übergang von Z nach Q. 1.3 Folgerungen aus dem Gruppenbegri Denition 1.4 Die Anzahl Elemente einer Gruppe heiÿt Ordnung der Gruppe. Es gibt 2n Deckabbildungen des regulären n-ecks: n Spiegelungen und n Drehungen (wobei die Identität als Drehung um 0 Grad gedeutet wird). Die Gruppe D n hat also die Ordnung 2n (man schreibt auch D n = 2n). Beispiel 1.5 Die Symmetriegruppe der Raute ist eine Gruppe der Ordnung 4: die Identität, zwei Spiegelungen und die Drehung um 180 Grad um den Mittelpunkt der Raute. Diese Gruppe heiÿt Kleinsche Vierergruppe, nach dem Mathematiker Felix Klein ( ). Unendliche Gruppen haben unendliche Ordnung. Die Ordnung der symmetrischen Gruppe S n ist n!, weil es n! Permutationen von n Elementen gibt. Denition 1.6 Eine Gruppe (G, ) heiÿt abelsch oder kommutativ, wenn für je zwei g, h G gilt: g h = h g. Wie wir oben bereits festgestellt haben, ist die Gruppe D 3 nicht abelsch, aber die ganzen Zahlen (mit der gewöhnlichen Addition) sind abelsch. Keine der Gruppen D n für n 3 ist abelsch: Die Hintereinanderausführung von 2 Spiegelungen s a, s b an 2 Spiegelachsen a, b, die sich im Winkel α schneiden, ist eine Drehung um 2α, wobei die Richtung der Drehung davon abhängt, an welcher Achse zuerst gespiegelt wird. Deshalb ist s a s b eine andere Drehung als s b s a, falls α < 90 Grad. Benachbarte Spiegelachsen im regulären n-eck schlieÿen einen Winkel von weniger als 90 Grad ein, für n 3. In den ganzen Zahlen gilt, dass das negative einer negativen Zahl positiv ist, also etwa ( 3) = +3. Gilt vielleicht in jeder Gruppe, dass das Inverse vom Inversen eines Elements g wieder g selbst ist? Solche und ähnliche Rechenhilfen, die wir von Zahlen kennen, gelten oft allgemein für Gruppen. Wir beobachten einige solche einfache Tatsachen: Sind v, w, g Elemente einer Gruppe, so gilt: vgg 1 w = vw, weil gg 1 = id, d.h.: vgg 1 w = v id w = v w. Die Durchführung einer Isometrie mit anschlieÿendem Inversen kann ebenso gut gleich weggelassen werden. Natürlich gilt diese Aussage nicht nur für Isometrien. In jeder Gruppe gilt gg 1 = e, wobei e das neutrale Element der Gruppe ist.

12 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 11 Wir denieren g 0 = id. Dazu sind wir gezwungen, wegen: g n = g n+0 = g n g 0 = g n id = g n Es gilt (g 1 ) 1 = g: Wollen wir das Inverse einer Isometrie g rückgängig machen, so führen wir g aus. Wir beweisen g n = (g 1 ) n. Auch das folgt kanonisch mit: id = g 0 = g n+n = g n g n = g n g g und jedes einzelne der g muss durch ein g 1 trivialisiert werden, also: Wir fassen zusammen: g 1 g 1 = g n } {{ } n Satz 1.7 Sei (G, ) eine beliebige Gruppe und v, w, g G. Dann gilt: 1. v g g 1 w = v w 2. g 0 = id 3. (g 1 ) 1 = g 4. g n = (g 1 ) n 2. bis 4. sind einfach bekannte Potenzgesetze aus der Schule, die hier allgemeiner in allen Gruppen gelten. Es gibt noch weitere wichtige elementare Eigenschaften von Gruppen: Satz 1.8 Sei (G, ) eine beliebige Gruppe. Dann gilt: 1. In G gibt es nur ein neutrales Element. 2. Zu jedem Gruppenelement gibt es nur genau ein Inverses. 3. Aus g v = g w oder v g = w g folgt v = w für Gruppenelemente g, v, w. 4. Sind g 1, g 2,..., g n G, so gilt: (g 1 g 2... g n ) 1 = g 1 n gn g 1 1 Beweis: 1. Seien e, e G neutrale Elemente, also Elemente, die (1.2) aus Denition 1.2 erfüllen. Dann gilt e e = e, da e neutrales Element ist, und auÿerdem e e = e, da e neutrales Element ist. D.h. e = e. 2. Seien u, v G Inverse von g G. Dann folgt (e ist das neutrale Element in G): u = e u = (v g) u = v (g u) = v e = v. 3. Multipliziere g v = g w auf beiden Seiten von links mit g 1. Das kann man machen, denn wenn man zwei gleiche Gruppenelemente hat, so bleiben sie gleich, wenn man sie jeweils mit demselben Element multipliziert. v g = w g multipliziere man entsprechend mit g 1 von rechts. 4. (g 1 g 2... g n ) (g 1 n gn g 1 1 ) = g 1 g 2... g n gn 1 g 1 n 1... g 1 1, und jetzt kürze man auf der rechten Seite der Gleichung von der Mitte aus weg (also g n g n = id, etc.), bis die Identität bleibt, d.h. (gn 1 gn g 1 1 ) ist

13 # "! Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 12 das Inverse zu (g 1 g 2... g n ). Die Kürzungsregel 3. sagt aus, dass man in Gleichungen von links oder von rechts kürzen darf, so wie man das in der Schule lernt (dort darf man aber zusätzlich auf der einen Seite von links und auf der anderen von rechts kürzen, was nur in abelschen Gruppen erlaubt ist.) Sie gilt keineswegs immer, wenn keine Gruppe vorliegt. So gilt etwa beim Rechnen im regulären 12-Eck wie in Eingangsfrage 3: 4 5 = 4 2, denn 4 5 = 20 lässt denselben Rest beim Teilen durch 12 wie 4 2 = 8. Es gilt aber 5 2 im 12-Eck. Es gibt zur 4 kein multiplikatives Inverses. Satz 1.9 Sind a, b, c, d Elemente einer Gruppe G, so haben die Gleichungen xa = c und by = d jeweils genau eine Lösung. Beweis: Um aus der Isometrie a die Isometrie c zu erzeugen, mache man zuerst die Isometrie a rückgängig und führe danach c aus, also ca 1. Diese Hintereinanderausführung ist eine Isometrie, die genau das Element x ist. Der Satz gilt aber auch für Gruppen, die keine Symmetriegruppen sind: ca 1 a = c ist in jeder Gruppe wahr. by = d hat die Lösung b 1 d mit ganz ähnlichen Argumenten. 1.4 Untergruppen Beispiel 1.10 Wir betrachten von der Symmetriegruppe D 6 des regulären Sechsecks aus Abbildung 1.4 die Menge U der Isometrien, die die Menge der Punkte {1, 3, 5} in sich überführen. Abbildung 1.4: reguläres Sechseck U enthält drei Spiegelungen. Die zugehörigen Spiegelachsen sind eingezeichnet. Auÿerdem enthält U die Identität und Drehungen um 120 und 240 Grad. U ist die Gruppe des regulären Dreiecks. In der Tat besteht U aus genau den Isometrien, die ein Dreieck mit den Eckpunkten 1, 3 und 5 in sich überführen.

14 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 13 Gleichzeitig ist U Teilmenge von D 6. U ist der Stabilisator der Punktmenge {1, 3, 5} und ist eine Untergruppe von D 6. Sei D n + die Menge der Drehungen aus D n einschlieÿlich dem Element id (das ist eine Drehung um 0 Grad). D n + besteht also genau aus allen Drehungen des regulären n-ecks. Es gilt: D + n = {id, d, d 2, d 3,..., d n 1 } wobei d die Drehung um 360/n Grad ist. Diese Drehungen bilden bezüglich der Hintereinanderausführung eine Gruppe. Dabei ist die Menge D + n eine Teilmenge von D n, die mit der selben Verknüpfung (der Hintereinanderausführung) von D n eine Gruppe bildet. Denition 1.11 Eine Teilmenge U einer Gruppe G heisst Untergruppe von G, wenn U mit der Verknüpfung von G selbst eine Gruppe bildet. Wir schreiben U < G, wenn U eine Untergruppe von G ist. Es gilt also: D + n < D n. Das erkennen wir für die Gruppe D 3 auch an der Gruppentafel aus Beispiel 1.1. Das linke obere Viertel der Gruppentafel enthält nur Drehungen. Jede Gruppe enthält sich selbst als Untergruppe, also G < G. Auÿerdem enthält jede Gruppe die triviale Gruppe als Untergruppe. Das ist die Gruppe, die nur aus dem neutralen Element besteht. Eine Untergruppe einer Gruppe G, die nicht die triviale Gruppe und nicht G selbst ist, heiÿt echte Untergruppe von G. Beispiele: (2Z, +), die Menge der geraden Zahlen, ist eine Untergruppe von (Z, +), weil die Summe von zwei geraden Zahlen immer eine gerade Zahl ist und wenn n gerade ist, dann ist es n auch. (Q +, ) < (Q\{0}, ), weil das Produkt zweier positiver Brüche positiv ist und das Inverse eines positiven Bruchs wieder ein positiver Bruch ist. Genauso leicht sieht man (Z, +) < (Q, +). Sei F eine beliebige Figur in der Ebene (oder ein Körper im R 3 ) und S F. Sei G die Symmetriegruppe von F. Dann bilden die Elemente von G, die S auf S abbilden, eine Untergruppe G(S) < G, den Stabilisator von S. Mit u G(S) ist nämlich auch die Abbildung u 1 die u rückgängig macht von der Form, dass sie S auf S abbildet, also u 1 G(S). Aus u, v G(S) folgt u v G(S). Beispiel 1.12 Als Beispiel sei F ein Quadrat und S ein Paar gegenüberliegender Kanten von F. Der Stabilisator G(S) besteht aus der Spiegelung mit Spiegelgerade a senkrecht zu den Kantenmitten aus S, der Spiegelung senkrecht dazu im Mittelpunkt des Quadrats und der Drehung d um den Quadratmittelpunkt um 180 Grad (siehe Abbildung 1.5). Das Folgende ist ein sehr allgemeines Kriterium für Untergruppen:

15 > 5 5 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 14 Abbildung 1.5: Der Stabilisator eines Quadrats Satz 1.13 Eine nicht leere Teilmenge H von G ist genau dann eine Untergruppe von G, wenn a, b H gilt ab 1 H. Beweis: Wir zeigen, dass falls die obige Bedingung erfüllt ist, H eine Untergruppe ist: H ist nicht leer, also gibt es ein g H. Die Assoziativität ist in H erfüllt, weil ihre Elemente in G liegen und sie in G erfüllt ist. Existenz des neutralen Elements: Mit g, g H in die obige Bedingung eingesetzt, folgt gg 1 = e H. Existenz des Inversen: Zu a H ist auch (setze e, a in die obige Bedingung ein) ea 1 = a 1 H. Abgeschlossenheit: Zu a, b 1 H ist a(b 1 ) 1 = ab H. Also ist H eine Untergruppe von G. Die Umkehrung ist klar. Es sei L(12, 9) = {12x + 9y x, y Z}. Man zeige, dass (L(12, 9, +)) eine Untergruppe von (Z, +) ist. Man gebe eine einfache Beschreibung dieser Untergruppe. Wie ist das mit L(20, 16) und L(7, 9)? Was kann man allgemein sagen? 1.5 Isomorphie Betrachten wir die Gruppe D 5 + = {id, d, d2, d 3, d 4 }, die Drehungen im regulären 5-Eck bezüglich Hintereinanderausführung. Es gilt etwa d 3 d 4 = d 2, denn drehen wir ein reguläres 5-Eck erst 4 mal und dann 3 mal, so hätten wir es statt dessen nur 2 mal drehen können. In der Gruppe Z 5 = {0, 1, 2, 3, 4} gilt: 3 4 = 2. Ob wir in der Gruppe D 5 + oder in Z 5 rechnen, macht keinen Unterschied: Eine Zahl aus Z 5 ist 'dasselbe', wie die entsprechende Drehung in einem regulären 5-Eck. Zwei Zahlen mit zu addieren ist 'dasselbe' wie die Hintereinanderausführung der entsprechenden 2 Drehungen im regulären 5-Eck (so haben wir sie ja auch eingeführt).

16 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 15 Gruppen werden als 'gleich' oder isomorph bezeichnet, wenn ihre Gruppenstruktur dieselbe ist. Z 5 und D + 5, oder allgemeiner, Z n und D + n sind also isomorphe Gruppen. Als zweites Beispiel können wir die Gruppe D 3 als Permutationsgruppe schreiben: D 3 = {(), (1, 2, 3), (1, 3, 2), (1, 2), (1, 3), (2, 3)}. Die Operation ist in dem Fall die Verknüpfung von Permutationen. Andererseits gilt: D 3 = {id, d 120, d 240, s a, s b, s c } als Symmetriegruppe des regulären Dreiecks in der Ebene mit der Verknüpfung der Hintereinanderausführung. Wir präzisieren diesen Begri der Isomorphie: Denition 1.14 Zwei Gruppen (G, ) und (H, #) heiÿen isomorph, wenn es eine bijektive Abbildung φ: G H gibt, so dass φ(u v) = φ(u) # φ(v), u, v G. (1.4) Die Abbildung φ heiÿt Isomorphismus. Eine Abbildung φ: G H heiÿt bijektiv, wenn jedes Element aus H von genau einem Element aus G durch die Abbildung getroen wird. Bei dem Beispiel des Isomorphismus φ: D 3 D 3 wird zu einer gegebenen Isometrie, die das Dreieck auf sich abbildet, die zugehörige Eckpunktpermutation als Bild genommen. Also: φ(id) = (), φ(d 120 ) = (1, 2, 3), φ(d 240 ) = (1, 3, 2), φ(s a ) = (1, 2), φ(s b ) = (1, 3), φ(s c ) = (2, 3) Sei R die reelle Gerade und t eine Translation in positiver Richtung um die Strecke 1. Für k Z ist die Translation kt eine Translation um die Strecke k in positiver oder negativer Richtung, je nachdem, ob k positiv oder negativ ist. Nun bildet die Menge der Translationen trans = {kt, k Z} eine Gruppe (trans, ) bezüglich Hintereinanderausführung. Es gibt einen Isomorphismus φ: Z trans von der Gruppe (Z, +) nach (trans, ) durch φ(k) = kt. Man sieht sofort, dass φ bijektiv ist und φ(i + j) = φ(i) φ(j). Zwei Translationen addieren sich auf der Geraden in ihrer Länge wie normale Zahlen. Die neue Bezeichnung trans ist eigentlich überüssig, wir könnten diese Gruppe einfach Z nennen. Deswegen kann man in der Grundschule mit dem Zahlenstrahl rechnen: Das Rechnen ist 'dasselbe' wie mit gewöhnlichen Zahlen. Wir kommen noch einmal zu Beispiel 1.12: Der Stabilisator G(S) von zwei gegenüberliegenden Kanten im Quadrat ist isomorph zur Gruppe des Rechtecks: Die Symmetriegruppe des Rechtecks besteht auch aus zwei Spiegelungen mit senkrecht zueinander stehenden Achsen und einer 180 Grad Drehung, angeordnet wie auf Abbildung 1.5. Sind zwei Gruppen isomorph, so haben sie dieselbe Anzahl Elemente. Die Gruppen (Z 4, + 4 ) und (R, ), die Gruppe der Raute aus Beispiel 1.5, haben jede vier

17 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 16 Elemente. Sind sie isomorph? In der Gruppe R ist die Hintereinanderausführung von jedem Element mit sich selbst die Identität: s a s a = id, s b s b = id, d 180 d 180 = id. Das ist für die Gruppe Z 4 jedoch falsch: Z 4 und R sind also nicht isomorph. Es ist nicht möglich, die Zahl 1 unter einem Isomorphismus φ nach R abzubilden, dabei wäre (1.4) verletzt: id φ(2) = φ(1) φ(1) = g g = id ergibt für jedes nichttriviale Element g R einen Widerspruch.

18 Kapitel 2 Euklidischer Algorithmus Wir beginnen dieses Kapitel wieder mit Problemstellungen: 1. Gegeben die beiden Zahlen 28 und 49. Welches ist die gröÿte natürliche Zahl, die beide teilt? Nun, das ist hier leicht, es ist die 7. Aber wie macht man das bei zwei groÿen Zahlen, wie etwa und oder und ? Die folgenden Aufgaben stammen aus einem alten Schulbuch für die 6. Klasse: (Plus 6; Schöningh; 1982) 2. Ein Rechteck mit den Seitenlängen 36 cm und 48 cm soll mit Quadraten gleicher Gröÿe gepastert werden. Es stehen Pastersteine mit den Seitenlängen 1 cm, 2 cm, 3 cm,... zur Verfügung. Welche Quadrate eignen sich zur Pasterung? 3. Birgit hat rechteckige Kacheln mit den Kantenlängen 4 cm und 6 cm. Sie soll damit ein Quadrat legen. Für Quadrate welcher Seitenlänge gelingt ihr das? 4. Regelmäÿig machen Tom und Tim Jogging. Tom joggt jeden 6. Tag, Tim jeden 8. Tag. Heute treen sie sich. Nach wie vielen Tagen treen sie sich wieder? 5. Regelmäÿig machen Tom und Tim Jogging. Tom joggt jeden 6. Tag, Tim jeden 4. Tag. Eva beschlieÿt auch zu joggen. Sie will aber mindestens immer einen von beiden - Tim oder Tom - treen. Wie stellt sie das an? 6. Annika, Anita und Alma musizieren. Annika haut alle 6 Sekunden auf die Pauke, Anita schlägt alle 10 Sekunden die Zimbel. Alma hat eine Autohupe. Noch zwei Aufgaben dazu: Eine Uhr hat drei Zeiger Z1, Z2, Z3 mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Z1 braucht 8h für eine Runde und Z2 braucht dafür 12h. 17

19 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite Nach wie vielen Stunden treen sich Z1 und Z2 auf dem gemeinsamen Startpunkt wieder? 8. Welche Umdrehungsgeschwindigkeit muss der dritte Zeiger Z3 haben, damit er sowohl Z1 auch Z2 bei jedem Durchlauf im Startpunkt trit? In Arithmetik I wird die Teilermenge einer natürlichen Zahl n als die Menge aller Teiler dieser Zahl deniert und mit T n bezeichnet. In diesem Kapitel geht es um Teilermengen von zwei gegebenen natürlichen Zahlen. Literatur dazu ndet sich unter vielen anderen Büchern auch in [Sch96], [Zie02], [Fre84] und [BRK95]. 2.1 Der gröÿte gemeinsame Teiler Sind n, m N, so betrachten wir die Menge der gemeinsamen Teiler dieser beiden Zahlen, also alle natürlichen Zahlen, die Teiler von n, als auch von m sind. Denition 2.1 Die natürliche Zahl d heisst gemeinsamer Teiler von n, m N, wenn d n und d m. Zum Beispiel ist die 6 gemeinsamer Teiler von 36 und 60. Die Menge aller gemeinsamer Teiler von n, m N erhält man, indem man die Elemente betrachtet, die in T n und in T m liegen. Diese Menge bezeichnet man als Schnittmenge und schreibt sie T n T m. Denition 2.2 Sind A und B zwei Mengen, so heisst die Menge der Elemente, die in A als auch in B liegen Schnittmenge von A und B und wird A B notiert. Beispiel 2.3 Wir suchen die gemeinsamen Teiler von 36 und 60. Es gilt T 36 = {1, 2, 3, 4, 6, 9, 12, 18, 36} und T 60 = {1, 2, 3, 4, 5, 6, 10, 12, 15, 20, 30, 60}. Die Menge der gemeinsamen Teiler ist dann: T 36 T 60 = {1, 2, 3, 4, 6, 12} Denition 2.4 Der gröÿte gemeinsame Teiler, abgekürzt ggt, der Zahlen n, m N ist die gröÿte Zahl d N, die n und m teilt. Wir schreiben d = ggt (n, m). Es gilt ggt (36, 60) = 12, weil 12 das gröÿte Element der Menge T 36 T 60 aus Beispiel 2.3 ist. Die Menge der gemeinsamen Teiler von zwei natürlichen Zahlen ist nie leer, weil die 1 immer Teiler von beiden Zahlen ist. Haben zwei natürliche Zahlen den ggt 1, so heiÿen sie teilerfremd oder relativ prim zueinander. Jede Primzahl ist teilerfremd zu jeder anderen Primzahl. Jede Zahl n N ist relativ prim zu n+1. Weitere Beispiele: ggt (8, 4) = 4, ggt (23, 35) = 1, ggt (n, 1) = 1 für alle natürlichen Zahlen n, ggt (27, 24) = 3, ggt (100, 75) = 25, ggt (7, 9) = 1, ggt (63, 90) = 9, ggt (n, k n) = n.

20 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 19 Was ist mit ggt (n, 0)? Dazu müssen wir wissen, welche Zahlen die 0 teilen. Es gilt sinnvollerweise d 0 für alle Zahlen d N 0, weil d 0 = 0. Dann folgt aber: ggt (n, 0) = n. Die Bestimmung des ggt für zwei gegebene natürliche Zahlen a, b ist eine wichtige Aufgabe. Zur Lösung kann man die Teilermengen der beiden Zahlen bestimmen und von deren Schnittmenge das gröÿte Element ermitteln. Dieser Algorithmus ist jedoch nicht sonderlich sinnvoll, weil die Rechenzeit viel zu groÿ wird für groÿe Zahlen a, b. Der folgende euklidische Algorithmus leistet die Bestimmung des ggt wesentlich schneller. Wir erinnern uns an den Satz von der Division mit Rest aus Arithmetik I: Satz 2.5 Sind a, b N, so gibt es eindeutig bestimmte Zahlen k, r N 0, so dass a = k b + r (2.1) und 0 r < b. Wir wollen den ggt von a und b bestimmen. Ist d = ggt (a, b), so gilt: d a und d b. Damit gilt aber auch d r in Gleichung (2.1). Wir können nämlich (2.1) umschreiben zu a kb = r und da d die linke Seite dieser Gleichung teilt, muss es auch die rechte Seite teilen. Umgekehrt genauso: Jede Zahl e N mit e b und e r erfüllt auch e a in Gleichung (2.1). Wir können also bei der Bestimmung des ggt von a und b, die Zahl a durch r ersetzen, d.h. ggt (a, b) = ggt (b, r). Es gilt zum Beispiel, dass der ggt von 96 und 36 derselbe ist, wie der von 36 und 24 weil 96 beim Teilen durch 36 den Rest 24 lässt. Jetzt können wir die Zahlen 36 und 24 als unsere neuen Zahlen a und b nehmen und von vorne beginnen. Insgesamt erhalten wir so den euklidischen Algorithmus: 96 = = = Jetzt wissen wir also, dass ggt (96, 36) = ggt (36, 24) = ggt (24, 12) = ggt (12, 0). Und da 12 die 0 teilt, folgt ggt (96, 36) = ggt (12, 0) = 12. Als zweites Beispiel berechnen wir den ggt von 3528 und 68: Es folgt: ggt (3528, 68) = = = = = Das folgende Mathematica-Programm realisiert den euklidischen Algorithmus: euklid[a_, b_] := If[b > 0, k = Floor[a/b]; r = Mod[a, b]; Print[a, " = ", k, " * ", b, " + ", r]; euklid[b, r]]

21 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 20 Erläuterung: So lange, wie b > 0 ist, wird a durch b durch Abschneiden der Kommastellen geteilt (der Befehl Floor) und das Ergebnis auf k gespeichert. Der Rest bei dieser Division wird auf r durch den Befehl Mod gespeichert. Nach der Ausgabe Print, wird b auf a kopiert und r auf b kopiert und dasselbe beginnt von vorne bis b = 0. Beispiel 2.6 Der Aufruf euklid[618, 524] führt zu 618 = 1 * = 5 * = 1 * = 1 * = 2 * = 1 * = 6 * und zeigt somit: ggt (618, 524) = 2. Leicht lösen wir jetzt das 1. Problem vom Anfang des Kapitels: ggt (748619, 16031) = 41 wie man auch per Hand oder mit Mathematica in 6 Schritten erhält. Wir verallgemeinern: Satz 2.7 Für a, b N betrachte man die folgende Kette von Divisionen mit Rest: a = k 1 b + r 1 mit 0 < r 1 < b b = k 2 r 1 + r 2 mit 0 < r 2 < r 1 r 1 = k 3 r 2 + r 3 mit 0 < r 3 < r 2. r n 3 = k n 1 r n 2 + r mit 0 < r < r n 2 r n 2 = k n r Dabei ist die Zahl n dadurch bestimmt, dass r der letzte von 0 verschiedene Rest in dieser Kette von Divisionen ist. Dann gilt für die Menge der gemeinsamen Teiler von a und b: T a T b = T r. Da der gröÿte Teiler von r natürlich r selbst ist, folgt mit diesem Satz, dass ggt (a, b) = r. Beweis: In der Gleichung a = k 1 b + r 1 ist jeder gemeinsame Teiler von a und b auch ein gemeinsamer Teiler von b und r 1 und umgekehrt. Es folgt also T a T b = T b T r1. Aus der zweiten Gleichung folgt: T b T r1 = T r1 T r2, usw. Insgesamt erhalten wir: T a T b = T r T 0 = T r N = T r was zu beweisen war. Man muss sich noch klar machen, dass der euklidische Algorithmus immer endet und nicht unendlich weiter laufen kann. Das folgt daraus, dass in jedem Schritt

22 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 21 eine der beiden Zahlen echt kleiner wird und deswegen muss nach endlich vielen Schritten eine der Zahlen bei 0 enden. 2.2 Darstellungen des ggt als Vielfachensumme Wir können die Rechnung aus Beispiel 2.6 umkehren: ggt (618, 524) = 2 = Wir haben also bewiesen, dass = 14 1 ( ) = = ( ) = = ( ) = = ( ) = = ( ) = ggt (618, 524) = x y 524 (2.2) mit x = 39 und y = 46 gilt. Durch Rückwärtsrechnen im euklidischen Algorithmus kann man also den ggt von 2 Zahlen a, b durch die Summe von Vielfachen dieser beiden Zahlen erhalten. Genauer: Satz 2.8 Für gegebene a, b N existieren ganze Zahlen x, y Z, so dass ggt (a, b) = x a + y b (2.3) gilt. Beweis: Wir bestimmen den ggt von a und b nach Satz 2.7 durch: a = k 1 b + r 1 mit 0 < r 1 < b b = k 2 r 1 + r 2 mit 0 < r 2 < r 1 r 1 = k 3 r 2 + r 3 mit 0 < r 3 < r 2. r n 4 = k n 2 r n 3 + r n 2 mit 0 < r n 2 < r n 3 r n 3 = k n 1 r n 2 + r mit 0 < r < r n 2 r n 2 = k n r Jetzt setzen wir rückwärts ein: r = r n 3 k n 1 r n 2 = r n 3 k n 1 (r n 4 k n 2 r n 3 ) = k n 1 r n 4 + (1 + k n 1 k n 2 )r n 3

23 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 22 In der letzten Zeile ersetzt man dann r n 3 usw., bis man r = x a + y b für Zahlen x und y erhält, die sich aus den k i ergeben. Die Darstellung des ggt in der Form (2.3) ist keineswegs eindeutig. In Beispiel (2.2) können wir beispielsweise noch schreiben: ggt (618, 524) = = ( ) ( ) 524 = Allgemein: Hat man ggt (a, b) = x a + y b, so kann man x durch x b und y durch y + a ersetzen und erhält: (x b) a + (y + a) b = x a ba + y b + ab = x a + y b = ggt (a, b) Für die Gleichung (2.3) gibt es also immer unendlich viele Lösungen. Wir können natürlich auch Vielfache vom ggt zweier Zahlen als Vielfachensumme schreiben. Aus 2 = folgt 6 = durch einfaches Multiplizieren mit 3 auf beiden Seiten. Alle anderen Zahlen lassen sich aber sicher nicht als Vielfachensumme darstellen. Es kann niemals 3 = x y 524 gelten, weil die rechte Seite von 2 geteilt wird und die linke nicht. 2.3 Das kleinste gemeinsame Vielfache Beispiel 2.9 Wir haben zwei Zahnräder, eins mit 9 Zähnen mit Namen K 9 und eins mit 24 Zähnen namens K 24, die ineinander hängen. Wir markieren die Stelle auf beiden Zahnrädern, an der sie ineinander hängen und drehen die Räder. Nach wie vielen Umdrehungen der jeweiligen Räder sind sie wieder an den markierten Stellen übereinander? Macht das Zahnrad K 24 eine Umdrehung, dann steht das Zahnrad K 9 auf dem 6. Zahn hinter der Markierung (weil 24/9 den Rest 6 lässt). Nach 2 Umdrehungen von K 24 ist es der 3. Zahn und nach 3 Umdrehungen von K 24 stehen die Markierungen wieder übereinander. 72 Zähne wurde weiter gedreht, K 24 drei mal und K 9 acht mal. Damit die Markierung beim Rad K 24 wieder an derselben Stelle ist, muss die Anzahl Zähne, um die weiter gedreht wurde, ein Vielfaches von 24 sein. Damit die Markierung beim Rad K 9 wieder an derselben Stelle ist,

24 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 23 muss die Anzahl Zähne, um die weiter gedreht wurde, ein Vielfaches von 9 sein. Damit die Markierung bei beiden Rädern wieder an derselben Stelle ist, muss die Anzahl Zähne, um die weiter gedreht wurde, ein Vielfaches von 24 und von 9 sein, also ein gemeinsames Vielfaches von 24 und 9. Denition 2.10 Die Zahl b heisst Vielfaches von a, wenn a die Zahl b teilt. Zu einer gegebenen Zahl a N heiÿt die Menge Vielfachenmenge von a V a = {a, 2a, 3a, 4a,...} Die Vielfachenmenge einer Zahl n > 0 ist immer unendlich. Es gilt zum Beispiel: V 9 = {9, 18, 27, 36, 45, 54, 63, 72, 81, 90, 99, } und V 24 = {24, 48, 72, 96, 120, 144,...}. In Beispiel 2.9 haben wir bereits begründet, dass die gesuchte Anzahl Zähne ein gemeinsames Vielfaches von 24 und 9 sein muss. Die gemeinsamen Vielfachen sind die Vielfachen, die in V 9 und in V 24 liegen, also die Zahlen aus V 24 V 9. Denition 2.11 Die Menge der gemeinsamen Vielfachen von a N und b N ist die Menge V a V b. Das kleinste gemeinsame Vielfache, abgekürzt kgv, ist das kleinste Element von V a V b. Das kleinste Element von V 24 V 9 ist die 72, d.h. kgv (9, 24) = 72. Deswegen sind in Beispiel 2.9 nach 72 Zähnen weiterdrehen die Zahnräder wieder in der Ausgangsstellung. Nach wie vielen Zähnen sind die Zahnräder danach wieder in Ausgangsstellung? Alle 72 Zähne wiederholt sich alles, d.h. bei allen Vielfachen von 72 ist alles wieder in der Ausgangsstellung. Alle gemeinsamen Vielfachen von 9 und 24 sind also gerade die Vielfachen von 72. Allgemein: Satz 2.12 Für a, b N gilt: Die gemeinsamen Vielfachen von a und b sind gerade die Vielfachen von kgv (a, b). D.h. für v = kgv (a, b) gilt: V a V b = V v Beweis: Möchte man Gleichheit von zwei Mengen A, B zeigen, muss man zwei Dinge zeigen: 1. A ist enthalten in B, Schreibweise: A B und 2. B ist enthalten in A, d.h. B A. Ist eine Menge A in einer Menge B enthalten, so sagen wir: A ist Teilmenge von B. 1. V v V a V b : Wir müssen zeigen: Jedes Vielfache von v = kgv (a, b) ist auch Vielfaches von a und von b. Das ist aber klar, weil v bereits Vielfaches von a und von b ist. 2. V a V b V v : Wir müssen zeigen: Jedes w aus V a V b liegt auch in V v. Etwas formaler: Für w V a V b folgt w V v. Wir teilen w durch v mit Rest: w = kv +r, wobei 0 r < v. Es gilt a v und a w und ebenso b v und b w. Dann folgt aber aus w = kv + r, dass a r und b r. Aus

25 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 24 r < v folgt nun, dass r = 0 sein muss, sonst gäbe es ein kleineres gemeinsames Vielfaches von a und b nämlich r selbst. Aber durch r = 0 geht w = kv + r über in w = kv und damit folgt v w. Das ist aber dasselbe wie w V v. Die Vielfachen der 0 besteht nur aus der 0 selbst, d.h. V 0 = {0}. Jetzt folgt kgv (a, 0) = min{v a V 0 } = 0, wobei min von einer Menge das kleinste Element dieser Menge sein soll. Ein wichtiger Satz zur Berechnung des kgv: Satz 2.13 Für a, b N gilt: kgv (a, b) = Beweis: ggt (a, b) teilt a und auch b, d.h. können schreiben: v = a a b ggt (a, b) b ggt (a, b) = b a b ggt (a,b) ist eine natürliche Zahl. Wir a ggt (a, b) Also ist v ein Vielfaches von a und von b. Wir müssen noch zeigen, dass v das kleinste gemeinsame Vielfache von a und b ist. Dazu sei w ein beliebiges anderes Vielfaches von a und b, also w V a V b. Nach Satz 2.8 schreiben wir ggt (a, b) = x a + y b und rechnen: w v = w ggt (a, b) a b = w (x a + y b) a b = wx b + wy a Wegen a w ist wy a eine ganze Zahl. Ebenso ist wegen b w die Zahl wx b ganz. Also ist w/v ganz und daher v w. w war als beliebiges gemeinsames Vielfaches von a und b deniert. Also muss v das kleinste gemeinsame Vielfache von a und b sein. Wir möchten auch den kgv mit Mathematica berechnen. Dazu benutzen wir eine Variante des Programms euklid von oben, bei dem nur der ggt selbst ausgegeben wird: ggt[a_, b_] := If[b > 0, k = Floor[a/b]; r = Mod[a, b]; ggt[b, r], Return[a]] Der If Befehl funktioniert so: Falls b > 0 wird k=floor[a/b]; r=mod[a, b]; ggt[b, r] ausgeführt und falls b 0 Return[a]. Wir erhalten schlieÿlich den kgv durch: kgv[a_, b_] := a*b/ggt[a, b] kgv[9, 24] ergibt als Ausgabe 72.

26 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 25 Eine Anwendung ndet der kgv in der Bruchrechnung. Möchte man zwei Brüche addieren, so muss man die Nenner auf einen gemeinsamen Nenner bringen, den Hauptnenner. Der ist aber gerade ein gemeinsames Vielfaches der beiden Nenner und am wenigsten Arbeit hat man, wenn man als Hauptnenner den kgv wählt. Beispiel 2.14 Wir addieren 1/9 und 1/24: = = 11 72

27 Kapitel 3 Kongruenzen Auch hier gibt es einleitende Fragestellungen: 1. Heute ist Donnerstag. Welcher Wochentag ist 50 Tage später? Welcher Wochentag ist in 1000 Tagen? 2. Welches ist die letzte Zier von ? Man kann das natürlich in Mathematica eintippen und dann die letzte Zier ablesen, aber geht das auch ohne komplett zu berechnen? 3. Welchen Rest lässt beim Teilen durch 7? 4. Welcher Wochentag war der 8. Mai 1945? 5. Ein Kaufmann hat Messer und Gabeln verkauft: Ein Messer kostet 5 Euro und eine Gabel 3 Euro. Am Ende waren 100 Euro eingenommen worden. Wie viele Messer und wie viele Gabeln hat er verkauft? 3.1 Ganze Zahlen Literatur zu diesem Kapitel gibt es sehr viele. Gut ist beispielsweise [BRK95] und [Sch96]. In diesem Kapitel geht es um ganze Zahlen also um die Menge: Z = {..., 3, 2, 1, 0, 1, 2, 3, 4,...} Wir brauchen die Teilbarkeit in den ganzen Zahlen: Die Zahl n Z heiÿt teilbar durch die ganze Zahl d, geschrieben d n, wenn es eine ganze Zahl c gibt, mit cd = n. Es gilt also z.b. 3 15, 2 6 oder Für die Teilbarkeit in den ganzen Zahlen gelten ähnliche Regeln, wie für die Teilbarkeit in den natürlichen Zahlen. Für alle k, m, n Z gilt: 1. Aus m n und n m folgt m = n oder m = n. 2. Aus k m und k n folgt k um + vn für alle u, v Z. 26

28 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 27 Wieder ist uns Teilen mit Rest wichtig. Angenommen, wir teilen beispielsweise 17 durch 8, so erhalten wir zwei (oder auch mehr) Lösungen: 17 = ( 3) = Die in Satz 2.5 sich ergebende Eindeutigkeit des Restes ist unter Berücksichtigung der negativen Zahlen scheinbar nicht mehr gegeben. Wie lässt sich diese Schwierigkeit beheben? Schaut man sich Satz 2.5 genauer an, so sieht man, dass dort für den Rest r folgendes gefordert wird: 0 r < b Das geht aber nicht, wenn b negativ ist. Also fordern wir stattdessen 0 r < b, falls b 0 und 0 r < b, falls b < 0. (3.1) Da es sehr mühsam ist, immer beide Gleichungen aufzuschreiben, ziehen wir die Betragsfunktion hinzu: Denition 3.1 Die Funktion: x = { x : x < 0 x : x 0 für alle x R heiÿt Betragsfunktion und x heiÿt Betrag von x. Die Betragsfunktion macht eine Zahl positiv. Zum Beispiel ist 3 = 3 oder 6,23 = 6,23. Damit lassen sich die beiden Ungleichungen in (3.1) einfacher als 0 r < b schreiben. Nun müsste analog zu Satz 2.5 folgender Satz gelten: Satz 3.2 Sind n, d Z und d 0, so gibt es eindeutig bestimmte Zahlen v, r Z, so dass n = v d + r (3.2) und 0 r < d Beweis: Diesen Beweis führen wir formal: Nach Satz 2.5 gibt es nicht negative Zahlen v, r N 0, so dass n = d v + r, wobei 0 r < d

29 Arithmetik II WS 07/08 Rosebrock Seite 28 Ist r = 0, dann folgt n = d v und deswegen n = ±d v. Wir setzen n = d (±v) und erhalten das gewünschte Resultat, wobei wir, falls in der letzten Gleichung ein Minus vorkommt, v durch sein Negatives ersetzen müssen. Wir nehmen also im Weiteren an, dass r > 0 gilt. Jetzt betrachten wir zwei Fälle: 1. Fall, n 0: Es folgt n = d v + r und damit: n = dv + r falls d > 0 oder n = dv + r = d( v) + r falls d < 0. Nur die zweite Gleichung ist neu, die erste war bereits Inhalt von Satz 2.5. Bei der zweiten Gleichung lassen wir wieder v übergehen nach v. 2. Fall, n < 0: Dann ist n = d v + r und damit n = d v r. Hier haben wir einen negativen Rest. Um das zu vermeiden, schreiben wir: n = d v r = d ( 1 v) + ( d r) Wir erhöhen also unseren Rest r um d und müssen dafür die Konstante v um 1 verringern. Mit neuen Konstanten r = d r und v = 1 v erhalten wir dann die zu beweisende Gleichung n = v d + r. Wir machen den 2. Fall im obigen Beweis anhand eines Beispiels deutlich: Wir teilen 17 durch 8: 17 = Teilen wir 17 durch 8 analog, so würden wir erhalten: 17 = 2 ( 8) 1 und der Rest wäre kleiner als 0 im Gegensatz zur Bedingung 0 r < d aus dem obigen Satz. Deswegen addieren wir 8 zum Rest und erhalten: 17 = 3 ( 8) + 7 Wir berechnen die Division mit Rest mit Mathematica: teilrest[a_,b_]:=module[{r,d}, d=floor[a/b]; r=mod[a,b]; If[r<0, r=r-b; d=d+1]; Print[a," = ",d," * ",b," + ",r]] Floor[a/b] gibt die gröÿte ganze Zahl kleiner oder gleich a/b. Ist r 0 so gibt Floor das Vielfache von b und Mod[a,b] den Rest beim Teilen von a durch b. Sonst muss zum Rest der Betrag von b addiert werden (das ist dasselbe wie r = r b) und d um 1 erhöht werden. 3.2 Restklassen Angenommen heute ist Donnerstag. Welcher Wochentag ist 50 Tage später? Nun, 7 Tage später ist auch Donnerstag. Ebenso 14 Tage später, oder 21. Vielfache von 7 ändern also nichts. Also ist 49 Tage später auch Donnerstag und