Schweregraddifferenzierung bei der Analyse der vertragsärztlichen Inanspruchnahme nach der Durchführung von Psychotherapie
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- Gottlob Richter
- vor 8 Jahren
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1 Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland 14. Deutschen Kongress für Versorgungsforschung, in Berlin Schweregraddifferenzierung bei der Analyse der vertragsärztlichen Inanspruchnahme nach der Durchführung von Psychotherapie Michael Erhart, Dominik von Stillfried
2 Hintergrund ICD-10 Klassifikationssystem bietet nur für wenige psychische Störungen (z.b. Depressionen) die Möglichkeit einer zumindest groben Differenzierung des Schweregrades bei der Diagnosekodierung. Dies schränkt die Nutzung von Diagnosedaten aus Routinedaten für viele Fragestellungen ein. Die Evaluation von psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgungsverfahren bspw. erfordert eine Berücksichtigung des Schweregrads bzw. des Versorgungsbedarfs damit die Entmischung der Risikostruktur bspw. durch die Selektion zu bestimmten Verfahren berücksichtigt werden kann. Bisherige Studien zur Bedeutung bspw. psychotherapeutischer Behandlungen für die nachfolgende Entwicklung der Versorgungskosten resultieren zum Teil in paradoxen Ergebnissen da die behandelten nachfolgend mehr Leistungen in Anspruch nehmen als unbehandelte Kontrollen (Shen et al., 2013). SEITE 2 von 12
3 Ziele Diese Arbeit untersucht die Entwicklung der ambulanten Inanspruchnahme psychischer und somatischer Versorgung (Kosten) nach der Durchführung von antragspflichtigen und nichtantragspflichtigen Leistungen. Spezifisch wird geprüft in wie weit die statistische Kontrolle für verschiedene aus Routinedaten gebildeten Indikatoren des a-priori bestehenden Versorgungsbedarfs zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. SEITE 3 von 12
4 Methodik Datengrundlage: Bundesweite vertragsärztlichen Abrechnungsdaten aller Patienten (0-110 Jahre) mit gesicherter Depressionsdiagnose in 2009 (F34.1, F32%, F33%) mit mindestens einem Kontakt zu über KV-System abrechnenden niedergelassenen Hausarzt oder Facharzt Keine Privatpatienten, keine Krankenhausdaten Auswertungsinhalte und Untersuchungsvariablen: 1. Alter, Geschlecht, Kreis des Wohnortes, Versichertenstatus 2. Vertragsärztlich kodierte gesicherte Komorbiditäten Alkohol-, Drogenmissbrauch, Psychotische Störung, Bipolare Störung, Panik & Agoraphobie, Generalisierte Angst, Soziale Phobie, Spezifische Phobie, Posstraumatische Belast. und Akute Anpassst., Zwangsstörung, Somatoforme Störung, Essstörung, Persönlichkeitsstörung, 60 InBA Krankheiten 3. Inanspruchnahme Psychotherapeutischer Leistungen Probatorische Sitzungen, sonst.-nichtantragspflichtige Leistungen, Antragspflichtige Leistungen, diagnostisch therapeutische GoPs der Nervenheilkunde 4. Inanspruchnahme Vertragsärztlicher Leistungen Gesamt Ärzte, Behandlungsfälle, Behandlungstage, Leistungsbedarf in Euro SEITE 4 von 12
5 Ergebnis: Patientenkollektiv mit gesicherter Depressionsdiagnose 2009 (n=7,6 Millionen) Demografische und klinische Charakteristiken Frauenanteil 72,05% ca. 72,05% Durchschnittsalter 56,1 ca. 58,1 Ohne Schweregrad 58,32% 32,99% Schweregrad 1 (F34.1) 5,38% 3,42% Schweregrad 2 (F32.0 / F33.0) 5,54% 3,52% Schweregrad 3 (F32.1 / F33.1) 18,01% 13,31% Schweregrad 4 (F32.2 / F33.2) 10,47% 7,89% Schweregrad 5 (F32.3 / F33.3) 2,28% 1,75% Inzident 2009 / Persistent 2011 inzident 33,79% persistent 62,89% Alkoholstörung (F10) 3,85% 3,66% Psychotische Störung (F20, 22, 23, 24, 25, 28, 29) 5,75% 5,79% Generalisierte Angststörung (F41.1) 4,96% 4,68% Somatoforme & dissoziative Störung (F44, F45) 27,06% 25,15% Persönlichkeitsstörung (F6, F21) 5,45% 5,44% Probatorische Sitzungen 7,35% 3,95% Antragspflichtige Psychotherapieleistungen 10,30% 7,57% SEITE 5 von 12
6 Ergebnis: Charakteristiken Patienten mit Probatorischen-/ Antragspflichtigen Leistungen Demografische und klinische Charakteristiken Gesamt (n=7.607 k) Mit probat. Sitzung 2009 (n=559 k) Mit antragspfl. Psychother (n=783 k) Frauenanteil 72,05% 74,03% 76,69% Durchschnittsalter 56,1 42,6 43,6 Schweregrad 1 (F34.1) 5,38% 6,99% 8,28% Schweregrad 2 (F32.0 / F33.0) 5,54% 8,71% 9,29% Schweregrad 3 (F32.1 / F33.1) 18,01% 36,90% 39,78% Schweregrad 4 (F32.2 / F33.2) 10,47% 16,40% 15,69% Schweregrad 5 (F32.3 / F33.3) 2,28% 2,56% 2,44% Inzident 33,79% 49,97% 26,18% Alkoholstörung 3,85% 4,29% 3,52% Psychotische Störung 5,75% 3,80% 3,62% Generalisierte Angststörung 4,96% 9,06% 9,31% Somatoforme Störung 27,06% 37,43% 36,97% Persönlichkeitsstörung 5,45% 13,55% 14,89% Leistungsbedarf , , ,04 Leistungsbedarf , , ,40 Leistungsbedarf ,75 736, ,57 SEITE 6 von 12
7 Versorgungsbedarf 2009 (latentes Merkmal) Inanspruchnahme und Kosten und 2011 Lineare Regressionsmodelle zu Kosten und Inanspruchnahme nach Psychotherapie Theoretisches Rahmenmodell Morbidität / Schweregrad 2009 Regressionsmodelle Inanspruchnahme und Kosten 2009 Psychotherapeutische Versorgung 2009 (-) (-) Modell 1: Psychotherapie > Kosten 2011 Modell 2: Psychotherapie 2009, Morbidität > Kosten 2011 Modell 3: Psychotherapie 2009, Kosten > Kosten 2011 Modell 4: Psychotherapie 2009, Morbidität 2009, Kosten > Kosten 2011 SEITE 7 von 12
8 Ergebnis: Kosten und Inanspruchnahme nach Psychotherapie Lineare Regression Prädiktoren B-Koeff. Modell 1 B-Koeff. Modell 2 B-Koeff. Modell 3 B-Koeff. Modell 4 Nichtantragspflichtige Leistungen 144,80 87,43-16,69 17,35 Diagnostische & Therapeutische GoPs 194,61 133,06 15,34 39,39 Probatorische Sitzungen 187,64 218,30 133,13 166,09 Antragspflichtige Leistungen 231,60 247,10-561,09-329,63 Alters- und Geschlechtsstruktur sign. & bed. sign. & bed. sign. & bed. sign. & bed. Schweregrad sign. & bed. sign. & bed. Inzident sign. & bed. sign. & bed. Morbiditätskategorien nach InBA sign. & bed. sign. & bed. Leistungsbedarf in Euro 2009 sign. & bed. sign. & bed. Abhängige Variable = Leistungsbedarf 2011 R 0,163 0,569 0,613 0,651 R-square 0,026 0,324 0,375 0,424 SEITE 8 von 12
9 Versorgungsbedarf 2009 (latentes Merkmal) Persistenz der Depression in 2011 Übertragung des Modells auf Therapieoutcome Persistenz der Depression in 2011 Theoretisches Rahmenmodell Morbidität / Schweregrad 2009 Inanspruchnahme und Kosten 2009 Psychotherapeutische Versorgung 2009 (-) (-) Logistiche Regressionsmodelle Modell 1: Psychotherapie > Persistenz 2011 Modell 2: Psychotherapie 2009, Morbidität > Persistenz 2011 Modell 3: Psychotherapie 2009, Kosten > Persistenz 2011 Modell 4: Psychotherapie 2009, Morbidität 2009, Kosten > Persistenz 2011 SEITE 9 von 12
10 Übertragung des Modells auf Therapieoutcome Persistenz der Depression in 2011 Logistiche Regression Nur unter Berücksichtigung von Morbidität 2009 und Kosten 2009 (Modell 4) ist Antragspflichtige Psychotherapie 2009 mit verringerter Persistenz 2011 assoziiert Prädiktoren Odds Ratios Modell 4 Nichtantragspflichtige Leistungen 1,12 Diagnostische & Therapeutische GoPs 1,22 Probatorische Sitzungen 1,34 Antragspflichtige Leistungen 0,89 Psychotherapie- Wirkung schwer Nachweisbar da keine kombinierte Information zu Antidepressiva SEITE 10 von 12 Alters- und Geschlechtsstruktur Schweregrad Inzident Morbiditätskategorien nach InBA Leistungsbedarf in Euro 2009 Abhängige Variable = Wahrscheinlichkeit der Depressions-Persistenz in 2011 sign. & bed. sign. & bed. sign. & bed. sign. & bed. sign. & bed. Nagelkerke R-square 0,199 Area under ROC 0,729
11 Diskussion & Fazit Ergebnisse weisen auf die Bedeutung von a-priori Bedarfslagen für die Abschätzung von Therapieoutcomes hin. Insbesondere die Messung der Outcomes von therapeutischen Verfahren mit Routinedaten erfordert eine sorgfältige und angemessene Schweregrad- und Bedarfsdifferenzierung. Diagnosebasierte Schweregradinformationen können um Diagnosebasierte Morbiditätsindices und Inanspruchnahmebasierte Indices ergänzt werden Die Spezifikation des Messmodells und die Spezifikation des statistischen Modells haben entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse Idealerweise basierend auf einem theoretischen Rahmenmodell Weiterführende Forschung notwendig im Hinblick auf personale und soziale Risiko- und Ressourcenfaktoren. Sozioökonomischer Status, Familie, Soziale Unterstützung personale Ressourcen (Coping, Negativer & Positiver Affekt, Selbstwirksamkeitserwartung und Selbstregulationskompetenz, Adhärenz und Compliance, Erwartungen und Einstellungen) und Antidepressivabehandlung sowie Behandlungspfade Probat.Sitzung -> Antragspflichtige Leistung SEITE 11 von 12
12 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland Herbert-Lewin-Platz Berlin Tel Fax zi@zi.de SEITE 12 von 12
Routinedaten des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) - Eine Ressource für die Versorgungsforschung
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