13 Elektronische Vorgangsbearbeitung in der Landesverwaltung
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- Barbara Wetzel
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1 13 Elektronische Vorgangsbearbeitung in der Landesverwaltung Die elektronische Vorgangsbereitung ist ein wichtiger Baustein für ein funktionierendes E-Government. Für die wirtschaftliche Anwendung der elektronischen Vorgangsbearbeitung fehlen vielfach noch die notwendigen Rahmenbedingungen. Nach vier Jahren Projektarbeit hatte die Projektleitung noch keine Einsatzgebiete des nach ersten Planungen 14,5 Mio. teuren IT-Vorhabens festgelegt. 1 Prüfungsgegenstand Ein elektronisches Vorgangsbearbeitungssystem (VBS) ist ein IT-System, das die Funktionalität der IT-gestützten Registratur, des Dokumentenmanagements und der IT-gestützten Vorgangsbearbeitung für Geschäftsgänge mit unterschiedlichem Strukturierungsgrad bündelt und bereitstellt. Damit sollen Verwaltungsprozesse weitgehend papierlos bearbeitet werden. Ziel ist eine elektronische Aktenführung vom Posteingang bis zur Ablage und Archivierung. Das Kabinett hatte am entschieden, bei der Einführung des VBS in der Landesverwaltung ressortübergreifend koordiniert vorzugehen. Mit Beschluss vom bekräftigte es das politische Ziel der koordinierten Einführung der elektronischen Vorgangsbearbeitung. Dafür wurde im SMI anfangs eine Projektgruppe und im Jahr 2004 das Competence Center Vorgangsbearbeitung (CCV) eingerichtet. Der SRH hat geprüft, ob die Konzepte und die Pilotprojekte geeignet waren, um zu erkennen, für welche Aufgaben und Prozesse VBS in der Landesverwaltung nutzbringend eingesetzt werden könnten. Weiter sollte ermittelt werden, ob es anhand der ausgewählten Projekte gelungen ist, belastbare Daten zu Kosten und Nutzen des Einsatzes der elektronischen Vorgangsbearbeitung in der Landesverwaltung zu ermitteln. 2 Prüfungsergebnisse 2.1 Landesweite Einführung Eine flächendeckende landesweite Einführung der elektronischen Vorgangsbearbeitung war zum Zeitpunkt der Prüfung im Jahr 2007 in keiner anderen Landesverwaltung absehbar. Viele Länder streben dies an, konzentrieren sich aber auf einen punktuellen Einsatz für wenig komplexe Verfahren (z. B. Schleswig-Holstein) oder planen Pilotprojekte (z. B. Saarland, Niedersachsen). Auf Erfahrungen anderer Länder kann deshalb bei der flächendeckenden Einführung der elektronischen Vorgangsbearbeitung nicht zurückgegriffen werden. Deshalb erscheint es wichtig, landesweite Erfolg versprechende Einsatzmöglichkeiten vorab zu identifizieren und die Machbarkeit zu untersuchen. 148
2 2.2 Mögliche Einsatzgebiete Die Landesverwaltung verfügt über rd IT-gestützte Arbeitsplätze. Nach dem Rahmenkonzept des CCV aus dem Jahr 2004 war geplant, Arbeitsplätze an die IT-gestützte Vorgangsbearbeitung anzubinden. Nach derzeitiger Planung sind dafür noch etwa Arbeitsplätze vorgesehen. Die Anzahl anzubindender Arbeitsplätze - sowohl als auch sind nach Mitteilung des CCV Schätzungen, weil für zu schließende Verträge Angaben notwendig waren. Erhebungen dazu wurden nicht durchgeführt. Ein Katalog mit Aufgaben, die künftig in den Behörden und Einrichtungen der Landesverwaltung durch das VBS unterstützt elektronisch bearbeitet werden sollen, ist bisher nicht erarbeitet worden. Nach vier Jahren Projektarbeit fehlen somit belastbare Angaben zu künftigen Einsatzgebieten des VBS in der Landesverwaltung. Die Funktionen des VBS in den Pilotprojekten zum Vorhaben sind bis auf einen Fall nur organisationsbezogen getestet worden. Das heißt, alle Aufgaben der an der Pilotierung teilnehmenden Organisationseinheit sollen IT-gestützt mit dem VBS bearbeitet werden. Ein wesentliches Auswahlkriterium dabei war die Freiwilligkeit. Gerade bei der Pilotierung eines VBS wäre auch der aufgaben- bzw. prozessorientierte Einsatz zu testen gewesen. Diesen Ansatz hat das SMI bislang nicht ausreichend verfolgt. Um repräsentative Erkenntnisse entsprechend dem Kabinettsbeschluss über Einsatzgebiete eines VBS in der Landesverwaltung zu erhalten, ist das methodische Vorgehen bei der Auswahl der Pilotprojekte zu verändern. 2.3 Kosten- und Nutzenermittlung Die im Rahmenkonzept des CCV vom enthaltene Wirtschaftlichkeitsbetrachtung weist für die landesweite Einführung eines VBS in der Landesverwaltung Kosten in Höhe von 14,5 Mio. aus. Alle nicht haushaltswirksamen Kosten wie Personalund Sachkosten oder Reisekosten fehlen darin. Um zu verdeutlichen, dass damit Kosten in erheblichem Umfang fehlen, hat der SRH die Personal- und Sachkosten des Projektkernteams ermittelt. Diese betrugen bis Februar 2008 über 800 T. Im Rahmenkonzept waren für die Ausstattung von Arbeitsplätzen mit dem VBS Kosten in Höhe von 14,5 Mio. eingeplant. Damit wurden für die Ausstattung eines Arbeitsplatzes Kosten von 427 eingeplant. Nach den aktuellen Planungen sollen bis zum Jahr 2012 etwa PC für 16,1 Mio. mit dem VBS ausgestattet werden. Dies entspricht /Arbeitsplatz. Nicht haushaltswirksame Kosten, wie Personal- oder Reisekosten, fehlen dabei noch. Die Kosten für die Anbindung eines Arbeitsplatzes an das VBS haben sich seit Projektbeginn mehr als versechsfacht. Der Nutzen des Vorhabens ist in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ausschließlich qualitativ beschrieben worden. Ein erwartbarer monetärer Nutzen für das Millionenprojekt ist darin nicht ausgewiesen. 149
3 Der Versuch, einen monetären Nutzen zu ermitteln, sollte erfolgen. Die Absicht allein, künftig alles besser machen zu wollen, reicht nicht aus. Im Übrigen sollte darüber Klarheit bestehen, dass ein ausschließlich qualitativ gerechtfertiges Projekt aus dem Vermögen bezahlt wird. Angaben zu den Kosten und zum Nutzen eines Vorhabens sind ein wichtiges Steuerungsinstrument für das Projektmanagement. Sie dienen als Messlatte für den Erfolg eines Projektes. 2.4 Pilotprojekte Gemäß Kabinettsbeschluss vom waren Pilotprojekte zum Vorhaben durchzuführen. Für die Pilotierung wurden das SMF, das Statistische Landesamt (StaLa), das RP Chemnitz und das Straßenbauamt Plauen ausgewählt und rd. 1,2 Mio. dafür bereitgestellt. Das Kabinett beabsichtigt, nach Auswertung der Pilotprojekte über eine landesweite Einführung eines VBS zu entscheiden. Vom Kabinettsbeschluss bis zum Beginn des Einsatzes in den Pilotbehörden waren nach dem Rahmenkonzept 16 Monate vorgesehen. Die Projektlaufzeit ist mindestens vier Mal verlängert worden und dauerte 47 Monate. Die geplanten Kosten der Pilotprojekte sind bereits in der Phase der Planung innerhalb von 16 Monaten von rd. 1,1 auf rd. 1,7 Mio. (rd. 50 %) gestiegen. Das Projekt ist von erheblichen Zeitverschiebungen und Kostensteigerungen gekennzeichnet. Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für die drei Pilotprojekte wurde entgegen der ursprünglichen Planung nicht durchgeführt. Damit fehlen messbare Zielvorgaben für die Steuerung sowie für die abschließende Bewertung der Projekte. Der Ablauf der getesteten Pilotprozesse war im Vorfeld der Pilotierung nicht immer ausreichend optimiert worden. Somit besteht die Gefahr, dass unproduktive Bearbeitungsschritte mit dem neuen IT-Verfahren automatisiert werden. An der Pilotierung im SMF sollten nach ursprünglicher Planung 35 Bedienstete teilnehmen. 17 Bediensteten, davon 7 Sachbearbeiter, sind tatsächlich in das Pilotprojekt einbezogen worden. Nach Angaben des SMF sei ein Ausbau der Pilotarbeitsplätze erst dann sinnvoll, wenn eine verbesserte Version des getesteten Softwarepakets vorläge. Wegen Softwaremängeln konnte das VBS im SMF bisher nicht im ursprünglich geplanten Umfang getestet werden. 2.5 Pilotprojekt im Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Das SMUL hatte im Juli 2001 eine eigene Projektgruppe Vorgangsbearbeitung/Dokumentenmanagement mit dem Ziel eingerichtet, ein DOMEA 1 -Konzept-konformes VBS im SMUL einzuführen. Dafür wurde das Pilotprojekt IT-gestützte Vorgangsbearbeitung und Dokumentenmanagement initiiert. 1 Dokumentenmanagement und elektronische Archivierung im IT-gestützten Geschäftsgang. 150
4 Das Projekt kostete zwischen 2002 und 2004 rd. 384 T. Der bis 2007 erwartete Nutzen sollte über 2,2 Mio. betragen und im Wesentlichen aus Einsparung bei den Personalausgaben erbracht werden. Ob und in welcher Höhe ein Nutzen eingetreten ist, darüber konnte das SMUL bisher keine Angaben machen. Der SRH weist darauf hin, dass derzeit die Rahmenbedingungen den wirtschaftlichen Einsatz der elektronischen Vorgangsbearbeitung noch nicht ausreichend unterstützen. Soweit Schriftformerfordernis besteht, müsste ein Vorgang, um die elektronische Akte zu ermöglichen, mit der elektronischen Signatur bearbeitet werden, was hohe Kosten verursacht. Es ist zu prüfen, ob das strenge Schriftformerfordernis, das sich unter Umständen nur vom Herkommen rechtfertigt, wirklich unverzichtbar ist. Dort wo es zurzeit noch notwendig ist, erbringt die elektronische Akte nicht die durchschlagende Ersparnis, da ggf. bereits elektronisch vorliegende Bescheide ausgedruckt, unterschrieben, gesiegelt und danach wieder eingescannt werden müssen. Mehraufwand durch Medienbrüche und mangelnde Akzeptanz bei den Bediensteten sind die Folge. Der SRH fordert die Prüfung, inwieweit das Schriftformerfordernis in den jetzigen Vorschriften nötig ist und ggf. deren Anpassung. Für einen weit reichenden wirtschaftlichen Einsatz der elektronischen Vorgangsbearbeitung sind noch Anpassungen der Rahmenbedingungen nötig. 3 Folgerungen Die elektronische Vorgangsbereitung ist ein wichtiger Baustein für ein Funktionieren des E-Governments, insbesondere bei der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Der Einsatz der elektronischen Vorgangsbearbeitung in der Fläche erscheint jedoch derzeit wegen hoher Kosten und des erhöhten Projektrisikos bedenklich. Sie sollte deshalb mit Augenmaß und vordringlich zuerst für Aufgaben eingeführt werden, in denen der größte Mehrwert beim Verwaltungshandeln entsteht. Hierfür sind vom CCV belastbare Daten zu ermitteln. Die Schaffung der technischen Lösung für die elektronische Vorgangsbearbeitung allein bewirkt wenig. Für einen nutzbringenden Einsatz muss sie mit einer gründlichen Reorganisation der Verwaltungsprozesse und ggf. der Änderung von Rechtsvorschriften einhergehen. 4 Stellungnahmen der Ministerien Das SMI erklärte, es habe zwischenzeitlich Kategorien zu vorrangig geeigneten und nicht vorrangig geeigneten Aufgabenbereichen für eine elektronische Aktenführung und Vorgangsbearbeitung erarbeitet. Auf dieser Grundlage sei die Anzahl VBS-geeigneter Arbeitsplätze geschätzt worden. Der Berechnung des SRH zu den Kosten je Arbeitsplatz stimme man nicht zu. Deshalb sei die Nutzerzahl aktualisiert und eine eigene Kostenkalkulation vorgenommen worden. Für die vorgesehene erweiterte Pilotierung werde derzeit der Entwurf einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung erarbeitet. Eine ausführliche Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, die Kosten und Nutzen der Umsetzung des Vorhabens in geeigneten Bereichen betrachte, werde Ende 2009 erarbeitet. Die Positionen des SRH in Pkt. 3 - Folgerungen würden vom SMI unterstützt und beim weiteren Vorgehen berücksichtigt. 151
5 Das SMF hat der Notwendigkeit weiterer Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zugestimmt. Das SMWA hatte keine Einwände zur Sachdarstellung und Rechtsauffassung des SRH. Das SMUL teilte mit, eine schnellere Bearbeitung zeitkritischer Vorgänge - vor allem in den Bereichen Landtags- und Kabinettsangelegenheiten - sei durch die Reduzierung von Durchlaufzeiten erreicht worden. Ein haushaltswirksamer Nachweis der daraus resultierenden Einsparung von Arbeitszeitanteilen sei nicht möglich, da sich diese auf viele Arbeitsplätze verteilten. Die vom SRH angemahnte Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen werde inhaltlich voll unterstützt. 152
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