Neuropathischer Schmerz
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- Jörn Hausler
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 Anästhesie Intensivmedizin Notfallmedizin Schmerztherapie Andreas Leffler
2 Lernziele Klassifikation von Neuropathischen Schmerzen Typische Krankheitsbilder Typische Schmerzqualitäten / Definitionen Therapieprinzipien
3 Was ist? Schmerzen, verursacht durch eine Läsion oder eine Dysfunktion des Nervensystems International Association for the Study of Pain (IASP) ZNS PNS
4 Neuropathische Schmerzen klinische Relevanz? Schmerz ist die häufigste Ursache für einen Arztbesuch! o Etwa 20% aller Patienten, die wegen Schmerzen eine S.Spezialeinrichtung aufsuchen, leiden an ungenügend behandelten S.neuropathischen Schmerzen. o Im Verlaufe der Beschwerden suchen diese Patienten über einen Z Zeitraum von 10 Jahren im Durchschnitt 8 verschiedene Ärzte auf u.und werden 72 Tage stationär im Krankenhaus behandelt. o ~6% der Bevölkerung in Deutschland leiden unter neuropathischen d Schmerzen. o Schmerzen sind teuer! Schmerzbedingte Arbeitsausfälle verursachen Kosten ~ 20 Milliarden Euro / Jahr.
5 Klassifikation Periphere Neuropathien fokal - multifokal Postzoster Neuralgie Phantomschmerz Posttraumatische Neuropathie generalisiert Diabetes mellitus Chemotherapie Infektiös - HIV Zentrale Neuropathien Hirninfarkt MS Mixed-pain Syndrome chronische Rückenschmerzen Tumorschmerzen
6 fokal multifokal generalisiert
7 Postzoster Neuralgie Herpes Zoster ( Gürtelrose oder Gesichtsrose ) Zweitinfektion durch Varicella Zoster Inzinzidenz: 20-60% Alter (> 60J), Tumorleiden, AIDS, Immunschwäche Starke Schmerzen, die jedoch innerhalb eines Monats z.zurückgehen. Posterzoster Neuralgie ~ 10% aller Patienten mit Herpes Zoster! Schmerzen auf Dermatome begrenzt! brennende, bohrende Dauerschmerzen kurze, einschießende Schmerzattacken heftige, flächig ausstrahlende Schmerzen bei n.berührung
8 Phantomschmerzen Post-Op. Neuropathische Schmerzen o ~ 60% aller Patienten mit einer Gliedmaßenamputation leiden an neuropathische Schmerzen. o ~ 20% aller Patienten die operiert wurden, leiden lange oder lebenslang unter neuropathischen Schmerzen.
9 Neuropathische Schmerzen bei HIV/AIDS o Distale sensorsiche Polyneuropathie o Neurotoxische antiretrovirale Therapie o Mononeuritis multiplex o Inflammatorische demyelinisierende Neuropathie o Opurtunistische Krankheitserreger (CMV, VZV) o Sensorische Neuropathie o Diffus infiltratives lymphozytäres Syndrom
10 Symptome o Brennende Schmerzen o Bohrende, drückende Schmerzen o elektrisierende, einschießende Schmerzen o Ausstrahlende Schmerzen Neurologische Begleitsymptome, z.b. o Hypo-/Hyperästhesie o Parästhesie/Dysästhesien o Hyperalgesie (mechanish, thermisch) o Allodynie (mechanisch, kälte, thermisch)
11 Symptome o Hyp-/Hyperästhesie Herabgesetzte/gesteigerte Empfindlichkeit gegenüber taktilen Reizen o Parästhesie Eine Missempfindung, z.b. Kribbeln oder taubes Gefühl in Händen oder Beinen, ohne unangenehmen Charakter o Dysästhesie Abnorme Sensationen mit unangenehmem Charakter o Hyperalgesie Gesteigerte Schmerzempfindlichkeit auf einen schmerzhaften Reiz o Allodynie Schmerzempfindung schon bei leichter, normalerweise nicht schmerzhafter Berührung, Wärme- oder Kälteapplikation
12 Hyperalgesie vs. Allodynie Hyperalgesie Hyperalgesie: verstärkte Schmerzantwort auf schmerzhafte Stimuli Allodynie: Schmerzen auf normalerweise nicht schmerzhafte Stimuli
13 Hyperalgesie vs. Allodynie Hyperalgesie Hyperalgesie: verstärkte Schmerzantwort auf schmerzhafte Stimuli Allodynie: Schmerzen auf normalerweise nicht schmerzhafte Stimuli
14 Mechanismen Das intakte nozizeptive System vermittelt Schmerz durch noxische Reize Bei neuropathischen Schmerzen vermittelt das nozizeptive System Schmerz durch harmlose, nicht-noxische Reize ZNS PNS
15 Periphere Mechanismen Replicate high-density rat genome oligonucleotide microarrays reveal hundreds of regulated genes in the dorsal root ganglion after peripheral nerve injury Costigan et al., BMC Neurosci Oct 25;3:16 o Umverteilung bestimmter Proteine entlang peripherer Nerven o Neuexpression bestimmter Proteine in bestimmten Neuronenpopulationen o Hoch- oder runter Regulation bestimmter Proteine o Sensibilisierung/Modulation bestimmter Proteine.
16 Zentrale Mechanismen o sympathetically maintained pain -> funktionelle Interaktion sympathisher und sensorischer Nerven o Sprouting -> nicht-nozizeptive A-Fasern in Laminae I, II o Apoptose -> verminderte Anzahl GABAerge Neurone Hand o Aktivierung von Mikroglia 2.5 cm -> sehr kompliziert! o Kortikale Plastizität UL 1.6 cm
17 Mechanismen.eine wissenschaftliche Herausforderung! Alt: Ätiolgische/anatomische Klassifikation Neu: Mechanismus-basierte Klassifikation
18 Medikamentöse Therapie Starke Opioide ± Nichtopioide Schwache Opioide ± Nichtopioide Nichtopioide
19 Medikamentöse Therapie Starke Opioide ± Nichtopioide Morphin Fentanyl Buprenorphin Schwache Opioide ± Nichtopioide Tilidin Tramadol Nichtopioide Cox-Hemmer Metamizol Paracetamol Flupirtin
20 Medikamentöse Therapie Nichtopioide Starke Opioide ± Nichtopioide Schwache Opioide ± Nichtopioide Cox-Hemmer Metamizol Paracetamol Flupirtin ± Koanalgetika Morphin Fentanyl Buprenorphin Tilidin Tramadol Bei neuropathischen Schmerzen oft unzureichend ± Nicht-medikamentöse Therapie (TENS, Akupunktur, KG)
21 Koanalgetika - Definition o Unterstützung der klassischen Analgetika o Keine analgetische Wirkung beim Gesunden o Prophylaxe (bei Kopfschmerzen) o Breites Spektrum verschiedener Substanzen o Unterschiedliche Wirkmechanismen o Wirkung abhängig von der Schmerzursache
22 Antikonvulsiva - Epilepsiemedikamente Wirkmechanismen: o Natrium/Calcium-Kanal-Blocker o Freisetzung erregender Neurotransmitter o inhibitorische Neurotransmission Zahlreiche Nebenwirkungen: o Benommenheit, Müdigkeit o Tremor, Ataxie o Übelkeit, Erbrechen o Kopfschmerzen o Gewichtszunahme o Ödeme o Blutbildveränderungen
23 Alte Antikonvulsiva Carbamazepin (Timonil, Tegretal ) Indikation: Besonderheiten: Neuropathische Schmerzen, Neuralgien (v.a. Trigeminusneuralgie) Alkoholentzug fokale Epilepsien Enzyminduktor in der Leber Interaktion mit Kontrazeptiva Oxcarbazepin (Trileptal, Timox, Apydan extent ) Abkömmling des Carbamazepin, etwas besser verträglich als Carbamazepin, CAVE! Hyponatriämien Valproinsäure Topiramat Lamotrigin
24 Neue Antikonvulsiva Gabapentin (Neurontin ) Indikation: Besonderheiten: neuropathischer Schmerz Migräneprophylaxe fokale Epilepsien kein Enzyminduktor in der Leber Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz Pregabalin (Lyrica ) Indikation: Besonderheiten: neuropathischer Schmerz Fibromyalgie fokale Epilepsien kein Enzyminduktor in der Leber Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz verbesserter Nachtschlaf, angstlösend
25 Antidepressiva Trizyklische Antidepressiva (Amitriptylin, Nortrilen) Wirkmechanismen o Anticholinerge Effekte o Blockade α-adrenerger Rezeptoren o Antihistaminische Effekte o Wiederaufnahme-Hemmung von Dopamin o Effekte auf GABA-B und Adenosin o Blockade von K + -, Ca 2+ -, Na + -Kanälen und NMDA-R Nebenwirkungen von TZAs Anticholinerge Effekte (Amitriptylin > Nortriptylin) -> Mundtrockenheit, Obstipation, Akkomodationsstörungen, Mydriasis (Glaukomanfall!), Miktionsstörungen, Tachykardie α1-adrenerge Effekte -> Orthostatische Dysregulation, Hypotension, Synkopen Sedierung, Schläfrigkeit (H1-Rezeptorblockade!) Kardiale Reizweiterleitungsstörungen, Arrhythmien, QT-Verlängerung Gewichtszunahme (5-HT2A-Rezeptoren) Sexuelle Störungen
26 Antidepressiva SSRI Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (Citalopram) SNRI Serotonin-Noradrenalin Wiederaufnahme-Hemmer (Duloxetin) Nebenwirkungen von SSRIs und SNRIs keine anticholinergen oder α-1-adrenergen Effekte! geringe Sedierung keine Gewichtszunahme keine Kardiotoxizität Gastrointestinale Störungen: Übelkeit, Diarrhoe (erhöhte gastrointestinale Serotonin-Konzentration!) Kopfschmerzen
27 Lokale Therapie Pflaster Lidocain-Pflaster 5% (Versatis ) -> Lokale Anästhesie Capsaicin-Pflaster 8% (Qutenza ) -> Degeneration epidermaler Nervenfasern Kontrolle 7d. nach 8% Capsaicin o Keine systemische Nebenwirkungen o Nur bei fokalen Neuropathien
28 Zusammenfassung Neuropathische Schmerzen sind häufig Periphere (fokale, generalisierte) sind häufiger als zentrale Neuropathien Postzoster Neuralgie, Amputationsschmerz und Diabetische Neuropathie sind typische Beispiele für schmerhafte Neuropathien Pathomechanismen sind weitgehend unbekannt Typische Schmerzqualitäten mit neurologischen Plus (z.b. Allodynie) und Minus-Symptomatik Die Therapie ist oft schwierig und setzt sich zusammen aus Analgetika + Koanalgetika und nicht-medikamentöse Therapie
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