des Titels»Available Light«(ISBN ) 2013 by Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Heidelberg. Nähere Informationen unter:

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3 Kapitel 1 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen 1.1 Die gute alte Glühlampe Halogenbrenner und -lampen Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren Leuchtdioden, die Zukunft hat längst begonnen

4 1 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen Mit verklärtem Blick fragte Jon:»Willst du noch einen Drink?«Das Licht der kleinen Deckensterne war zwar recht schwach, aber er konnte das Leuchten in ihren Augen deutlich sehen.»pardon, Sie sitzen ja im Dunklen«, sagte der Kellner, der eben den Dienst seines Kollegen übernahm. Und schon hatte er den Schalter betätigt und die großen Fluter erhellten das Lokal. Da war sie dahin, die Stimmung Abb. 1.1 Das vorhandene Licht sorgt für Stimmung. Brennweite 22 mm, 400 ISO, Blende 5, 1/8 Sekunde Stativ. Weißabgleich: Kunstlicht. Warum ich Ihnen diese Geschichte erzähle? Weil vorhandenes Licht für Atmosphäre sorgt, während zum Beispiel ein Blitzlicht gleich ob eingebaut oder aufgesetzt diese fast immer zunichtemacht. Die Bilder sehen dann so ähnlich wie in dem zuvor beschriebenen Lokal aus. Ich will damit Blitzgeräte keinesfalls schlecht machen, denn es gibt viele sinnvolle Ein- 30

5 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen 1 satzbereiche, doch die sind nicht das Thema dieses Buches. Hier möchte ich Ihnen vor Augen führen, wie viele unzählige Möglichkeiten die verschiedenen Lampen, Spots und Leuchten für gelungene Fotos bereithalten. Überlegen wir doch, die Hersteller von Leuchten, Innenarchitekten und meist der eigene Geschmack sorgen dafür, dass die einzelnen Bereiche unseres Heims optimal ausgeleuchtet werden. Darum sollten wir diese sorgfältig gewählten Lichtverhältnisse auch für die Fotografie nutzen. Zu Hause, bei Freunden und in den vielen anderen Räumen, in denen wir fotografieren, treffen wir auf vier meist verschiedene Arten von Lichtquellen. Die, und dann wird es ein wenig schwieriger, mitunter auch vermischt auftreten. 1.1 Die gute alte Glühlampe Totgesagte leben länger. Darum wird die mittlerweile in Ungnade gefallene Glühlampe sicher noch recht lange für Stimmung und Atmosphäre sorgen. Ihr Manko, nur 10 Prozent der Energie, die sie verbraucht, verwandelt sie in Licht. 90 Prozent sorgen mitunter dafür, dass man die Heizung schwächer stellen kann. Weil der einfach oder doppelt gewendelte Faden in den Birnen, Kerzen und in welchen Formen auch immer glüht, entspricht das gesamte Spektrum dem von Feuer genauso wie dem der Sonne. Wie schon in der Einleitung im Abschnitt Lichtfarben erwähnt, entspricht die Farbcharakteristik allerdings viel mehr dem des Feuers als dem tagsüber weißen Sonnenlicht. Mit der Weißabgleich-Einstellung Kunstlicht kommen Sie der Farbwiedergabe von Glühlampen schon recht nahe. Wenn Sie ein wenig warme Farbstimmung bevorzugen, dann wird die Wiedergabe sicher Ihren Vorstellungen entsprechen. Wenn Sie allerdings Wert darauf legen, dass die Farben 100-prozentig richtig wiedergegeben werden, also Weiß tatsächlich weiß und nicht ein wenig orange ist, dann werden Sie es zu schätzen wissen, wenn Sie eine Kamera besitzen, bei der man auch Kelvinwerte (K) einstellen kann. Je höher die Leistung einer Glühbirne ist, umso gelblicher wird das Licht. Glühlampen mit niedriger Leistung liefern dagegen etwas rötlicheres Licht. 40-Watt-Glühlampen bringen es auf der Kelvinskala allemal auf 2500 K, während 100-Watt-Birnen 2800 K erreichen. 31

6 1 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen Abb. 1.2 Die Farbtemperatur von Glühlampen hängt von ihrer Leistung ab. Je höher die Leistung, umso höher ist der Farbwert auf der Kelvinskala. Abb. 1.3 Glühlampen beleuchten das Lokal. 18 mm, 400 ISO, Blende 13, 1 Sekunde Stativ. Links: Weißabgleich Tageslicht. Rechts: 2500 K. Gleich, ob Sie bei der Stellung»Kunstlicht«bleiben oder über die Kelvineinstellung für eine absolut exakte Farbeinstellung sorgen, das Licht der Glühlampen ist ein sehr angenehmes. Einmal ganz vom Fotografieren abgesehen, es kann schon sein, dass wir im Grunde genommen noch immer von den Abenden am Feuer geprägt sind und uns daher bei rötlichem Licht so richtig wohlfühlen. Rötlich-gelbes Licht ist, wie die Forschung jetzt längst erkannt hat, ideal zum Entspannen. Und es bereitet uns auf den Schlaf der Nacht vor. Sofern die Birnen nicht in Schirme oder Reflektoren gesteckt werden, verteilen sie ihr Licht gleichmäßig in alle Richtungen. Damit werden Wände und Decke zu Reflektoren. Solange die weiß oder zumindest nicht allzu bunt sind, hat die Lampe mit ihrer Lichtfarbe das Sagen. Doch Vorsicht, in 32

7 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen 1 Räumen mit Holzverkleidung oder leuchtend bunten Wänden kommt es trotz optimaler Weißabgleich-Einstellung zu Farbstichen. In solchen Situationen entpuppt sich der automatische Weißabgleich mitunter ganz schnell als Joker. Abb. 1.4 Links: Weiße Wände sind ein willkommener Verstärker. Rechts: Bunte Wände reflektieren ihre Farbe und beeinflussen damit die Farbwiedergabe. Der automatische Weißabgleich kommt damit meist recht gut zurecht. 1.2 Halogenbrenner und -lampen Genauso wie Glühlampen arbeiten Halogenbrenner, Spots oder Halogenlampen mit Glühwendel. Da sie dank der edlen Gasfüllung ein wenig effizienter arbeiten, hat sie die umweltbewusste EU noch nicht auf die Rote Liste gesetzt. Auch hier gibt es, was die Farbwiedergabe betrifft, kleine Unterschiede. Der längliche Halogenbrenner, der teilweise frei in Leuchten eingebaut wird und sein Licht ähnlich wie die Glühbirne gleichmäßig im Raum verteilt oder zusammen mit einem Reflektor gerichtetes Licht spendet, passt in seiner Farbcharakteristik ganz genau zum Weißabgleich Kunstlicht. Um genau zu sein, die Farbtemperatur liegt bei ca K. Einige wenige bringen es auf 3400 K. Halogenbrenner mit noch höheren Farbtemperaturen begegnen wir zum Beispiel im Bühnenbereich, doch auf die Thematik komme ich ja in Kapitel 6 nochmals ausführlich zurück. Die gleiche Lichtfarbe wie Brenner liefern Halogen-Glühlampen und die mittlerweile sehr verbreiteten Spots. Doch bei den Spots gibt es kleine Unterschiede. Alle die, die über einen Trafo mit 12 V Spannung versorgt werden, liefern eine Farbtemperatur von ca K, während die etwas jüngeren Spots, die direkt mit 230 V versorgt werden, geringfügig gelblicher leuchten. Ihre Farbtemperatur entspricht mit 2800 K exakt der

8 1 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen Watt-Glühlampe. Doch die Differenz von 400 K ist sehr gering und meist nur im direkten Vergleich erkennbar. Wenn Sie allerdings die Möglichkeit haben, Kelvinwerte einzustellen und Wert auf eine genaue Farbwiedergabe legen, dann werden Sie mit der Einstellung auf 2800 K bestens bedient sein. Abb. 1.5 Links: Die Farbtemperatur von Halogen-Hochvoltspots (230 V) liegt mit ca K bei der einer 100-Watt-Glühlampe. Rechts: Halogenbrenner und Niedervolt-Spots liefern eine Farbtemperatur von ca K. Da passt der Weißabgleich»Kunstlicht«. Abb. 1.6 Links: die farblich neutrale Wiedergabe mit einem Halogen-Niedervoltspot. Rechts: die wärmere Farbwiedergabe eines Halogen-Hochvoltspots. Brennweite 134 mm, 400 ISO, Blende 7,1, 1/50 Sekunden. Weißabgleich: bei beiden Aufnahmen Kunstlicht. 34

9 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen 1 Abb. 1.7 Eine Sichtweise, wie sie nur mit einer Kompaktkamera möglich ist. Brennweite 4,5 mm, 100 ISO, Blende 7,1, 6 Sekunden die Kamera wurde am Cello fixiert. Halogenspots, Weißabgleich: Kunstlicht. 1.3 Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren Ein wenig schwieriger wird das Fotografieren in all jenen Räumen, in denen statt Glüh- oder Halogenbirnen, Energiesparlampen (exakte Bezeichnung: Kompakt-Leuchtstoff-Lampen) oder Leuchtstoffröhren für Licht sorgen. In diesen sehr viel effizienteren Lichtquellen wird dieses nämlich nicht durch Glühen, sondern durch die chemische Reaktion in Verbindung mit Gasen erzeugt. Dadurch liefern sie kein kontinuierliches Farbspektrum. Vielmehr gibt es ein paar farbliche Lücken. Meist machen sie sich durch einen unliebsamen Grünstich bemerkbar. Doch das sollte nicht das einzige Problem sein. Leuchtstoffröhren oder die eng mit ihnen verwandten Energiesparlampen gibt es zunächst in drei Kategorien.»Warmweiße«entsprechen, abgesehen von den speziellen Farbverschiebungen, etwa 2700 K. Die sogenannten»neutralen«werden mit 5000 K angegeben. Es gibt aber auch etliche, die zum Beispiel 4000 K liefern. Die 35

10 1 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen Bezeichnung»kalt«steht für Farbtemperaturen um 6500 K. Vor allem in südlichen Ländern sorgen sie mit ihrem bläulichen Licht dafür, dass man sich in Restaurants und Kaffeehäusern so gar nicht wohlfühlt. Abb. 1.8 Kompakt-Leuchtstofflampen (Energiesparlampen) und Leuchtstoffröhren werden in drei Grund-Farbstufen unterteilt. In der Praxis gibt es aber noch weit mehr Klassen. Abb. 1.9 Gegenüber dem klassischen Farbspektrum von Glühkörpern wie Sonne und Glühlampen (unten) weist das von Leuchtstofflampen zahlreiche Lücken auf (oben). Sie sind für so manchen Farbstich verantwortlich. Doch mit den drei Klassen ist noch lange nicht Schluss. Sobald man zum Beispiel im Katalog von Osram & Co. blättert, stellt man fest, dass es noch weit mehr verschiedene Klassen gibt. Das hat mit»vorschaltgeräten«und vielen anderen Faktoren zu tun. Nun gibt es im Zusammenhang mit dem 36

11 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen 1 Weißabgleich auch die Möglichkeit, die Kamera auf Leuchtstoffröhre meist durch ein passendes Symbol signalisiert zu stellen. Etliche Modelle, selbst in der Klasse der Kompaktkameras, nehmen das mit den unterschiedlichen Klassen recht ernst und bieten zwei oder auch drei Einstellvarianten an. Doch woran erkennt man als Laie und ohne Spezialmessgerät, welche Lichtfarbe die Energiesparlampe in der Küche der Tante hat? Es heißt zwar so schön, probieren geht über studieren, aber meist trifft hier der automatische Weißabgleich die beste Wahl. Wenn Sie allerdings vorhaben, längere Zeit in einem Raum zu fotografieren, der von Energiesparlampen oder Leuchtstoffröhren erhellt wird, würde ein manueller Weißabgleich (die genaue Vorgangsweise entnehmen Sie bitte dem Handbuch Ihrer Kamera) sicher Sinn machen. Einmal gemessen und richtig angepasst kommt die Kamera auch mit Situationen zurecht, in denen mehrere unterschiedliche Lichtquellen vorhanden sind. Abb Links: Mit der Weißabgleich-Einstellung»Kunstlicht«kommt es selbst bei Warmton-Leuchtstofflampen zu einem Farbstich. Rechts: Der manuelle Weißabgleich liefert das bessere Ergebnis. Brennweite 51 mm, 1600 ISO, Blende 5,1/60 Sekunde. 37

12 1 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen 1.4 Leuchtdioden, die Zukunft hat längst begonnen Leuchtdioden, allgemeinen bekannt unter dem Begriff LED oder LEDs, sind die derzeit wohl sparsamsten Lichtspender. Nach dem Motto, wenn schon sparen, dann richtig sparen, macht der Einsatz auch im Wohnbereich durchaus Sinn. Vor gar nicht allzu langer Zeit kannte man die kleinen Lichtwunder nur in Blau. In der Tat, von Haus aus liefern die meisten zunächst nur blaues Licht. Weiße LEDs oder solche, die sich an das Farbspektrum von Glühlampen anpassen, entstehen durch Filterung. Genau genommen durch das Hinzuziehen von Leuchtstoffen wie beispielsweise Phosphor. Dank solcher chemischer Tricks gibt es mittlerweile etliche LED-Leuchtmittel, deren Lichtfarbverhalten dem vom Glühkörpern schon sehr nahe kommen. Wird der technische Aufwand, vor allem um Kosten zu sparen, minimiert, kommt es auch bei LEDs zu farblichen Ausreißern und mitunter zu kräftigen Grünstichen. TIPP Für Spezialisten. Bei einem Großteil der System- und Spiegelreflexkameras können Sie recht individuell in die Farbwiedergabe eingreifen. Bei Canon finden Sie den Weg über WB-Korrektur im Menü, Nikon bietet den Eingriff im Untermenü zu jeder Weißabgleichstellung an. Sie stoßen dann auf ein Diagramm, das von vier Farben gerahmt ist. Vom Mittelpunkt (diese Stellung sollten Sie im Normalfall keinesfalls verändern) lässt sich der weiße Punkt in alle Richtungen verschieben. Bei Grünstich verschieben Sie ihn mehr oder weniger weit nach unten. Mit Werten zwischen 6M und 9M konnte ich LEDs selbst hartnäckigen Grünstich austreiben. Recht verbreitet sind LEDs zum Beispiel in Spots anzutreffen. Mit dem richtigen Sockel passen sie in die Fassungen, die bisher für Halogenspots vorgesehen waren. Darüber hinaus gibt es sie in allen nur denkbaren Formen, Sockeln und Einschraubgewinden. Vom Punktlicht über dem Schreibtisch bis zur geerbten Stehlampe lassen sie sich überall einsetzen. Zwei Lichtfarben stehen grundsätzlich zur Auswahl.»Warme LEDs«liefern etwa 2700 K und liegen damit knapp unter der schon mehrmals zitierten 100-Watt-Glühlampe. Mit der Weißabgleich-Einstellung Kunstlicht werden Ihre Aufnahmen, ähnlich wie bei Glühlampenlicht, ein wenig gelblich ausfallen. Die Klasse der kalten LEDs ist auf rund 5500 K und damit auf das 38

13 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen 1 Sonnenlicht (auch bekannt unter dem Begriff»mittleres Tageslicht«) abgestimmt. Damit ist klar, der Weißabgleich liefert die besten Ergebnisse, wenn das Symbol Sonne eingestellt ist. Darüber hinaus können Sie auch auf den einen oder anderen LED-Veteranen stoßen, dessen Farbtemperatur bis zu 8000 K betragen kann. Das würde dann am ehesten der Weißabgleich-Einstellung Schatten (das Symbol mit dem kleinen Häuschen) entsprechen. Am einfachsten ist es wohl, der Coolness mit dem automatischen Weißabgleich zu begegnen. Abb Die erweiterte Farbeinstellung findet sich im Kameramenü. Mit einer Verschiebung des Mittelpunkts nach M (Magenta) lässt sich der Grünstich billiger LEDs sowie Leuchtstofflampen exakt beseitigen. Einen entscheidenden Vorteil haben LEDs, der uns Fotografieren sehr zugutekommt. Sofern sie sich dimmen lassen, verringert sich nur die Helligkeit, die Lichtfarbe bleibt unverändert. Abb Das Farbspektrum von LEDs ist weitaus kontinuierlicher als das von Leuchtstofflampen. 39

14 1 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen Abb Hochwertige Warmton-LED-Spots liefern ein farbstichfreies Licht, das mit 2700 K dem von 60-Watt-Glühlampen entspricht. Kompaktkamera, Brennweite 5,4 mm, 100 ISO, Blende 7,1, 2 Sekunden Stativ. Weißabgleich: manuell. Abb LED-Leuchtmittel werden aktuell als Warmton mit ca K und Kaltton mit ca K angeboten. Ältere Typen liefern sehr bläuliches Licht mit Werten bis zu ca K. Im Übrigen dürfen wir von den kleinen oder größeren leuchtenden Dioden noch allerhand erwarten. Die sogenannten organischen Leuchtdioden (OLED) erlauben den Bau von Flächenleuchten. Man kann mit ihnen zum Beispiel an geeigneter Stelle ein künstliches Fenster platzieren. Und wenn die in Schweden entwickelten Licht emittierenden LEDs (LEC) in passen- 40

15 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen 1 den Farben zur Verfügung stehen, lassen sich unter anderem»leuchtende Tapeten«drucken. TIPP Wenn es draußen noch nicht ganz finster ist, macht sich das weit bläulichere Tageslicht mitunter störend bemerkbar. Dann heißt es, eine Entscheidung zu treffen. Mit der Weißabgleich-Einstellung Kunstlicht kommt das Lampenlicht richtig, in manchen Zonen wird das Bild aber bläulich. Bei der Weißabgleich- Einstellung Sonne fällt der Blaustich weg, zugleich wird aber alles, was von Lampe und Co. beleuchtet wird, eher orange abgebildet. Abb Die LED-Birne über dem Tisch fungiert als Hauptlicht. Auf sie ist der Weißabgleich (Kunstlicht) abgestimmt. Ein wenig Tageslicht mischt sich jedoch dazu und führt an einigen Stellen zu einem leichten Blaustich. Kompaktkamera, Brennweite 8,6 mm, 100 ISO, Blende 4, 0,6 Sekunden Stativ. 41

16 1 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen Wir haben heute jede Menge Licht in Räumen und wir haben vor allem ein sehr gutes Licht, das uns für Fotoaufnahmen aller Art zur Verfügung steht. Also steht unserem Tatendrang eigentlich nichts im Wege. Höre ich da die Frage; was kann man schon in Räumen fotografieren? Zum Beispiel Menschen. Bei Geburtstagen, zu Weihnachten, aber warum nicht auch im Alltag, zum Beispiel sich selbst. Ich habe es beim Schreiben dieses Buches ausprobiert. Ein besonders dankbares Motiv sind Kinder, beim Lesen oder beim gar nicht so geliebten Hausaufgabenmachen. Es können aber auch Verwandte oder Bekannte beim Arbeiten sein. Beim Schnitzen, Tischlern und so weiter. Und dabei werden Sie rasch feststellen, dass das vorhandene Licht ganz tolle Ergebnisse bringt. Ergebnisse, die natürlich aussehen und das Leben 1:1 wiedergeben. Ein wichtiges Requisit bei all diesen Aufnahmen ist ein Stativ oder sonst eine Möglichkeit, die Kamera zu fixieren. Denn ein perfektes Foto sollte nicht nur richtig belichtet, sondern auch scharf sein. Und wenn sich Menschen arbeitsbedingt bewegen, wird Ihnen das Stativ alleine nichts nutzen, Sie brauchen die passende Verschlusszeit. Um die zu erlangen, muss die Empfindlichkeit (ISO-Einstellung) entsprechend nach oben wandern. Da kann eine Einstellung von 400, 800 oder noch mehr ISO recht sinnvoll sein. Schließlich sollen die Menschen ja nicht wie zu Beginn der Fotografie starr und steif einer langen Verschlusszeit trotzen, vielmehr Sie sollen Sie sich wohlfühlen und natürlich bleiben. Je nachdem, welche Tätigkeit gerade ausgeübt wird, werden Verschlusszeiten von 1/30 Sekunde bis zu einer 1/500 Sekunde notwendig sein. Keine Regel ohne Ausnahme. Wenn Ihr Gegenüber zum Beispiel nur die Hände bewegt, sich sonst aber»ruhig verhält«, kann auch eine längere Verschlusszeit sinnvoll sein. Dann vermitteln die verwischten Hände Dynamik und Bewegung. Ein Stativ ist für solche Aufnahmen allerdings unbedingt erforderlich. Das Schöne an der digitalen Fotografie ist ja, dass Sie die Ergebnisse gleich hinterher sehen. Sind wichtige Partien verwischt oder verwackelt, können Sie das Manko sofort beheben. Abb Die verwischten Hände des Hutmachers vermitteln, dass hier gearbeitet wird. Weitwinkel, Brennweite 10 mm, 400 ISO, Blende 13, 2 Sekunden Stativ. Das Licht kommt von Leuchtstoffröhren, Weißabgleich: automatisch. 42

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18 1 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen Was die perfekte Beleuchtung betrifft, so kann es bei den beliebten Spots, die senkrecht, zum Beispiel auf einen Arbeitsplatz, leuchten, schon zu kleinen Problemen kommen. Das Gesicht bekommt dann zu wenig Licht ab. Schon ein einzelnes weißes Blatt Papier kann da für Abhilfe sorgen. Richtig gehalten, reflektiert es das von oben kommende Licht direkt zum Gesicht des»models«. Abb Bei meinem Selbstporträt kommt das Licht senkrecht von zwei LED-Spots. Das Manuskript dient als Reflektor. Weitwinkel, Brennweite 10 mm, 400 ISO, Blende 14, 0,8 Sekunden Stativ, Weißabgleich: 2700 K. Abb Links: Kommt das Licht senkrecht von oben, wird das Gesicht zu dunkel abgebildet. Rechts: Ein weißes Blatt Papier dient als Reflektor, es lenkt einen Teil des Lichts direkt auf das Gesicht. 44

19 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen 1 Ihre Fotosafari durch die eigenen vier Wände oder die Ihrer Freunde muss sich allerdings nicht auf den Menschen beschränken, auch Tiere geben tolle Motive ab. Eine Katze sieht im weichen Licht einer Stehlampe weitaus fotogener aus, als wenn sie vor Schreck über Blitzlicht ihre Haare sträubt oder zum Sprung ansetzt, ehe Sie noch den Auslöser drücken konnten. Abb Die Katze ließ sich nicht stören, das vorhandene Raumlicht sorgte für natürliche Verhältnisse. Weitwinkel, Brennweite 10 mm, 3200 ISO, Blende 4, 0,5 Sekunden die Kamera stand direkt am Boden, Weißabgleich: 2500 K. Für die langen Winterabende hätte ich dann noch eine Idee. Haben Sie schon mal versucht, Ihre Wohnung genauso intensiv nach Motiven abzusuchen wie eine Jurte im hohen Norden oder eine Lehmhütte in Afrika? Ganz gleich, ob gerade Weihnachtszeit ist und Sie einen Blick durch den Adventskranz in die Stube werfen, Ihr Badezimmer als den spannendsten Ort der Welt entdecken, Ihre Werkstatt unter die Lupe nehmen oder eine neue Perspektive für Ihre Küche suchen, Sie werden überrascht sein, was sich da so alles anstellen lässt. Spannend ist dabei immer wieder das Zusammenspiel von Vorder- und Hintergrund. Aufgrund der brennweitenbedingten viel größeren Schärfentiefe sind dann Kompaktkameras nicht selten im Vorteil. Bei Systemkameras kann ich Ihnen dafür die Anschaffung eines Super-Weitwinkel-Objektivs ans Herz legen. Je größer der Auf- 45

20 1 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen nahmewinkel, umso größer die Schärfentiefe und beides zusammen schafft die Möglichkeit für außergewöhnliche Sichtweisen. Gleich welchen Kameratyp Sie einsetzen, Modelle mit einem schwenkbaren Display machen so manche verrückte Sichtweise überhaupt erst möglich. Wenn Sie Ihre Kamera in den Backofen schieben Achtung wichtige Verbraucherinformation: Es sollte nur die Beleuchtung eingeschaltet sein, dann können Sie ohne Schwenkdisplay lediglich erahnen, wie Ihr Bild aussehen wird. Mithilfe eines Schwenkdisplays können Sie gestalten und die Kekse in der unteren Reihe bildgerecht anordnen. Damit Sie bei solchen verspielten Aufnahmen nicht selbst ins Bild kommen, empfiehlt sich die Verwendung eines Fernauslösers, am besten drahtlos. Abb Ein unkonventioneller Adventsblick. Der Raum wird von einem 13- Watt-LED-Fluter beleuchtet. Über dem Tisch befindet sich zusätzlich ein 9- Watt-LED-Spot. Weitwinkel, Brennweite 8 mm, 400 ISO, Blende 8, 2,5 Sekunden Stativ, Weißabgleich: Kunstlicht. 46

21 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen 1 Abb Auf Entdeckungsreise in den eigenen vier Wänden. Weitwinkel, Brennweite 8 mm, 100 ISO, Blende 11, 1,6 Sekunden die Kamera wurde am Waschbecken stabilisiert. 4 LED-Decken-Spots, Weißabgleich: 2800 K. Abb Warum nicht einmal die Küche aus der»bratenperspektive«betrachten? Weitwinkel, Brennweite 8 mm, 100 ISO, Blende 16, 5 Sekunden die Kamera stand ganz hinten am Gitterrost und wurde drahtlos ausgelöst. Weißabgleich: Kunstlicht. 47

22 1 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen TIPP Extreme Weitwinkelobjektive beginnen für Kameras mit APS-Sensor meist bei Brennweiten ab 10 mm. Der Zoombereich reicht dann von 10 bis 20 mm, 10 bis 22 mm oder 10 bis 24 mm. Sigma hat sogar ein Objektiv im Brennweitenbereich 8 16 mm im Programm. Sollten Sie eine Spiegelreflexkamera mit Vollformatsensor besitzen, dann bietet das extremste Weitwinkelobjektiv am Markt einen Bereich von 12 bis 24 mm. Bei den meisten Marken beginnt der extreme Weitwinkelbereich bei 14 mm. Zum Beispiel von 14 bis 24 mm oder 14 mm Festbrennweite. Besonders spannend wird das Fotografieren in Räumen mit bunten Lichtquellen. Gleich ob Haupt- oder Zusatzlicht und gleich ob sich die Farben laufend verändern oder einheitlich blau, violett oder rot erstrahlen. Doch Vorsicht, der automatische Weißabgleich kann ein eindrucksvolles Farbenspiel ganz schnell zunichtemachen. Die Einstellung Kunstlicht ist da meist besser. Abb Die LED-Technik bringt Farbe ins Heim. Mit der Fernbedienung können die Lichtfarben je nach Stimmung verändert werden. Brennweite 10 mm, 100 ISO, Blende 14, 3,2 Sekunden, Weißabgleich: Kunstlicht. Ich denke, ich habe nicht zu viel versprochen, die Motivpalette im Wohnbereich ist unerschöpflich und die vorhandenen Beleuchtungskörper sorgen ganz automatisch für die passende Lichtregie. 48

23 Das Licht im trauten Heim und anderen Räumen 1 Abb Auch zwei Kronleuchter mit 40-Watt-Kerzenbirnen reichen als Lichtquelle. Shift-Objektiv, Brennweite 24 mm, 400 ISO, Blende 14, 2,5 Sekunden Stativ, Weißabgleich: 2500 K. Abb Eine einzige Glühbirne brachte Licht in die Szene im unterirdischen Kanal. Brennweite 35 mm, 3200 ISO, Blende 7,1, 1/5 Sekunde Stativ. 49