Instrumente der Personalführung: Das Mitarbeitergespräch
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- Hannah Bäcker
- vor 8 Jahren
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1 Medical Tribune Praxis-Handbuch Personal Kapitel Foto: istockphoto.com/izabela Habur Instrumente der Personalführung: Das Mitarbeitergespräch Personalführung besteht im Wesentlichen aus vielen kommunikativen Massnahmen. Das versteht sich von selbst schliesslich hat man es ja mit Menschen zu tun, nicht mit Geräten. Auch das kurze Schwätzchen beim Kaffee ist beispielsweise wichtig fürs Klima; zu einem echten Werkzeug wird das Gespräch aber, wenn es eine gewisse Struktur aufweist, sodass sich für alle Beteiligten konkrete Handlungen ergeben. Gibt es überhaupt eine gemeinsame Richtung? Einmal in Ruhe unter vier Augen mit der Mitarbeitenden über alles Wichtige in der gemeinsamen Arbeit sprechen wann ist Ihnen das zum letzten Mal gelungen? Natürlich gibt es in der Arztpraxis alltäglich mehr als genug Anlässe für kurze Gespräche, doch mehr als Anweisungen, vielleicht einmal ein schnelles Lob oder aber ein Anschnauzer zwischen Tür und Angel sind im hektischen Praxisalltag meist nicht drin. Auf der Strecke bleibt da oft die «Führung» der MPAs im Wortsinn; also das Abklären, ob Sie überhaupt noch gemeinsam in eine Richtung gehen. Daran sollten Sie als Chef ein besonderes Interesse haben, weil sich ja schliesslich alle in Ihrem Team im Idealfall auch für den Erfolg Ihrer Praxis engagieren. Das geht aber nur, wenn sie auch dazu motiviert sind. Das ist übrigens beileibe kein besonderes Problem der Arztpraxen: Je mehr das Thema Mitarbeiterzufriedenheit in den letzten Jahrzehnten in den Blickpunkt der Personalarbeit rückte, desto mehr machte man sich darüber Gedanken, mit welchen Mitteln man die Zufriedenheit erhöhen und die Mitarbeitenden stärker wieder auf die Ziele des Unternehmens einschwören kann. Als geeignetes Instrument wurde den Vorgesetzten das strukturierte Mitarbeitergespräch an die Hand gegeben. Darin besprechen Vorgesetzter und Mitarbeitende, was im abgelaufenen Zeitraum alles gut oder Praxis_HB_04_2012_PF_S217_S222_Kap06.indd :46:25
2 218 Kapitel 6 Personal Medical Tribune Praxis-Handbuch + Fünf Erfolgselemente Laden Sie Ihre MPA rechtzeitig zum Gespräch ein. Versorgen Sie sie mit einem Gesprächsleitfaden. Auch sie muss sich vorbereiten können. Nehmen Sie sich Zeit fürs Gespräch und achten Sie darauf, dass Sie nicht gestört werden (Telefon!). Verschaffen Sie sich laufend einen Überblick über die Leistung Ihrer MPA, nicht nur kurz vor dem Gesprächstermin. Nur so ist eine angemessene Beurteilung möglich. Nutzen Sie die Gelegenheit ruhig auch einmal für ein allgemeines Lob an Ihre MPA. Dass es in einigen wenigen Details vielleicht nicht ganz rund läuft, darüber soll ja gerade gemeinsam gesprochen werden. Erstellen Sie ein Protokoll, in dem die Vereinbarungen festgehalten werden. - Zwei häufige Fehler Der Arzt betrachtet das Mitarbeitergespräch eher als lästige Pflicht und nicht als Möglichkeit, mit den MPAs ohne Praxistrubel im Gespräch zu bleiben und sie auf die Ziele der Praxis einzuschwören. Im jährlichen Mitarbeitergespräch steht die Kritik an der MPA im Mittelpunkt des Treffens, sodass sie in die Defensive gedrängt wird, nichts Konstruktives äussert und künftige Treffen scheut. schlecht gelaufen ist, wie der Chef die Leistung der Mitarbeitenden einschätzt und was sich in Zukunft ändern soll. Dabei handelt es sich, der Name sagt es schon, nicht um einen Monolog. Auch der Mitarbeiter wird aufgefordert, seine Sicht der Dinge äussern, auch wie die Zusammenarbeit im Team klappt und wie er das Führungsverhalten des Vorgesetzten beurteilt. Für Arztpraxen durchaus geeignet Solche Gespräche eignen sich besonders in grösseren Unternehmen, wo die einzelne Mitarbeitende als kleines Rädchen im Getriebe manchmal aus dem Blick gerät. Doch was sich für hierarchisch geprägte Industrieunternehmen als nützlich erweist, gilt auch in der Arztpraxis. Zwar herrschen hier andere Strukturen und die Feedbacks zwischen Arzt und MPAs finden ungefiltert statt: «Ich rede doch jeden Tag mit meinen MPAs», mag der eine oder andere denken. Ein in einer Gemeinschaftspraxis tätiger Kollege bekannte dagegen einmal: «Wir führen nur Gespräche mit den MPAs, wenn etwas schiefgelaufen ist.» Mitarbeitergespräche verfolgen den Anspruch, den hektischen Praxisalltag auszublenden und die Arbeitsbeziehung insgesamt gemeinsam unter die Lupe zu nehmen in Ruhe und unter vier Augen. Sie finden häufig in einer standardisierten Form statt, was die Verbindlichkeit des Gesprächs noch erhöhen kann. Als Zugeständnis an das Kleinunternehmen Arztpraxis können Sie aber im Gegensatz zu grossen Unternehmen eine etwas individuellere Form des Gesprächs wählen, über dessen Inhalte Sie teilweise sogar Ihr Team mitbestimmen lassen können (siehe unten). Die Inhalte des Gesprächs Das hier vorgestellte «grosse» Mitarbeitergespräch lässt sich natürlich auch aufteilen, z. B. in ein reines Beurteilungs- oder ein Zielvereinbarungsgespräch. Aber warum sich nicht die Zeit nehmen und in einem «Rundumschlag» alle Aspekte aufarbeiten, die Sie und Ihre MPAs in der täglichen Arbeit voraussetzen, über die aber wenig gesprochen wird (siehe Checkliste auf der letzten Seite dieses Kapitels)? Da das Mitarbeitergespräch nur in längeren Abständen z. B. einmal im Jahr stattfindet, sollten Sie auch eine gemeinsame Rückschau auf den vergangenen Zeitraum einplanen. Etwa: Wie haben Sie die Leistung der Mitarbeiterin wahrgenommen, was hat sie gut gemacht und was weniger gut (zur Leistungsbeurteilung siehe Kasten auf der nächsten Seite)? Praxis_HB_04_2012_PF_S217_S222_Kap06.indd :46:26
3 Medical Tribune Praxis-Handbuch Personal Kapitel Leistung gerecht beurteilen Damit eine Leistungsbeurteilung nicht aus dem Bauch heraus geschieht, sollten Sie sich die Zeit nehmen und eine Tabelle erstellen, in der alle erforderlichen fachlichen, sozialen und persönlichen Fähigkeiten eingetragen sind, die eine MPA Ihrer Meinung nach haben muss. Fachliche Fähigkeiten umfassen dabei z.b. medizinische und diagnostische Hilfstätigkeiten wie Blutentnahme, EKG etc., das Wissen über Krankheitsbilder, die Verwaltung von Patientendaten, aber auch Marketing. Zu den sozialen Kompetenzen gehören vor allem die Kommunikations- und Kontaktfähigkeit, Durchsetzungs-, aber auch Teamfähigkeit oder wie mit schwierigen Patienten umgegangen wird. Persönliche Kompetenzen sind Freundlichkeit, Verhalten in Stresssituationen etc. Geben Sie diese Tabelle zur Vorbereitung auf das Gespräch auch Ihrer MPA. Zu jedem Punkt tragen Sie nun ein, auf welchem Niveau sich Ihre MPA Ihrer Meinung nach befindet (z.b. Schulnotenskala) und in einer weiteren Spalte, wie wichtig Ihnen diese Fähigkeiten sind und wo Sie sie bis zum nächsten Mitarbeitergespräch gerne sähen. Natürlich wird die MPA in dem einen oder anderen Punkt eine andere Bewertung haben als Sie. Als Chef müssen Sie dafür sorgen, dass das Ganze nicht in ein Streitgespräch mündet und konstruktiv über Verbesserungsbedarf gesprochen wird. Eine Vorlage eines Beurteilungsbogens finden Sie auf der FMH-Homepage ( Ganz Mutige können auch sich auf den Prüfstand stellen: Wie war ich denn als Chef? Habe ich meine Führungsaufgaben, also informieren, delegieren, motivieren, ordentlich gemacht? War die MPA ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt? Waren die Zuständigkeiten im Team klar geregelt? Wenn früher schon einmal ein Mitarbeitergespräch geführt wurde: Wurden die darin festgelegten Ziele erreicht? Wenn nein, warum nicht? Mit Zielvereinbarungen die Zukunft gestalten Zielvereinbarungen sind ein wichtiges Thema. Sprechen Sie an, welche Veränderungen oder Neuerungen Sie in der Praxis haben möchten und welchen Anteil die MPA daran hat. Das können organisatorische Änderungen (längere Sprechstunden, kürzere Wartezeiten) oder strategische Entscheidungen sein, z. B. Einführung von regelmässigen Patientenschulungen. Daraus ergibt sich, dass auch der Fortbildungsbedarf angesprochen bzw. abgefragt werden muss. Vielleicht hat die MPA ja darüber hinaus noch besondere Interessen, die momentan brachliegen und nutzbringend in die Praxis eingebracht werden können. Im Gespräch kann sich auch herausstellen, dass eine MPA in einer anderen Position viel besser eingesetzt ist, wie ein Kollege berichtete: «Eine meiner Mitarbeitenden ist sprachlich nicht gerade besonders auf der Höhe. Ihre Arztbriefe musste ich immer wieder noch einmal durchkorrigieren und darüber habe ich mich natürlich geärgert. Im Gespräch habe ich herausgefunden, dass sie viel lieber mit dem PC zu tun hat. Jetzt schreibt eine andere MPA die Arztbriefe und sie ist in der Praxis für die Programmierung der PCs zuständig. Sie ist hochzufrieden und ich bin es auch.» Boni stehen nicht im Vordergrund In Wirtschaftsunternehmen ist häufig die Zahlung von Boni oder Sondergratifikationen an das Erreichen der vereinbarten Ziele geknüpft. Aus diesem Grund wird dort über solche Ziele und wie man ihr vollständiges oder zumindest teilweises Errei- Praxis_HB_04_2012_PF_S217_S222_Kap06.indd :46:26
4 220 Kapitel 6 Personal Medical Tribune Praxis-Handbuch Foto: jupiterimages aufzuzeigen letztlich zum Nutzen der Praxis. Ein Gesprächsprotokoll empfiehlt sich, damit beide Seiten in der nächsten Zeit kontrollieren können, was vom Vereinbarten schon umgesetzt worden ist. Selbst wenn Sie und Ihr Team eigentlich ein recht gutes Verhältnis haben, stossen Sie mit Ihrem Vorhaben, im bestehenden Team Mitarbeitergespräche einzuführen, womöglich nicht gerade auf grosse Begeisterung. Besonders wenn es um Leistungsbeurteilungen geht, neigen Angestellte zu einer gewissen Abwehrhaltung; nicht selten werden Zweifel geäussert, dass man fair bewertet wird. Sie können deutlich machen, dass es genau darum geht. Falls eine MPA glaubt, dass ihre Leistung nicht angemessen gewürdigt wird, dann kann sie das in dem Gespräch darlegen wann ergibt sich im Praxisalltag denn schon einmal dafür die Gelegenheit? Höchstens wenn sich der Frust so angestaut hat, dass er in einen ordentlichen Wutausbruch oder in totale Arbeitsverweigerung mündet. Das Mitarbeitergespräch soll nicht primär der Kritik an der MPA dienen. chen überprüft von beiden Seiten auch immer hart verhandelt. In einem kleinen Unternehmen wie einer Arztpraxis steht der finanzielle Aspekt aber nicht im Vordergrund, hier geht es eindeutig darum, Entwicklungsmöglichkeiten für die MPA Mitarbeitergespräche schmackhaft machen Kündigen Sie also vorab am besten in einer Teambesprechung an, dass Sie sich künftig einmal im Jahr ausführlich mit jeder einzelnen MPA unterhalten wollen, warum Sie das wollen und was Sie sich davon erhoffen, und zwar dass auch Sie daraus lernen wollen. Geben Sie die Diskussion frei. Vielleicht haben ja auch die MPAs Wunschthemen, die im Gespräch zur Sprache kommen sollen? Eines soll schliesslich nicht verschwiegen werden: nämlich dass wahrscheinlich gar nicht so selten der Chef selbst erst noch vom Nutzen des Mitarbeitergesprächs überzeugt werden muss. Es gibt ja nicht wenige Doktoren, die insgeheim denken: «Wozu reden? Die soll doch froh sein, dass sie hier arbeiten kann.» Mit solch einer Einstellung wird ein Mitarbeitergespräch natürlich nicht viel bringen, denn man muss auch als Praxisinhaber bereit sein, sich auf den Dialog mit der MPA einzulassen. Praxis_HB_04_2012_PF_S217_S222_Kap06.indd :46:26
5 Medical Tribune Praxis-Handbuch Personal Kapitel Checkliste «Mitarbeitergespräch» Vor dem Gespräch MPA rechtzeitig einladen eigene Unterlagen vorbereiten (Leistungsbeurteilung) eigene Interessenlage klären: Was wollen Sie mit dem Gespräch erreichen? Beginn des Gesprächs positive Atmosphäre schaffen keine Störungen von aussen zulassen der MPA den Ablauf und das Ziel des Gesprächs erklären Das Gespräch 1. Beschreibung der aktuellen Situation, z.b.: Was sind die Aufgaben der MPA? Wie schätzen Sie und schätzt sie selbst die Qualität ihrer Arbeit ein? Welche Aufgaben macht sie gerne, welche bereiten ihr Schwierigkeiten? Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen? Wie schätzt sie das Betriebsklima ein? Gibt es Konflikte? Wie bewertet sie das Arbeitsumfeld? Ist sie zufrieden mit Ihrer Führung? Funktioniert der Informationsfluss? Welche Erwartungen und Wünsche hegt sie hinsichtlich ihrer weiteren beruflichen Entwicklung? Mehr Verantwortung oder Aufgabenbereich erweitern? 2. Zielvereinbarungen Die Zielvereinbarungen leiten sich direkt aus dem Gespräch ab: Wie können wir Verbesserungen erzielen und mit welchen konkreten Massnahmen? Bis wann soll die Veränderung erreicht sein? Woran können wir feststellen, dass sich etwas geändert hat? Sind Fortbildungen notwendig? Gesprächsende die Ergebnisse protokollieren die im Gespräch getroffenen Vereinbarungen festlegen Überprüfungstermin vereinbaren Praxis_HB_04_2012_PF_S217_S222_Kap06.indd :46:28
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