Kollektives Sozialkapital und (Un-)Sicherheit in Wohnquartieren Wie urbane Kriminalitätsfurcht mit sozialräumlichen Bedingungen verknüpft ist
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- Georg Baumann
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1 Kollektives Sozialkapital und (Un-)Sicherheit in Wohnquartieren Wie urbane Kriminalitätsfurcht mit sozialräumlichen Bedingungen verknüpft ist Dietrich Oberwittler Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Freiburg
2 Übersicht Theoretische Einführung: Bedeutung sozialräumlicher Kontexte für Sicherheitswahrnehmungen und Kriminalität Daten und Methoden: Postalische Bewohnerbefragung Zusammenleben und Sicherheit 2014; Ansatz der Mehrebenenanalyse Ergebnisse von Mehrebenenanalysen Unsicherheitsgefühl im Wohngebiet Beziehungen mit strukturellen Benachteiligungen und Vertrauen
3 Zwei Wohngebiete in Essen, Luftlinie < 2 km (Google Streetview)
4 Vertrauen und Unsicherheit in den beiden Wohngebieten
5 Lokale Lebensumwelten sind relevant für soziale Wahrnehmungen (und Verhalten). Urbane Segregationsprozesse sorgen für starke sozialräumliche Ungleichheiten. Segregation äußert sich in strukturellen Bedingungen und in kollektiven Wahrnehmungen und sozialen Prozessen.
6 Unsicherheitswahrnehmungen: Einfluss- Ebenen globale Umwelt (Makro) Medien, Wohlfahrtsstaat, sozialer Wandel lokale Umwelt (Meso) Nachbarschaft, Sozialkapital, Incivilities,... Persönlichkeit (Mikro) Alter, Geschlecht, Vulnerabilität,...
7 Zusammenhänge zw. struktureller Benachteiligung und Kriminalität auf Stadtviertelebene
8 Zusammenhänge zw. struktureller Benachteiligung und Kriminalität auf Stadtviertelebene (Oberwittler 2013)
9 Dimensionen des kollektiven Sozialkapitals Vertrauen soz. Netzwerke Unsicherheit Handlungsbereitschaft Disorder Devianz
10 Dimensionen des kollektiven Sozialkapitals Vertrauen soz. Netzwerke Unsicherheit Handlungsbereitschaft Disorder Devianz
11 Fragestellungen Wie hängen (welche) strukturelle Benachteiligungen und Unsicherheitswahrnehmungen zusammen? Ist kollektives Vertrauen ein Faktor, der Unsicherheitswahrnehmungen beeinflussen (abschwächen) kann, trotz struktureller Problemlagen? Wie und warum reagieren Bewohner im gleichen sozialräumlichen Kontext unterschiedlich? Schützt Vertrauen vor Unsicherheitswahrnehmungen? multivariate Modelle mit Mehrebenenanalye für die Untersuchung individueller und sozialräumlicher Effekte
12 Daten & Methoden
13 SENSIKO - SICHERHEIT ÄLTERER MENSCHEN IM WOHNQUARTIER - ANALYSEN UND KONZEPTION DES PRAXISMODELLS SENIORENSICHERHEITSKOORDINATION Laufzeit: Oktober 2013 bis September 2016 Untersuchungsorte: KÖLN und ESSEN PARTNER: Priv.-Doz. Dr. Dietrich Oberwittler Dominik Gerstner M.A., Göran Köber M.A. Prof. Dr. Dr. Herbert Schubert Ann-Kathrin Stork, Daniel Wolter ASSOZIIERTE PARTNER:
14 Stichprobenziehung: Stadtviertelebene Zufallsstichprobe mit Oversampling (x 2) für die 30 % am stärksten benachteiligten Stadtviertel (SGB II Quote) KÖLN ESSEN TOTAL Einwohner (EW) Stadtviertel (SV) EW pro SV (median) ausgewählt (Zufallsstichprobe) Stadtviertel 85 aus 280 (30,4%) 55 aus 310 (17,7%) 140 aus 590
15 ausgewählte Stadtviertel KÖLN ESSEN
16 postalische Befragung Zufallsauswahl (25- bis 89-Jährige in Privathaushalten) aus dem Einwohnermelderegister Ø pro Stadtviertel: 60 Bewohner J. 60 Bewohner J. Netto-N: ca Befragte Ausschöpfungsquote: 41 % Wiederbefragung im Herbst 2015 (Panelstudie)
17 Dimensionen von Unsicherheitswahrnehmungen FURCHT kognitiv Risikoeinschätzung Wahrscheinlickeit, Opfer zu werden soziale Problemwahrnehmung K. ist gesellsch. Problem K. hat zugenommen affektiv emotionale Furcht/ Beunruhigung, Opfer zu werden Unsicherheitsgefühle im Wohngebiet Standarditem konativ Schutzverhalten (z.b. Pfefferspray) Vermeideverhalten (z.b. Orte meiden)
18 Messung: Unsicherheitsgefühl im Wohngebiet ( Standardfrage )
19 Unsicherheitsgefühl im Wohngebiet (% eher/sehr unsicher) nach Alter/Geschlecht nachts tags
20 kollektives Vertrauen
21 Zustimmung (in %) zur Aussage: "Man kann den Leuten in der Nachbarschaft vertrauen. nach Alter
22 strukturelle Benachteiligungen (Wohngebiete, Daten der stat. Ämter) konzentrierte Armut: Leistungsempfänger-Quote (SGB, %), ca, 0 % bis 60 % ethnische Diversität: Diversitätsindex unterschiedlicher Staatsangehörigkeiten (maximal bei hoher Mischung, stärkere Effekte als %-Anteile)
23 Ansatz der Mehrebenenalyse Varianzaufteilung Totale Varianz wird zerlegt in den Anteil innerhalb von Gruppen (individuelle Ebene, L1) und zwischen den Gruppen (Gebietsebene, L2). Je höher der Anteil der Zwischengruppen-Varianz, desto eher handelt es sich um kollektive Eigenschaften der Gruppen. % Anteil der Zwischengruppen-Varianz: Intraklassenkorrelation (ICC).
24 Varianzaufteilung Simulation großer/kleiner ICC 10 large between-group variance 10 small between-group variance group ICC = 77,7 % ICC = 1,7 % group
25 Varianzanteile zwischen den Stadtvierteln WG: Wohngebiet
26 simultane Schätzung individueller und kontextueller Effekte Mehrebenenanalyse: geschachtelte Regressionsgleichungen von Individuen (L1) in gemeinsamen Gruppen/Kontexten (L2). korrekte Zuordnung der Effekte zwischen den Ebenen (z.b. individuelle Bildung vs. durchschnittl. Bildung im Wohngebiet). Kompositionseffekte: Soziodemographische Eigenschaften der Individuen alleine erklären bereits Gruppenunterschiede. Kontexteffekte: unter Kontrolle der soziodemographischen Zusammensetzung bleiben Unterschiede zwischen den Gruppen bestehen (und werden durch Eigenschaften der Gruppen erklärt).
27 Ergebnisse der Mehrebenenanalyse
28 Unsicherheitsgefühl im Wohngebiet X konzentrierte Armut eher unsicher ohne Kontrolle eher sicher mit Kontrolle individueller soziodemographischer Merkmale sehr sicher Leistungsempfänger-Quote
29 Unsicherheitsgefühl im Wohngebiet X ethnische Diversität eher unsicher eher sicher sehr sicher
30 Individuelle Einflüsse auf Unsicherheitsgefühl im Wohngebiet WG-Effekte : Berücksichtung des Wohngebiets im Modell
31 Kontexteffekte der Wohngebiete auf Unsicherheitsgefühl
32 MIKRO MAKRO Unsicherheit im Wohngebiet - Mehrebenmodell KONZ.ARMUT ETHN.DIVERS *** ** KOLL. VERTRAUEN *** 0.04 n.s. UNSICHERHEIT 0.08 ** INDIVIDUELLE MERKMALE INDIVIDUELLE MERKMALE SOZIODEMOGR. MERKMALE SOZIODEMOGR. MERKMALE EINSTELLUNGEN PERSÖNLICHKEIT (unstand.koeff.)
33 Wechselwirkungen zwischen individuellen Merkmalen und sozialäumlichen Faktoren Wie wirken die gleichen Bedingungen eines Wohngebiets auf unterschiedliche Menschen? Wer lässt sich leichter verunsichern, wer schwerer? Einflüsse des individuellen Vertrauens? Einflüsse der individuellen Einstellung zu Migranten?
34 Unsicherheitsgefühle X ethn. Diversität nach individuellem Vertrauen niedriges Vertrauen hohes Vertrauen ethnische Diversität
35 Unsicherheitgefühle X ethn. Diversität nach Ablehnung von Migranten hohe Ablehnung niedrige Ablehnung ethnische Diversität
36 Zusammenfassung Unsicherheitswahrnehmungen im Wohngebiet sind sehr stark von strukturellen Benachteiligungen beeinflusst. Konzentrierte Armut ethnische Diversität (Kriminalität weniger relevant) Unsicherheitswahrnehmungen und kollektives Vertrauen hängen eng zusammen. Vertrauen kann strukturelle Benachteiligungen teilweise abschwächen. ist aber selbst stark strukturell beeinflusst. Menschen mit höherem Vertrauen und geringer Ablehnung von Migranten fühlen sich sicherer, unabhängig von den Problemlagen im Wohngebiet.
37 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Dietrich Oberwittler gefördert vom:
38
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