Beitrag: Von wegen Ausbildung Wie Azubis ausgebeutet werden
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- Silke Buchholz
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1 Manuskript Beitrag: Von wegen Ausbildung Wie Azubis ausgebeutet werden Sendung vom 4. September 2012 von Christian Esser, Birte Meier und Clemens Pichler Anmoderation: Lehrjahre sind keine Herrenjahre: Der Spruch nervt vermutlich niemanden so wie Azubis. Vor allem, wenn ihr Chef Ausbildung so ganz anders versteht als sie selbst. Und Lehrlinge jede Menge Überstunden und Arbeiten machen lässt, die den Betrieb sonst viel teurer kämen: Verbreitet etwa im Einzelhandel und in der Gastronomie. Manchmal fehlt ein Ausbilder auch gleich ganz: So steht es im neuen Ausbildungsreport des DGB. Christian Esser und Birte Meier waren bei Azubis, die von ihrem Chef vor allem gelernt haben, wie Ausbeutung geht. Text: Dennis Schoormanns Tage sind lang. Heute beginnt er um fünf Uhr in der Früh im niedersächsischen Elliehausen mit einem von mehreren Nebenjobs: Das Göttinger Tageblatt austragen, kurz GT. Also ich stehe morgens auf, fahr dann eben von zu Hause hier runter mit dem Fahrrad, dann trage ich GT aus, anschließend trage ich dann noch ungefähr so ne Stunde, zwei Stunden, Blick aus, dann fahr ich zur Berufsschule. Denn eigentlich macht der 25-Jährige eine Ausbildung bei Netto Marken-Discount. Azubis sind heute im Schnitt älter als früher. Vielen wie auch Dennis reicht der Lohn bei Weitem nicht, schon gar nicht für eine eigene Wohnung. Ich hab mir nicht vorgestellt, dass ich so viele Nebenjobs machen muss, das ist einfach anstrengend. - Und das Geld brauch ich eben. Vom Netto-Lohn bleiben ihm gerade mal 480 Euro weniger als
2 Hartz IV. Und so geht s nach der Ausbildung weiter zum nächsten Nebenjob: Rasenmähen. Insgesamt kommt Dennis in der Woche auf rund 60 Stunden Arbeit. So geht s vielen Azubis. Jeder fünfte muss nebenher jobben. Sebastian Carls, 22, hat seine Lehre als Hotelkaufmann abgeschlossen. Während der Ausbildung musste er viel zu viel arbeiten auch ohne Nebenjobs. Er lernte im Vier-Sterne-Hotel Maritim in Frankfurt. O-Ton Sebastian Carls, ehemaliger Azubi Maritim Frankfurt: Ausbeutung, das höchste waren, glaub ich, waren mal 16, 17 Stunden, also quasi, zwei Schichten auf einmal, wo ich dann morgens total tot nach Hause gekommen bin und kaum noch laufen konnte, weil s einfach so hart war, dazu dann ohne Pause teilweise, ohne Essen, ohne Trinken dann stundenlang, immer schön lächeln. Immer schön lächeln und allzeit fröhlich. Wie die Praktikanten und Auszubildenden in Werbefilmen des Einzelhandels: Bau Dir Deine Zukunft auf, geh Deinen Weg. Egal was Dir dazwischen steht. Die Wirklichkeit sieht häufig anders aus. Frontal21 liegen exklusiv Zahlen aus dem neuen Ausbildungsreport des Deutschen Gewerkschaftsbund vor. Demzufolge machen regelmäßig Überstunden 38 Prozent der Azubis, im Schnitt fünf Stunden die Woche. Und was sich Ausbildung nennt, wird für viele häufig zu Billigarbeit. O-Ton Sebastian Carls, ehemaliger Azubi Maritim Frankfurt: Dann wird man immer abgeschoben in die operativen Abteilungen, wenn man jetzt einen Beruf wie Hotelkaufmann lernt, so wie ich das getan hab, sollte ein Teil eben auch administrativ erfolgen, heißt, in der Verwaltung. Ich hab die erste Zeit nur mit Wäschewägen im Service verbracht. Wenn man dann mal im Büro war, dann wurde man da schnell wieder abgezogen, weil ja Not am Mann war. Das Maritim teilt uns mit, dass Azubis den Gesetzen entsprechend eingesetzt würden. Überstunden versuche man zu vermeiden. Der DGB hat Azubis befragt: Häufig ausbildungsfremde Tätigkeiten mussten 11 Prozent erledigen. Gelegentlich weitere 19 Prozent.
3 Für die Betriebe lohnt sich das. Die Folgen für die Azubis kennt Katharina Wesenick von ver.di nur zu gut. O-Ton Katharina Wesenick, ver.di Göttingen: Als Vollzeitkraft eingesetzt zu werden bedeutet, dass ich den ganzen Tag immer wieder repetitive Aufgaben mache, also an der Kasse sitze, zum Beispiel, oder nur auspacke. Das bedeutet, dass ich eigentlich gar nichts lernen kann. Dass ich gar nicht die Chance habe, an der Schule oft teilzunehmen. Oft kommen Auzubildende zu mir, die sagen, sie hatten bis 23 Uhr Arbeit und mussten am nächsten morgen um sechs wieder raus, sitzen in der Schule und schlafen ein. Dennis Schoormann hat bei Netto sogar erlebt, dass der Arbeitgeber ihn am Besuch der Berufsschule hinderte. Ja, die kommen zu mir morgens hin, sagen dann: So, Herr Schoormann, Sie gehen morgen zum Arzt. Wir brauchen hier alle Leute. Und dann gehe ich zum Arzt, lasse mich krankschreiben. Malochen statt lernen. Das gilt insbesondere für jene Azubis, die noch nicht einmal einen Ausbilder haben: 8 Prozent. Göttingen, ver.di lädt zum Azubi-Open-Air ein, will Missstände öffentlich machen. Dennis ist einer der wenigen, die offen berichten. Also als erstes fragen mich schon die Kunden, ob ich bei Netto wohne, ob ich kein Privatleben habe. Man ist erschöpft, man kann nicht mehr freundlich sein, und man wird irgendwann depressiv. Und wir sind stinksauer, deswegen sind wir hier. Die Gewerkschaften beobachten den Missbrauch seit Jahren. Doch wenig tut sich. Für viele bedeutet eine Ausbildung: Überforderung mit System. O-Ton Stefan Najda, ver.di Fachbereichsjugendsekretär: Das wird immer ganz wertschätzend verkauft, so nach dem Motto: Bei uns kannst Du ganz schnell Karriere machen. Bei uns bekommst Du ganz schnell Verantwortung. Da, wo das im Warenhaus noch das eine kleine Schuhregal ist, wo sich ein Auszubildender drum kümmern darf, ist das zum Beispiel bei Netto oder im Discountbereich ganz schnell mal ne Filiale.
4 Ein Filialleiter zum Azubi-Gehalt. Dennis hat ähnlich Unglaubliches erlebt. Frontal21 liegt eine interne Anweisung an Marktleiter von Netto Marken-Discount vor. Dort heißt es: Einsparpotentiale erkennen und ausschöpfen!" Wie das geht, macht die wöchentliche Arbeitseinteilung klar: GFB - also Geringfügig Beschäftige - und Azubis sollen zuerst eingeplant werden. Besser bezahlte Teilzeit- und Vollzeitkräfte erst danach. O-Ton Prof. Gerhard Bosch, Arbeitssoziologe, Universität Duisburg-Essen: Man nimmt zwei Gruppen, zwei schwache Gruppen, die Geringfügig Beschäftigten und die Auszubildenden, und teilt sie zuerst ein, sie sind sozusagen die Flexibilitätsreserve im Unternehmen. Sie werden zu Zeiten eingesetzt, die andere nicht haben wollen, und dann zeigt das Papier aber auch, dass die Auszubildenden häufig als billige Arbeitskräfte eingesetzt werden. Wir fragen bei Netto nach. Dort heißt es: Alle Vorwürfe widersprächen den eigenen Richtlinien, würden geprüft. Erstaunlich genug: Netto gibt sich ahnungslos, fragt: Zitat: Könnten wir Kopien der von Ihnen angesprochenen Dienstpläne und Anweisung erhalten? Später teilt man uns mit: Eine solche zentrale Anordnung existiert nicht. Zentral ist die Anordnung vielleicht nicht aber solche Richtlinien gibt es, nachweislich. Für die Azubis heißt das: Viel Arbeit, wenig Bildung - illegal für die Gewerkschaft. O-Ton Katharina Wesenick, ver.di Göttingen: Da gibt es wenige Gesetze, die nicht gebrochen werden, im großen Stil. Also wir reden hier von fast Jugendlichen und jungen Beschäftigten und da guckt die Politik weg und da gucken die IHKs in den jeweiligen Regionen, also die Industrie- und Handelskammern, auch gezielt weg. O-Ton Ingrid Sehrbrock, stellvertretende Vorsitzende DGB:
5 Die Kammern könnten in ganz gravierenden Fällen die Ausbildungsberechtigung entziehen und das wird meiner Meinung nach viel zu selten gemacht. Wieso eigentlich? Nachfrage bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer. O-Ton Frontal21: Kann es sein, dass Sie da nicht streng genug sind? O-Ton Achim Dercks, stellvertretender Haupgeschäftsführer DIHK: Wir haben den Eindruck, dass wir die allermeisten Probleme lösen durch Gespräche, durch Schlichtungen und durch Vermittlung der Azubis in andere Betriebe und dass die geringe Zahl eher ein gutes Zeichen ist. Die geringe Zahl von Sanktionen gegen Unternehmen werten die Gewerkschaften ganz anders. O-Ton Ingrid Sehrbrock, stellvertretende Vorsitzende DGB: Unsere Erfahrung ist die, dass, wenn sich junge Leute an sie wenden, die Kammern sehr zögerlich sind. Manchmal tun sie auch gar nichts. Das ist ein echtes Problem. Dennis hat das Problem auf seine Weise gelöst. Die Lehre hat er inzwischen geschmissen. Die Zeitung trägt er noch immer aus. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.
B: bei mir war es ja die X, die hat schon lange probiert mich dahin zu kriegen, aber es hat eine Weile gedauert.
A: Ja, guten Tag und vielen Dank, dass du dich bereit erklärt hast, das Interview mit mir zu machen. Es geht darum, dass viele schwerhörige Menschen die Tendenz haben sich zurück zu ziehen und es für uns
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