DER UNTERNEHMER ALS PRIVATPERSON:
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- Ferdinand Bieber
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1 ADG-Argumente DER UNTERNEHMER ALS PRIVATPERSON: Zielgerichtete vertriebliche Bearbeitung des Potenzials bei ganzheitlicher und dauerhafter Betrachtung der Bedarfslage von Andreas Theis
2 Nr. 1, 213 Die Hinweise, Ratschläge und Wertungen sind von den Autoren sorgfältig erwogen und geprüft worden, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Die Haftung der Autoren bzw. der ADG und ihrer Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen. Herausgeber: Akademie Deutscher Genossenschaften ADG, Montabaur Schriftleitung: Prof. Dr. Thorn Kring, Dr. Walter Krupp Druck: Druckerei Kopp, Köln
3 INHALTSVERZEICHNIS Abbildungsverzeichnis... 4 Tabellenverzeichnis... 4 Management Summary Rahmenbedingungen und Kundenanforderungen Die Ausgangslage Das Geschäftsmodell der VR-Banken Beschreibung der aktuellen Marktsituation Wachstumsmarkt Firmenbank und Private Banking Volksbank Bitburg eg Vorstellung der Bank Qualitative und quantitative Analyse der Ist-Situation Ausgewählte Zahlen der Volksbank Bitburg eg Organisation und Prozess im Ist-Zustand ProFi und MinD.banker als Basis der Steuerung im Firmenkundengeschäft Qualitative Bewertung der aktuellen Situation Qualitative Analyse der aktuellen Situation Kunden- und Steuerberaterbefragung Entwicklung einer zielführenden Vertriebskonzeption Strategische Herausforderungen Gesamtbankstrategie Geschäftsfeldstrategie Handlungsfelder Kundennutzen nach Bedarfsfeldern Kundennutzen nach Lebenszyklus Das integrierte Lebensphasenmodell Qualifikationsanforderungen und Mitarbeiterentwicklung Prozess- und Aufbauorganisation Anforderungen an die Steuerung und den Steuerungsmechanismus Umsetzung Absicherung der gemeinsamen Zielsetzung Projektorganisation, Projektplan Fazit...27 Literaturverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Anhang... 3
4 4 5 DER UNTERNEHMER ALS PRIVATPERSON ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1: ProFi-Pyramide...9 Abb. 2: Erweiterte Bedarfslage Unternehmen/Unternehmer...16 Abb. 3: Beispiel Kundenprioritätsranking...23 Abb. 4: Inhaltliche und zeitliche Konkretisierung des Projektplanes...26 TABELLENVERZEICHNIS Tab. 1: Grobsegmentierung Tab. 2: Feinsegmentierung...12 Tab. 3: Kontaktsteuerung Firmengeschäft...22 KURZBIOGRAFIE Andreas Theis Dipl. Bankbetriebswirt ADG, geb Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Volksbank Bitburg eg Firmenkundenberater bei der Volksbank Bitburg eg 1992 Stellvertretender Leiter der Kreditabteilung bei der Volksbank Bitburg eg 1993 Leiter Firmenkundenbetreuung bei der Volksbank Göttingen eg 1994 Teamleiter Firmenkundenbetreuung und Kreditgeschäft bei der Volksbank Bitburg eg seit 1998 Mitglied des Vorstands der Volksbank Bitburg eg
5 MANAGEMENT SUMMARY Die Banken stehen derzeit wie keine andere Branche in der öffentlichen Diskussion. In einem zunehmend von der Politik regulierten, kritisch beobachteten Bankenmarkt ist es heute eine besondere Herausforderung, Banker zu sein. Das genossenschaftliche Geschäftsmodell, u. a. dem Erwerb und der Wirtschaft seiner Mitglieder verpflichtet zu sein, bietet die einzigartige Möglichkeit, die berechtigten moralischen und ethischen Anforderungen der Menschen an einen Finanzdienstleister zu erfüllen. Auf dieser Basis die Mitglieder und Kunden für unsere Leistung zu überzeugen, ist für Volks- und Raiffeisenbanken die Chance, sich von den Mitbewerbern abzuheben und sich am Markt durchzusetzen. Gute und schlechte Zeiten gab es immer und wird es immer wieder geben. Selbst in schwierigsten Branchen gibt es immer Unternehmen, die erfolgreich sind. Das Wort Krise bedeutet im chinesischen Sprachgebrauch Chance. Selbst in den größten Krisen gibt es immer wieder erfolgreiche Unternehmer und Unternehmen, die aus dieser Situation lernen, neue Wege gehen und Erfolg haben. Volksbanken und Raiffeisenbanken sind im Firmenkreditgeschäft traditionell gut positioniert, so auch die Volksbank Bitburg eg. Dort wurden gerade in den vergangenen Jahren die besten betriebswirtschaftlichen Ergebnisse erzielt. Der Marktanteil der Volksbank Bitburg eg in der Region ist hoch. Firmenkunden standen traditionsbedingt immer im Mittelpunkt der Betreuung der Volksbank Bitburg eg. Erst langsam entwickelt sich ein gleicher Anspruch hinsichtlich des Unternehmers als Person. Auch wenn diese Potenziale schon immer gesehen wurden, haben wir uns teils mangels Zutrauen, aber auch weil wir die damit verbunden Investitionen gescheut haben, nur zögerlich an diese Aufgabe herangewagt. Die Schaffung der organisatorischen Voraussetzungen für die Betreuung beider Sphären und die Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen ist Ziel des Projekts der Volksbank Bitburg eg. In diesem Zusammenhang werden Bedarfsfelder des Unternehmers als Privatperson erarbeitet und konzeptionell in einem Leistungsprofil formuliert, um die Bank durch eine systemgestützte Steuerung des Vertriebes zu nachhaltigem Erfolg zu führen. Eine klare Positionierung im Markt, ein hohes Commitment bei Vorstand und Führungsmannschaft und eine intensive Vernetzung von Vertriebssteuerung und Marketing auf Basis einer fundierten Analyse der Ist-Situation sind die Grundlagen für den langfristigen Erfolg. Die Auseinandersetzung mit dem Umfeld, eine eindeutige strategische Positionierung und wirtschaftliches Handeln sind wesentliche Erfolgsfaktoren dieser Neupositionierung. 1. RAHMENBEDINGUNGEN UND KUNDENANFORDERUNGEN 1.1 Die Ausgangslage Das Geldvermögen der deutschen Privatkunden wächst nach Angaben der Deutschen Bundesbank stetig. Die Vermögensverteilung verschiebt sich kontinuierlich; 6 % aller Vermögenswerte sind im Besitz von 1 % der Bevölkerung. 1 Die demografische Entwicklung in Deutschland zeigt einen immer höheren Altersdurchschnitt und ein Sinken der Bevölkerungszahl bis 225 von 81,8 Mio. auf 78,7 Mio. Menschen. 2 Im Zuge der Finanzkrise und der damit verbundenen Notwendigkeit der Neuausrichtung vieler Bankhäuser rückt der Firmenkunde immer mehr in den Fokus des Interesses. Nach ständigen Strategiewechseln in der Vergangenheit, insbesondere bei den Großbanken, gewinnt der mittelständische Unternehmer mit seinem Beratungs- und Betreuungsbedarf wieder erhöhte Aufmerksamkeit, wie sich beispielsweise in der Mittelstandsinitiative der Deutschen Bank zeigt. Auch das Berenberg Unternehmeroffice, die Corporate Advisory Group der UBS oder das Private Banking für Unternehmer der BW Bank 1 Vgl. BVR Kompass 213, S Vgl. BVR Kompass 213, S. 32
6 6 7 DER UNTERNEHMER ALS PRIVATPERSON zeigen das Engagement des Finanzmarktes in Richtung Zielkunde Unternehmer als Privatperson. 3 Nicht zuletzt zeigen auch diese Tatsachen die Notwendigkeit, sich den Herausforderungen der Potenzialschöpfung im Unternehmen und beim Unternehmer intensiv zu widmen. In reifen und stagnierenden Märkten wie dem Finanzmarkt ist unter Bewahrung traditioneller Handlungsweisen die Chance gegeben, sich den veränderten Bedürfnissen anzupassen. Gerade Volksbanken und Raiffeisenbanken sind damit gefordert, sich auf der bewährten Wertebasis neu auszurichten. Große Institute können ihre Finanzkraft schnell und zielgerichtet einsetzen. Die Vielfalt der Dienstleistungen des VR-Bankensektors erfordert neben einer breiten Akzeptanz auf Ortsbankenebene eine geschlossene Vorgehensweise des gesamten Verbundes. Die Verbindlichkeit der BVR-Zielpyramide 4 und die Implementierung dieser Ausrichtung in die Bankstrategie sind ebenso elementar wie die Ausrichtung des Leistungs- und Produktangebotes der einzelnen Bank und der Verbundunternehmen. Zielgerichtete Steuerungssysteme müssen dabei von den beiden Rechenzentralen unterstützt und ausgebaut werden. Welchen Bedarf haben der Unternehmer und das Unternehmen? Die Bedarfslage von Unternehmen und Unternehmern ist anspruchsvoll, sodass herkömmliche Finanz- und Dienstleistungsangebote weiterentwickelt und in einen zielgerichteten, vernetzten und dauerhaften Betreuungsprozess gebracht werden müssen. Die in den meisten Fällen gegebene Abhängigkeit des privaten Einkommens und des Vermögens des Unternehmers von der unternehmerischen Vermögens- und Ertragslage zeigt die Gesamtheit des finanziellen Spektrums, das betrachtet werden muss. Als Folge dieser engen Verzahnung von privater und unternehmerischer Sphäre führt an der Ausrichtung der Bank am Lebenszyklus des Unternehmers und des Unternehmens kein Weg vorbei. Zusätzlich liegt aus vertrieblicher Sicht in der Ausrichtung der Betreuungsleistung auf das familiäre Umfeld eine große Chance. Themen wie Vermögensübertragung oder Unternehmensnachfolge tangieren nicht nur den Unternehmer und das Unternehmen, sondern insbesondere auch die Familie und damit die Nachfolgegeneration. Die schrumpfenden Erträge in einem Bankenmarkt mit Überangebot stellen uns vor große Herausforderungen in den kommenden Jahren. Nicht zuletzt der intensive und aggressive Wettbewerb innerhalb der Bankenbranche verlangt eine Überprüfung der Handlungsoptionen. 1.2 Das Geschäftsmodell der VR-Banken Was einer alleine nicht schafft, das erreichen viele gemeinsam, das ist das Prinzip jeder Genossenschaft. Die Mitglieder einer Genossenschaft schließen sich zusammen, weil sie im Verbund leichter ein gemeinsames wirtschaftliches Ziel erreichen können. Durch unsere Nähe zu den Menschen und zum Markt sind wir mit der Region eng verbunden. Wir können schnell und flexibel auf neue Situationen vor Ort reagieren, da wir den Markt kennen und einschätzen können. Unser Auftrag, unsere Mitglieder wirtschaftlich zu fördern, ist im 1 des Genossenschaftsgesetzes 5 verankert. Als eigenständiges mittelständisches Unternehmen muss die VR-Bank selbst unternehmerisch denken und handeln, genau wie die Firmenkunden, die wir als Genossenschaftsbank betreuen. Die dem gleichen Prinzip verpflichtete Genossenschaftliche FinanzGruppe vervollständigt das Angebot und prägt unser ausgezeichnetes Leistungsprofil. Aus diesem Selbstverständnis heraus ergibt sich der Auftrag, sich um die Bedarfslage des Unternehmens, aber auch des Unternehmers als Privatperson zu kümmern. Dabei haben gerade die Genossenschaftsbanken nach der Wirtschaftsund Finanzkrise die einmalige Chance, das der Gruppe entgegengebrachte Vertrauen zu nutzen. Mit Qualität, Zuverlässigkeit und Beziehungsintelligenz haben wir gute Chancen, unsere Marktposition weiter zu verbessern. Es kommt auf eine dauerhafte, bedarfs- und lebensphasenorientierte Begleitung unserer Kunden an. 3 Vgl. Tilmes, R./Jakob, R. (29), in Re/peat Jahrbuch Treasury und Private Banking, S Vgl. BVR Kompass 213, S. 7 5 Vgl. 1 GenG
7 1.3 Beschreibung der aktuellen Marktsituation Die Berenberg Bank Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG wirbt beispielsweise mit dem Slogan Als Unternehmer tragen Sie Verantwortung für Ihr Unternehmen und Ihre Familie. Hier kommt deutlich die Verbindung von Unternehmens- und Privatsphäre zum Ausdruck. Mit Kompetenz, Diskretion und Kontinuität verspricht man die Betreuung in allen Finanzfragen ob im Unternehmen oder in der Familie und stellt im sogenannten Berenberg Unternehmer Office dem Unternehmer einen persönlichen Ansprechpartner zur Seite, der in Fragen der Vermögensanlage, der Finanzierung, der Nachfolgeplanung oder in Immobilienangelegenheiten individuell und bedürfnisorientiert die Kunden betreut. 6 Wealth Management nennt die Deutsche Bank ihr Dienstleistungsangebot an Unternehmer und Privatpersonen mit Vermögen und bietet dabei Globale Expertise für jede Aufgabe. Wie bei Berenberg fungiert die Bank als Berater, der bei Bedarf Spezialisten aus anderen Geschäftsbereichen einbindet. Das Beratungsangebot unterscheidet dann verschiedene Schwerpunktthemen, die individuell und integriert gelöst werden. Geschäftsbereiche wie Investmentbanking oder Assetmanagement (vgl. Cashmanagement S. 16) werden ebenso angeboten wie Kreditstrukturierung und Devisenmarktexpertise. Auch die Themen Firmenverkauf, Vermögensverwaltung und Vermögensplanung fehlen nicht und werden ergänzt durch Spezialgebiete wie Immobilienberatung, Stiftungsberatung oder beispielsweise Kunstexpertisen. 7 Interessant ist auch der Ansatz der genossenschaftlichen Kölner Bank eg. Dort werden im Geschäftsfeld Vermögen für Generationen beratungsintensive und qualitative Ansprüche der Private-Banking-Kunden und der mittelständischen Unternehmenskunden abgedeckt. Das Leistungsspektrum in diesem Geschäftsfeld zeigt mit den Schwerpunkten Vorsorgeberatung, Estate Planning, Unternehmensnachfolgeberatung, Reverse Mortgage, Familienkonferenz, Stiftungsmanagement, Testamentsvollstreckung und Nachlassbegleitung eindeutig die Verbindung von privaten und unternehmerischen Bedürfnis- 6 Vgl. [Stand: ] 7 Vgl. [Stand: ] sen auf, allerdings fokussiert auf einen jeweils konkreten Beratungsbedarf. 8 Die DZ Privatbank AG, Luxembourg, hat für die Genossenschaftliche Organisation dieses Thema besetzt. Genossenschaftliches Private Banking soll auf Basis von Kompetenz und Erfahrung Sicherheit, Transparenz und Verlässlichkeit bieten. Eine Kunde-Bank-Beziehung auf Augenhöhe sowie Verantwortung, Nachhaltigkeit und Unabhängigkeit sind die Versprechungen, mit denen man dem Vermögen eine sichere Heimat bieten will. Dabei kümmert sich die DZ Privatbank AG um individuelle Leistungen im Bereich der Vermögensverwaltung, der Anlageberatung, der Vorsorge und der Versicherungen Wachstumsmarkt Firmenbank und Private Banking Die Genossenschaftsbanken haben ihr Engagement im Firmenkundekreditgeschäft im Jahr 211 erheblich gesteigert. Während das Wachstum des Gesamtmarktes stagnierte, gewannen die genossenschaftlichen Institute Marktanteile hinzu. Das Firmenkundenkreditgeschäft der Volksbanken und Raiffeisenbanken wuchs in den Jahren 28 bis 212 durchschnittlich um 4,5 %. 1 Die Kreditausleihungen der Volksbank Bitburg eg gegenüber Firmenkunden sind in 211 um 1,3 % und per November 212 um ca. 8 % gestiegen. 11 Dies zeigt die Bedeutung dieser Zielgruppe für die VR-Banken im Allgemeinen und für die Volksbank Bitburg eg im Speziellen. Die Zahl der anstehenden Unternehmensnachfolgen steigt ständig und der dabei zu lösenden Aufgaben auch. Jährlich wechseln ca. 7. Familienunternehmen den Besitzer, ca. 7. Unternehmen werden mangels geeigneter Nachfolge stillgelegt. 12 Neben der demografischen Entwicklung erschweren Qualifikationsanforderungen und die Unterschätzung des komplexen Nachfolgeprozesses die Suche nach einem passenden Nachfolger. Finanzwirtschaftliche und operationelle Risiken treffen Unternehmen in unsicheren Zeiten 8 Vgl. Opitz, (29), Vermögen für Generationen, S. 1 9 Vgl. [Stand: ] 1 Vgl. BVR Kompass 213, S Vgl. Protokoll Planungsworkshop VBB Vgl. WGZ Bank AG (28), Vermögenssicherung und Vermögensaufbau für Unternehmen und Unternehmer
8 8 9 DER UNTERNEHMER ALS PRIVATPERSON immer häufiger, sodass auch diese Themen und damit z. B. die Potenziale im Versicherungsgeschäft in den Fokus der Betreuung rücken. Die Anzahl der vermögenden Kunden ist hoch, und der Markt wächst sowohl nach absolutem Volumen als auch nach Kundenanzahl. 13 Immer mehr Finanzdienstleister greifen Private Banking als neues Geschäftsfeld auf. Will man das Potenzial aus der Betreuung des Unternehmers im Rahmen des traditionell starken Firmenkreditgeschäftes der VR-Banken heben, kommt man nicht umhin, sich den Ansprüchen einer qualifizierten Begleitung zu stellen. Auch wenn die Anforderungen und Rahmenbedingungen nicht einfach sind, liegt doch gerade hier die Chance für bilanzielles und außerbilanzielles Wachstum. Margenerosion und schwindende Kundenbindung suchen Antworten. Erschwerend kommt hinzu, dass unabhängige Finanzdienstleister, Versicherungs- und Fondsvertriebe mangels Alternativen immer stärker in den bisher von Banken dominierten Finanzmarkt vorstoßen. Der Anspruch, sich vom Wettbewerber abzugrenzen und sich als ganzheitlicher Finanzdienstleister und Finanzplaner zu positionieren, trifft auf eine Zielgruppe, die immer attraktiver wird. 14 Das Potenzial an Kunden im Private-Banking-Markt wird auf ca. 2,1 Mio. Haushalte geschätzt. Die Deckungsbeiträge pro Kunde sind im Segment Private Banking deutlich höher als im Retail Banking. 15 Aus den später noch zu behandelnden Bedarfsfeldern und deren Deckungsquoten lässt sich unschwer ein großes Geschäftspotenzial erkennen. Die Auszahlung von fälligen Lebensversicherungen steigt kontinuierlich an, und der Erbschaftsboom bietet Potenzial für Wachstum im Financial Planning. 16 Diese Tendenzen stellen für die Volksbank Bitburg eg geradezu die Herausforderung dar, sich einer Vernetzung der Leistungsangebote für Firmen- und Privatkunden intensiver zu widmen. Aufbauend auf einer klaren strategischen Position ist die richtige Kundensegmentierung Voraussetzung für den Erfolg. Die heute überwiegend vorzufindende Ausrichtung nach Kriterien wie Kontoumsatz und Kreditvolumen auf der Unternehmensseite und 13 Vgl. ADG-Seminardokumentation, Top 24, Modul 9, Innovent, Ebbing, H. 14 Vgl. Krauss, P.-J. (29), Neue Kunden mit Financial Planning, S Vgl. ADG-Seminardokumentation, Top 24, Modul 9, Innovent, Ebbing, H. 16 Vgl. Krauss, P.-J. (29), Neue Kunden mit Financial Planning, S. 79 Einkommen und Vermögen auf der Privatseite muss sich hin zu einer integrierten Betreuung der Interessen des Unternehmens und des Unternehmers als Privatperson entwickeln. Die Balanced Scorecard und ein qualitätsorientiertes Zielvereinbarungssystem bieten als Instrumente die Basis, eine ausgewogene Steuerung zu implementieren. 2. VOLKSBANK BITBURG EG 2.1 Vorstellung der Bank Das Kerngeschäftsgebiet der Volksbank Bitburg eg ist seit Gründung im Jahre 1863 der Kreis Bitburg und nach der Gebiets- und Verwaltungsreform im Jahre 197 und der Bildung des heutigen Eifelkreises Bitburg-Prüm der Altkreis Bitburg. Durch die Fusion mit der Raiffeisenbank Östliche Südeifel eg im Jahr 21 umfasst das Geschäftsgebiet zudem Teile der Verbandsgemeinde Trier-Land. Mit ca. 61. Einwohnern im bereinigten Geschäftsgebiet ist das Marktumfeld ländlich geprägt. Mit einem verfügbaren Haushaltseinkommen von rund 17.8 Euro rangiert der Eifelkreis am unteren Ende der Rangliste in Rheinland-Pfalz und auch im bundesweiten Vergleich. Bedingt durch die Nähe zu Luxemburg, die hohe Anzahl der Pendler von rund 7.6 und die statistisch dadurch nicht erfassten Einkommensanteile stellt sich die Lage allerdings deutlich besser dar. Dies zeigt sich insbesondere in der seit Jahren unverändert niedrigen Arbeitslosenquote von rund 2,8 %. 17 Über 41. Kunden und über 2. Mitglieder zeigen bereits die besondere Position der Bank als ein marktorientiertes, mitgliederstarkes Finanzinstitut. Die Genossenschaftsbanken im Eifelkreis neben der Volksbank Bitburg eg die Volksbank Eifel-Mitte eg, die Raiffeisenbank Westeifel eg und die Raiffeisenbank Irrel eg zeigen zusammen eine Bilanzsumme von ca. 1,7 Mrd. Euro und sind im Vergleich zum Hauptwettbewerber, der Kreissparkasse Bitburg-Prüm, mit ca. 1,3 Mrd. Euro Bilanzsumme Marktführer. Die Sparda Bank Süd-West unterhält eine Filiale in Bitburg. Die Großbanken und die im benachbarten Luxemburg ansässigen Banken agieren durch mobilen Vertrieb im Geschäftsgebiet der Volksbank Bitburg eg. 17 Vgl. [Stand: ]
9 Die Altersstruktur im Eifelkreis entspricht der Gesamtstruktur in Deutschland. Die Älteren bilden die größte Kundengruppe. Alleine 23 % der Kunden sind 65 Jahre und älter, 36 % der Kunden sind 55 Jahre und älter, 76 % der Kunden sind 25 Jahre und älter Qualitative und quantitative Analyse der Ist- Situation Die folgende Analyse des Geschäftsfeldes baut inhaltlich auf der bewährten Systematik der ProFi-Initiative seitens des BVR auf und folgt der Struktur der ProFi-Pyramide: Vision Grundstrategie Geschäftsstrategie (SGF) Handlungsfaktor/ Erfolgsfaktor Struktur Prozesse Systeme Personal Die Geschäftsfeldstrategie folgt der Gesamtbankstrategie Gesamtbankstrategie Geschäftsfeldstrategie Firmen Struktur Prozesse/Systeme Vertriebssystem/Vertriebsmanagement Markt- und bwl. Transparenz Kundensegmentiertung Vertriebssteuerung Abb. 1: ProFi-Pyramide Quelle: BVR-Projekt ProFi Quelle: BVR-Projekt ProFi Führung Training und Coaching Vertriebsunterstützung In Kapitel sowie werden zur Schaffung der betriebswirtschaftlichen Transparenz einige Zahlen zur Ist-Situation der Bank und des Geschäftsfeldes erläutert. In Kapitel werden die Themen Geschäftsfeldstrategie, Struktur und Prozesse behandelt. In Kapitel wird der Schwerpunkt auf die Bereiche Kundensegmentierung, Vertriebssteuerung und Vertriebsunterstützung gelegt. Die Ergebnisse werden in Kapitel 2.3 zusammengeführt. 18 Vgl. Volksbank Bitburg, Bank21, Marktanalyse per 9.212
10 1 11 DER UNTERNEHMER ALS PRIVATPERSON Ausgewählte Zahlen der Volksbank Bitburg eg Die Bilanzsumme der Volksbank Bitburg eg zum 3. Dezember 211 in Höhe von 652 Mio. Euro liegt im bundesweiten Durchschnitt der Volks- und Raiffeisenbanken. Die Forderungen an Kunden belaufen sich zu diesem Stichtag auf 415 Mio. Euro, davon 257 Mio. Euro Forderungen gegenüber Firmenkunden. Die Verbindlichkeiten gegenüber Kunden betragen 491 Mio. Euro. Nach der BVR Marktsegmentierung 19 ist die Volksbank Bitburg eg als Markttyp 3, also mit einer hohen Marktstellung und einer hohen Zukunftsfähigkeit, eingestuft. Insgesamt werden ca. 1.2 Kunden in den Segmenten A, B, C, D Firmenkunden von elf Mitarbeitern beraten bzw. betreut. Dabei sind auf Basis von Umsatz- und Kreditvolumen unterschiedliche Betreuungsintensitäten festgelegt. Die Betreuungs- bzw. die Vertriebsaktivitäten sind auf die Bedarfsfelder ausgerichtet. Im Firmenkundengeschäft wird auch unter Risikogesichtspunkten ein kontrolliertes Wachstum angestrebt. Die gesunde mittelständische Unternehmensstruktur bietet große Chancen, sich dauerhaft bedarfsorientiert auszurichten. Dienstleistungen wie die Unternehmensfinanzierung oder das Risikomanagement sind heute schon Gegenstand der Betreuung der Kunden. Themen wie Zahlungsverkehrsoptimierung, Liquiditätsmanagement, Notfallplan oder Unternehmensnachfolge werden eher selten angesprochen. Das Geschäftsfeld Private Banking umfasst mit sechs Betreuern ca. 46 Kunden und ein Passivvolumen von 134 Mio. Euro. Das Volumen der Assets under Management beläuft sich auf 24 Mio. Euro. Die Werte stagnieren seit einigen Jahren. Schwerpunkte der Vertriebsaktivitäten sind die Vermögens- und Wertpapierberatung. Eine weitergehende Vertriebsausrichtung ist im Aufbau und zeigt erste Erfolge. Ziel ist es, zu einer ganzheitlichen und bedarfsorientierten Betreuung zu gelangen Organisation und Prozess im Ist-Zustand Nach dem derzeitigen Organigramm der Bank sind die Geschäftsfelder Firmenkunden und Private Banking dem Vorstand 2 zugeordnet. Das Retail-Geschäft und die Vertriebssteuerung auf Gesamtbankebene sind bei Vorstand 1 angesiedelt. Ausgehend von dem jährlich 19 Vgl. BVR strategisches Benchmarking (211), hier: Marktsegmentierung stattfindenden Planungsworkshop, an dem alle Führungskräfte der Bank teilnehmen, werden die Ziele aus der Balanced Scorecard der Gesamtbank 2 auf die jeweiligen Geschäftsfelder verteilt. Ausgehend von der Gesamtbankstrategie werden Geschäftsfeldstrategien 21 formuliert, deren Umsetzung durch die Geschäftsfeldverantwortlichen über eine auf das jeweilige Geschäftsfeld heruntergebrochene Balanced Scorecard 22 gesteuert wird. Die Volksbank Bitburg eg hat Basisleistungen und Zusatzleistungen für die Geschäftsfelder Firmenkunden 23 und Private Banking 24 definiert. Diese zeigen das Leistungsspektrum des jeweiligen Geschäftsfeldes auf und sollen Gegenstand der Beratung und Betreuung der Kunden sein. Hier entsteht somit die unternehmerische Verantwortung zur Zielerreichung und zum Beitrag für den Gesamtbankerfolg. Vertriebsfragen werden mit dem Vertriebsleiter und dem zuständigen Vorstand 2 abgestimmt. Die Abstimmung der Geschäftsfelder untereinander erfolgt in einer regelmäßig stattfindenden Geschäftsfeldrunde. Vertriebsmaßnahmen haben hier eine untergeordnete Bedeutung. Im Wesentlichen werden organisatorische und gesamtbankbezogene Themen behandelt. Gemeinsame Kundenanalysen zur Ermittlung des Vertriebspotenziales im Firmenkundengeschäft und im Private Banking finden unregelmäßig statt und sind sehr personenabhängig. Auch die Vorgehensweise sowie die Festlegung der Inhalte und Ziele dieser Analysen haben bisher noch keine klare Struktur ProFi und MinD.banker als Basis der Steuerung im Firmenkundengeschäft Das Projekt Professionalisierung im Firmenkundengeschäft des BVR, an dem die Volksbank Bitburg eg 28 als eine der ersten Banken teilgenommen hat und im Rahmen des ProFi-Clubs weiter teilnimmt, hat wesentliche Erkenntnisse zur verbesserten Steuerung der Aktivitäten mit sich gebracht. Die dabei von BMS eingesetzte Software MinD. 2 Anlage 1, BSC der VBB 21 Anlage 2, Geschäftsfeldstrategie am Beispiel der Firmenbank der VBB 22 Anlage 3, BSC am Beispiel der Firmenbank der VBB 23 Anlage 4, Basis- und Zusatzleistungen Firmenbank 24 Anlage 5, Basis- und Zusatzleistungen Privat Banking
11 banker bietet hierfür die Grundlage. Aus der Analyse der Zahlen ergeben sich folgende Erkenntnisse für das Firmenkundengeschäft der Volksbank Bitburg eg: Die CIR liegt mit 46 % leicht unter dem Durchschnitt der am Projekt teilnehmenden Banken, die 48 % erreichen. Das 1-%-Quartil liegt bei 36 %. Die Cluster zeigen deutlich, dass die größeren betreuten Engagements eine höhere vertriebliche Durchdringung, insbesondere mit Verbundprodukten, aufweisen. Die Produktnutzung ist dort höher als im Firmenkunden D-Segment, welches nicht aktiv betreut wird und in dem nur Serviceleistungen erbracht werden. Der Anteil der Firmenkunden beträgt 11 %. Das Firmenkundenkreditvolumen macht 53 % des Kreditvolumens der Gesamtbank aus. Der DB III der VBB kommt zu 98 % aus dem Firmenkundengeschäft. Der DB III je Kunde ist mit Euro allerdings deutlich unter dem 1-%-Quartilswert der Vergleichsbanken von 2.38 Euro. Dies zeigt, dass hier weitere Potenziale vorhanden sind. Insbesondere die Hebung von DB aus der zu Betreuung der Firmenkundeneinheit gehörigen Privatsphäre ist bei gegebenem Kundenzugang verbesserungsbedürftig. Die Software MinD.banker bietet in Ergänzung zum Kernmodul Bank21 umfangreiche Möglichkeiten einer verbesserten und zielgerichteten Steuerung, Dokumentation und Unterstützung des Betreuungsprozesses. Während Bank21 der Volksbank Bitburg eg als Steuerungsbasis für das Retail-Geschäft dient, ist MinD.banker die Grundlage für das individualisierte Firmenkundengeschäft. Das Programm ist an Bank21 angebunden und kann über Schnittstellen auf die dort liegenden Daten zurückgreifen. Auf Basis dieser Informationen erfolgt in MinD.banker eine automatisierte Grob- und Feinsegmentierung des Kundenbestandes. Die im Projekt ProFi verwendeten Größenklassen des BVR können als Grobsegmentierung dargestellt werden. Eine bankindividuelle Definition ist darüber hinaus möglich. Für spezielle Kundengruppen können weitere Segmente, wie beispielsweise Bauträger oder erneuerbare Energien, angelegt werden, wie die nachstehende Tabelle zeigt: Grobsegmente Abgrenzung (Oder-Kriterien) Mittelstand und Landwirte Gewerbekunden und kleine Landwirte Oberer Mittelstand Mittelstand Kleiner Mittelstand Kleingewerbe Kleinstwerbe Bauträger Energie OMS MS kl MS GWK kl GWK FK A FK B FK C FK D PK A FK A FK A Volumen Umsatz > TE 5 > TE 2. > TE 25 > TE 1. > TE 5 > TE 15 > TE 5 > TE 5 bis TE 5 bis TE 5./../../../. Tab. 1: Grobsegmentierung Quelle: eigene Darstellung Volksbank Bitburg eg
12 12 13 DER UNTERNEHMER ALS PRIVATPERSON Ergänzt wird die Grobsegmentierung durch eine tiefergehende Feinsegmentierung. Hierbei stellt MinD.banker eine wesentliche Hilfestellung dar. Aufbauend auf den Produktnutzungs- und Deckungsbeitragsdaten ermittelt MinD.banker eine objektive Bewertung der heutigen Ausschöpfung des Kundenpotenzials. In einem zweiten Schritt werden die noch vorhandenen Potenziale anhand eines Kundengruppenvergleichs bewertet. Aus der Kombination der beiden Ergebnisse ergibt sich eine kundenbezogene Strategieeinschätzung ein Kundenranking, wie Tabelle 2 zeigt: zusätzliche Ertragspotenziale hoch gering Feinsegmentierung Ranking 1 aufbauen 2 weiter ausbauen/ intensivieren 4 keine aktive Betreuung 3 sichern/halten (CashCow) 5 aktive Trennung gering hoch heutige Erträge/Produktnutzung Tab. 2: Feinsegmentierung Quelle: eigene Darstellung Volksbank Bitburg eg Auf dieser Grundlage können individuelle Betreuungsstrategien festgelegt und über MinD.banker gesteuert werden. So ist es möglich, die Kontakthäufigkeit pro Vertriebseinheit oder auch die zu thematisierenden Gesprächsinhalte entsprechend den definierten Bedarfsfeldern vorzugeben. Im Rahmen der Umsetzung des Betreuungsprozesses bietet MinD.banker vielfältige Möglichkeiten der Unterstützung. Vorbereitende Tätigkeiten der Marktfolge (z. B. Prüfung der Sicherheiten, der Vollständigkeit der Unterlagen etc.) oder der Betreuungsassistenz können systematisch abgebildet werden. Der Betreuer erhält zu seiner persönlichen Gesprächsvorbereitung ein umfassendes Daten- und Informationspaket, welches eine strukturierte und zielgerichtete Gesprächsvorbereitung ermöglicht. Zur Unterstützung der Kommunikation im Kundengespräch können aus MinD.banker kundenindividuelle Präsentationen erstellt werden, wie z. B. der Bilanz- und Ratingdialog. Hier werden die vorhanden Informationen zum Jahresabschluss und dem darauf aufbauend erstellten Kundenrating empfängerorientiert dargestellt. Dies erleichtert dem Kunden das Verständnis der besprochenen Themen und ist gleichzeitig ein hervorragender Gesprächsleitfaden für den Betreuer. Die Nachbereitung der Gespräche in Form strukturierter Notizen und der Ablage der Informationen zur Produktnutzung und Bedarfsfelddeckung im System ist kundenbezogen möglich. Auf dieser Basis können Folgegespräche geplant und konkret vorbereitet werden. Ein nachgelagertes Controlling sowie eine Zielabgleichmöglichkeit runden die Instrumente für eine potenzialorientierte Steuerung der Firmenkundenbetreuer ab. Ziel sollte es sein, diesen Prozess auch für die Privatseite des Unternehmers zu nutzen und für eine Vernetzung mit dem Private Banking auszubauen.
13 2.3 Qualitative Bewertung der aktuellen Situation Qualitative Analyse der aktuellen Situation Geschäftsgebiet der Volksbank Bitburg eg haben, und ein Scheitern des Euro scheinen nur schwer oder nicht aus eigener Kraft beherrschbar. Ziel einer SWOT-Analyse ist es, Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken einer Maßnahme zu erkennen. 25 Im Rahmen einer SWOT-Analyse zum Zusammenspiel von Firmenbank und Private Banking, an der die jeweiligen Geschäftsfeldverantwortlichen sowie weitere Mitarbeiter teilgenommen haben, wurde die aktuelle Situation der Volksbank Bitburg eg bewertet. 26 Dabei zeigt sich, dass alleine in den Matrixpositionen Stärken/Chancen sowie Schwächen/Chancen Argumente und Anhaltspunkte gegeben sind, die insgesamt eine strategische Neuausrichtung der gestellten Aufgabe zulassen. Die wesentlichen Erkenntnisse aus der Position Stärken/Chancen sind: gutes Bankpersonal, derzeit Alleinstellung beim Thema Private Banking vor Ort, profitable Partnerschaft im Firmengeschäft auf Augenhöhe, gute interne und externe Vernetzung. Dies sind beste Voraussetzungen, sich der stärkeren Vernetzung der beiden Geschäftsfelder und der Hebung des Marktpotenzials zuzuwenden. Stärken, die gleichzeitig Risiken beinhalten, wie: Bedarf und das Angebot richtig einschätzen, Profitabilität sicherstellen und politische Unwägbarkeiten (z. B. Honorarberatung), treffen andere Mitbewerber auch und erscheinen beherrschbar. Die Position Schwächen/Risiken ist durch gutes Management zu bewältigen. Die dort genannten Herausforderungen Organisationsstruktur, Steuerung mit den richtigen Controllingdaten, richtige Kunden und Einschätzung des Wettbewerbs sind lösbar. Lediglich ein Abzug der US- Streitkräfte, die eine starke wirtschaftliche Bedeutung im Vor dem Hintergrund der Potenziale im Firmenkundengeschäft und im Private Banking haben die Führungskräfte der Volksbank Bitburg eg eine Einschätzung des Kundennutzens u. a. in den Marktsegmenten Private Banking und Firmenkunden durchgeführt. Im Firmenkundenmarkt wurde die Kreissparkasse Bit- burg-prüm als Hauptwettbewerber mit 36 % Marktanteil gesehen. Weitere Banken im Wettbewerb sind die privaten Geschäftsbanken mit 8 % und Kreditgenossenschaften aus den angrenzenden Regionen mit insgesamt 6 % Marktanteil. Demnach agiert die Volksbank Bitburg eg in diesem Segment als Markführer mit einem ca. 5%igen Anteil. Im Geschäftsfeld Private Banking wird der Marktanteil der Volksbank Bitburg eg auf 1 % geschätzt. Die Führungskräfte sehen derzeit weder Marktführerschaft noch Qualitätsführerschaft im Private Banking. Den Geschäftsbanken wird hier die höchste Kompetenz zugesprochen. Die Sparkasse wird als nicht stark eingeschätzt, sodass darin eine große Chance vor Ort zu sehen ist. Insgesamt bewerten die Führungskräfte die Volksbank Bitburg eg als Qualitätsführer, dies jedoch bei höchsten Preisen im Vergleich zu den Mitbewerbern. Um das Bild zu vervollständigen und insbesondere die Kundensicht aufzunehmen, wird die Bank im Jahr 213 in diesen Segmenten eine Befragung von Mitgliedern, Kunden und Nichtkunden durchführen. Die sich aus der SWOT-Analyse und der Kundensegmentierung ergebenden Stärken im Firmenkundengeschäft und die Chancen im Private Banking zeigen eindeutig die Potenziale, die in der vertriebsorientierten Betrachtung des Unternehmens und des Unternehmers als Privatperson liegen. 25 Vgl. Raddao, N. (28), Potentialorientierte Kundensegmentierung, S Anlage 6, SWOT-Analyse der Volksbank Bitburg eg
14 14 15 DER UNTERNEHMER ALS PRIVATPERSON Kunden- und Steuerberaterbefragung Zur Absicherung der geplanten Vertriebsinitiative wurde im Rahmen einer regelmäßig durchgeführten Steuerberaterveranstaltung eine Befragung durchgeführt. Das Fazit aus der Steuerberaterbefragung 27 kann man wie folgt zusammenfassen: 8 % der gewerblichen Mandanten trennen die geschäftlichen und privaten Bankgeschäfte nicht voneinander. Hauptgrund für die Nutzung nur einer Bankverbindung ist die historisch gewachsene Kundenbeziehung. Anschließend folgen die Gründe Zeitersparnis, ein Ansprechpartner, ganzheitlicher Überblick privat und geschäftlich, schnell und unbürokratisch sowie die fachliche Kompetenz in beiden Feldern der Finanzbetreuung. Auf die Frage, worauf es für die Steuerberater aus Sicht ihrer Mandanten bei der Entscheidung ankommt, antworteten diese: Kundenempfehlung, ein Ansprechpartner, einheitliche Finanz- und Nachfolgeplanung, überzeugende Angebote mit guter Beratung und leider auch die Abhängigkeit von der Bank (Sicherheiten etc.). Nachgefragt, welche Empfehlung die Steuerberater geben würden, nannten diese mit über 5 % individuell nach Leistungsangebot, gefolgt von Beziehung zwischen Kunde und Berater soll entscheiden mit 3 %. Nur ca. 8 % empfehlen, private und gewerbliche Geschäfte zu trennen. Dies zeigt grundsätzlich eine hohe Neutralität der Steuerberater und bestätigt die Chance, über eine gute und dauerhafte Beziehung und hohe fachliche Kompetenz eine höhere Wertschöpfung aus der Kundenbeziehung erwirtschaften zu können. Auch das Ergebnis der Kundenbefragung im Geschäftsfeld Private Banking 28, die im Zeitraum vom 1. bis zum 3. November 212 von unterschiedlichen Private-Banking- Betreuern durchgeführt wurde, bestätigt die Richtigkeit des gewählten Projektansatzes. So sagen nur 4 % der Private-Banking-Kunden, dass sie geschäftliche und private Bankgeschäfte voneinander trennen. Bei den wenigen Kunden, die hier trennen, erfolgt dies überwiegend aus Risikogesichtspunkten. 5 % derjenigen, die geschäftliche und private Bankgeschäfte voneinander trennen, führen keine Offenlegung der privaten Vermö- 27 Anlage 7, Ergebnis Steuerberaterbefragung Anlage 8, Ergebnis Kundenbefragung GF Private Banking 212 gensverhältnisse als Begründung an. Fehlende Kompetenz der Bank im Private Banking unterstellt keiner der Befragten. Bei der Abfrage der Voraussetzungen, unter denen sowohl Privat- als auch gewerbliches Geschäft bei einem Bankinstitut getätigt werden, stand eindeutig das Vertrauen, insbesondere in den Berater, im Vordergrund. Gefragt nach den Entscheidungsgründen, geschäftlich und privat mit einem Bankinstitut zusammenzuarbeiten, wurde eindeutig das Argument ein Ansprechpartner für alle Bankgeschäfte aufgeführt, gefolgt von einer hohen fachlichen Kompetenz und Zeitersparnis. Die vermuteten Widerstände keine Offenlegung der privaten Vermögenslage und Haftungsgründe spielen offensichtlich eine zu vernachlässigende Rolle. Im gleichen Zeitraum wurde eine Kundenbefragung im GF Firmenbank 29 durchgeführt. Auffällige Erkenntnis dabei war, dass keiner der Befragten die privaten und geschäftlichen Bankgeschäfte voneinander trennt. Als Hauptgründe für die Entscheidung alles aus einer Hand nannten die Kunden: 1. hohe fachliche Kompetenz in der Betreuung von Geschäfts- und Privatfinanzen, 2. einen Ansprechpartner für alle Bankgeschäfte zu haben, um 3. schnelle und unkomplizierte Kreditentscheidungen zu erhalten. Als Voraussetzung für die Entscheidung alles aus einer Hand führten die Kunden vor allem Folgendes an: An erster Stelle steht absolutes Vertrauen gegenüber dem Betreuer, gefolgt von der Akzeptanz der Entscheidungsfreiheit, ohne dass die Bank Druck ausübt. Hohe fachliche Kompetenz, ein Ansprechpartner, Zeitersparnis und unkomplizierte Entscheidungen sind weitere Argumente, die privaten und gewerblichen Bankgeschäfte nicht zu trennen. Dabei spielt die historisch gewachsene Beziehung eine ebenso große Rolle wie der Wunsch, einen ganzheitlichen Überblick über die unternehmerische und private Finanzlage zu erhalten. Nach Angaben der Firmenkunden verhalten sich die Steuerberater neutral. Nur 6 % der Kunden haben vom Steuerberater die Empfehlung bekommen, die privaten und geschäftlichen Dinge zu trennen. Die Erkenntnisse der durchgeführten Befragungen bestätigen die Richtigkeit des Projektes. Die Kunden akzeptieren und erwarten teilweise, dass die Bank beide Dienstleistun- 29 Anlage 9, Ergebnis Kundenbefragung GF Firmenbank 212
15 gen vernetzt anbietet, setzen auf Kompetenz und insbesondere auf Vertrauen. Transparente Gesamtverhältnisse und Effektivität sowie Effizienz in Finanzangelegenheiten sind sowohl für die Kunden als auch für die Steuerberater wichtige Entscheidungskriterien. 3. ENTWICKLUNG EINER ZIELFÜHRENDEN VERTRIEBSKONZEPTION 3.1 Strategische Herausforderungen Gesamtbankstrategie Die Strategie soll die langfristig geplanten Verhaltensweisen zur Erreichung der Ziele des Unternehmens beinhalten. Dabei ist festzulegen, auf welche Art die mittelfristigen (ca. 3 5 Jahre) bis langfristigen (ca. 5 1 Jahre) Unternehmensziele erreicht werden sollen. Die Strategie der Volksbank Bitburg eg wird jährlich im Rahmen eines Planungsworkshops zusammen mit allen Führungskräften überprüft. Die daraus abgeleiteten Grundsatzstrategien 3 werden überprüft und ggf. angepasst. Neben Kreditrisikostrategie, Personalstrategie, Handelsgeschäfts- und Beteiligungsstrategie kommt der Befassung mit den strategischen Marktgeschäftsfeldern eine besondere Bedeutung zu. Hier gilt es, insbesondere die strategischen Geschäftsfelder Private Banking und Firmenkundenbetreuung aufbauorganisatorisch und inhaltlich weiterzuentwickeln. Für die heutigen Kunden im Private Banking, die Potenzialkunden im Retail-Geschäft und die Unternehmen bzw. Selbstständigen ist die Geschäftsfeldstrategie anzupassen. Dabei ist eine stärkere Vernetzung der Geschäftsfelder anzustreben und die Zuständigkeiten sind ggf. durch organisatorische Zusammenführung in einen Bereich, neu zu regeln. Weiterhin sollen die Potenziale, die sich im gehobenen Segment sowohl der Firmenkunden als auch der Privatkunden erkennen lassen, strategisch deutlicher im Vordergrund stehen. 3 Vgl. Geschäfts- und Risikostrategie 211, S Geschäftsfeldstrategie Dem Strategieprozess folgend gilt es nun, auf Geschäftsfeldebene Strategieziele zu formulieren. Die Analyse des Kundenproblems bzw. des Kundenbedürfnisses ist dabei Kernaufgabe. Davon ausgehend sind die Zielgruppen zu definieren und anschließend die Leistungen und Produkte festzulegen. Schließlich stellt sich die Frage nach dem jeweiligen Vertriebsweg. 31 In der vorliegenden Arbeit werden lebensphasenbezogene Anforderungen der Unternehmen und des Unternehmers an einen Finanzdienstleister beschrieben. Diese bilden dann die Grundlage der Geschäftsfeldstrategie und werden gleichzeitig in Bedarfsfelder gebündelt. Den Bedarfsfeldern werden Produkte und Dienstleistungen zugeordnet, die über die vorhandenen bzw. neu zu beschreibenden Vertriebskanäle vermarktet werden sollen. Der vorhandene Vertriebswegemix aus persönlicher Beratung bzw. Betreuung, Einsatz von Spezialisten, Filiale und den vielfältigen Möglichkeiten einer virtuellen Geschäftsstelle kann so je nach Situation effektiv und effizient zum Einsatz kommen. Der Kommunikationsweg ob Beratungsgespräch, Telefon oder Internet ist mit dem Kunden zu vereinbaren, um damit den Prozess der Zusammenarbeit einfacher und transparenter zu gestalten. 3.2 Handlungsfelder Ausgehend von der Geschäftsfeldstrategie und in Anlehnung an die ProFi-Pyramide wird in Kapitel 3.2 der Kundenbedarf im Vordergrund stehen. Leitend ist dabei die Frage, welchen finanzwirtschaftlichen Nutzen die Bank in den jeweiligen Lebensphasen eines Unternehmens und/oder des Unternehmers samt seiner Familie leisten kann. Aufbauend auf den Ergebnissen der SWOT- Analyse werden anschließend die besonderen Anforderungen an Organisationsstruktur, Prozesse, Systeme, Kundensegmentierung und Vertriebsmanagement untersucht. Da für die Wirkung beim Kunden letztlich die Mitarbeiter den entscheidenden Faktor darstellen, sollen zudem die Herausforderungen behandelt werden, die sich an die Qualifikation und ggf. notwendigen Entwicklungsmaßnahmen der Mitarbeiter stellen. 31 Vgl. ADG-Seminardokumentation, Top 24, Modul 2, Malik Management, Hagspiel, F., S. 8
16 16 17 DER UNTERNEHMER ALS PRIVATPERSON Kundennutzen nach Bedarfsfeldern Tilmes und Jacob zeigen in einer Analyse bestehender Strukturen auf, dass die klassischen Beratungsangebote des Private Bankings einerseits und des Firmenbankings andererseits überwiegend nicht dem komplexen und spezifischen Anforderungsprofil von Unternehmen bzw. Unternehmern gerecht werden. 32 Viel zu oft reagiert der Banker nur auf konkrete Wünsche oder Anliegen des Kunden. Solange überwiegend die Nachfrage des Kunden die Kontakte auslöst und das Ergebnis für die Bank auch noch auskömmlich ist, steht auch die Notwendigkeit des veränderten Handelns nicht ausreichend im Fokus. Dabei tun sich für Unternehmen und Unternehmer immer wieder neue Themen bzw. Fragen auf: Unternehmen Wie gestalte ich die Unternehmensübergabe? Wer begleitet mich beim Unternehmensverkauf? Expertise in Fragen der Existenzgründungsfinanzierung Absicherung geschäftlicher Risiken Zahlungsverkehr und Cash Management Notfallplanung im Unternehmen Abb. 2: Erweiterte Bedarfslage Unternehmen/Unternehmer Quelle: eigene Darstellung Unternehmer Wann beginne ich und wie gestalte ich den Berufsausstieg? Trennung von Privat- und Firmenvermögen Wie funktioniert Vermögensplanung? Absicherung privater Risiken Bewertung von Vermögensstruktur, Vermögenserhalt und Vermögensrentabilität? Wie kann ich mich sozial engagieren (Stiftungsmanagement)? Wie sichere ich meinen Lebensstandard im Alter? Diese Themen- und Fragekonstellationen zeigen das Potenzial und die Notwendigkeit, sich mit einer veränderten und weitergehenden Ausrichtung des Verhaltens und des Angebotes dem Unternehmen und dem Unternehmer neu vorzustellen. Die Volksbank Bitburg eg hat deshalb heute schon Basisleistungen und Zusatzleistungen sowohl für die Firmenbank 33 als auch im Private Banking 34 definiert. Dieser immer noch sehr aus einer Expertensicht erfolgende Blick reicht nicht aus, denn bereits an dieser Stelle ist eine ständige Verzahnung von privaten und gewerblichen Fragestellungen unverkennbar. Notwendig ist also, die Bedarfssituation im weitesten Sinne zu erfassen, zu wissen, was wann wie relevant ist. 32 Vgl. Tilmes, R./Jakob, R. (29), in Re/peat Jahrbuch Treasury und Private Banking, S Siehe Anlage 4 34 Siehe Anlage 5
17 3.2.2 Kundennutzen nach Lebenszyklus Je nach persönlicher Situation bzw. nach Unternehmenssituation ergeben sich unterschiedliche Bedarfsschwerpunkte. Diese sollen nun auf Vollständigkeit überprüft und in einem an den Lebensphasen des Unternehmens sowie an denen des Unternehmers ausgerichteten Modell zusammengefasst werden. Grundlage dieser Zusammenfassung bildet das integrierte Lebenszyklusmodell von Eller. 35 Die Relevanz der jeweiligen Bedarfsfelder für den Unternehmer und/oder das Unternehmen wird deutlich und zeigt eine Gesamtsicht auf die Bedarfslage in sich verändernden Lebenszyklen. Im Nutzenpotenzial-Lebenszyklus-Modell von Pümpin und Prange 36 betrachten diese ein Unternehmen nach Pionier-, Wachstums-, Reife- und Wendephase. Pionierunternehmen sind neu am Markt. Der Unternehmer ist oft noch unerfahren, und sowohl das personelle als auch das finanzielle Engagement konzentriert sich auf das junge Unternehmen. Unvorhergesehene Ereignisse treffen das junge Unternehmen meistens besonders hart. Deshalb kommt es gerade in dieser Phase auf eine intensive Begleitung durch die Bank in Fragen der Finanzierung und insbesondere der Risikoabsicherung an. Die Wachstumsphase zeigt neue Herausforderungen. Die Finanzierung muss gewährleistet sein, der Personalstamm muss qualitativ wachsen, die Administration und die Organisation müssen sich den Veränderungen anpassen. Hier stehen Risikomanagement, Wachstumsfinanzierung und intensive Begleitung durch die Bank und ggf. einen Unternehmensberater im Vordergrund. Die Bedeutung und Verantwortung der Vermögensposition Unternehmen wächst. In der Reifephase zeigt sich das Unternehmen überwiegend stabil. Ertragslage und Eigenkapitalsituation sowie gewonnene Erfahrung und Routine lassen es zu, sich mit Fragen der Sicherung des Unternehmensvermögens sowie des Aufbaus und der Verwaltung des privaten Vermögens zu befassen. Die Bedürfnisse des Umfeldes, insbesondere 35 Vgl. Tilmes, R./Jakob, R., in Re/peat Jahrbuch Treasury und Private Banking, S Vgl. ebenda der Familie, rücken in den Vordergrund, und so gewinnt die Dienstleistung Estate Planning an Bedeutung. Das Unternehmen in der Wendephase steht vor einer Neuorientierung. Restrukturierungsfragen, Fortführungsfragen, Fragen des Verkaufs oder der Übergabe stehen an. 37 Kroeber-Riel 38 gliedert den Lebenszyklus der Person des Unternehmers und seiner Familie im Familienzyklus- Modell. Seine Phasen gliedern sich in junge Unverheiratete, Verheiratete mit jungen Kindern, Verheiratete mit älteren Kindern und Verheiratete ohne Kinder. In der ersten Phase stehen Freiheit und Freizeit noch im Vordergrund. Spätestens mit dem ersten Nachwuchs rücken Sicherheit und Geborgenheit in das Interesse. Das eigene Heim, der Garten, die Familienabsicherung diese Themen prägen in finanzieller Hinsicht die Situation. In der Phase verheiratet und ältere Kinder stehen Fragen der Unterstützung der Kinder an. Erste Überlegungen zu Vermögensübertragungen und Erbschaftsregelungen gewinnen an Bedeutung. Im Übergang zu der Phase verheiratet ohne Kinder rücken Themen wie Versorgungssicherheit im Alter, Pflegeversicherung, Erbschaft und Schenkungsplanung stärker in den Fokus. Um in diesem Lebensabschnitt sorgenfrei leben zu können, soll die Einkommens- und Vermögenssituation abgesichert sein Das integrierte Lebensphasenmodell Wie auch die SWOT-Analyse zeigt, ist die Frage der Kundenorientierung und damit der Bedarfseinschätzung eine zentrale Aufgabe. Die je nach Lebenszyklus variierende Bedürfnislage verlangt eine konzentrierte Ausrichtung und ein transparentes Angebot an Finanzdienstleistungen. Grundlage bietet dabei die vorgenommene Einordnung der Leistungsangebote in das integrierte Lebensphasenmodell von Eller. 39 Aufbauend darauf wurden weitere Bedarfsfelder definiert und Zuordnungen neu gewertet. Das so für die Volksbank Bitburg eg entwickelte Lebenszyklusmodell 4 wird Grund- 37 Vgl. Tilmes, R./Jakob, R., in Re/peat Jahrbuch Treasury und Private Banking, S Vgl. Tilmes, R./Jakob, R., in Re/peat Jahrbuch Treasury und Private Banking, S Vgl. Tilmes, R./Jakob, R., in Re/peat Jahrbuch Treasury und Private Banking, S Anlage 1, Lebenszyklusmodell der Volksbank Bitburg eg
18 18 19 DER UNTERNEHMER ALS PRIVATPERSON lage der Betreuung der Firmen- und Private-Banking-Kunden sein. Dabei sollen die Bedarfsfelder je nach Lebenszyklus durch den Betreuer angesprochen werden. Die bereits in der Volksbank Bitburg eg entwickelte Hinterlegung von Produkten an den allgemein definierten Bedarfsfeldern muss überprüft und ggf. neu ausgerichtet werden. So sind beispielsweise Leistungen wie Estate Planning oder Financial Planning neu aufzunehmen. Einer fundierten Kundensegmentierung kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Was sind die relevanten Unternehmen bzw. Unternehmer, und in welchem jeweiligen Lebenszyklus befinden sie sich? Wie gut kennen wir unsere Kunden wirklich? Fragen nach dem Alter des Unternehmens bzw. des Unternehmers, der Branche, dem Umsatz, der Anzahl der Mitarbeiter, dem privaten wie gewerblichen Investitionsverhalten, dem Einkommen oder dem vorhandenen Vermögen sind dabei ebenso relevant wie Fragen nach der Quote der Produktnutzung in der Bank und der Genossenschaftlichen FinanzGruppe oder dem Deckungsbeitrag der Kundeneinheit. Diese und ggf. weitere Kriterien sind dabei Grundlage für eine qualifizierte Einstufung. Eine so vorgenommene Feinsegmentierung muss dann in ein Kundenranking überführt werden und bildet damit die Grundlage für die Steuerung und eine Bewertung des bisherigen Geschäftserfolges am Kunden. Damit erhalten wir Transparenz sowohl auf der jeweiligen Geschäftsfeldebene als auch in der einzelnen Kundeneinheit. In der SWOT-Analyse wird die Frage aufgeworfen, ob die Bank den Kundenwunsch trifft, das Angebot also auf entsprechende Nachfrage trifft. Um die Betreuung des Kunden effektiv und effizient gestalten zu können, muss sich sowohl das Produkt als auch das Dienstleistungsangebot und damit der Ressourceneinsatz am Kundenbedarf und dem Potenzial der einzelnen Kundenverbindung ausrichten. Das Angebot muss auch für die Bank rentabel gestaltet und insgesamt vom Kunden akzeptiert werden. Der neue Betreuungsansatz, sich ganzheitlich und dauerhaft um alle relevanten finanziellen Belange des Unternehmens und des Unternehmers kümmern zu wollen, muss aktiv mit dem Kunden besprochen und somit abgesichert werden. Die Darstellung des privaten und geschäftlichen Bedarfs in dem jeweiligen Lebenszyklus Siehe Anlage 1 zeigt hohe Schnittmengen und eine starke Vernetzung. Damit bietet dieses Modell die Möglichkeit, Veränderungen im Verhalten des Kunden oder neue Marktanforderungen in die Betreuung zu integrieren bzw. zu adaptieren Qualifikationsanforderungen und Mitarbeiterentwicklung Eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg ist die Mitarbeiterkompetenz. Neben der Fach- und Methodenkompetenz spielen die Werte- und Persönlichkeitskompetenz im gehobenen Kundensegment eine besondere Rolle. Kundenorientierung, Kreativität, Qualitätsbewusstsein und unternehmerisches Denken und Handeln sind entscheidende Eigenschaften. Eigeninitiative, Empathie, Kontaktfähigkeit und Flexibilität sind wichtige Anforderungen an die Persönlichkeit des Betreuers. 42 Die Kundenund Steuerberaterbefragung hat gezeigt, dass Kundenbindung und Geschäftserfolg im Wesentlichen auf Vertrauen in der Beziehung basieren. Segbers und Bailom zeigen in einer Untersuchung der Zufriedenheitswirkung von Kundenanforderungen auf, wie sich unterschiedliche Qualitätsdimensionen auf die Kundenzufriedenheit auswirken. 43 Dabei unterscheiden sie nach Basisanforderungen, Leistungsanforderungen und Begeisterungsanforderungen. Basisanforderungen sind für den Kunden selbstverständlich eine Nichterfüllung wird der Kunde missbilligen. Er wird die Bank bei der Frage nach weiteren Geschäften als Partner nicht ernsthaft in Erwägung ziehen. Auch die Leistungsanforderungen, also insbesondere produktbezogene Lösungen, erwartet der Kunde von seiner Bank. Hier steht die Bank im Wettbewerb mit vielen Anbietern, da diese Leistungen im Markt eingeführt, transparent und damit vergleichbar sind. Immer dann, wenn über Basis- und Leistungsanforderungen hinaus Mehrwerte geschaffen werden, die der Kunde nicht erwartet, löst dies eine besondere Wahrnehmung aus, die eine überproportionale Akzeptanz und Zufriedenheit mit sich bringt Vgl. ADG-Seminardokumentation, Top 24, Modul 9, Innovent, Ebbing, H., S Vgl. Raddao, N. (28), Potentialorientierte Kundensegmentierung, S Vgl. Raddao, N. (28), Potentialorientierte Kundensegmentierung, S. 23
19 Basisanforderungen und Leistungsanforderungen bzw. Methoden- und Fachkompetenz können Volksbanken und Raiffeisenbanken in der Genossenschaftlichen Finanz- Gruppe heute weitestgehend gewährleisten. Die maßgebliche Unterscheidung von den Wettbewerbern gelingt mit der darüber hinausgehenden Schaffung begeisternder Mehrwerte. In den heutigen Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofilen der Volksbank Bitburg eg sind bereits zielführende Ansätze enthalten, welche die Kundenorientierung in den Mittelpunkt stellen. Eine Neuausrichtung auf die Hebung der im Lebenszyklusmodell der Volksbank Bitburg eg formulierten Bedarfsfelder (auf Unternehmens- und Unternehmerseite) verlangt eine Weiterentwicklung. Insbesondere die Anforderungen an die Werte- und Persönlichkeitskompetenz der Mitarbeiter und deren Erfüllung werden in Zukunft entscheidend sein. Ein weiterer Aspekt dabei, anspruchsvolle Aufgaben zu erfüllen, liegt im systemischen Denkansatz. Unternehmen sind Systeme, die aus lebendigen und dynamischen Einheiten bestehen, niemals abgeschlossen sind und im Idealfall aus intelligenten und sich selbst regulierenden Gemeinschaften zusammengesetzt sind. 45 Deshalb gewinnen folgende Eigenschaften eine ganz neue Bedeutung: Erkennen von Mustern: hierzu Helikopter-Blick anwenden; neue ungewohnte Blickwinkel müssen gewählt werden Den Organismus sehen und ständige Veränderung akzeptieren Es gilt nicht entweder oder, sondern sowohl als auch Hohe Disziplin in der Prozessbearbeitung Vernetztes Denken über die Lebenszyklen und Leistungsangebote hinaus Empathie und situatives Gespür für Kunden Eine stringente, allerdings nicht bedingungslose Kundenorientierung Organisationstalent, also die Befähigung, Vielfalt in einem strukturierten Prozess zu gestalten Modelle anbieten, die für Entscheidungen brauchbar sind Führungsfähigkeiten, den Kunden durch den Prozess zu leiten 45 Vgl. ADG Seminardokumentation, Top 24, Modul 1 Malik Management, Coellen, J., S. 38 Die Fähigkeit loszulassen, wenn Spezialisierung gefordert ist Gestaltung und Führung der internen und externen Netzwerke (Steuerberater, Rechtsanwälte, Unternehmensberater, Notare etc.). Vieles kann man aus den bereits definierten Anforderungen bzw. den Stellenbeschreibungen der Volksbank Bitburg eg herleiten. Der Betreuer muss dauerhaft das Ganze im Blick haben, in Ganzheit denken und handeln. Situatives Verhalten wird teils nötig sein, muss aber zur Ausnahme werden. General Management am Kunden ist die große Herausforderung und wird eine Schlüsselqualifikation sein. Deshalb sind Personalauswahl, Training und Coaching sowie ergebnisorientierte Führung nach den beschriebenen Anforderungen die größten Herausforderungen. Im Rahmen des Projektes sind entsprechende Maßnahmen wie Festlegung der Zielkompetenz, Ermittlung des Status quo der Mitarbeiter und Erstellung eines Entwicklungsplanes in der Bank einzuführen, und deren Umsetzung anschließend dauerhaft zu gewährleisten. Über das notwendige Zusammenspiel der Beschäftigten in der Firmenbank und im Private Banking soll im folgenden Kapitel berichtet werden Prozess- und Aufbauorganisation Die Funktion folgt der Strategie. Die dargelegten Anforderungen an das Geschäft mit Unternehmen und Unternehmern verlangen einen nach außen individuellen und nach innen effektiven und effizienten Prozess. Deshalb ist neben der in Kapitel beschriebenen Kundenselektion auch der Service- und/oder Betreuungsprozess abzustimmen. Für Kunden, die sich nicht in die Denkwelt der Zyklen und Bedarfsfelder einordnen lassen oder es nicht wollen, muss es eine Stelle geben, an der das Bringgeschäft erledigt wird. Viele Kunden wollen nur ein ausgewähltes Problem gelöst haben. Fach- und Methodenkompetenz sowie Service und Problemlösung müssen der Situation und den Ertragschancen angepasst werden. Nicht jeder Kunde wird sich von vornherein auf eine ganzheitliche und dauerhafte Betreuung einlassen. Inwieweit dies längerfristig in Betracht kommt, muss in der Gestaltung des Serviceprozesses allerdings ständig im Fokus sein, ebenso wie die Verfolgung des Cross-Selling-Ansatzes. Insofern sind
20 2 21 DER UNTERNEHMER ALS PRIVATPERSON Kommunikations- und Vertriebstalent auch hier unerlässlich. der zur Vorbereitung von Kundenterminen im Firmensegment heute schon eingesetzt wird. 46 Schwerpunkt der Überlegungen dieser Arbeit ist, wie man die Kunden binden kann, die Betreuung im Sinne des Lebenszyklusmodells und der Bedarfsorientierung wünschen. So ist es für den Betreuer eine zentrale Herausforderung, zu Beginn des Veränderungsprozesses eine Überzeugung beim Kunden für diese Art und Weise der Zusammenarbeit hervorzurufen. Dabei hat der Kundennutzen im Vordergrund zu stehen. Eine Planung der Zusammenarbeit hat den privaten und gewerblichen Lebenszyklus genauso zu beinhalten wie die jeweiligen Bedarfsfelder. Inhalt, Anzahl und Zeitrahmen der Gespräche müssen vorher festgelegt werden, sodass eine Agenda entsteht, die sowohl die strategischen als auch die operativen Ziele des Unternehmens und des Unternehmers als Grundlage des Handelns hat. Nun kann dezidiert festgelegt werden, wer unter Einbindung welcher Netzwerkpartner wann was zu tun hat. Beide Seiten verfügen über eine abgestimmte Vorgehensweise. So erfährt die Bank frühzeitig von Absichten oder Entwicklungen des Unternehmens bzw. des Unternehmers und ist eingebunden in alle Überlegungen mit finanzieller Dimension. Die Vorbereitung der Termine erlangt damit eine neue Qualität. Der Betreuer kann die Termine qualifiziert und zielgerichtet vorbereiten sowie die aus dem Bankalltag immer wieder anzusprechenden Themen, wie beispielsweise Fälligkeiten, fehlende Unterlagen, Auffälligkeiten im Zahlungsverkehr etc., in das Gespräch integrieren. Dabei kann auf die relevanten, der Bank zur Verfügung stehenden Quellen zurückgegriffen werden, sodass Informationen und/oder Anforderungen aus den Bereichen Verbundgeschäft, Zahlungsverkehr, Qualitätssicherung Kreditgeschäft, 18-KWG-Analyse etc. präsent sind. Insbesondere auch externe Netzwerkpartner sind nach Bedarf in die Gespräche einzubinden. Sonstige Informationen zum Kunden aus der Gesellschaft bzw. der Öffentlichkeit können frühzeitig verarbeitet und so ebenfalls in die Tagesordnung für das Gespräch eingearbeitet werden. Der bereits für das Firmenkundengeschäft der Volksbank Bitburg eg formulierte Prozessschritt Gemeinsame Analyse der Kundenverbindung ist ein Arbeitsbaustein, Hier werden die Bedarfsfelder Investition und Finanzierung, Notfallplanung und Unternehmensnachfolge, Risiken, betriebliche Altersvorsorge, Zahlungsverkehr und Liquidität sowie Hinweise aus Unterlagen bereits nach ihrer Relevanz für den Firmenkundenbetreuer, das Private Banking und die Qualitätssicherung Kreditgeschäft kundenbezogen analysiert. Die Anwendung liefert im Ergebnis somit bereits erste Hinweise zur Privatsphäre des Unternehmers. Die erarbeiteten Themen werden Grundlage für die anstehenden Gespräche sein. Ein solches Vorgehen führt zu einer deutlichen Verbesserung der Informationsbasis bei allen Beteiligten und damit dazu, die Betreuungseinheit in ihrer Ganzheit zu erkennen. Gekoppelt an die Erkenntnisse aus den Schnittmengen der jeweiligen Lebensphasen sowie den daraus abgeleiteten Bedarfsfeldern wird die Wahrscheinlichkeit einer passgenauen Betreuung deutlich erhöht. Die Unterstützungsfunktion durch weitere Bereiche der Bank muss durch das Management geklärt werden. Im Prozessablauf muss die Zuständigkeit für die Aufgaben, die im Zusammenhang mit dem Betreuungsgespräch liegen, geregelt sein. Die Prozessbeschreibung soll den Workflow, die Inhalte, die Verantwortlichkeit und das Zeitfenster für alle am Prozess Beteiligten regeln und an Effizienz und Effektivität sowie Deckungsbeitrag in der Kundenverbindung ausgerichtet sein. Eine strategische Geschäftsfeldausrichtung verlangt eine friktionslos funktionierende Aufbauorganisation. Der Vertriebsorganisation folgt sinnvollerweise die Organisation der beteiligten Funktionseinheiten. Im Organigramm sind somit Zuständigkeit und Zugehörigkeit der jeweiligen Geschäftsfelder sowie der Mitarbeiter/-innen zu regeln. Alle vertriebsrelevanten Aktivitäten sind sinnvollerweise in der Vertriebsbank organisiert. Vertriebssteuerung, Marketing und operative Geschäftsfelder können optimal aufeinander abgestimmt arbeiten. Heutige Friktionsfelder wie Kundenüberleitungen, Wettbewerb zwischen den Geschäftsfeldern, Zuständigkeit für Leistung am Kunden etc. sind dann obsolet. Nahtstellen 46 Anlage 11, Arbeitspapier Analyse der Kundenverbindung
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