Präzisionsgussteile in großer Werkstoffvielfalt NRU setzt auf die Kombination von klassischer Feinguss- und moderner Rapid-Prototyping-Fertigung
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- Hella Kranz
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1 14 PRODUKTION & TECHNIK GIESSEREI-ERFAHRUNGSAUSTAUSCH 5+ 6 / 2015 Autor: Dr. Jürgen Jahn, Bilder: NRU/M. Hertel Präzisionsgussteile in großer Werkstoffvielfalt NRU setzt auf die Kombination von klassischer Feinguss- und moderner Rapid-Prototyping-Fertigung Gründungsgedanke und Anspruch der NRU Präzisionstechnologie GbR (heute NRU GmbH), Neukirchen war und ist es auch heute noch, schnell und kostengünstig Feingussteile in großer Werkstoffvielfalt in kleinen Stückzahlen mit Serien- bzw. seriennahen Eigenschaften herzustellen. Wichtige Voraussetzung zur Erfüllung dieser Zielstellung war es, eine Kombination der klassischen Feingusstechnologie und den neuentwickelten Rapid-Prototyping-Verfahren (additiven Fertigungsverfahren) für die schnelle und kostengünstige Modellherstellung zu realisieren. Am 1. Mai 1992 wurde die NRU Präzisionstechnologie GbR in Neukirchen/Erzgebirge an der Stadtgrenze zu Chemnitz gegründet. Das Unternehmen kann heute auf eine erfolgreiche Entwicklung zurückblicken. Bereits Ende 1992 wurde die erste Schmelzund Gießanlage für hochschmelzende Metalle, wie Stahl und Titan, angeschafft und 1995 folgten die erste Workstation sowie die erste Stereolithografieanlage wurde das Leistungsangebot um den Kunststoffund Wachsguss mit der Anschaffung einer modernen Vakuumgießanlage erweitert wurde die Firma in eine GmbH umgewandelt. Die NRU GmbH entwickelte sich in der Folgezeit immer mehr zum Komplettdienstleister für Prototypen und Kleinserienteile aus Feinguss und Kunststoff. Zu den wichtigsten Kunden gehören Unternehmen der Automobilindustrie, des Geräte- und Maschinenbaus, der Elektrotechnik und Elektronik, aber auch aus medizinisch-technischen Bereichen. Kennzeichnend für die Teile sind neben einer Bild 1: Firmensitz der NRU GmbH in Neukirchen/Erzgebirge. Bild 2: Elektrisch beheizter Kammerofen zum Brennen der Schalenformen. großen Werkstoffvielfalt auch große Unterschiede in den Abmessungen und dem Gewicht. Die dazu erforderliche Anlage zur schnellen Schalenherstellung für Feingussteile wurde 2005 installiert. Die gute Entwicklung des Unternehmens machte eine Standorterweiterung und Modernisierung erforderlich konnte das neue, größere Fertigungsgebäude bezogen werden (Bild 1). Mit dessen Inbetriebnahme wurde die NRU in die Lage versetzt, durch Anschaffung neuer Maschinen die Produktionskapazität deutlich zu erweitern, aber auch die Arbeitsbedingungen spürbar zu verbessern (Bild 2 und 3). Doch bald reichte auch dieser Neubau nicht mehr aus konnte ein Erweiterungsbau fertig gestellt werden, der es der Firma erlaubt, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Hier ist nun Platz zur Einführung neuer Verfahren wurde eine neuentwickelte automatische Schalenformanlage aufgebaut, die 2013 in Betrieb ging. Für das Jahr 2015 ist die Ins-
2 GIESSEREI-ERFAHRUNGSAUSTAUSCH 5+ 6 / 2015 PRODUKTION & TECHNIK tallation einer mechanischen Bearbeitung für die Feingussteile vorgesehen. Den Forderungen der Kunden nach einer größeren Fertigungstiefe kann somit künftig noch besser nachgekommen werden. Neue Anlage zur Schalenformherstellung ermöglichte Einstieg in die automatisierte Fertigung Die NRU hatte bereits seit 2005 Erfahrungen bei der schnellen Herstellung von Schalenformen im Feinguss gesammelt. Die dafür genutzten Anlagen waren kapazitiv an der Leistungsgrenze und entsprachen auch nicht mehr den gewachsenen Qualitätsansprüchen. Die auf dem Markt angebotenen Anlagenkonzepte erfüllten nicht die Anforderungen, die die NRU von einer Neuanlage erwartete. Automatisierungslösungen für die Herstellung von Feingussformen wurden in der Regel zunächst für die Serienfertigung angewendet. Standardlösungen waren für die Fertigung von kleinen Serien und in großer Werkstoffbreite zu unflexibel. Die Bediener der Anlage sollten die Möglichkeit erhalten, Einstellungen der Prozessparameter einfach und selbstständig durchzuführen, ohne spezielle Programmierkennt- Bild 4: Roboter taucht Wachstraube in das Schlickerfass. Bild 3: Verbesserte Arbeitsbedingungen durch Installation von Absaugtechnik. nisse zu erlernen oder auf Leistungen von Lieferanten angewiesen zu sein. Eine Erweiterung der Anlage zur Umsetzung künftiger Anforderungen musste möglich sein. Das war der Grund, ein eigenes Konzept zur automatisierten Schalenformherstellung aufzustellen, an das folgende Anforderungen gestellt wurden: deutliche, flexibel nutzbare Kapazitätserhöhung, 15
3 16 GIESSEREI-ERFAHRUNGSAUSTAUSCH 5+ 6 / 2015 PRODUKTION & TECHNIK Bild 5: Roboter führt mit Schlicker benetzte Wachstraube in den Besander. Steuerung aller qualitätsrelevanten Anlagenparameter, zukunftsfähige, erweiterbare Automatisierung, kompakte, platzsparende technische Lösung. Die entstandene Lösung zur automatisierten Schalenformherstellung (Bild 4) ist gekennzeichnet durch die Verwendung von bewährten Anlagenkomponenten, Schlickerfässer mit je einem Volumen von ca. 500 dm³ und Besander von der VA Technology Ltd, Telford, Großbritannien, eine zu fertigende maximale Traubengröße mit einem Durchmesser von 500 mm und einer Höhe von 500 mm, den Einsatz eines 6-Achs-Knickarmroboters der KUKA Roboter GmbH, Augsburg, Typ KR 150-2F mit einer maximalen Tragkraft von 150 kg (Bild 5), die Neuentwicklung eines kompakten Schnelltrocknungssystems mit 6 Trockenpositionen sowie integrierter Klimaanlage für die Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsregulierung, die Auswahl eines flexiblen Systems mit 6 Ablagepositionen für die Zuführung von Wachstrauben und zur Ablagerung von fertigen Schalenformen, einen Befestigungsadapter je Ablageposition, wobei die Anzahl der Trauben je Position abhängig von der Traubengröße ist, die Integration der Komponenten in eine Automatisierungslösung. denartige Feingussteile in Bezug auf Teilegröße (bis max. 300 mm), Werkstoff und Stückzahl, Auswahl des Formstoffsystems geeignet für eine Vielzahl von Gusswerkstoffen, wie Stahl, Gusseisen sowie Legierungen auf der Basis von Aluminium, Nickel, Kobalt und Kupfer (Bild 6), Verwendung von Formstoffkompo nenten, Schlicker und Sanden basierend auf Zirkonsilikat für die Primärschicht und Mullit für die Backup-Schicht mit wasserbasierten Bindersystemen, flexible Fahrweise der Anlage während der Schalenherstellung, wie z. B. variable Anzahl der Schichten von 6 bis 15, unterschiedlicher Aufbau der Primär- und Backupschichten, verschieden lange Trocknungszeiten pro Schicht von 30 Minuten bis zu mehreren Stunden, Anpassung des Bewegungsablaufes des Roboters nach den Forderungen unterschiedlicher Gussteile sowie breites Spektrum der Anzahl von gefertigten Schalen pro Arbeitstag. Diese Parameter ermöglichen eine sehr schnelle Bereitstellung fertiger Gießformen. Im günstigsten Fall ist der Abguss bereits 24 Stunden nach dem Start der Schalenformherstellung möglich. Gute Anwendererfahrungen nach 2 Jahren Nutzung Seit 2 Jahren wird diese neue Anlage zur Schalenformherstellung für den Feinguss in der NRU GmbH nun bereits genutzt. Eine der wichtigsten Zielstellungen wurde dabei erreicht: Die Herstellung fast aller Schalenformen für Gussteile von wenigen Gramm bis zu max. 4,5 kg bei Stahl erfolgt automatisiert von der ersten bis zu letzten Schicht. Dabei waren u. a. folgende Optimierungsarbeiten erforderlich: schalengerechte Anschnitttechnik, designabhängige Bewegungsabläufe Herstellung von Formen für verschie- des Roboters beim Beschlickern und Besanden, s ortimentsabhängige Anzahl von Schichten, Anpassung der Schlickereigenschaften an die Gussteilkontur. Bild 6: Abguss einer Schalenform mit Stahl. Bereits diese Aufzählung zeigt, dass bei der Vielzahl der produzierten Guss- Die neue Fertigungslösung für Feingussschalen verfügt über folgende Leistungsparameter:
4 18 PRODUKTION & TECHNIK GIESSEREI-ERFAHRUNGSAUSTAUSCH 5+ 6 / 2015 Bild 7: Beispiele von Feingussteilen aus der NRU-Produktion: a) Klappengehäuse für den Fahrzeugbau, Stahl Wst.-Nr , b) Turbinenrad für Turbolader, Inconel 713LC, c) Prototyp eines Kniegelenkimplantates, Kobaltlegierung. teile die Einstellung der unterschiedlichen Parameter bei der Herstellung der Schalenform für jeden Durchlauf eine Herausforderung darstellt. Der Optimierungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Gute Erfahrungen gibt es mit der Qualität der Schalenformen bei der Herstellung der Gussteile mit unterschiedlichen Werkstoffen, wie Stahl, Gusseisen, Nickel- und Kobaltlegierungen. Die Anlage wird täglich betrieben, arbeitet dabei störungsfrei und bedarf keiner personellen Unterstützung. Nur das Bestücken mit Wachstrauben, das Starten der Anlage sowie die Entnahme der fertigen Trauben muss der Bediener durchführen. Da die Anlage derzeit nur einschichtig arbeitet, war eine Verlängerung der Trockenzeit möglich. Damit ist kaum noch eine Nachtrocknung notwendig. Der Abguss von Trauben ist somit innerhalb von 24 Stunden möglich. Zur Nutzung der vollen Kapazität der Anlage müssen für die vorund nachgelagerten Bereiche noch die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden. Die Kunden, vor allem aus dem Automobilbereich, verlangen immer öfter die Fertigung von Kleinserien. Diese liegen typischerweise im Stückzahlbereich von 50 bis 200 Teilen. Ohne diese neue Anlage wäre eine Fertigung dieser Teile bei der NRU GmbH nicht möglich. Im Bild 7 sind einige Beispiele aufgeführt, die mit dieser Anlage gefertigt wurden. Die bei der NRU GmbH gefertigten Feingussteile zeichnen sich aus durch die moderne Fertigung auf einer automatisierten Roboteranlage zur schnellen und flexiblen Herstellung von Keramikformen, Ð Ðdie Verwendung sowohl additiv als auch klassisch gefertigter verlorener Feingussmodelle, Ð Ðvielfältige Schmelzmöglichkeiten für unterschiedliche Anforderungen in großer Werkstoffbreite, Ð Ðeine große Produktvielfalt mit breitem Bild 8: Neue Anforderungen an die Qualitätsprüfung.
5 GIESSEREI-ERFAHRUNGSAUSTAUSCH 5+6 / 2015 PRODUKTION & TECHNIK 19 Spektrum an Gewicht und Teilegröße, Ð Ðeine riesige Auswahl an Gusswerkstoffen, z. B. Stähle, Ni-Basis- und weitere NE-Metall-Legierungen, Ð Ðdie Lieferung vom Prototyp bis zur Kleinserie als Rohgussteile sowie einbaufähige Fertigteile, Ð Ðeinen sehr hohen Qualitätsstand über die Sicherstellung serienidentischer Eigenschaften, die Erstellung von Prüfberichten und Zertifikaten und ein Qualitätsmanagement nach ISO 9001 (Bild 8), Ð Ðeine Erfüllung individueller Kundenwünsche in kürzesten Lieferzeiten. Die Zukunft wird auch weiterhin in der Fertigung von Prototypen und Kleinserienteilen gesehen Gegenüber den Kunden hat sich die NRU GmbH klar positioniert, sie fertigt Prototypen und Kleinserienteile. Größere Stückzahlen sind nicht vorgesehen. Die NRU GmbH wird auf Grund ihrer Kundenresonanz den Nischenbereich Prototypen-, Klein- bzw. Vorserienfertigung weiterhin abdecken und ausbauen. In die Serienfertigung wird die Firma nicht einsteigen. Die automatisierte Fertigung von Schalenformen für den Feinguss hat sich in den zwei Jahren der Nutzung dieser neuen Anlage zur Feingussschalenfertigung in allen Belangen für das oben genannte Leistungsspektrum voll bewährt. Für die absehbare Zukunft stehen noch zwei Aufgaben an. Die eine besteht darin, den Anforderungen der Kunden nach noch größerer Designvielfalt gerecht zu werden. Dies ist mit einer weiterentwickelten Fertigungstechnologie möglich. Die Breite als auch die Anzahl der einstellbaren Parameter muss dafür entsprechend angepasst werden. Als wichtige zweite Aufgabe wird die erweiterte Nutzung der konzipierten Anlagenkapazität angesehen. Künftig wird ein mehrfaches Produktionsvolumen möglich sein. Geplante Investitionen in den vor- und nachgelagerten Bereichen sind hierfür die Voraussetzungen. Dr.-Ing. Jürgen Jahn, Geschäftsführer, NRU GmbH, Neukirchen ( info@nru-gmbh. de) Weitere Informationen: nru-gmbh.de
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