Auslandssemester in Alcalá de Henares, Madrid, Spanien Erfahrungsbericht, Martina (Universität Paderborn), Sommersemester 2007

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1 Toggle Jugendmobilität > Erfahrungen im Ausland > Studium in Spanien > Alcala de Henares Auslandssemester in Alcalá de Henares, Madrid, Spanien Erfahrungsbericht, Martina (Universität Paderborn), Sommersemester 2007 Inhalt Organisatorisches vor der Abfahrt Organisatorisches/erste Schritte nach der Ankunft Während des Aufenthalts Fazit und Tipps Organisatorisches vor der Abfahrt Bewerbung Die Bewerbung in Paderborn läuft unkompliziert ab. Man bewirbt sich zu einer Frist Anfang April für das Studienjahr im September beim Akademischen Auslandsamt (AAA). Nach kurzer Zeit bekommt man die Einladung zu einem Gespräch mit dem zuständigen Professor und ebenfalls zeitnah dann die Entscheidung mitgeteilt. Finanzierung Vom Erasmusprogramm bekommt man ca. 100 pro Monat, was bei den unfassbar hohen Ausgaben während eines Auslandssemesters allerdings nur ein sprichwörtlicher Tropfen auf den heißen Stein ist. Ich habe ca. 900 pro Monat (incl. Miete) ausgegeben und dabei nun wirklich nicht im Überfluss gelebt. Auslandsbafög bekommt man auf jeden Fall dann, wenn man auch Inlandsbafög empfängt. Falls nicht, kann es aber trotzdem sein, dass man Auslandsförderung erhält, also einfach mal informieren. Das Bearbeitungsverfahren (für Spanien ist das Studentenwerk in Heidelberg zuständig) dauert allerdings mindestens ein halbes Jahr, wenn man also auf das Geld direkt zu dem Zeitpunkt des Auslandsaufenthaltes angewiesen ist, sollte man sich sehr frühzeitig darum kümmern. Sprachzeugnis Da ich International Business Studies studiere und somit ohnehin schon Pflicht-Spanischkurse besucht hatte, konnte die Koordinatorin des Fachbereichs Spanisch mein Sprachzeugnis ohne weitere Prüfungen o.ä. ausfüllen. Krankenversicherung Zu empfehlen ist ein Auslandsschutz der Central Krankenversicherung. Diese ist sehr günstig, was u.a. daran liegt, dass sie keine Werbung machen, wodurch dann die Preise entsprechend niedrig sind. Das geht alles problemlos und kurzfristig im Internet. Learning Agreement Da in Spanien leider alles ein wenig unorganisiert und unstrukturiert ist, ist es zuerst schwierig, das Kursangebot in den jeweiligen Semestern zu finden, um darauf aufbauend ein Learning Agreement zu erstellen. Sollte man dies dann aber doch geschafft haben, kann es durchaus sein, dass diese Kurse an der spanischen Uni doch nicht existieren oder andere fehlerhafte Angaben auf der Homepage die Kurswahl unmöglich machen. So gerne man also ganz nach deutscher Mentalität alles planen, organisieren und vorbereiten möchte, in Spanien weht da ein anderer Wind und es ist alles viel flexibler und spontaner.

2 Unterbringung Ich habe meine Wohnung über die Gruppe Erasmus in Alcalá de Henares im Online-Netzwerk gefunden und es wirklich gut angetroffen. Somit war dann auch bei der Anreise bereits die Unterkunft gesichert, was schon sehr gegen das mulmige Gefühl von anfänglicher Unsicherheit hilft. Organisatorisches/erste Schritte nach der Ankunft Empfang Sobald man angereist ist, sollte man sich so schnell wie möglich im Oficina de Relaciones Internacionales im Hauptgebäude der Uni am Plaza de San Diego melden. Dort erhält man seinen vorläufigen Studentenausweis (allerdings nur, wenn man schon eine feste Adresse hat) und noch viele andere nützliche Informationen. Danach muss man sich in seiner jeweiligen Fakultät registrieren. Eine richtige Empfangsveranstaltung gab es bei uns nicht, nur eine Einführungsrede vom Bürgermeister, die allerdings erst in der 3. Vorlesungswoche stattfand und dann auch nicht mehr sonderlich geholfen hat. Die anderen Erasmus-Studenten lernt man eigentlich alle im kostenlosen Erasmus-Sprachkurs der örtlichen Sprachschule Alcalingua oder auf den einschlägigen Erasmus-Partys (Dienstag: Whelan s, Irish Pub am Plaza de los Irlandeses ; Mittwoch: El Antiguo Café, Rockbar am Plaza de los Santos Niños ; Donnerstag: Gabannabar ; Pepe Pasión, stylische Bar am Plaza de los Santos Niños und Can can, Disco) kennen. Gebühren Die Erasmus-Studenten bezahlen keine Gebühren für die Vorlesungen und müssen sich somit in der Hinsicht um Nichts kümmern. Unterkunft Da ich erst 3 Tage nach meiner Ankunft in die Wohnung einziehen konnte, habe ich diese Zeit im Hotel El Bedel am Plaza de San Diego (DZ ca. 70 ) und im Hostal Cuatro Caños (DZ ca. 50 ) verbracht, was beides uneingeschränkt zu empfehlen ist. Überprüfung der Kurswahl Da sich wie oben beschrieben die im Voraus in Deutschland getroffene Kurswahl schon bald in Luft aufgelöst hatte, habe ich vor Ort aus den Listen, die man entweder im Erasmus-Büro der betreffenden Fakultät bekommt oder an den jeweiligen Aushängen einsehen kann, einige Kurse herausgesucht und mich nach einer Frist von 2 Wochen endgültig festgelegt. Während des Aufenthalts Studium, Kurse, Lernumgebung, Aufwand Da die Kurse in Alcalá ziemlich schlecht bewertet werden und auch viele fleißige Studenten durchfallen, habe ich zur Sicherheit zuerst einen Englischkurs gewählt, um wenigstens eine Klausur sicher zu bestehen. Der Kurs heißt Inglés Aplicado a los Negocios II (4.5 ECTS), also Wirtschaftsenglisch, war gut zu schaffen und wird auch in Paderborn angerechnet. Außerdem hatte ich Estructura de la Economía Española (6 ECTS). Dieser Kurs ist eigentlich Bestandteil eines sogenannten Jahreskurses, der also schon im Wintersemester beginnt und sich dann über beide Semester erstreckt (für 12 ECTS). Nach dem ersten Semester ist eine Klausur über den ersten Teil, nach dem zweiten Semester dann nochmal eine Klausur über alles zusammen. Ich habe allerdings mit dem Professor abgesprochen, nur die Klausur über den zweiten Teil, dessen Vorlesung ich dann ja auch besucht habe, zu schreiben. Allerdings hat sich, je näher es auf die Klausur zuging, immer klarer herausgestellt, dass das ein unschaffbares Unterfangen sein wird, weil selbst die Spanier diese Klausur nur mit Mühe und Not bestehen und ich, falls ich das wider Erwarten auch schaffen sollte, dennoch niemals eine gute, und damit zu Hause in Paderborn anrechnungswürdige Note erreichen

3 könnte; somit habe ich mich dann wohl oder übel entschieden, die Klausur doch nicht mitzuschreiben. Desweiteren habe ich den Kurs Econometría I (6 ECTS) belegt. Wer sich für Statistik interessiert und wem mathematische Fächer gut liegen, der ist hier gut aufgehoben, allen Anderen würde ich von diesem Kurs allerdings eher abraten. Man betreibt Datenauswertung mit einem englischen Statistikprogramm (ähnliche wie SPSS), was aber selbstverständlich auf Spanisch erklärt wird. Es geht um Regressionen, Multikollinearität, Autokorrelation, Heteroskedastizität usw., aber der Professor (José Maria Arranz Muñoz) ist wirklich nett und erklärt die Sachen auch gerne mehrmals. Ein weiterer Kurs war Business Plan (6 ECTS). Dieser Kurs ist extern, wird also nicht direkt von der Uni angeboten, sondern vom I.D.O.E., das ist ein Büro in der 2. Etage der Wirtschaftsfakultät. Dort muss man sich registrieren (und für die Spanier ist auch das Zahlungssystem irgendwie anders) und bekommt dann per Mail die Informationen über den weiteren Kursablauf. Dieser Kurs hat eigentlich am meisten Spaß gemacht, dennoch waren nachher die Noten enttäuschend. Normalerweise geht der spanische Notenmaßstab von 1 bis 10 Punkten, und ab 5 hat man bestanden. Wenn dann aber trotzdem das Notenspektrum des Professors nur zwischen 6 und 7,5 schwankt, was in Deutschland 2,5-3,4 ist, versteht man die spanische Bewertung nicht ganz. Das grundlegende Problem bei der Umrechnung ist, dass die Spanier für ihr BWL-Diplom keine Durchschnittsnote ausrechnen, sondern alle Kurse lediglich bestehen müssen/wollen, wohingegen es bei den deutschen Studenten im Hauptstudium schon sehr auf die Noten ankommt. Kontakte zu ortsansässigen Studenten Es ist relativ schwierig, sich bei den Spaniern zu integrieren, weil es oft zuerst schon an der Sprache scheitert und sie außerdem gerne unter sich sind. Dennoch kann man durch Gruppenarbeiten ein paar Kontakte knüpfen. Freizeit, Kultur, Sport Die Sportangebote sind leicht unstrukturiert. Uni-Sport gibt es nur auf dem Campus, der aber außerhalb liegt. Ansonsten kann man in den verschiedenen Fitnessstudios in der Stadt für 5 ein Tagesticket kaufen, mit deutschen Standards aber nicht vergleichbar. Auch die Freibäder sind ziemlich teuer (4,55 ) und für das Geld gibt es nur ein paar unterschiedlich große Becken mit sehr kaltem Wasser. Ansonsten bietet sich in der Freizeit immer ein Ausflug nach Madrid an, oder man besucht zuerst die zahlreichen Museen und Sehenswürdigkeiten, die Alcalá zu bieten hat: Geburtshaus von Miguel de Cervantes (eher langweilig, aber wohl ein Muss), Archäologisches Museum (sehr interessant), usw. Die Museen in Alcalá sind alle kostenlos, für die berühmten Museen in Madrid muss man allerdings zahlen. Wichtige Ausnahmen: Sonntags ist Prado für Studenten umsonst, Museo del Arte de Reina Sofia Samstagnachmittag und Sonntag, eine Besichtigung des Königspalast bekommt man als EU-Bürger am Mittwoch kostenlos. Essen Unerwarteterweise ist das Essen in den Supermärkten teurer als in Deutschland. Was aber Madrid und Umgebung auszeichnet sind die Tapas. Dies sind kostenlose Kleinigkeiten, die man zu jedem Getränk dazubekommt. Von Bar zu Bar können sie sehr stark variieren, von Chips oder anderem Knabberzeug, bis hin zu Hamburgern, Gambas-Spießen und Schweine-Ohren (eine wenn auch ekelige typisch spanische Beilage), die es z.b. in Alcalá im El Tapón an der Vía Complutense gibt. So bezahlt man also 2.20 für das Getränk und wird gleichzeitig noch satt. Ansonsten ist Essen gehen, so wie man es aus Deutschland kennt, ziemlich teuer und nicht unbedingt zu empfehlen. Ausflüge und Reisen Vom Erasmus Student Network ESN (Büro auch im Hauptgebäude der Uni am Plaza de San Diego ) werden regelmäßig Tagesausflüge und auch mehrtägige Reisen organisiert. Im Sommersemester ging

4 es jeweils für einen Tag nach Toledo, Segovia, San Ildefonso und als absolutes Highlight eine 4-tätige Reise nach Ibiza (allerdings mit Bus und Schiff, was aus deutscher Sicht sehr untypisch erscheint). Diese Reisen sind zwar nicht sonderlich durchorganisiert (so sind die Spanier eben), aber sind preiswert und machen viel Spaß. Öffentliche Transportmittel In Alcalá fahren ganz normale Linienbusse durch die Stadt (1 Fahrt = 1, egal wie weit man fährt), allerdings liegt innerhalb des Zentrums alles so eng aneinander, dass man eigentlich zu Fuß überall hingehen kann. Wichtig werden die öffentlichen Verkehrsmittel auf dem Weg nach Madrid: Entweder man fährt mit dem Zug ab dem Hauptbahnhof (10er Ticket bis Atocha, Madrids Hauptbahnhof, für 16.45, einen Monat gültig) oder mit dem Bus ab der Estación de Autobuses in der Nähe des Carrefour (Fahrt nach Canillejas für 1.54 oder für 2.08 zur Avenida de América ; beides sind Bushaltestellen mit Metro- Stationen, von wo aus man dann in Madrids Innenstadt fahren kann). Mit dem Zug kommt man schon direkt im zentralen Madrid an, allerdings fährt der letzte Zug von Alcalá nach Madrid abends um 23.26h und der erste Zug von Madrid nach Alcalá erst um 5.44h. Wenn man also zwischendurch irgendwohin möchte, muss man mit den Bussen Vorlieb nehmen. Die Nachtbusse fahren in der Woche immer zur vollen Stunde ab Avenida de America und dann ca. 7 Minuten später ab Canillejas, am Wochenende halbstündlich bis 3h, ab dann auch nur noch stündlich. Madrids Metro-System ist ziemlich gut durchdacht und sehr gut ausgebaut. Hier kauft man sich auch am besten ein 10er-Ticket für 6.40, ansonsten kostet jede Fahrt 1, und auch hier ist es so, dass man nur pro Fahrt bezahlt, egal wie weit. Allerdings macht auch die Metro von 2h bis 6h Pause, also fährt man in dieser Zeit entweder mit dem Taxi zu einer der beiden Haltestellen, um den Bus nach Alcalá zu nehmen, oder nutzt die Nachtbusse in der Innenstadt von Madrid, die am Plaza de Cibeles (beim alten Postgebäude und dem großen Brunnen, eigentlich nicht zu übersehen) im 10-Minuten-Takt fahren und ca. 10 Minuten bis zur Avenida de America brauchen. Fazit und Tipps In Spanien wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Deadlines sind keine wirklich verbindlichen Deadlines und das Lebensmotto kommst e heut nicht, kommst e morgen charakterisiert das Land in vielerlei Hinsicht recht treffend. Wie sehr man auch deutsche Pünktlichkeit und perfekte Organisation liebt, das gewöhnt man sich schnell ab, wenn man in der meterlangen Schlange an der Supermarktkasse steht, aber die Kassiererin die Ruhe hat, mit der Oma ganz vorne ein langes Gespräch anzufangen, wie es denn Mann und Kind und Haus und Hof geht. Das ist Spanien. Spanien ist auf der anderen Seite aber auch überwältigende Lebensfreude und eine herzliche wenn auch teilweise leider nur oberflächliche Art, die man so im doch eher kühlen Deutschland nie antreffen würde. Auch im Punkt Gelassenheit und Entspannung kann man als Deutscher hier noch viel lernen. So trifft man nicht selten am Abend am Plaza de Cervantes ganze Menschenscharen (vor allem Rentner und Familien mit kleinen Kindern) an, die in geselliger Runde das Leben genießen. Auch sonntags sind die Straßen randvoll mit Jung und Alt ein Anblick, den man aus Deutschland oft nicht gewöhnt ist. Kurz: Es ist ein schönes Land, Alcalá ist eine nette Kleinstadt, in der man auch mal bekannten Gesichtern über den Weg läuft und wenn das zu langweilig ist, fährt man 40 Minuten in die spanische Hauptstadt, die wirklich niemals schläft. Man kann das Leben sehr gut genießen, sollte aber nicht die Uni aus den Augen verlieren. Ich habe viele Leute gesehen, die zwar jeden Barkeeper persönlich kannten, aber noch nie in ihrer Fakultät waren, andererseits aber auch Workaholics, die sich jeden Abend am Schreibtisch festketten und somit das unbeschreibliche Gefühl, zu einer großen internationalen Erasmus-Familie zu gehören, leider nie erlebt haben. Wie so oft im Leben: die Mischung macht s! Also, macht das Beste aus eurem Auslandsaufenthalt, es wird auf jeden Fall eine der tollsten Zeiten

5 eures Lebens werden! Ich wünsche euch allen viel Spaß in Alcalá de Henares! Martina editiert am: