Beech Baron G58. Die Edel-Twin mit Garmin-Cockpit. Sicherheitskonzepte im Flugzeugbau EASA unter Druck

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1 Heft 2009/08 ISSN ,60 USD 7.90 CHF 12,80 D 4910 E Noch zu retten? DFS straft Piloten ab, die im schlechten Wetter IFR erbitten Sicherheitskonzepte im Flugzeugbau EASA unter Druck Beech Baron G58 Die Edel-Twin mit Garmin-Cockpit

2 Beechcraft 12 Pilot und Flugzeug 2009/08

3 Baron G58 Die Beech Baron galt von jeher als Inbegriff der komfortablen und sicheren Zweimot. Mit dem G1000 hat Hawker Beechcraft dem Flugzeug vor zwei Jahren eine moderne und zeitgemäße Avionik verschafft. Mit der EASA-Zulassung der G58 im Mai 2009 steht dieses noble und bewährte Flugzeug nun auch mit europäischer Registrierung zur Verfügung. Pilot und Flugzeug 2009/08 13

4 Modellgeschichte Die Beech Baron kann ihre eigentliche Geburtsstunde auf das Jahr 1956 datieren. In diesem Jahr flog nämlich die Beech 95 Travel Air zum ersten Mal. Die Travel Air, die 1958 in Produktion ging, war eine G-35 Bonanza, der man das Leitwerk des Beech T-34 Militärtrainers aufgesetzt und zwei O-360 Lycomings an die Flächen geschraubt hatte. Die Travel Air war bis 1968 in Produktion, die Baron ging 1960/61 in der Variante Baron 55 aus diesem Muster hervor. Wesentliche Unterschiede zwischen Travel Air und Baron waren die um 15 cm verlängerten Tragflächen, der ebenfalls um 15 cm verlängerte Rumpf, das Leitwerk der Debonair, das der Baron im Vergleich zur Travel Air eine wesentlich schönere Linienführung gab, und natürlich die zwei 260 PS starken IO-470, die in zwei schlanken und formschönen Triebwerksverkleidungen verpackt, der B55 wesentlich bessere Flugleistungen bescherten. Diese Short-Body-Barons wurden von Beech im Laufe der Zeit auf lbs Ahnengalerie: Die Baron ging zu Beginn der 1960er-Jahre aus der Travel Air (oben) hervor. Die Travel Air wiederum war eine Bonanza G-35 mit eckigem Mentor-Leitwerk und zwei Lycoming O-360. Travel Air (oben) und Baron B55 (unten) kann man am besten an der Form des Leitwerks und den wesentlich schlankeren Triebwerksgondeln von der Baron unterscheiden. Bilder: TAP, airventure.org, ABS 14 Pilot und Flugzeug 2009/08

5 Die heutige Baron G58 ist eine Long-Body-Variante, die sich von den 58er-Barons der 1980er-Jahre vor allem durch den Conti IO-550 unterscheidet. Dieser erlaubt zuverlässig den Betrieb Lean of Peak und nimmt der G58 einiges von ihrem Gas- Guzzler-Image. Bilder: Hawker Beechcraft MTOW aufgepäppelt und erreichten dank Conti IO-520 (ab B55C-Modell) Reisegeschwindigkeiten von satten 190 Knoten. Der Höhepunkt der Short-Body-Barons war die Baron 56, die dank zwei Lycoming TIO- 541 mit je 380 PS das schnellste war, was es bei Beech damals im Kolbenbereich zu fliegen gab. Turbo-Barons erreichten 220 bis 230 Knoten mit Leichtigkeit und hielten sogar mit einer damaligen King Air 90 mit. Aufgrund des exotischen Triebwerks, das die 56er Baron mit der Duke teilt, gelten diese Flugzeuge heute jedoch als schwierig im Unterhalt. Im Jahr 1970 stellte Beechcraft dann die Baron 58 vor, eine deutlich verlängerte Variante der Baron 55. Die 58er-Baron wurde zunächst ebenfalls von zwei Conti IO-520 angetrieben. Ab 1976 kamen in den Varianten 58TC (Turbocharged) und 58P (Pressurized) je zwei Conti TIO-520 zum Einsatz. Baron 58TC und 58P wurden dabei komplett neu zugelassen. 1984, nur ein Jahr vor dem Produktions ende der Turbo-Varianten, änderte Beech auch die berüchtigte Non-Standard-An ordnung von Trieb werks-, Klappen- und Fahr werks- Bedien hebeln und verwendete die bei Piper Pilot und Flugzeug 2009/08 15

6 Das elektrische System der Baron G58. Zwei gleichstarke und im Normalbetrieb getrennte 28-Volt- Busse versorgen die über Schutzschalter angehängten Subpanel. AHRS und PFD hängen am linken Bus. Über einen Cross-Tie-Switch kann dieser auch vom rechten Generator aus versorgt werden. 16 Pilot und Flugzeug 2009/08

7 und Cessna übliche Anordnung am Qua dranten: Throttle, Prop, Mixture mit dem Fahr werk links und den Klap pen rechts von den Trieb - werks hebeln. Baron G58 Die Baron G58 wurde 2006 mit einem Garmin 1000 ausgerüstet. Im Mai 2009 erhielt diese die EASA-Zulassung und ist damit für europäische Kunden auch mit einheimischer Re gistrierung verfügbar. Zwei Conti IO-550 mit je 300 PS sorgen für Baron typisch satte Flugleistungen. Wie beim Einbau eines Glas cockpits üblich, erfuhr das elektrische System eine Überarbeitung. Avionik und Elektrik Die Elektrik der G58 ist dank zweier gleicher Triebwerke sehr übersichtlich geraten. Zwei Busse, left und right, werden jeweils von zwei 28 Volt 100 Ampere Licht maschinen gespeist. Zwei 13 Ah Batterien versorgen ihren jeweiligen Bus bei Ausfall des Gen erators mit Strom. Von den Haupt sam melschienen links und rechts zweigen nach System gruppen organisierte Subpanel (Avionik, Flugzeugsysteme etc.) ab, die über Kurz schlusssicherungen mit der Hauptsammelschiene verbunden sind. Die sonst oft als Essentials bezeichneten Systeme des Glascockpits (AHRS, PFD, Standard 200-Gallonen Treibstoffsystem der G58 mit Wing-Tip-Tanks. Befüllt man die Baron nur durch den inneren Füllstutzen, nimmt das System maximal 166 USG ausfliegbaren Treibstoffs auf. Befüllt man auch den äußeren Stutzen kommt man auf 194 Gallonen (734 Liter). COMM1) hängen dabei am Avionics Circuit Breaker Panel, das vom linken Bus gespeist wird. Fällt beispielsweise der Generator auf der linken Seite aus, muss der Pilot also rechtzeitig vor dem Versagen der linken Batterie den Cross-Tie-Switch betätigen, der die beiden ansonsten getrennten Busse zusammenschaltet und so den linken Bus mit Strom vom rechten Generator versorgen. Die Garmin 1000 Installation in der G58 beinhaltet den GFC-700, den man getrost als den wohl besten GA-Autopiloten zurzeit bezeichnen darf. Treibstoffsystem Das Treibstoffsystem der Baron besteht aus drei miteinander verbundenen Wet-Wing- Zellen in jeder Tragfläche, die über einen gemeinsamen Füllstutzen pro Fläche be- Pilot und Flugzeug 2009/08 17

8 füllt werden. Standardmäßig verfügt die G58 zudem noch über einen Wing-Tip- Tank, der über einen eigenen Stutzen betankt werden muss. Die gesamte ausfliegbare Menge Treibstoff beträgt 194 Gallonen (734 Liter). Ohne Wing-Tip-Tank beträgt das Tankvolumen 166 USG (628 Liter) ausfliegbaren Treibstoffs. Gedraint werden muss das System an insgesamt acht Stellen. Die Bedienung ist indes sehr einfach: Zwei Wahlhebel jeweils mit der Stellung ON, OFF und Crossfeed im vorderen Rumpfboden genügen. Die elektrische Zusatzpumpe kann wie bei allen IO-550-Installationen in den Positionen LOW und HIGH gefahren werden, wobei die Position HIGH nur bei hohem Fuel flow verwendet werden darf. Ein Climb-Fuel-Flow-Marker berechnet aus RPM, Ladedruck und Dichtehöhe den benötigten Kraftstoff im Steigflug, der Pilot muss hier nur noch die beiden Fuelflow-Anzeigen mit dem Fuel-Flow-Marker auf dem Garmin 1000 in Deckung bringen. Performance Eine durchschnittlich ausgerüstete Baron bringt es auf ca lbs (1.846 kg) Leermasse. Bei einem maximalen Abflug gewicht von lbs (2.495 kg) bleiben also noch gute 650 kg, um sie auf Passagiere und Gepäck zu verteilen. Ein maximum Zero Fuel Weight von lbs dürfte in der Praxis kaum eine Einschränkung bedeuten, es handelt sich dabei ohnehin nur um einen berechneten Wert aus MTOW minus 1,5 Stunden im High-Speed-Cruise mit 32 GPH. Die Anfangs-Steigleistungen der Baron sind mit Werten um fpm bei ISA und Aufgeräumter geht s nicht mehr. Cockpit der Baron G58 mit Garmin Die Integration von Garmin- Autopilot und Glascockpit bringt eine wirksame Entlastung des Piloten mit sich. Bild Hawker Beechcraft 18 Pilot und Flugzeug 2009/08

9 Einmotorig wird es kolbentwintypisch deutlich enger mit der Performance. Bei 20 C und ft Druckhöhe klettert eine voll beladene Baron mit einem Triebwerk noch mit 2,8%, das bedeutet 282 fpm bei 101 Knoten (blue line). Ab Dichtehöhen von ft wird ein einmotoriger Flug mit einer voll beladenen Baron unmöglich, als Single Engine Service Ceiling sind ft angegeben. Die Reisegeschwindigkeiten in ft liegen mit der Baron zwischen 198 KTAS bei max. Cruise Power und 14,8 GPH pro Seite und 193 KTAS bei 12,5 GPH im recommended Cruise bei 20 Lean of Peak (Achtung, Werte gelten für lbs!). Der Conti 550 beweist damit seine ausgezeichneten LOP- Eigenschaften, 190 Knoten sollten sich mit der Baron zwischen und ft eigentlich immer erreichen lassen. Muss man doch einmal hoch, läuft die G58 in ft noch ordentliche 182 KTAS, und das bei erträglichen 10 GPH (38 Litern) pro Seite. Cruise-Performance der G58. Die Verbrauchswerte sind insbesondere Lean of Peak bei weitem nicht so dramatisch, wie man es für ein Flugzeug dieser Größenklasse erwarten sollte. Knapp 200 Knoten bei 25 GPH sind für ein 2,5-Tonnen- Flugzeug kein schlechter Wert. Höhen zwischen MSL und ft ausgesprochen beachtlich, mangels Turbo nimmt die Kletterfreudigkeit in der Höhe allerdings ab, in ft steigt die G58 noch mit guten 750 fpm. Im Vergleich Einen wirklichen Mitbewerber hat die Baron unter den Neuflugzeugen eigentlich nicht. Zählt man DA- 42 und Seminole zu den Trainern, ist die Seneca V die am ehesten vergleichbare Zelle. Beide Flugzeuge verfügen über moderne Glascockpits, sind für bekannte Ver eisungsbedingungen zugelassen, haben sechs Pilot und Flugzeug 2009/08 19

10 Sitze und keine Druckkabine. Wesentlicher Unter schied: Während die Seneca ihre Performance aus zwei turbo auf geladenen 220 PS Conti TSIO-360 schöpft, nutzt die Baron zwei nicht aufgeladene Conti IO-550 mit je 300 PS. Ob sich aus dem augenscheinlichen Vorteil der Aufladung ein tatsächlicher Vorteil für die Seneca V ergibt, werden wir gleich sehen. Wir fliegen mal wieder von Zürich (LSZH) nach Hamburg (EDDH). 390 NM beträgt das Airway-Routing. Taxi-Fuel lassen wir bei beiden Flugzeugen außer Acht. Zunächst geht die Seneca V an den Start. Wir fliegen in ft, das dürfte für diese Große Doppeltür und Platz in der Höhe. Nicht zuletzt wegen der großen Fenster wirkt die Kabine der G58 sogar noch etwas größer, als sie tatsächlich ist. Die Baron bietet im Vergleich z.b. zur Seneca V eine deutlich bessere Zuladung und sehr viel mehr Platz für Gepäck, während das Platzangebot für Piloten und Passagiere in etwa vergleichbar ist. 20 Pilot und Flugzeug 2009/08

11 Flugzeuge ein typischer Kompromiss aus Performance und Bequemlichkeit sein (kein Sauerstoff). Wir fliegen eine EU-Seneca, also ein auf kg MTOW abgelastetes Flugzeug. Die voll beladene Seneca V steigt an einem ISA-Tag in nur sechs Minuten auf FL100, verbraucht dabei 3 Gallonen Treibstoff und legt 10 NM zurück. Wir fliegen im Normal Cruise, also mit RPM und 29 Inch Ladedruck. Das kostet 24 GPH (91 l/h) und bringt 176 KTAS. Bis zum Top-of-Descend 25 NM vor dem Ziel haben wir also 355 NM zurückzulegen, was die Seneca in exakt zwei Stunden für insgesamt 48 Gallonen (182 Liter) erledigt. Bis zur Landung in EDDH (ideales Sinkflugprofil) laufen weitere 3 Gallonen durch die beiden Conti, und es vergehen nochmals 10 Minuten. Ergebnis: Eine Reisezeit von 2:16 Stunden und 54 Gallonen (204 Liter) weniger im Tank als beim Wheels-up in LSZH. Jetzt die Baron: Mit lbs voll beladen ist die Baron nach 9 Minuten auf ft. Bis dahin hat sie 8 Gallonen Treibstoff verbraucht und mit 136 KIAS Climb-Speed 25 NM zurückgelegt. Für unseren Sinkflug brauchen wir 20 Minuten, 8 Gallonen und 62 NM. Bedeutet: 303 NM im Reiseflug, die wir im Recommended Cruise bei 20 LOP mit 193 KTAS fliegen, wofür unsere Baron 1:34 Stunden benötigt und bei 25 GPH 39 Gallonen (148 Liter) verbraucht. Zwischenstand: 2:03 Reisezeit und 55 Gallonen (208 Liter) verbrauchter Treibstoff. Das überraschende Ergebnis: Der gefürchtete Gas-Guzzler ist gar keiner! Die Baron entpuppt sich auf der Strecke als verbrauchsgleich mit der PA34-220T und ist bei gleichem Energiebedarf sogar 13 Minuten oder rund 10 Prozent schneller, also effizienter, als die Seneca. Das überraschende Ergebnis: Der gefürchtete Gas-Guzzler ist gar keiner! Die Baron entpuppt sich als verbrauchsgleich mit der PA34-220T und ist bei gleichem Energiebedarf sogar 13 Minuten schneller, also effizienter als die Seneca. Jetzt fehlt freilich noch die Betrachtung der Massen. Dafür müssen wir unser Reservefuel mit einrechnen, und da machen wir s uns heute einfach: Eine Stunde bei Normal-Cruise soll für den Vergleich genügen. Ergibt 24 Gallonen bei der Seneca und 25 Gallonen bei der Baron. Beim Start in LSZH muss die Seneca also 78 Gallonen Treibstoff an Bord haben, die Baron muss 80 Gallonen mitführen. Wir nehmen für die Seneca V die Leermasse unserer Vergleichsmaschine aus dem Bericht zum Piper-Lineup in Pilot und Flugzeug Ausgabe 2007/05 an kg Leergewicht sind zu veranschlagen, das bedeutet, dass wir mit dem Treibstoffgewicht von 212 kg auf kg kommen und somit noch 182 kg oder zwei Personen ohne Gepäck zuladen können. Nicht unbedingt üppig, aber der Beispielflug aus der letzten Ausgabe von Pilot und Flugzeug zeigt, dass man schon zu sehr betagten Kämpfern greifen muss (PA30, C210 etc.), um hier wirklich deutlich besser abzuschneiden. Pilot und Flugzeug 2009/08 21

12 So sieht Hawker Beechcraft den Vergleich im Innenraum zwischen Baron und Seneca. Die Seneca ist um 33 cm breiter, während die Baron in etwa um dasselbe Maß höher ist. Die Baron bringt es in der Realität und mit EU-Ausrüstung auf kg Leermasse - zusammen mit den 80 Gallonen (302 Litern) Treibstoff sind das kg. Dank einem maximalen Abfluggewicht von kg kann die Baron auf dem Flug jedoch 431 kg zuladen, weit mehr als das Doppelte der Seneca. Vier Personen und reichlich Gepäck sind mit der Baron also kein Problem auf einem Flug, bei dem zwei normalgewichtige Seneca-Flieger schon jedes Blatt in der Aktentasche zweimal umdrehen müssen. Payload-Range-Vergleich zwischen Baron G58 und Seneca V. Baron ist in ft mit Recommended Cruise Power mit 190 Knoten und 25 GPH unterwegs. Die Seneca darf für diesen Vergleich etwas höher fliegen und ist in ft mit High-Speed-Cruise-Power bei 28 GPH ebenfalls 190 Knoten schnell. Für eine bessere Vergleichbarkeit der beiden Zellen haben wir die Seneca in dieser Betrachtung mit ihrem tatsächlichen MTOW von lbs (2.155 kg) angesetzt. (Betrachtung ohne Berücksichtigung von max. Zero Fuel Weight, T/O, Climb und Treibstoffreserve). 22 Pilot und Flugzeug 2009/08

13 Kosten im Vergleich Wir sehen also: Im direkten Vergleich auf einer typischen innereuropäischen Strecke ist die Baron etwa 10% schneller als die Seneca, kann weit mehr als das Doppelte schleppen und kommt dabei mit etwa der gleichen Menge Sprit aus. Den Vergleich kann man noch etwas in die ein oder andere Richtung verschieben; je höher geflogen wird, desto besser kommt die Seneca weg - aber wer fliegt schon dauernd mit Sauerstoff in der Nase? Einen unzweifelhaften Vorteil genießt die Seneca dank Turbo in der Single-Engine- Service Ceiling. Solange das Flugzeug nicht überladen oder mit Eis belegt ist, wird die Piper ihre Insassen in Europa frei von Gelände halten. Die Baron ist schon in ft am Rande ihrer Möglichkeiten angelangt. Die Seneca genießt indes zwei weitere Vorteile: Anschaffungspreis und Betriebskosten! In der Anschaffung ist die Piper satte Dollar günstiger als die rund 1,1 Mio. Dollar teure Beech, und im Betrieb wird die Seneca die Beech ebenfalls schlagen, da sie generell in der Instandhaltung etwas genügsamer ist (was bei Neuflugzeugen aber nicht sehr stark ins Gewicht fallen sollte), vor allem aber, weil für sie keine Streckengebühren zu entrichten sind. Die Baron punktet bei Zuladung und bei einer für ihre Größe sehr guten Effizienz. Wer mit mehr als zwei Personen ernsthafte Strecken in Europa legal zurücklegen möchte, für den ist die Seneca V mit kg nicht mehr ausreichend. Die Baron erlaubt tatsächlich den legalen Flug mit der ganzen Familie ans Mittelmeer oder den Transport von drei Aufrechtes Sitzen auch in der hintersten Sitzreihe. Die Baron ist edel, da gibt es nichts zu rütteln, allerdings ist sie sowohl in der Anschaffung wie auch im Betrieb deutlich teurer als die Seneca. oder vier Mitarbeitern samt Ausrüstung zum Kunden von Augsburg nach London. Mit der Seneca V geht das nicht. Punkten kann die Baron auch beim Thema Komfort. Dies ist ein Stück weit ein subjektives Urteil des Autors, das mir an dieser Stelle jedoch erlaubt sei. Die Seneca ist zwar 33 cm breiter als die Baron, die Beech ist aber um die selben 33 cm höher und wirkt dank Pilot und Flugzeug 2009/08 23

14 der gigantischen Fenster sogar noch größer. Die großen Flügeltüren der Baron sind zudem eine himmlische Erleichterung bei der Beladung des Flugzeugs, der Gepäckraum in der Rumpfnase erlaubt zudem die Tren nung von technischem Equipment und Passagiergepäck, der Gepäckraum im Inneren der Kabine ist bei der Baron deutlich größer. Für groß gewachsene Piloten mag der Platz im Cockpit der Baron knapp werden, schließlich sitzt der Pilot auf dem Hauptholm der Tragfläche mehrere Zentimeter höher als die zweite Sitzreihe, sehr langbeinige Flieger kommen aber auch in der Seneca schnell an die Bequemlichkeitsgrenze. Spezifikationen Beechcraft Baron G58 Empty weight: Max ramp weight: Gross weight: Landing weight: Max zero-fuel weight: Fuel capacity (usable): Payload w/ full fuel: Massen und Gewichte lbs / kg lbs / kg lbs / kg lbs / kg lbs / kg 194 USG / 734 ltr 336 lbs / 152 kg Bei den Geschwindigkeitsgrenzen kommt die Baron dem IFR-Betrieb an großen Flughäfen zusätzlich entgegen, eine V LO (Maximum Gear Operating Speed) von 152 KIAS erlaubt eine bessere Einreihung in den Verkehrsfluss als die Seneca V mit 128 KIAS. Modell: Leistung: TBO: Triebwerke Continental IO-550C 300 PS hrs Fliegerisch stellen beide Flugzeuge vergleichbare Anforderungen an den Piloten, wobei die Baron dank vollintegriertem Garmin- Autopiloten hier den Piloten vielleicht noch ein wenig besser entlasten kann als die Seneca mit Avidyne/S-TEC Kombination. Safety Die Baron genießt in der Gruppe der Kolbenzweimots übrigens einen tadellosen Safety- Record. Ein Mitte der 1990er-Jahre erstellter Safety-Review der ASF attestiert der gesamten Flotte aus 55er, 56er und 58er Baron im Vergleich zu 300er Cessna und Piper 24, 34 und 60 deutlich geringere Unfallzahlen. 4,7 Flugunfälle pro Stunden, gegenüber Flugleistungen Reisegeschwindigkeit bei recommended cruise power, 20 LOP, ISA in: ft 29,4 GPH / 197 KTAS ft 23,4 GPH / 190 KTAS ft 20,0 GPH / 182 KTAS Best rate of climb, SL, ISA: Best rate of climb, SE, ISA Service ceiling, ISA: Service ceiling, SE, ISA: Takeoff ground roll, MSL, ISA: Landing ground roll, MSL, ISA: Preis: 1700 fpm 390 fpm ft ft 701 m 396 m USD mit Wetterradar 24 Pilot und Flugzeug 2009/08

15 5,4 Unfällen pro Stunden im Rest der Gruppe über einen Zeitraum von elf Jahren. Überdurchschnittlich hoch sind die Landeunfälle mit der Baron, insbesondere Fahrwerks-Probleme bzw. Fehl- oder Nicht- Bedienungen des Fahrwerks (Gear-up Landing). Diese Auffälligkeit, die von den Single- Engine-Modellen dieser Jahre geteilt wird, veranlasste die NTSB im Jahr 1980 sogar zu einer Sonderuntersuchung, in deren Konsequenz 1984, wie schon erwähnt, die Anordnung der Fahrwerks- und Klappen-Schalter auf den allgemein üblichen Standard geändert wurden. Wetterunfälle waren ebenfalls ein Bereich, in dem die Barons stärker vertreten waren als andere Muster dieser Klasse. Fazit Bei einem flüchtigen Blick auf die Spezifikationen der G58 mag man sich fragen: Eine Kolbentwin ohne Druckkabine und ohne Turbos für deutlich über eine Million Dollar? Dafür bekäme man ja einen Single-Engine- Jet! Man sollte hier jedoch nicht Luftschlösser mit Flugzeugen vergleichen. Die Baron gibt es. Seit 40 Jahren bewährt und erprobt, von einem stabilen und kompetenten Hersteller mit weltweitem Service-Netz und einer über alle Zweifel erhabener Firmen-Historie. Curris-Jet, D-Jet und wie sie alle heißen sind Pläne, Träume, über deren Realisierungschancen man sich durchaus Gedanken machen kann. Cirrus hat in den letzten Monaten wenig bis nichts am Cirrus-Jet getan und Diamond schweigt sich über den D-Jet und dessen Fortschritte aus, nur gelegentlich kommen Nachrichten vom x-ten Triebwerks- Switch an die Öffentlichkeit. Die schärfste Konkurrenz sowohl für Baron wie auch für Seneca geht von den Turbinen- Singles auf Basis der PA-46 aus. Man kann über die Kolben-Saurier denken was man will, aber Baron und Seneca sind im Markt und zwar schon seit Jahrzehnten. Der Vergleich zur Seneca V lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Die Baron kann mehr und kostet mehr. Der kostenmäßige Vergleich wäre wesentlich knapper, gäbe es nicht die willkürliche Schallmauer bei kg für die IFR-Streckengebühren in Europa. Die Baron ist edel und sehr komfortabel. Ein auch äußerlich wunderschönes Flugzeug, das bei knapp 200 Knoten dank der LOPfähigen IO-550 ausgezeichnete Fuelflow- Werte in den typischen Reiseflughöhen mitbringt und sich bei Payload und Range als wirklicher Viersitzer präsentiert. Werksflugbetriebe und selbstfliegende Unternehmer sind die Hauptinteressenten für dieses Muster, erklärt Hans Doll, Vertriebsleiter von Beechcraft Augsburg, im Gespräch mit Pilot und Flugzeug. Wer sich mit Meridian oder Jetprop nicht anfreunden kann, wer zwei Triebwerke haben möchte und mehr als zwei Personen zu transportieren hat, der landet relativ bald bei der Baron. Immerhin 40 G58 lieferte Hawker Beechcraft im Jahr 2008 aus, im ersten Quartal 2009 waren es branchenbedingt nur drei Maschinen, Doll ist jedoch zuversichtlich, auch aufgrund der EASA-Zulassung nun europäische Kunden verstärkt für die große, bequeme und robuste Kolbenzweimot begeistern zu können. ^ Jan.Brill@pilotundflugzeug.de Pilot und Flugzeug 2009/08 25