RHODOS IN DER ANTIKE DIE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE DER STADT RHODOS ALS KULTURELLES ZENTRUM IN HELLENISTISCHER ZEIT: PHILOSOPHIE UND REDNERSCHULEN
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- Clara Michel
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1 RHODOS IN DER ANTIKE DIE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE DER STADT RHODOS ALS KULTURELLES ZENTRUM IN HELLENISTISCHER ZEIT: PHILOSOPHIE UND REDNERSCHULEN EIN STUDIENREISEFÜHRER DURCH TEILE DES ANTIKEN RHODOS LV: RHODOS DREHSCHEIBE DER KULTUREN IM ÖSTLICHEN MITTELMEERRAUM LV-LEITUNG: DR. CHRISTINA ANTENHOFER/MAG. BIRGIT GUFLER GRAUSGRUBER SIGRID/ KATHREIN MARLIES SOMMERSEMESTER
2 VORWORT Liebe LeserInnen und FreundInnen der Antike! Wir begrüßen Sie hiermit herzlich zu unserer literarischen Tour durch Teile des antiken Rhodos und bedanken uns dafür, dass Sie sich für die Lektüre dieser Arbeit entschieden haben. Nun fragen Sie sich sicher - auch zu Recht, was Sie im Folgenden erwartet und womit wir Ihnen einen Lesegenuss verschaffen werden. Im Prinzip ist es schnell erklärt: Wir beginnen mit dem spannenden Thema Die Gründung der neuen Stadt Rhodos. Alle, die sich mit der Geschichte der Insel Rhodos beschäftigen, sollten von diesem Ereignis gehört haben. An dieser Stelle möchten wir den berühmten Stadtplaner und Baumeister Hippodamus von Milet erwähnen, dessen Entwürfen der rhodische Stadtplan folgt. In diesem Zusammenhang werden wir auch kurz die wirtschaftlichen Gegebenheiten der neuen Stadt Rhodos erörtern. Sicher möchten Sie jetzt schon mehr darüber erfahren haben Sie noch etwas Geduld, dann werden sie mit interessanten Details belohnt! Der zweite Teil dieser spannenden Arbeit befasst sich mit der kulturellen Blütezeit von Rhodos, die in die hellenistische Epoche zu datieren ist. Insbesondere die legendären Philosophie- und Rednerschulen, die es auf Rhodos gab, bilden das Zentrum der Ausführungen. Viel Spaß beim Lesen wünscht ihr Antike-Team! 2
3 GRÜNDUNG DER NEUEN STADT RHODOS Ein Besuch in Rhodos gleicht einer Zeitreise in die Vergangenheit. An vielen Plätzen finden sich noch Reste der antiken Stadt und machen jedem Besucher bewusst, dass Rhodos eine sehr bewegte Geschichte durchlebt hat. Diese Stadt besteht schließlich schon seit rund 2400 Jahren am selben Ort. 411 v. Chr. vereinten sich die Stadtstaaten Ialysos, Kamiros und Lindos auf der Insel Rhodos in einem Synoikismos, um sich auf politischer und ökonomischer Ebene gegen die beiden großen Machtblöcke Athen und Sparta zu stellen. Die Stadt Rhodos wurde im Jahr 408/407 v. Chr. an der Nordost-Spitze der Insel, während des Peloponnesischen Krieges, gegründet. Zuvor hatten die Athener, die mit den Rhodiern verbündet waren, die Insel in der Seeschlacht bei der benachbarten Insel Symi an die Spartaner verloren. Synoikismos [ ] bedeutet im griech. Staatsrecht die aus polit. oder militär. Gründen oder beiden erfolgte Zusammensiedlung bisher nicht verbundener Orte im eigentlichen (=räumlichen) und übertragenen (=rechtlichen) Sinne. Der Synoikismos kann eine bestehende Polis verstärken oder die Anlage einer neuen ermöglichen. [ ] Die polit. Gründe für einen Synoikismos können vielfältiger Art sein: [ ] (Anm.: zum Beispiel) Hauptstadtgründung für ein neues Staatswesen (Rhodos: Diod. 13,75,1) [ ] (Aus: Erich Berneker, Synoikismos, in: Ziegler, Konrat/ Sontheimer, Walter/ Gärtner, Hans (Hrsg.), Der kleine Pauly. Lexikon der Antike (Bd. 5, Schaf bis Zythos), München 1975.) Die Wahl des Platzes war entscheidend für die zukünftige Entwicklung. Da Rhodos mit natürlichen Häfen ausgestattet war, konnte sich die Stadt eine bedeutende Stellung im Seefahrts- und Handelssektor sichern. Der natürlich bestehende Hügel, auf dem die Akropolis errichtet wurde, war mit seiner steilen West-Seite gut zu verteidigen. Die Stadt war gemäß den Berechnungen von Archäologen, die den antiken Stadtplan rekonstruierten ca. 290 ha groß. Dort ließen sich viele Bürger der alten Städte, aber auch Fremde aus Athen und anderen Orten nieder. Bereits in den Anfangsjahren des Bestehens von Rhodos existierten innerhalb der städtischen Wohnviertel nicht wenige Gebäude öffentlicher oder sakraler Nutzung, wie zum Beispiel das Heiligtum der Demeter oder das Asklepieion, das Heiligtum für den Gott der Heilkunst. Die Agora (= Ort der Versammlung; Markt in der Mitte der Stadt) befand sich vermutlich im Zentrum der Stadt, der Mittelpunkt des religiösen Lebens war am höchsten Punkt der Stadt im 3
4 Bereich der Akropolis angesiedelt. Zudem befanden sich dort bedeutende öffentliche Gebäude wie das Stadion, das Gymnasion der Epheben mit der Bibliothek und das Theater. Die neue Stadt Rhodos wurde nach dem hippodamischen System angelegt: mit einem engmaschigen, sich rechtwinklig schneidenden Straßennetz, mit kleinen Baublöcken und Häusern. Ob sich Hippodamos persönlich an der Planung und Erbauung der Stadt Rhodos beteiligt hat, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Sicher ist jedoch, dass die Prinzipien, denen der rhodische Stadtplan unterliegt, die hippodamischen sind und dem Plan des Piräus (Haupthafen Griechenlands bei Athen) folgen. Dieser geht ebenfalls auf Hippodamos von Milet zurück. Hippodamos war ein griechischer Baumeister, dessen Lebenszeit nicht genau datiert werden kann, man vermutet jedoch, dass er im 5. Jh. v. Chr. lebte. Zeugnisse über ihn findet man vor allem bei dem berühmten Philosophen Aristoteles. Was uns Aristoteles über Hippodamos berichtet Hippodamos, der Sohn des Euryphon, ein Milesier, der auch eine Einteilung der Städte erfand und den Peiraieus ebenfalls unterteilte, [ ]. Er jedenfalls unternahm es als erster der nicht politisch Tätigen, sich über die beste Staatsverfassung zu äußern. Er richtete einen Staat ein mit einer Bevölkerungsmenge von zehntausend, einen Staat, den er in drei Teile aufteilte. Einen Teil nämlich bestimmte er aus Handwerkern, einen aus Bauern, den dritten aber aus denen der Kämpfer und der Waffentragenden. Und das Land unterteilte er in drei Teile, in ein geheiligtes, ein öffentliches und ein privates. Woher man üblicherweise all das für den Gottesdienst nimmt, das sei geheiligtes, wovon die Krieger leben, gemeinsames und das Gebiet der Bauern privates Land. Er meinte auch, dass es nur drei Arten von Gesetzen gebe; worüber nämlich Prozesse stattfänden, davon gebe es auch nur drei Arten der Zahl nach: Entehrung, Schädigung und Totschlag. [ ] Alle Beamten aber sollten aus dem Volke wählbar sein; als Volk faßte er die drei Teile des Staates auf. Die Gewählten aber sollten sich um die gemeinsamen Angelegenheiten kümmern, um die Fremden und Waisen. (Quelle: Aristoteles, Politik. Schriften zur Staatstheorie (übersetzt und herausgegeben von Franz F. Schwarz), Stuttgart 1989, Zweites Buch, 8.) Die baulichen und siedlungstechnischen Formen mussten dem System angepasst sein bzw. dienten als Voraussetzung dafür, dass das Staatssystem funktionieren konnte. Fremde Ansiedler standen anscheinend außerhalb der Bürgerschaft, der Status von Unfreien bei Hippodamos ist unklar. 4
5 Rekonstruktionsplan des Grundrisses der antiken Stadt (Aus: Hoepfner, Wolfram, Der Koloß von Rhodos und die Bauten des Helios. Neue Forschungen zu einem der Sieben Weltwunder, Mainz am Rhein 2003, S. 22.) 5
6 Weitere Entwicklungen Die neu gegründete Stadt Rhodos war zum Meer hin ausgerichtet und entwickelte sich entlang der drei wichtigsten Häfen, insgesamt besaß sie jedoch fünf Häfen: Den Großen oder Handelshafen, den Kleinen oder Kriegshafen - heute ist für diesen der Name Mandráki gebräuchlich - und den Westhafen, der mittlerweile zugeschüttet wurde. Es wird vermutet, dass auch dieser Hafen für Handelszwecke genutzt wurde. Im Gegensatz zum unbefestigten Handelshafen war der Kriegshafen von Anfang an durch Mauern geschützt. Zudem gab es noch den so genannten Offenen Hafen (Akandia Hafen) und den Hafeneinfahrt zum Großen Hafen Südhafen, sie waren jedoch weniger bedeutend. Nach einer großen Überschwemmung im Jahre 316 v. Chr. wurde für die gesamte Stadt ein Abwassersystem eingerichtet, weil die Überschwemmung nicht vom Meer, sondern durch starke Regenfälle verursacht worden war. Nachdem Rhodos 305/304 vom Makedonenkönig Demetrios I. Poliorketes, Sohn des Antigonos I. Monophthalmos, acht Monate erfolglos belagert wurde, begannen die Rhodier ihre Verteidigungsanlagen, die heute noch auf fast 800m erhalten sind, auszubauen. Nach dieser Belagerung fingen die Rhodier damit an die Heiligtümer in der Stadt zu erneuern, um ein Versprechen einzulösen, das sie den Göttern gegeben hatten. Auch erbauten sie in dieser Zeit als Zeichen der Dankbarkeit gegenüber Ptolemaios I. (der ihnen während der Zeit der Belagerung geholfen hatte) das Ptolemaion als zweites Gymnasion der Stadt. Generell lässt sich feststellen, dass Rhodos im 3./2. Jh. v. Chr. eine Seemacht, ein wirtschaftliches, geistiges und kulturelles Zentrum und eine blühende Siedlung mit geschätzten Einwohnern war. 6
7 Handelstreiben auf Rhodos Rhodos als wirtschaftliches Zentrum Bereits in der Bronzezeit gab es minoische und mykenische Handelsstützpunkte auf Rhodos. In der Archaischen Zeit hatte Rhodos im ganzen Mittelmeerraum Handelsbeziehungen, denn mit der Gründung der Stadt 408/407 v. Chr. entwickelte sich ein bedeutender Handelshafen. Die Handels-Monopolstellung im östlichen Mittelmeerraum konnte Rhodos auch unter der Herrschaft Alexanders des Großen halten und erst als Rom 167 v. Chr. Delos zum Freihafen erklärte (d.h., dass in diesem Hafen weder Hafengebühren noch Zölle erhoben wurden), verlor Rhodos seine Vormachtstellung im Handel und musste auf die Zolleinnahmen verzichten. Rhodos war aufgrund der Städtearchitektur eine der modernsten Städte der damaligen Welt, die um 330 v. Chr., das athenische Monopol im Kornhandel mit Ägypten an sich reißen konnte. Danach erlebte die Stadt in wenigen Jahrzehnten einen kometenhaften Aufstieg zur reichsten Handelsmacht Griechenlands. Im Hafen lagen Schiffe aus Syrien, Ägypten, aus dem Pontus- Gebiet am Schwarzen Meer und aus Sizilien. Dass Rhodos ein Umschlagplatz für den weltweiten Handel war, zeigen die erhaltenen Papyri. Es fanden sich hier Vertreter aus den großen Handelshäusern von Sidon, Tyros, Arados, Alexandreia. Diese erhielten Aufträge für phönizische Ware und gaben Aufträge für griechische Ware weiter. Besonders als Umschlagplatz für Getreide hatte Rhodos eine große Bedeutung. Belegbar ist außerdem ein staatliches Interesse am Import von Lebensmitteln und von strategischen Gütern namentlich der Import von Schiffbauholz ist mehrfach bezeugt. Angaben zum Export von auf rhodischem Staatsgebiet produzierten Gütern scheinen jedoch problematisch: rhodische Spezialitäten (gewonnen aus Listen antiker Schriftsteller) wie etwa Schwämme, Honig oder Bleiweiß, helfen kaum weiter, weil sie hinsichtlich der produzierten Mengen und der Art ihres Vertriebes ganz unbestimmt bleiben. Für den rhodischen Honig ist immerhin belegt, dass er im Jahre 259 v. Chr. einmal in geringen Mengen nach Ägypten eingeführt wurde. Konkretere Aussagen lassen sich allein über den Handel mit rhodischen Amphoren treffen. Klar scheint, dass Alexandreia und der nördliche Schwarzmeerraum zwischen der Mitte des 3. Jh. und dem Ende des 2. Jh. V. Chr. wichtige Absatzgebiete für rhodische Amphoren waren. Da Amphoren Flüssigkeitsbehälter sind, liegt die Annahme nahe, dass in den rhodischen Amphoren Wein transportiert wurde. 7
8 Sehenswürdigkeiten 1 Am nördlichen Ende der Altstadt liegt der Mandráki Hafen: Die Hafeneinfahrt markieren seit der italienischen Besatzungszeit Elafos und Elafine (Hirsch und Hirschkuh), zwei Bronzefiguren. Am östlichen Ende wird der Hafen von einer rund 400 m langen Mole begrenzt, auf der sich noch drei mittelalterliche Mühlen die nicht mehr in Betrieb sind befinden. Das Ende des Kais markiert die Festung Ágios Nikólaos, ein gewaltiger Rundturm aus dem 15. Jh., der zum Schutz der damaligen Ritterstadt erbaut wurde. Der Turm ist leider nicht zu besichtigen, aber der Hafen selbst mit seiner romantischen Einfahrt ist ein absolutes Muss für jede(n) Rhodos-BesucherIn. Auf der Landseite des Mandráki Hafens liegt der von den Italienern erbaute Neue Markt, auch genannt Nea Agora, ein quirliger Basar am Morgen, an dem man Frisches von der Dodekanes erstehen kann. Besonders Liebhaber von Fisch, Obst, Gemüse und Gewürzen aller Art werden hier auf ihre Kosten kommen. Wer sich nach diesem sinnlichen Erlebnis eine kleine Verschnaufpause gönnen möchte, der sollte in den Cafés am Mandráki Hafen die besten Kuchen und Torten der Stadt genießen oder eine der zahlreichen Tavernen im Innenhof aufsuchen. Ein kleiner Tipp für Nachtschwärmer: die Tavernen sind auch am Abend ein beliebter Treffpunkt. Die Hafeneinfahrt zum Mandráki Hafen 8 Die Festung Ágios Nikólaos
9 Museumsbesichtigung Außerdem empfiehlt sich der Besuch des Archäologischen Museums, bei dem man die eine oder andere Amphore bestaunen kann. Zudem befinden sich hier alle wichtigen archäologischen Funde der Dodekanes: Bildhauerarbeiten aus hellenistischer und römischer Zeit (unter anderem auch Grabstelen aus spätrömischer Zeit). 9
10 PHILOSOPHIE UND RHETORIK AUF RHODOS Die kulturelle Blütezeit der Philosophie und Rhetorik auf Rhodos lässt sich in die Zeit des Hellenismus datieren. Berühmte Persönlichkeiten wie Cäsar und Cicero besuchten in dieser Zeit die Insel, um in der legendären rhodischen Rednerschule den Rhetoriklehrern zuzuhören. In der klassischen Zeit begannen sich auf der Insel Poeten, Philosophen, Maler und Bildhauer zu sammeln, die bis in die Zeit der römischen Herrschaft zahlreich vertreten waren. Betrachtet man die ökonomische Entwicklung in der hellenistischen Zeit wird jedoch klar, dass wirtschaftliche (167 v. Chr. wurde Delos zum Freihafen erklärt) und kulturelle Abschwächung nicht immer parallel verlaufen. Philosophie und bildende Künste blühten weiter bis in die frühe Kaiserzeit im 1. Jh. n. Chr. Im 1. Jh. vor der Zeitenwende war Rhodos ein bedeutendes Zentrum für Philosophie und Rhetorik und zog viele bedeutende Männer an: Zum Beispiel Cassius, Cato, Cicero, Brutus, Caesar, Pompeius und Lukrez. Philosphie Die Philosophie hat in der Antike eine lange Tradition. Zentrum der Philosophie war im 5. und 4. Jh. v. Chr. die Stadt Athen. Dort waren zunächst vor allem zwei Philosophenschulen bedeutend: die Akademie und der Peripatos. In beiden Schulen beschäftigte man sich hauptsächlich mit der Verarbeitung neuer Einsichten und versuchte mittels philosophischer Konstrukte die Welt als Ganzes zu erklären. Neben den bereits genannten Philosophenschulen existierten die so genannten kleinen sokratischen Schulen (z.b. die der Kyniker). Diese konzentrierten sich auf Dialektik, Erkenntniskritik und praktische Lebensführung. Im 3. Jh. V. Chr. kam es jedoch zu einer Wende in der Philosophie. Gründe dafür können in den Diadochenkämpfen gesehen werden, denn plötzlich wurde man aufgrund der Kriegswirren und der Veränderung der politischen Verhältnisse mit der Unbeständigkeit des Lebens und dem Tod als Bedrohung konfrontiert. Als Diadochenkriege bezeichnet man die kriegerischen Auseinandersetzungen um das Erbe und die Nachfolge Alexanders des Großen, nach dessen Tod 323 v. Chr. Die Aufgabe der Philosophie veränderte sich plötzlich: im Mittelpunkt stand nun das Glück des Menschen als Individuum und die Wege dorthin. Es wurden daraufhin in Athen neue Schulen gegründet, der Kepos und die Stoa. Beide versuchten Anregungen älterer Philosophen aufzugreifen, die zeitgenössische Diskussion zu beeinflussen und die Eudaimonia (das wahre 10
11 Glück, Glückseligkeit) aus der Natur des Menschen als eine Form inneren Seelenfriedens zu bestimmen. Die Stoa Die Stoa bezeichnet eine der vier großen Philosophenschulen des Hellenismus. Ihr Name leitet sich ab von der Stoa Poikile (= bunte Säulenhalle), einer Säulenhalle am Markt in Athen, in welcher ihr Gründer Zenon von Kition (ca v. Chr.) seine Vorträge hielt. Gegründet um 300 v. Chr., bestand die Stoa fort bis ca. 200 n. Chr. Im Allgemeinen werden drei Perioden unterschieden: die ältere Stoa (300 v. - ca.150 v.), die mittlere Stoa (150 v v.) und die neuere Stoa (50 v n.). Merkmale der stoischen Philosophie [...] Die Stoa ist eine materialistische Philosophie, welche die Natur als das schlechthin Vernünftige ansieht. So wie alle Erscheinungen der Natur rational zu erklären sind, so bedarf jede Entscheidung des Menschen der Zustimmung durch die ratio, den logos. Physik (Naturlehre) und Ethik befinden sich in vollkommener Analogie; der Logos definiert als feinste Materie [ ] die ganze Welt, und so auch jeden Menschen. Die stoische Philosophie ist monistisch; außer dem Logos gibt es kein wirkendes Prinzip. [ ] (Aus: Dörrie, Heinrich, Stoa, in: Ziegler, Konrat/ Sontheimer, Walter/ Gärtner, Hans (Hrsg.), Der kleine Pauly. Lexikon der Antike (Bd. 5, Schaf bis Zythos), München 1975.) Auf Rhodos wirkten vor allem Vertreter der mittleren Stoa, wie z.b. Panaitios von Rhodos und Poseidonios aus Apameia. Panaitios von Rhodos Panaitios von Rhodos (180 ca. 120/110 v. Chr.) gilt als Begründer der mittleren Stoa. Durch seine Kontakte zu römischen Staatsmännern nahm er Einfluss auf die Entwicklung der so genannten römischen Stoa. Besonders zu Scipio Aemilianus (Scipio Africanus der Jüngere, römischer Feldherr und Staatsmann, ca v. Chr.), den er in den Jahren 141 bis 139 v. Chr. auf eine Reise in den Orient begleitete, unterhielt er Beziehungen. Cicero ist es zu verdanken, dass Fragmente der Schriften Panaitios überliefert sind. Sein Hauptwerk Über die Pflicht wird nämlich in Ciceros De officiis zitiert. 11
12 Poseidonius aus Apameia Poseidonius wurde ca. 135 v. Chr. In Apameia geboren und starb etwa 51/50 v. Chr. Auf Rhodos. Er war ein Schüler des Panaitios und wirkte als Geograph, Historiker und Philosoph. Poseidonius gründete schließlich auf Rhodos seine eigene Philosophenschule. Zu den bekanntesten Hörern seiner Lehre zählen Cicero und Pompeius. Auch hier verdanken wir es unter anderem Ciceros Schriften, dass Fragmente des poseidonischen Werkes erhalten geblieben sind. Die Rhetorik Durch Gorgias aus Leontinoi auf Sizilien (ca. 485 bis 380 v. Chr.) fand die Rhetorik ihre Anfänge in Athen. Dort erfuhr die kunstmäßige Beredsamkeit eine weitere Entwicklung und wurde zum wichtigsten Unterrichtsgegenstand. Die Folge daraus war eine Konfrontation zwischen Philosophie und Rhetorik, in der es darum ging, welche der beiden bedeutender für die Jugendbildung sei. Seinen Anfang fand der Streit mit Platons Aufruf gegen die Rhetorik: diese gehe anders als die Philosophie von Wahrscheinlichkeit und Überredung statt von Wahrheit und Überzeugung aus. Es lassen sich nach Inhalt, Anlass und Zweck drei Hauptarten der Rede unterscheiden: Das genus deliberativum (beratende, politische Rede), das genus iudiciale (Gerichtsrede) und das genus demonstrativum (zweckfreie Rede). Die beratende, politische Rede und die Gerichtsrede bezeichnete man auch als praktische Beredsamkeit, die ihren Höhepunkt im 4. Jh. besonders durch den Redner Demosthenes erreichte. Die zweckfreie Rede beinhaltete all jene Reden, die meist mit einem äußeren Anlass verbunden (Begrüßung, Abschied, Feier, Tod) waren und hauptsächlich als sprachliche Kunstwerke dienen sollten. In weiterer Zeit wurde die praktische Beredsamkeit jedoch weniger bedeutend und die Redekunst fand ihr hauptsächliches Betätigungsfeld in der Schule. Der Grund dafür: Nach der Schlacht von Chaironeia (338 v. Chr.) verloren die griechischen Staaten an politischer Bedeutung, der freien Rede fehlten wichtigste Inhalte. Folglich wurde die Rhetorik in hellenistischer Zeit immer mehr verschult. Rhetorik auf Rhodos Auch in den griechischen Städten Kleinasiens erfuhr die Rhetorik in hellenistischer Zeit einen Aufschwung. Es entwickelte sich eine spezielle Form der Beredsamkeit, die später in Anlehnung an den Begriff Attizismus als Asianismus bezeichnet wurde. Der Attizismus, dem ein einfacherer, schlichter Stil zugrunde liegen sollte, tauchte im 1. Jh. v. Chr. als Gegenrhetorik zum Asianismus auf, der durch einen übertriebenen pathetischen Stil und 12
13 unruhigen Satzrythmus gekennzeichnet war. Daraus entstand die Antithese attische-asianische Beredsamkeit. In weiterer Folge wurde diese durch die Dreiteilung attische, asianische, rhodische Beredsamkeit (zwischen den beiden vermittelnde Beredsamkeit) ersetzt. Apollonius Molon, einer der bedeutendsten griechischen Rhetoren des 1. Jh. v. Chr., gründete auf Rhodos eine Rednerschule. Zu seinen berühmtesten Schülern zählten Cicero und Caesar. Cicero über die Formen der Beredsamkeit und die rhodische Rhetorikschule Außerhalb Griechenlands hingegen herrschte große Begeisterung für die Rhetorik, und die hohen Ehrungen, die einem zuteil wurden, wenn man sich in ihr auszeichnete, verliehen dem Namen eines Redners Glanz. Denn sowie die Beredsamkeit einmal aus dem Piräus hinausgesegelt war, durchzog sie alle Inseln und durchwanderte ganz Kleinasien, sodass sie dabei durch fremde Unsitten verdorben wurde, jene Frische der attischen Diktion und sozusagen ihre Gesundheit gänzlich einbüßte, ja fast verlernte zu sprechen. Daher stammen die asiatischen Redner, gewiss weder hinsichtlich ihrer Geläufigkeit noch wegen ihrer Ausdrucksfülle zu verachten, doch gar zu wenig prägnant und allzu weitschweifig. Die Schule von Rhodos ist allerdings gesünder und der attischen ähnlicher. (Aus: Marcus Tullius Cicero, Brutus (herausgegeben von Hans Färber und Max Faltner), München 1970, 14.) 13
14 Sehenswertes 2 Monte Smith: Von dem grünen 110m hohen Hügel, der idyllisch - fast schon malerisch - über der Stadt thront, bietet sich nicht nur ein wundervoller Ausblick auf die Stadt, sondern auch ein Blick auf die Überreste der Akropolis des antiken Rhodos. Man kann bei schönem Wetter sogar bis zur türkischen Küste, nach Karpathos und Symi sehen. Attraktion des Monte Smith sind die drei wuchtigen, von den Italienern wieder aufgerichteten Säulen des Apollon Tempels. Hangabwärts befindet sich das Theater, das in weißem Marmor von den italienischen Besatzern nachgebaut wurde und 800 Zuschauer fasst (es diente möglicherweise der Rednerschule als Versammlungsort). Vom antiken Original blieben jedoch leider nur die Orchestra und drei Sitze in den vorderen Reihen erhalten. Gleich daneben umgeben von schattigen Bäumen, ist das 200m lange und 35m breite ebenfalls nachgebaute Stadion der antiken Stadt. Unweit des Apollon Tempels, auf dem höchsten Punkt des Monte Smith, stehen die Tempel der Athena und des Zeus, wobei heute nur noch ein paar Reste dieser Tempel zu sehen sind. Die drei rekonstruierten Säulen des Apollon Tempels, wiedererrichtetes Theater und Stadion 14
15 Quellen Aristoteles, Politik. Schriften zur Staatstheorie (übersetzt und herausgegeben von Franz F. Schwarz), Stuttgart Marcus Tullius Cicero, Brutus (herausgegeben von Hans Färber und Max Faltner), München Literatur Bichler, Reinhold, Von der Insel der Seligen zu Platons Staat, Geschichte der antiken Utopie, Teil 1, Wien-Köln-Weimar Bötig, Klaus, Rhodos Dodekanes, München Bötig, Klaus, Rhodos, Kos und Dodekanes, Köln Currie, Jean, Rhodos und die Inseln des Dodekanes. Studienreiseführer mit Landeskunde, Stuttgart Filimonos-Tsopotou, Melina, Rhodos: Städtebau und Stadtbild im Wandel, in: Die Stadt als Großbaustelle. Von der Antike bis zur Neuzeit, hrsg. v. Deutsches Archäologisches Institut, Berlin 2003, S Gallas, Klaus, Rhodos. Eine der sonnenreichsten Inseln des Mittelmeeres ihre Geschichte, Kultur und Landschaft, Köln Hoepfner, Wolfram, Der Koloß von Rhodos und die Bauten des Helios. Neue Forschungen zu einem der Sieben Weltwunder, Mainz am Rhein Krefeld, Heinrich (Hrsg.), Res Romanae. Ein Begleitbuch für die lateinische Lektüre, Frankfurt am Main Siebenhaar, Hans-Peter, Rhodos, Erlangen Wiemer, Hans-Ulrich, Krieg, Handel und Piraterie. Untersuchungen zur Geschichte des hellenistischen Rhodos, Berlin Literatur im Internet [ Nachschlagewerke Berneker, Erich, Synoikismos, in: Ziegler, Konrat/ Sontheimer, Walter/ Gärtner, Hans (Hrsg.), Der kleine Pauly. Lexikon der Antike (Bd. 5, Schaf bis Zythos), München Der Brockhaus, Ergänzungsband. Lexikon der Weltgeschichte (Bd. 1, A-Len), Mannheim Dörrie, Heinrich, Stoa, in: Ziegler, Konrat/ Sontheimer, Walter/ Gärtner, Hans (Hrsg.), Der kleine Pauly. Lexikon der Antike (Bd. 5, Schaf bis Zythos), München Gemoll, Wilhelm, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch, München Vogt, Ernst/ Kühnert, Friedmar, Rhetorik, in: Schmitt, Hatto H./Vogt, Ernst (Hrsg.), Lexikon des Hellenismus, Wiesbaden Vogt, Ernst/ Steinmetz, Peter, Philosophie, in: Schmitt, Hatto H./Vogt, Ernst (Hrsg.), Lexikon des Hellenismus, Wiesbaden Elektronische Nachschlagewerke Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon: [
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