Prävention der Mitgefühlserschöpfung bei Intensivpflegekräften
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- Gabriel Kramer
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 Das muss Du abkönnen Prävention der Mitgefühlserschöpfung bei Intensivpflegekräften 2. GFO Intensivpflegetag Fachtagung in der Sportschule Hennef Hennef, Silke Doppelfeld Gesundheits- und Krankenpflegerin Diplom-Berufspädagogin (FH), Lehrerin für Pflege- und Gesundheit M. A. Leitung des Bildungszentrums für Pflegeberufe der LVR-Klinik Bonn
2
3 Auswirkung von Extrem- und Notfallsituationen bei Intensivpflegekräften Berufliche Traumatisierung & Mitgefühlserschöpfung
4 Agenda 1. Hintergrund a) Persönlich b) Wissenschaftlich 2. Begriffsklärung a) Berufliche Traumatisierung b) Sekundärtraumatisierung c) Mitgefühlserschöpfung d) Abgrenzung zu Cool-out 3. Prävention a) Pädagogische Angebote b) Professionelles Debriefing c) Trost - bzw. seelsorgerische Angebote 4. Fazit und Ausblick
5 Persönlicher Hintergrund Eigene Erfahrungen als Intensivpflegekraft von Masterthesis 2012: Psychische Belastung von Intensivpflegekräften Konzeptentwicklung zur Prävention der Mitgefühlserschöpfung Weiterbildung zur Fachberaterin für Selbstfürsorge bei Gerhilt Haak in Freiburg Berufliche Aktivität in dieser Thematik seit 2012, insbesondere im Bereich der Fachweiterbildung für Intensivpflegekräfte
6 Was macht das mit uns?
7 Trauma: seelische Verletzung Die Person erfuhr, beobachtete oder war konfrontiert mit einem oder mehreren Ereignissen, die tatsächlichen oder drohenden Tod, tatsächliche oder drohende ernsthafte Körperverletzung oder eine Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit von einem selbst oder Anderen einschloss. Die Reaktion der Person schloss starke Angst, Hilflosigkeit oder Grauen ein. DSM-IV-TR Relevanz für den Pflegeberuf?
8 Normale Reaktionen auf ein Trauma Erleben von Gefahr entsteht bei ähnlichen Situationen verbunden mit dem Erleben von ähnlichen Gefühlen: Angst, Panik Wiedererleben z. B. in Form von Albträumen oder flash-backs Körperliche Erregung auch motorische Unruhe Vermeidungsverhalten z. B. nach Unfällen Gefühlstaubheit z. B. Interessenverlust an Dingen oder Personen die vorher wichtig waren Konzentrationsschwierigkeiten auch Tagträume (Dissoziation) Gefühl von Kontrollverlust triggert Schuld- und Schamgefühle (Hätte ich es anders machen müssen) Ärger und Wutausbrüche Negative Sicht auf die Welt (Alles ist schlecht!) Erinnerungsdruck auch auf ähnliche Erlebnisse
9 Sekundäre Traumatisierung Belastung, die durch das Wissen über ein traumatisches Ereignis ausgelöst wird, das einer anderen Person widerfährt oder widerfahren ist Miterleben als Zeuge Übertragung der Gefühle der betroffenen Person ( Ansteckung ) Helfende Berufe besonders gefährdet Besondere Dynamik der kumulativen Traumatisierung Kontinuierlicher Entscheidungsdruck Erholungszeiten kurz Schleichender Sensibilisierungsprozess
10 - Anstieg der psych. Erkrankungen von Pflegekräften (Stat. Bundesamt 2009) - 21% Symptome des PTBS 18% volle diag. Kriterien (Mealer et al. 2009) - Mitgefühlserschöpfung > 50 % bei Intensivpflegekräften (Dominguez-Gomez et al, 2009 ) -Burn out 83 %; Mitgefühlserschöpfung 83 % (Hooper et al. 2010)
11 Mealer et al Studie mit 332 Pflegekräften aus allen Fachbereichen: 21% Symptome des PTBS 18 % volle diagnostischen Kriterien der PTBS erfüllen. Pflegekräfte, die die diagnostischen Kriterien erfüllten waren traumatischen Erlebnissen wie: Patienten sterben sehen, Patienten massiv bluten sehen, große offene Wunden sehen, polytraumatisierte Menschen nach großen Unfällen versorgen Situation der als nutzlos erlebten Pflege und Behandlung von sterbenden Menschen
12 Mealer et al Symptome der Probanden: Allgemeine Schwierigkeiten bei der Lebensführung: Unfähigkeit den privaten Haushalt zu organisieren Unfähigkeit Freundschaften und Hobbies zu pflegen emotionale Unfähigkeit zu Entspannungs- und Spasserleben Probleme in Familie, Partnerschaft und Sexualität allgemeinen Lebenszufriedenheit Albträume nach Körperkontakt mit sterbenden Menschen
13 Mitgefühlserschöpfung (Figley 1995) Empathie Grundlage des Helfens Cost of caring Symptome und Kriterien identisch PTSS Besondere Form des Ausbrennens, weil laut Figley Pflegekräfte mehr für andere als für sich sorgen Pflegekräfte stellen reduzierte Empathiefähigkeit fest Kein professioneller Beziehungsaufbau mehr möglich Kontaktbegrenzung zu Patienten Weitere Phänomene werden gefördert: Horizontale Feindseligkeit? Mobbing? Cool-out? (Kersting 2011)
14 Die Mitgefühlserschöpfung scheint im Pflegeberuf kein Thema zu sein... Haben Pflegekräfte sie in ihr Selbstbild integriert und niemals hinterfragt? (...) Mit dem Wachstum der Selbstbeherrschung wird die Pflegerin allmählich eine Eigenschaft erwerben, die ihre wertvollste ist: Die Kaltblütigkeit. Die Kaltblütigkeit wird verhindern, dass sie den Kopf verliert, angesichts der Dramen, die sich im Leben derer abspielen, die sie pflegt; Tobsuchtsanfälle, unvorhergesehene heftige Blutungen, Ohnmachten während der Anästhesie und unvorhersehbare Todesfälle. (Dalloni 1945, S.104)
15 Prävention Ziel Stabilisierung: Erhalt der Resilienz Abprallen = Widerstandsfähigkeit mit Belastungen der Arbeitswelt in angemessener Weise umgehen und psychische Gesundheit erhalten Zur Förderung der Resilienz ist das ABC der Selbstfürsorge ein modell of good practice in helfenden Berufen (Pearlmann 1999, Haak 2013) Analyse der persönlichen und institutionellen Schutzbzw. Risikofaktoren
16 Schutzfaktoren Zusammenhalt unter Kollegen Wertschätzung für Arbeit Aufklärung über psych. Belastungsindikatoren Möglichkeit der Aufarbeitung z. B. Critical Incident Stress Debriefing, Supervision, Seelsorge Eigene Rolle geklärt haben Reflexion der eigenen Work-life-balance Dosierter Einsatz = Kräfte schonen Ansprüche vs. Selbsteinschätzung Gesunde Lebensführung Ausreichend Schlaf Körperliche Aktivität
17 Risikofaktoren Unsichere soziale Einbindung zu Hause und am Arbeitsplatz Biografie: eigene Traumatisierungen? Allgemeiner Lebensstress Geschlecht & Alter Disposition: Perfektionismus oder Helfersyndrom Zustand der akuten Gefährdung der intensivpflegebedürftigen Menschen Mangelnde Unterstützung und Abwertung durch Kolleginnen und Kollegen sowie Personen aus anderen Berufsgruppen z. B. Mediziner Reinszenierung Ausmaß des geschilderten oder beobachteten Gefühlschaos der Betroffenen
18 Entwicklung von Bildungsangeboten Verortung in Aus-Fort und Weiterbildungscurricula Informationsangebote Reflexions- und Beratungsangebote Workshops und Seminare z. B ABC der Selbstfürsorge Auseinandersetzung mit traumapädagogischen Grundlagen Angebote neben der beruflichen Bildung Gemeinsame Sportaktivitäten z. B. Sportabzeichen
19 ABC - der Selbstfürsorge A = Achtsamkeit: Achte auf Dich selbst, auf Deine Bedürfnisse, Grenzen und Ressourcen! B = Balance: Achte auf Dein Gleichgewicht von Arbeit, Freizeit und Ruhe! C = Connection: Bleibe in Verbindung mit Dir selbst, anderen Menschen und der Natur!
20 Fazit und Ausblick Die Fähigkeit zur Selbstfürsorge ist eine zentrale berufliche Kompetenz in allen helfenden Berufen und daher auch im Pflegeberuf. Im Pflegeberuf wird der Traumadynamik zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Mehr Aufklärung ist notwendig! Selbstmitgefühl, Empathie und Mitgefühl sind wichtige Gefühle von Pflegekräften die zu einer qualitativ hochwertigen Pflege gehören!
21 Es bewegt sich was... Projekt Dokumentarfilm: Als Krankenschwester musst du das abkönnen! Roberto Rotondo
22 Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit! Kontakt: Silke Doppelfeld Kaiser-Karl-Ring Bonn Home: Folie 22
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