hormone im ESSEN Hormonell wirksame Pestizide in Lebensmitteln
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- Hansi Hofmann
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Transkript
1 hormone im ESSEN Hormonell wirksame Pestizide in Lebensmitteln
2 GLOBAL 2000 bedankt sich bei Susanne Smolka (Pestizid Aktions Netzwerk PAN Germany) sowie Isabell und Hans Muilerman und Isabelle Pinzauti für ihre wertvolle Mitarbeit an diesem Ratgeber.
3 Inhalt 4 Hormonell wirksame Chemikalien Eine Bedrohung für Mensch und Umwelt 10 Hormonell wirksame Chemikalien Gefahr für Kinder und Ungeborene 12 Die europäische Pestizid-Gesetzgebung Aufgaben und Lücken des Pestizidrechts 14 GLOBAL 2000 gegen Hormon-Chemikalien 16 Wie schütze ich mich vor hormonell wirksamen Pestiziden im Essen? 18 Hormone im Plastik EDC s in Lebensmittelverpackungen 20 Für ein Zuhause ohne hormonell wirksame Substanzen Vermeiden Sie hormonell wirksame Haushaltspestizide Impressum: Medieninhaberin, Eigentümerin und Verlegerin: GLOBAL 2000, Neustiftgasse 36, 1070 Wien. Für den Inhalt verantwortlich: Helmut Burtscher Redaktion: Carin Unterkircher Layout: Hannes Hofbauer Bildbearbeitung: Steve Wyckoff Fotos: GLOBAL 2000 (S.6., S.8, S.14/15), shutterstock (S.2, S.4-5, S.10-12, S.16-19, S.21), stachelbeer_flickr (S.22), Stuhli_Images_ flickr (S.23, Zeitfixierer_flickr (S.24) Cover: Gladskikh Tatiana/shutterstock Druck: Druckerei Janetschek GmbH, 3860 Heidenreichstein, ausgezeichnet mit dem Österreichischen Umweltzeichen Schadstoffarme Druckerzeugnisse, UWNr Gedruckt auf 100% Recyclingpapier. inhalt HORMONE IM ESSEN 3
4 Hormonell wirksame Chemikalien Eine Bedrohung für Mensch und Umwelt Froschmännchen mit weiblichen Geschlechtsorganen, Fische mit Hoden, die jedoch Eier produzieren, Schildkrötenmännchen mit verkümmerten Geschlechtsorganen, unfähig sich fortzupflanzen. Was bringt die Natur dermaßen aus dem Gleichgewicht? Die bedrohte Zukunft Fehlentwicklungen und Missbildungen treten am häufigsten dort auf, wo die Lebensräume der Tiere industriell verschmutzt sind dies erkannte eine Gruppe von WissenschaftlerInnen rund um die Biologin Theo Colborn Anfang der 1990er-Jahre. Diese Fehlentwicklungen entstehen durch Chemikalien, die die Fähigkeit haben, Hormone zu imitieren und so das Hormon-System von Tieren und Menschen aus dem Gleichgewicht zu bringen. Eine der ersten Substanzen, die als sogenannte hormonell wirksame Chemikalie identifiziert wurde, war das Pestizid DDT: Nachdem durch einen Chemieunfall bei einem lokalen DDT-Hersteller größere Mengen an DDT in den Lake Apopka in Florida gelangten, ging der Bestand des Mississippi-Alligators um 90 Prozent zurück. Kleinere Penisse und missgebildete Hoden führten zu mangelndem Befruchtungserfolg und höherer Sterblichkeit von Embryonen und damit zu weniger Krokodilbabys. 4 HORMONE IM ESSEN Hormonell wirksame Chemikalien
5 Theo Colborn, eine US-amerikanische Wissenschaftlerin, hat mit ihrem Buch Die bedrohte Zukunft. Gefährden wir unsere Fruchtbarkeit und Überlebens fähigkeit? die Problematik der hormonell wirksamen Schadstoffe weltweit bekannt gemacht.
6 Was sind EDCs? Hormonell wirksame Chemikalien werden auch endokrine Disruptoren (Endocrine Disrupting Chemicals EDCs) genannt. Wie der Name sagt, können sie die Wirkung von körpereigenen Hormonen verändern oder auch blockieren. Sie stören das Gleichgewicht des Hormonsystems, das beim Menschen wie beim Tier lebenswichtige Vorgänge wie Wachstum, sexuelle Entwicklung und Verhalten steuert. So wie die echten Hormone entfalten auch hormonelle Schadstoffe ihre Wirkung bereits in sehr niedrigen Konzentrationen. Von der weltweit verbreiteten Industriechemikalie Bisphenol A auch bekannt unter dem Kürzel BPA genügen beispielsweise schon 15 Nanogramm pro Liter Wasser, um Wasserschnecken zu einer erhöhten Eierproduktion anzuregen. Solche BPA-Konzentrationen sind in europäischen Gewässern keine Seltenheit. Die häufigste Wirkung von hormonellen Schadstoffen ist die Beeinträchtigung der Fortpflanzung. Deshalb stellt ihre allgegenwärtige Präsenz eine weltweite Bedrohung für die Biodiversität dar und beschleunigt das Artensterben. 6 HORMONE IM ESSEN Hormonell wirksame Chemikalien
7 Brustkrebshäufigkeit in Europa (altersstandardisierte Inzidenzraten je Europäerinnen) Westeuropa Nordeuropa Südeuropa Osteuropa Hormonell wirksame Chemikalien im menschlichen Körper In die Umwelt gelangen diese hormonellen Schadstoffe aufgrund ihrer weltweiten industriellen Verwendung bei der Herstellung von Konsumprodukten. Doch findet man sie auch im menschlichen Körper. Ihre Aufnahme erfolgt teilweise über die Haut und die Atemluft, der größte Teil wird aber über die Nahrung aufgenommen; insbesondere auch als Rückstände von hormonell wirksamen Pestiziden. Doch was sind die konkreten Risiken für die VerbraucherInnen? Brust- und Prostatakrebs im Ansteigen Chronische Krankheiten sind in Europa auf dem Vormarsch. Das gilt für Brust- und Prostatakrebs ebenso wie für Diabetes, krankhaftes Übergewicht, Unfruchtbarkeit oder psychische Erkrankungen. Hormonell wirksame Chemikalien HORMONE IM ESSEN 7
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9 Gesundheitsgefahren durch EDCs Das Hormonsystem steuert Körperfunktionen, die sich von der Entwicklung über die Fortpflanzung bis hin zum täglichen Verdauungsvorgang erstrecken. Störungen des hormonellen Gleichgewichts können sich daher auch in sehr unterschiedlichen Krankheitsbildern zeigen. Zu den möglichen Krankheitsbildern zählen: Tumore in hormonabhängigen Geweben wie Brustkrebs, Prostatakrebs oder Hodenkrebs, Störung des Stoffwechsels wie Fettsucht oder Diabetes, reproduktive Dysfunktionen wie Unfruchtbarkeit oder verfrühte Menstruation, Herz-Kreislauf-Probleme, aber auch neurologische Störungen, die Gedächtnis, Beweglichkeit und Aufmerksamkeit betreffen können. Manche dieser Effekte sind im Tierversuch bis in die zweite oder oder dritte Generation erkennbar, auch wenn die Nachkommen selbst den endokrin wirksamen Chemikalien gar nicht ausgesetzt waren. Chemikalien-Cocktails Wirken verschiedene Chemikalien zusammen, kann das zu sogenannten Cocktail-Effekten führen, die die Summe der schädlichen Einzelwirkungen mitunter deutlich übersteigen. Über Lebensmittel, Kosmetika und Gebrauchsgegenstände nehmen wir täglich dutzende hormonell wirksame Chemikalien zu uns. Allein Pestizidrückstände in konventionell produziertem Obst und Gemüse können schon mehr als 20 verschiedene hormonell wirksame Chemikalien beinhalten. Die neue EU-Pestizid-Gesetzgebung verlangt zwar Regulierungen zu hormonell wirksamen Chemikalien und zu den Risiken durch Cocktail-Effekte; eine Umsetzung dieser Vorgaben liegt aber noch immer in weiter Ferne. Dabei ist die wissenschaftliche Beweislast für deren gesundheitsgefährdendes Potential erdrückend. Keine sicheren Grenzwerte Eine Besonderheit hormonell wirksamer Chemikalien ist, dass sie bereits in sehr niedrigen Dosen wirken. Dennoch setzt die EU derzeit auch bei hormonell wirksamen Chemikalien auf die Festlegung von vermeintlich sicheren Schwellenwerten. Das Schwellenwert-Konzept geht davon aus, dass sich für jede Chemikalie eine Dosis festlegen lässt, unterhalb der keine schädliche Wirkung mehr vorliegt. Nicht untersucht werden dabei die möglichen Gefahren von Niedrig-Dosis-Effekten, weshalb diese Form der Risikobewertung hormonell wirksamen Chemikalien nicht gerecht wird. WissenschaftlerInnen fordern daher, das Untersuchungsspektrum in den Niedrig-Dosisbereich zu erweitern, um die besonderen Eigenschaften von hormonell wirksamen Chemikalien erkennen und bewerten zu können. Für mehr als 40 der in Europa eingesetzten Pestizide liegen Hinweise auf eine hormonelle Wirkung vor. Davon konnten bislang 30 Pestizide als Rückstände in Lebensmitteln nachgewiesen werden. Nur Bio-Lebensmittel sind frei von diesen Pestiziden. Hormonell wirksame Chemikalien HORMONE IM ESSEN 9
10 Hormonell wirksame Chemikalien Gefahr für Kinder und Ungeborene Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Das Risiko für Kinder und Ungeborene, durch hormonell wirksame Chemikalien geschädigt zu werden, muss anders bewertet werden als jenes für Erwachsene. Achtung, giftig! Der kindliche Organismus muss seine Fähigkeit, toxische Substanzen zu entgiften und auszuscheiden, erst entwickeln. Zugleich nehmen Kinder gemessen am Körpergewicht deutlich größere Mengen von Schadstoffen auf als Erwachsene. Daher sollte bei Kindern jeder Kontakt mit toxischen Chemikalien, sei es über die Nahrung, Kleider oder Spielsachen, vermieden werden. Fötus in Gefahr Lange Zeit glaubte man, dass das ungeborene Leben durch die Plazenta vor dem schädlichen Einfluss von Chemikalien geschützt sei. Diese Annahme hat sich leider als falsch herausgestellt. Besonders problematisch sind hormonell wirksame Chemikalien in der Gebärmutter. Damit aus einem befruchteten Ei ein gesunder Mensch wird, müssen Tausende von Entwick- 10 HORMONE IM ESSEN Hormonell wirksame Chemikalien
11 lungsschritten ablaufen. Den körpereigenen Hormonen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Werden diese Steuerungsprozesse durch hormonelle Schadstoffe gestört, kann das schwerwiegende Folgen haben. Das Zusammenspiel der körpereigenen Hormone entscheidet darüber, ob der Bauplan des Lebens richtig gelesen wird. Damit regeln Hormone nicht nur die Stoffwechselvorgänge, sondern auch Funktionen des zentralen Nervensystems. Störungen durch hormonell wirksame Chemikalien können Stoffwechselerkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hormonell verursachte Krebserkrankungen und Verhaltensstörungen verursachen. Kritische Zeitfenster In bestimmten Phasen während der embryonalen Entwicklung ziehen hormonell wirksame Chemikalien klar definierte Folgeschäden nach sich. Der Fall der DES-Töchter In den 40er Jahren begannen Ärzte in den USA und später auch in Europa damit, schwangeren Frauen vorsorglich das künstliche Hormon DES (Diethylstilbestrol) zu verschreiben, um Früh- bzw. Fehlgeburten zu verhindern. Heute wissen wir, dass die Einnahme von DES während der Schwangerschaft für die weiblichen Nachkommen gravierende Spätfolgen hatte. Dazu zählen neben Fruchtbarkeitsstörungen auch ein erhöhtes Risiko für Vaginalkrebs und Brustkrebs. Millionen von Mädchen und Frauen litten und leiden auch heute noch an den Spätfolgen dieser hormonell wirksamen Chemikalie. Heute, 70 Jahre nach Beginn der fatalen Verabreichung von Diethylstilbestrol an Schwangere, und 40 Jahre nach Bekanntwerden der Spätfolgen dieser hormonell wirksamen Substanz, gibt es in Europa noch immer keine effektiven Maßnahmen, um die VerbraucherInnen ausreichend vor hormonellen Schadstoffen zu schützen.
12 Die europäische Pestizid-Gesetzgebung Aufgaben und Lücken des Pestizidrechts Wie werden Pestizide in der Europäischen Union reguliert? Seit 1991 gilt in der EU ein einheitliches Recht für die Zulassung und die Vermarktung von Pestiziden für den Pflanzenschutz. Für die erlaubten Höchstmengen an Pestizidrückständen in Lebens- und Futtermitteln gelten seit 2005 EU-einheitliche Regelungen. Welche Fortschritte bringt das neue Pestizidrecht? Seit Juni 2011 gilt eine neue Pestizid-Verordnung. Pestizidwirkstoffe müssen zunächst auf EU-Ebene zugelassen werden. Die Entscheidung über die Zulassung trifft die EU-Kommission; allerdings auf Basis der Daten des Pestizid-Herstellers. Pestizid-Produkte dürfen nur solcherart zugelassene Wirkstoffe enthalten und müssen in einem zweiten Schritt ein behördliches Zulassungsverfahren durch laufen, um in mindestens einer von drei EU- Zonen befristet vermarktet werden zu dürfen. Eine der wichtigsten Neuerungen ist die Festlegung von Ausschlusskriterien, aufgrund derer besonders gefährliche Wirkstoffe zukünftig ausgeschlossen werden. Dies betrifft krebserregende, fortpflanzungsschädigende oder hormonell wirksame Pestizide. Wieviele Pestizide sind in der EU zugelassen? Mit Einführung der Wirkstoffprüfung Anfang der 1990er Jahre reduzierte sich die Zahl der Wirkstoffe von vormals 1000 auf rund 250, weil der Rest die Genehmigungsstandards nicht erfüllte. Derzeit steigt die Anzahl wieder und liegt bei über 350 Wirkstoffen. Leider werden bei den Umweltschutzstandards Abstriche gemacht. 12 HORMONE IM ESSEN Die europäische Pestizid-Gesetzgebung
13 Außerdem werden durch Ausnahmeregelungen der Behörden eigentlich nicht mehr einsetzbare Mittel weiter am Markt gehalten, wie zum Beispiel das krebserregende Bodenbegasungsmittel 1,3-Dichlorpropen. Die neuen Regelungen der Verordnung werden nur langsam umgesetzt, sodass momentan noch viele gefährliche, zum Beispiel hormonell wirksame Pestizide in der EU zum Einsatz kommen. Wie werden Pestizidrückstände in Lebensmitteln reguliert? In der EU werden die erlaubten Höchstmengen für Pestizidrückstände in Lebens- und Futtermitteln einheitlich festgelegt. Beim Einsatz von Pestiziden ist mit Rückständen in Lebensmitteln zu rechnen, allerdings müssen diese laut Gesetzgeber unter einer Gefährdungsschwelle liegen, die aus Tierversuchen abgeleitet wird wurden die Pestizidhöchstmengen EU-weit vereinheitlicht. Dies führte jedoch in der Mehrzahl der Fälle zu ihrer Anhebung. Viele Rückstandshöchstmengen stellen ein Gesundheitsrisiko dar. Dies gestand auch die zuständige europäische Behörde EFSA ein und begann damit, die entsprechenden Pestizidhöchstmengen abzusenken. Hormonell wirksame Substanzen zeichnen sich aber dadurch aus, dass sie bereits in sehr geringer Dosis irreversible Schäden verursachen können. So kann der Wirkstoff Mancozeb verschiedene Formen von Krebs, unter anderem Brust-, Leber- oder Schilddrüsenkrebs verursachen. Das Fungizid Carbendazim schädigt das Fortpflanzungssystem, reduziert die Spermienzahl und die Fruchtbarkeit bei männlichen Versuchstieren. Beide Pestizide zählen zu den Top Ten der am häufigsten in Obst und Gemüse gefundenen hormonellen Pestiziden. Werden Mehrfachrückstände in Lebensmitteln berücksichtigt? Laut EU-Verordnung sollten Mehrfachrückstände und mögliche Kombinationseffekte bei der Festsetzung von Rückstandshöchstmengen berücksichtigt werden. In der Praxis geschieht dies aber nicht. Die verantwortliche Behörde EFSA hat nach eigenen Angaben dafür noch kein geeignetes Verfahren gefunden. Entsprechende Risiken für die VerbraucherInnen werden somit weiter in Kauf genommen. Gelten die Vorschriften für alle Lebens- und Futtermittel? Ja, die festgelegten Rückstandhöchstmengen gelten für alle in der EU vermarkteten Lebensund Futtermittel, auch wenn sie aus anderen Staaten in die EU importiert werden. Stärkung des VerbraucherInnenschutzes Es wird noch Jahre dauern, bis hormonell wirksame Pestizide vom europäischen Markt verschwinden trotz ihrer ernst zu nehmenden Bedrohung für die menschliche Gesundheit. Derzeit erarbeitet die EU-Kommission erst einmal Prüfkriterien, anhand derer entschieden werden soll, ob ein Pestizid als hormonell wirksam eingestuft wird oder nicht. Danach werden Testverfahren zur Identifizierung von hormonell wirksamen Pestiziden vorgeschrieben. Dann erst können solche Wirkstoffe in der EU verboten werden. Bis dahin sollten KonsumentInnen, die auf Nummer sicher gehen wollen, bei Bio bleiben. Die europäische Pestizid-Gesetzgebung HORMONE IM ESSEN 13
14 GLOBAL 2000 gegen Hormon-Chemikalien Um den VerbraucherInnenschutz in der EU voranzutreiben, hat GLOBAL 2000 in Zusammenarbeit mit dem Pestizid Aktions Netzwerk (PAN) eine Liste hormonell wirksamer Chemikalien erstellt. Auf Basis von unabhängigen wissenschaftlichen Studien sowie einer Arbeit der schwedischen Chemikalienbehörde haben wir 43 Pestizide ermittelt, die im Verdacht stehen, hormonell wirksam zu sein. Diese Liste wurde in einem zweiten Schritt mit den europäischen Pestizidmonitoring-Daten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zusammengeführt. 30 der 43 von uns als hormonell wirksam identifizierten Pestizide konnten in den europäischen Lebensmitteln als Rückstände gefunden werden. Da die EU noch Jahre brauchen wird, bevor hormonell wirksame Pestizide tatsächlich aus 14 HORMONE IM ESSEN GLOBAL 2000 gegen Hormon-Chemikalien
15 der Landwirtschaft verschwinden, ist es umso wichtiger, dass KonsumentInnen informiert werden, wie sie diese Belastungsquellen vermeiden können. Seit 2002 arbeitet GLOBAL 2000 im Rahmen des PestizidReduktionsProgramms (PRP) daran, in Zusammenarbeit mit den Supermarktketten Billla, Merkur, Penny und Sutterlüty Pestizidrückstände auf Obst und Gemüse zu verringern. Dabei erarbeiten unsere ExpertInnen gemeinsam mit Bauern und Bäuerinnen Alter- nativen zum Einsatz von Pestiziden und speziell von EDCs in der landwirtschaftlichen Produktion. Dies kann von mechanischer Unkrautbekämpfung über Nützlingseinsatz bis zu biologischen Schädlingsbekämpfungsmitteln reichen. Bei Tomaten beispielsweise ist die Produktion bereits jetzt ganz ohne hormonell wirksame Pestizide möglich. Diese Broschüre bietet Tipps für den Umgang mit hormonell wirksamen Chemikalien im Alltag. GLOBAL 2000 gegen Hormon-Chemikalien HORMONE IM ESSEN 15
16 Wie schütze ich mich vor hormonell wirksamen Pestiziden im Essen? Tipp 1: Essen Sie Bio-Lebensmittel! Biologisch produzierte Lebensmittel sind frei von synthetischen Pestiziden. Ihre Herstellung wird streng kontrolliert. Heutzutage bieten fast alle Supermärkte Bio- Produkte an, erkennbar an den jeweiligen Bio-Labels. Diese Gütesiegel für biologische Landwirtschaft garantieren, dass keine synthetischen Pestizide oder künstliche Düngemittel für den Anbau der Lebensmittel eingesetzt werden. Am besten ist der Einkauf in Bio-Läden, die viele ihrer Frischwaren von lokalen Produzenten beziehen. Tipp 2: Zitrusschalen sind nichts für Kinder Achten Sie darauf, dass Kinder keine ungeschälten Zitrusfrüchte in den Mund nehmen. Die Schalen konventionell erzeugter Früchte enthalten oft hohe Rückstandsmengen, unter anderem auch von hormonell wirksamen Pestiziden. Tipp 3: Schälen schützt nur bedingt Schälen reduziert die Pestizidbelastung von konventionellem Obst und Gemüse. Pestizidrückstände befinden sich meist an der Oberfläche bzw. in der Schale der Produkte leider finden sich dort auch die meisten Vitamine. Es gibt jedoch auch systemische Pestizide, die durch die gesamte Pflanze und somit auch in das Fruchtfleisch transportiert werden hier ist Schälen kein Schutz. Also gilt auch hier: Bio ist die beste Wahl. 16 HORMONE IM ESSEN Wie schütze ich mich vor hormonell wirksamen Pestiziden im Essen?
17 Tipp 4: Lauwarm waschen Waschen Sie Obst und Gemüse gründlich mit klarem, lauwarmem Wasser. Das kann zumindest Teile der Pestizidrückstände beseitigen. Tipp 5: Babynahrung Füttern Sie Babys mit spezieller Babynahrung. Die EU hat für Babynahrung deutlich strengere Rückstandshöchstwerte festgelegt als für frische Früchte und Gemüse. Eine Alternative, um Babys vor Pestizidrückständen zu schützen, ist Bio-Obst und -Gemüse. Tipp 6: Fragen Sie nach! Werden Sie aktiv und machen Sie von Ihren Rechten als VerbraucherIn Gebrauch: Schreiben Sie zum Beispiel Ihrer Supermarktkette und fragen Sie nach, welche und wie viele Pestizidrückstände auf bestimmten Produkten zu finden sind. Fragen Sie nach Bio-Produkten, um das Angebot in Ihrer Nähe zu erhöhen. Wie schütze ich mich vor hormonell wirksamen Pestiziden im Essen? HORMONE IM ESSEN 17
18 Hormone im Plastik EDCs in Lebensmittelverpackungen Neben Pestizidrückständen aus der landwirtschaftlichen Produktion sind Kunststoffverpackungen und -behälter eine Quelle für hormonell wirksame Chemikalien in unserer Nahrung. Tipps für KonsumentInnen Hormonell wirksame Chemikalien sind ein Gesundheitsrisiko ganz besonders für werdende Mütter und für Kinder. Ade, PC und PVC Verabschieden Sie sich von Polyvinylchlorid (PVC) für Lebensmittel-Behälter oder für Kinderartikel. Erkennbar ist dieser Kunststoff am Kürzel PVC oder am Recyclingcode 03. Meiden Sie auch Kunststoffprodukte aus Polycarbonat (PC). Erkennbar ist dieser Kunststoff am Kürzel PC oder am Recyclingcode 07 (der aber auch für andere Plastikarten gilt). Babyfläschchen aus PC sind nach einer GLOBAL Kampagne schon verboten, PC-Trinkflaschen für Kinder aber noch nicht. 18 HORMONE IM ESSEN Hormone im Plastik
19 Glas statt Plastik Bevorzugen Sie Glas gegenüber Plastik: Hormonell wirksame Chemikalien können in vielen Plastik-Arten enthalten sein. BPA-freie Schnuller Achten Sie darauf, BPA-freie Schnuller zu verwenden. Mit Ausnahme von Österreich dürfen noch in allen EU-Mitgliedsstaaten BPA-haltige Beruhigungssauger vermarktet werden. Essen aus Dosen nein, danke! Verzichten Sie nach Möglichkeit auf Lebensmittel aus Konservendosen. Konserven bestehen nicht nur aus Metall, sie sind innen mit einer dünnen Kunststoffschicht ausgekleidet. Diese besteht fast immer aus Epoxidharzen, die BPA in die Lebensmittel abgeben. Dass es auch anders geht, zeigt Japan, wo aufgrund von Gesundheitsbedenken die Konservenindustrie die Epoxidharze durch einen PET-Film ersetzt hat. Und auch Nestlé kündigte an, auf BPA-freie Produktion umzusteigen aber leider nur am US-Markt... Achtung, Rechnung! Bewahren Sie Kassazettel außerhalb der Reichweite Ihrer Kinder auf! Kassazettel der meisten Supermärkte enthalten BPA-Mengen im zweistelligen Prozentbereich. Da BPA auch über die Haut aufgenommen wird, sind KassiererInnen in Supermärkten besonders gefährdet. Das Gleiche gilt für Kleinkinder, wenn sie Kassazettel in den Mund nehmen. Die häufigsten Hormon-Chemikalien Zu den häufigsten in Plastik vorkommenden hormonell wirksamen Chemikalien gehören Phthalate und Bisphenol A (BPA). Phthalate werden bestimmten Kunststoffen, vor allem PVC als sogenannte Weichmacher zugesetzt, um sie elastischer zu machen. Bisphenol A ist das Ausgangsmaterial für Polycarbonat und Epoxidharze. Manchmal wird BPA aber auch Kunststoffen wie Polyamid, Silikon oder Latex zugesetzt, um bestimmte Materialeigenschaften zu erreichen. Phthalate und Bisphenol A sind im menschlichen Blut, im Urin, in der Muttermilch und im Nabelschnurblut von Neugeborenen nachweisbar. Den Kontakt mit diesen Chemikalien völlig zu vermeiden, ist nahezu unmöglich. Millionen Tonnen werden jährlich weltweit hergestellt und finden in einer großen Bandbreite von Produkten Anwendung, wie Spielzeug, Brillengläser, CDs/DVDs, Mobiltelefone, Unterhaltungselektronik, Wasserflaschen, Haushaltsgeräte, Autos und vielem mehr. Hormone im Plastik HORMONE IM ESSEN 19
20 Für ein Zuhause ohne hormonell wirksame Substanzen Vermeiden Sie Haushaltspestizide! Pestizidrückstände in konventionell produzierten Lebensmitteln sind für VerbraucherInnen die Hauptbelastungsquelle von hormonell wirksamen Pestiziden. Oft werden aber auch Haushaltspestizide ( Biozide ) in Wohn- und Geschäftsräumen zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Wer Insekten und andere unerwünschte Mitbewohner loswerden will, sollte zu natürlichen Mitteln greifen. Denn hormonell wirksame Pestizide sind weitaus gesundheitsschädlicher als eine Ameisenstraße durch die Küche. Die Risiken von hormonellen Haushaltspestiziden Wer unerwünschte Gäste wie Motten, Ameisen, Schaben, Mäuse oder Ratten hat, greift oft zu chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln. Viele dieser Wirkstoffe werden auch in Pestiziden eingesetzt und sind ebenso gefährlich für Menschen, Haustiere und Umwelt. Sie können reizend, neurotoxisch (nervengiftig), fortpflanzungsschädigend, krebserregend oder hormonell wirksam sein. Hormonelle Schadstoffe inklusive Haushaltspestizide lassen sich mittlerweile recht häufig im Hausstaub nachweisen. Verdächtige Inhaltsstoffe Als hormonell wirksam gelten z.b. Organophosphat-Insektizide wie Dichlorvos, Diazinon oder Dimethoat die Inhaltsstoffe sind auf der Verpackung angeführt. Eine weitere Stoffklasse sind die sehr häufig eingesetzten Pyrethroide. Chemisch abgeleitet ist diese Stoffgruppe vom Chrysanthemen-Extrakt Pyrethrum, allerdings sind die künstlichen Stoffe viel giftiger und langlebiger. Viele Pyrethroide stehen unter Verdacht, das Hormonsystem zu schädigen und in weiterer Folge die Fortpflanzung zu beeinträchtigen sowie bei Kindern die Entwicklung z.b. von Sexualorganen oder dem Immunsystem zu stören und das Risiko für bestimmte Krebsarten zu erhöhen. Die Pyrethroide Bifenthrin, Cyhalothrin, Deltamethrin und Resmethrin sind als hormonell wirksam und Bioallethrin, Cypermethrin, Fenothrin, Fenvalerate, Fluvalinate und Permethrin als möglicherweise hormonell wirksam aufgelistet. Das Naturextrakt Pyrethrum ist keine gute Alternative zu den Pyrethroiden, zumal oft der Wirkverstärker Piperonylbutoxid (PBO) zugesetzt wird. PBO gilt als hormonell wirksam und als für den Menschen möglicherweise krebserregend sowie fortpflanzungsschädigend. 20 HORMONE IM ESSEN Für ein Zuhause ohne hormonell wirksame Substanzen
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22 Bei Befall: Keine Panik! Stellen Sie fest, um welche Tierart es sich handelt. Woher kommen sie? Wie viele sind es? Welche Lebensbedingungen bevorzugt diese Tierart? Eindringlinge vertreiben Einzelne Tiere sind oft Späher, die wieder abziehen, wenn ihnen die Bedingungen nicht zusagen. Darum gelten dieselben Regeln wie für das Vorbeugen: Lebensraum und Nahrung wegnehmen und den (Wieder-) Eintritt erschweren bzw. verhindern. Gegen Vorrats- oder Materialschädlinge (z.b. Motten, Käfer) oder lästige Insekten (z.b. Silber- fischchen, Staubläuse, Fliegen) sollten nur Mittel verwendet werden, die für Mensch und Haustier ungefährlich sind. Insektengifte setzen sich in Möbeln, Teppichen, Tapeten und Stofftieren fest. Sie werden dann langsam wieder an die Raumluft abgegeben und belasten die Gesundheit über einen längeren Zeitraum. Giftfreie Maßnahmen Die beste Abwehr besteht im Wegräumen von Lebensmitteln, regelmäßigen Reinigen und Lüften. Gegen Motten abschreckend wirken die Düfte von Lavendel und Zedernholz, ein natürliches Insektizid gegen die Larvenentwicklung ist das Öl des Neembaums. 22 HORMONE IM ESSEN Für ein Zuhause ohne hormonell wirksame Substanzen
23 Gegen Kleider- und Lebensmittelmotten hilft die kleine, für Menschen ungefährliche Schlupfwespe Tricogramma evanescens als natürlicher Feind. Den im Internet bestellbaren Schlupfwespen dienen Motteneier als Nahrung. Gegen Fliegen helfen Klebefallen, gegen Ameisen wirken Geruchsbarrieren wie Essigwasser, mit dem man die Ameisenstraße aufwischt und stark riechende Gewürze wie Zimt, die man ihnen in den Weg legt. Ein Gemisch aus Backpulver und Puderzucker lässt die Ameisen nach Verzehr platzen. Gesundheitsschädlinge wie Schaben, Bettwanzen, Pharaoameisen oder Ratten sollten nur durch professionelle, sachkundige Schädlingsbekämpfer vertrieben werden. Viele hilfreiche Tipps zum Umgang mit Schädlingen gibt es in der Download-Broschüre Ameisen, Motten & Co der Umweltberatung: Für ein Zuhause ohne hormonell wirksame Substanzen HORMONE IM ESSEN 23
24 Baba, BPA! Ein Erfolg von GLOBAL 2000: Für Kleinkinderprodukte (Fläschchen, Schnuller) gibt es seit 2011 ein BPA-Verbot. Jetzt kommt der Rest dran! Schrittweise wollen wir ein EU-weites Verbot von BPA und anderen hormonähnlichen Chemikalien erreichen. Unterstützen Sie uns dabei. DANKE. PSK , BLZ Ihre Spende. Unser Einsatz. GLOBAL 2000 Neustiftgasse 36, A-1070 Wien, Tel. 01/
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