Licht in s Dickicht: Ernährung und Krebs

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1 Ernährung und Krebs Licht in s Dickicht: Ernährung und Krebs Was ist von den Schlagzeilen zu halten? In den letzten Jahren taucht eine Behauptung immer wieder in den Medien auf: Krebs könne mit der richtigen Ernährung ausgehungert werden, von Anti-Krebs-Strategien durch das richtige Essen ist die Rede. Suggeriert wird: Krebs sei durch eine richtige Ernährung zu verhindern und die richtige Ernährung trage zur Heilung bei (manchmal wird sogar behauptet, sie sei der Schlüssel dazu). Vor allem die Kohlenhydrate werden verteufelt ich habe Patienten erlebt, die so radikal auf Kohlenhydrate verzichtet haben, dass sie dramatisch an Gewicht verloren. Deshalb: Ich möchte Ihnen die Hintergründe einmal deutlich machen und zeigen, welche Bedeutung welche Art von Ernährung in dieser schwierigen Zeit haben kann und vor allem: welche nicht. Bleiben Sie stets kritisch; je größer die Schlagzeilen sind, je schmissiger die Behauptungen, desto mehr Skepsis ist berechtigt. Die folgenden Fakten habe ich für meinen Vortrag Ernährung und Krebs zusammengetragen, den ich zuletzt beim Förderverein Brustzentrum gehalten habe. Was wir in Sachen Ernährung aus dem Zoo lernen können Letztens lernte ich auf einem Termin den Chef des Berliner Zoos und des Tiergartens kennen. Andreas Kniefreiem ist

2 Tierarzt und wir standen am Buffet, während wir uns unterhielten. Chips, Salzstangen und anderes Knabbergebäck waren längst von den anderen Gästen verputzt, einsam standen noch einige Tablett mit diversen Obstschnitten auf dem Tisch. Ich schlug Herrn Knieriem halb scherzend, halb ernst gemeint vor, das Obst für seine Tiere einzupacken; vor allem für die Affen, so dachte ich, müsste das doch eine gesunde Mahlzeit abgeben. Aber, wie ich im folgenden Dialog lernt weit gefehlt. Gerade bei den Zootieren kommt es auf eine sehr ausgewogene Ernährung an: Die Tiere haben eigene Nutritians, also Ernährungsfachleute, die die Fütterung der in Gefangenschaft lebenden Tiere genau zusammenstellen. Obst gilt in dieser Situation als ein absoluter, weil zuckerhaltiger Leckerbissen und ist z.b. für die Blätter und Gräser fressenden Affen schlichtweg eine heftige Kalorienbombe. So lernte ich einiges über die richtige Ernährung des Affen aber zugleich wurde mich auch noch mal klar: Eine richtige Ernährung hängt auch extrem davon ab, in welcher Lebenssituation man sich befindet. Das heißt bezogen auf unsere Fragestellung: Grade in Zeiten schwerer Erkrankungen müssen also auch besondere Dinge bedacht werden. Was ist das Ziel einer Ernährungsberatung bei Krebs? Das wichtigste für Krebspatienten ist, nicht zuviel Gewicht zu verlieren und das Immunsystem optimal zu unterstützen. Im Fachchinesisch spricht man von der Erhaltung des Ernährungszustandes. Gerade Krebspatienten leiden durch die Krankheit, aber auch durch die Therapie an Appetitlosigkeit, Geschmacksstörungen, Übelkeit und Erbrechen. Alles Faktoren, die ohnehin schon dazu beitragen, dass die Kilos schwinden. Studien zeigen, dass Therapien besser greifen, wenn der Patient normalgewichtig und ausreichend ernährt ist; ist der Patient zu schwach können manchmal Chemotherapie gar nicht durchgeführt werden. Es gibt schulmedizinische Medikamente, um

3 Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen z.b., zu minimieren und auch die Erfahrungsheilkunde kennt Mittel dagegen (z.b. Enzym-Ersatztherapie, ein abgestimmter Einsatz von Heilerde mit Magen- und Darmmitteln u.a. aus der Pflanzenheilkunde). Gibt es einheitliche Ernährungsempfehlungen für Krebspatienten? Einheitliche Empfehlungen gibt es aber keine pauschalen: Das ist ein wichtiger Unterschied. Für Krebspatienten gelten die allgemein gleichen Empfehlungen für die alltägliche Ernährung wie für Gesunde das ist der einheitliche Teil dessen, was ich Ihnen erklären möchte. Also: Möglichst viel Obst und Gemüse, wenig Fleisch, viel trinken, Fertiggerichte meiden, lieber frisch kochen! Wenig Alkohol, wenig Süßes. Die folgende Grafik erläutert Ihnen die richtige Zusammenstellung von Lebensmitteln anhand der Grundsätze der Mittelmeerkost. Sie wird egal ob von der Ernährungsmedizin (= Ärzte) oder den Ernährungswissenschaften (= Oecotrophologen) als eine der besten Mixe angesehen. Selten, dass sich zwei wissenschaftliche Disziplinen so einig sind!

4 Der beste Mix wählen Sie Ihr Essen nach der Mittelmeerküche aus! Eine der wichtigsten Empfehlungen ist zudem. eine fettarme Kost: Sie sehen anhand des Ernährungskreises, dass Fette, sowie Milch und Molkereiprodukte nur als Beiwerk und in kleinen Mengen auf den Tisch kommen. Warum ist pflanzliche Nahrung gerade bei Krebs so hilfreich?

5 Vitamine & Ballaststoffe natürlich verpackt Pflanzen haben ein Problem: Sie leben an einem Standort und kommen da nicht weg. Aber auch Pflanzen müssen sich gegen Feinde, Parasiten, Viren und Bakterien wehren, sie müssen wachsen, produzieren Botenstoffe, tragen bestimmte Farben all diese chemischen Stoffe haben eine Wirkung, die wir uns zur Gesundung nutze machen können. Man nennt diese Stoffe auch Bioaktive Substanzen (BAS). Die bekanntesten unter Ihnen sind die sogenannten sekundären Pflanzenstoffe: z.b. die Polypherole, die in den Farbstoffen aller roten oder violetten Früchte oder auch in Kaffee und Tee vorkommen. Sie wirken antibakteriell. Die Sulfide (Schwefel) in Zwiebeln, Knoblauch oder Lauch wirken entgiftend, Phytosterine sind in der Lage den Cholesterinspiegel zu senken. (Und zwar so effektiv, dass die Verbraucherrechts-Organisation Foodwatch seit Jahren gegen einen Margarinehersteller prozessiert: Auch Gesunde könnten aufgrund der Verpackung und der Werbung meinen, sie täten ihrer Gesundheit mit dem Verzehr einer mit Phytosterinen versetzten Margarine per se etwas Gutes.) Ausserdem liefet vor allem Gemüse jede Menge Ballaststoffe und damit ein Fitnessprogramm für den Darm und die Darmbakterien. Denken Sie daran: ein fetter Darm ist ein aktiver Teil des Immunsystems und gerade in Zeiten von schweren Belastungen ist die Darmgesundheit umso wichtiger!

6 Brauchen Krebspatienten mehr Vitamine? Der Glaube an Vitamine und ihre positiven Einflüsse auf die Gesundheit ist unerschütterlich schließlich haben wir das ja auch jahrzehntelang so zu Hause, in der Werbung und in den Medien so erzählt bekommen und gelernt. Aber: Ganz so einfach ist es gar nicht mit den Vitaminen. Studien belegen zwar, das einige Vitamine eine positive Auswirkung auf bestimmte Krebsarten haben aber, was für den einen Patienten gut ist, muss es nicht auch in gleichem Maße für den anderen sein. So wird diskutiert, ob Vitamine E das Risiko senkt, an Lungenoder Darmturmoren zu erkranken; bei Brustkrebspatientinnen spielt Vitamin E nach bisherigem Wissen keine Rolle, hier könnte eher Vitamin C eine schützende Wirkung zukommen. Am besten ist es übrigens, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente über die natürliche Nahrung zu sich zu nehmen und nicht in Form von Tabletten oder Kapseln, sogenannten Nahrungsergänzungsmitteln. Mit natürlichen Stoffen kann der Körper umgehen: Er kann sie gewichten, auswählen oder sie einfach wieder ausscheiden. Mit künstlichen und/oder in großen Mengen zugeführten Stoffen klappt das nicht mit gleicher Verlässlichkeit. Macht die Gabe von Vitaminen während der Chemo Sinn? Ja und nein! Wichtig ist es, die zusätzliche Gabe von Vitaminen in Form von sogenannten Nahrungsergänzungsmitteln genau mit der Behandlung abzustimmen. Manche Vitamine, wie Vitamin C oder Vitamin A sind besonders bekannt, weil sie die sogenannten freien Radikale abfangen und unschädlich machen können. Manche Chemotherapien haben aber genau die Erhöhung der Zahl der freien Radikalen zum Ziel. Damit wäre eine

7 parallele Gabe von diesen Vitaminen sogar kontraproduktiv: Freie Radikale sind bestimmte Sauerstoffverbindungen, die in der Lage sind, Zellen abzutöten. Sie sind ein Bestandteil unserer Immunsystems und ich bezeichne sie gerne als Schlägertruppe : Freie Radikale sind hoch effektiv, wenn es darum geht Zellen in unserem Fall die Krebszellen zu eliminieren (aber sie sind leider auch ein wenig doof : Sie erwischen auch gute, gesunde Zellen. Daher kommen bei der Chemo auch die Nebenwirkungen wie Hautschäden oder Haarausfall.) Kurzum: Welche Vitamine wann eingenommen werden, muss anhand der schulmedizinischen Therapie abgestimmt werden. Dann kann eine solche Gabe durchaus Sinn machen denn gerade Krebspatienten haben oft durch die anstrengenden Behandlungen ein großes Defizit (ein Blutbild und ein Vitaminstatus zeigt, welche wirklich Nährstoffe fehlen.) Alles zu seiner Zeit! Kann man Krebs aushungern? In vielen Medienberichten werden Fachleute zitiert, die behaupten, Krebs könne man durch den Verzicht auf Kohlenhydrate aushungern. Geniessen Sie diese These mit Vorsicht. Es stimmt, das Krebszellen einen anderen Stoffwechsel haben als gesunde normale Zellen. Zellen gewinnen aus Kohlenhydraten Energie, indem sie diese verbrennen. Krebszellen bearbeiten Kohlenhydrate nur bis zu einem bestimmten Punkt, dann stoppen sie und bilden aus dem Rest Milchsäure. Diese schädigt das umliegende Gewebe, sodass der Krebszellverband dort problemloser hineinwachsen kann. Da aber auch Krebszellen ausreichend Energie brauchen, sind sie besonders hungrig auf Kohlenhydrate. Allerdings ist der Umkehrschluss Kohlenhydrate weg = Krebs weg soweit vereinfacht, dass er nicht stimmt bzw. zumindest

8 große Zweifel hinterlässt. Man kann in der Ernährung Kohlenhydrate nicht generell vermeiden, sie stecken in Obst, Gemüse, Getreide der Mensch ist kein Reagenzglas und er überlebt nicht unter Laborbedingungen. Aber die Forschungsergebnisse stammen aus diesem Umfeld. Reduzieren lassen sich relativ leicht die Kohlenhydrate, die in Zucker stecken, einfach indem man alles Süße und Klebrige vermeidet das ist aber eine Empfehlung, die auch für Gesunde in gleichem Maße gilt und nicht nur für Krebspatienten, denn Zucker im Übermaß stresst den Stoffwechsel. Das Problem an dem pauschalen Versprechen Kohlenhydrate weg Krebs ausgehungert ist, dass nicht alle Krebszellen so wahnsinnig hungrig nach Kohlenhydraten sind. Es sind vor allem die schnellen, aggressiven Formen, die viel Glukose benötigen. Langsam wachsende Krebsarten haben diese Abhängigkeit von Glukose gar nicht. Da liefe der ganze Verzicht eh in s Leere. Bedenken Sie auch: Wenn Sie Kohlenhydrate konsequent meiden, dann müssen Sie auf viel Gesundes verzichten (Kartoffeln, Reis, Getreide, Brot etc.) und stattdessen viel Fett und Eiweiß Fisch, Fleisch und Eier) essen. Das kann schnell dazu führen, dass Sie an Gewicht verlieren was nicht wünschenswert ist (siehe oben!). Auf Dauer ist dieses Essen zudem fade und z.b,. für Brustkrebspatientinnen genau das Falsche: Studien zeigen, dass eine fettreiche Nahrung eher zu den krebsfördernden Faktoren gehört. Also: Lieber á la Mittelmeer essen! Lösen Sie sich von hohlen Versprechungen, schalten Sie den gesunden Menschenverstand ein tun Sie sich Gutes mit Ernährung, Bewegung und Lebensfreude. DAS wird Ihnen besser helfen, den Krebs zu bekämpfen, als sich zu kasteien.