Thema 12: Langfristige Wirtschaftspolitik für Deutschland. Reichen Stabilisierungs- und Konjunkturprogramme?
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- Mina Schmidt
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1 Thema 12: Langfristige Wirtschaftspolitik für Deutschland. Reichen Stabilisierungs- und Konjunkturprogramme? Referent: Aytek Dogan Seminarleiter: Prof. Dr. Ulrich van Lith Seminar Wirtschaftspolitik und öffentliche Finanzen I Die Bundesrepublik Deutschland hat zahlreiche Mechanismen entwickelt um Konjunkturschwankungen bzw. Wirtschaftkrisen entgegenzutreten. Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StabG) Nach der ersten Rezession 1967 (-0,3 % Wachstum des BIP 1 ) in den Jahren des Wirtschaftswunders, wurde als Konsequenz das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft im Jahre 1967 eingeführt. Es sieht eine Neuverschuldung vor, welche nicht höher als die Investitionen sind. Nur bei einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts dürfen mehr Schulden aufgenommen werden als die Höhe der Investitionen. Diese Bedingungen sind nicht an konkrete Zahlen gebunden wodurch Raum für Interpretationen bleiben. Laut Roland Sturm wurden in der Vergangenheit diese Spielräume oft genutzt um noch mehr Schulden aufzunehmen. 2 Dies wird deutlich, wenn man die Entwicklung der gesamtstaatlichen Verschuldung betrachtet. So gab es seit der Einführung des StabG, besonders stark ab der ersten Ölkrise 1973, eine zunehmende gesamtstaatliche Verschuldung. Daraus kann man schließen, dass das StabG die zunehmende Höhe des Schuldenstandes nicht verhindern konnte. Ein weiterer Aspekt des StabG ist die Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum. 3 Insbesondere in den 1970er Jahren wurden diese Ziele nicht erreicht, trotz hoher Schuldenaufnahmen. 1 Statistisches Bundesamt, Vgl. Sturm, R., 2009, S Vgl. StabG, 1
2 EU-Stabilitätspakt Im Maastrichter Vertrag von 1992 wurden verschiedene Konvergenzkriterien für die einzelnen Staaten des EU-Währungsraums vereinbart, die als Grundlage zur Einführung des Euro bilden sollten. Zu den wichtigsten Kriterien gehören unter anderem eine jährliche Neuverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 3%, so wie eine gesamtstaatliche Verschuldung von höchstens 60% des BIP. Diese Kriterien wurden dann als dauerhafte Referenzwerte aufgenommen, um eine anhaltende Stabilität des Euroraums zu gewährleisten. Seit 2002 bewegt sich aber die Staatsverschuldung auf über 60% des BIP, wobei gerade diese Größe stark vom Wirtschaftswachstum abhängig ist. Laut der Deutschen Bundesbank lag der Schuldenstand 2008 bei 65,9% des BIP. Eine Überschreitung des 3%-Wertes ist dann zugelassen, wenn das Verhältnis ausnahmsweise und vorübergehend überschritten ist. In Folge einer steigenden Nettokreditaufnahme ist mit einer steigenden gesamtstaatlichen Verschuldung zu rechnen. Dies beschränkt die Möglichkeiten in der Finanzpolitik aufgrund der hohen Tilgungs- und Zinsverpflichtungen. Föderalismusreform II (Schuldenbremse) Aufgrund der langfristig steigenden Staatsschulden unabhängig von Konjunktur und Bundesregierung wurde die Föderalismusreform II ins Grundgesetz verankert. Diese tritt ab 2011 in Kraft. Die Länder und der Bund sollen langfristig ohne neue Schulden auskommen. Es soll dann dem Bund nur noch erlaubt sein neue Schulden in Höhe von höchstens 0,35 % des BIP aufzunehmen, während die Bundesländer keine neuen Schulden aufnehmen dürfen. Diese Ziele sind aber für den Bund erst ab 2016 verbindlich, für die Länder sogar ab Die wirtschaftliche Entwicklung wird aber mitberücksichtigt, so dass es für den Bund möglich ist eine Neuverschuldung von 1,5 % des BIP aufzunehmen, für die Bundesländer gelten jedoch keine Ausnahmen. 4 Die angestrebte Konsolidierung wird vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung begrüßt, wobei die Prognostizierbarkeit von wirtschaftlichen Rahmenbedingen als sehr schwierig angesehen wird. 5 Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung die Schuldenbremse wenig Raum für Konjunkturabschwünge lasse. 6 4 Vgl. Sturm, R., 2009, S Vgl. Sachverständigenrat, Jahresgutachten 2009/10, S Vgl.
3 Konjunturpakete I und II Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Bundesregierung, die in Deutschland bis dahin größten Konjunkturprogramme 2008/2009 beschlossen. Allein das Konjunkturpaket II umfasst 50 Milliarden Euro. Als wesentliche Maßnahmen sind unter anderem folgende Punkte zu nennen: Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, gezielte Steuerentlastungen und Verlängerung des Kurzarbeitergeldes auf 18 Monate. Als Kernpunkt des Maßnahmenbündels gelten dabei die geplanten Investitionsausgaben, die in etwa 17 bis 18 Milliarden Euro umfassen. Hierdurch sollen Bildungseinrichtungen ausgebaut und saniert werden. Weitere Investitionen sollen in Straßen, Schienenverkehr und Breitbandtechnologie getätigt werden. Die Finanzierung soll mit Hilfe der Mittel von Bund, Ländern und Kommunen erfolgen. Zudem möchte man die Bevölkerung bis zum Ende des Jahres 2010 um etwa 9 Milliarden Euro durch Steuersenkungen entlasten. Hierbei soll unter anderem die Steuerprogression abgeflacht werden und man möchte den Grundfreibetrag der Einkommensteuer erhöhen. Die Idee der Konjunkturprogramme basiert auf dem Konzept des Keynesianismus. Ziel ist es als Staat in einer Phase des Abschwungs mit Hilfe der Fiskalpolitik bzw. durch höhere Ausgaben die geschwächte Nachfrage wiederzubeleben. Dadurch sollen Unternehmen ausgelastet werden und weitere Investitionen getätigt werden. Mit den Konjunkturprogrammen soll die Nachfrage also gezielt gestärkt werden. Wenn die Einnahmen der öffentlichen Haushalte wieder steigen, soll der Staat entweder seine Ausgaben senken oder die Steuern erhöhen, um seine Schulden begleichen zu können. Hier wird das Prinzip einer antizyklischen Wirtschaftspolitik verdeutlicht. Die Wirkungen solcher Konjunkturprogramme sind jedoch umstritten. Die aufgezeigten Maßnahmen sind in Bezug auf das StabG nicht immer konsequent verfolgt worden. Da der Druck auf die Politik nicht groß genug war, so dass dieses Gesetz oft umgangen wurde, oder bewusst anders interpretiert wurde. Der EU-Stabilitätspackt sorgte für einen höheren Handlungs-und Konsolidierungsdruck wodurch die Stabilitätskriterien nur in Rezessionen nicht eingehalten werden konnten. Die Konjunkturpakete der Bundesregierung sind eher kurzfristig orientiert, da sie den massiven Konjunktureinbruch auffangen sollten. Die Wirkungen werden sich eher verzögert einstellen wodurch eine abschließende Bewertung schwierig ist. Tendenziell
4 ist aber erkennbar, dass gebundene Verpflichtungen die Politik dazu veranlassen eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik anzustreben, wie die Föderalismusreform II aufzeigt, da sie stark an den EU-Stabilitätspack angelehnt ist.
5 Literatur Altmann, Jörn (2007): Wirtschaftspolitik, Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft mbh, Stuttgart, 8. Auflage. Bundesministerium der Justiz (1967): Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2010): Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung: das erste Konjunkturpaket im Überblick, -1.html, Abruf am Bundeszentrale für politische Bildung (2009): Konjunkturpaket II, Abruf am Deutsche Bundesbank (2009): Zur Verschuldung der öffentlichen Haushalte, Frankfurt am Main. Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (2008): Die Schuldenbremse eine Wachstumsbremse? In: Report Nr. 29 Juni Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2009): Die Zukunft nicht aufs Spiel setzen Jahresgutachten 2009/10. Statistisches Bundesamt (2010): Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen Bruttoinlandsprodukt, Bruttonationaleinkommen, Volkseinkommen Lange Reihen ab 1950, Wiesbanden. Sturm, Roland (2009): Föderalismusreform II:,,Schuldenbremse, neokeynesianischer Glaube an die Steuerbarkeit der Wirtschaft und das altbekannte Instrument der Politikverflechtung. In: GWP Heft 3/2009, S
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