Akute Entzündliche ZNS-Erkrankungen. Martin Müller Neurologische Abteilung Luzerner Kantonsspital
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- Käthe Kappel
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1 Akute Entzündliche ZNS-Erkrankungen Martin Müller Neurologische Abteilung Luzerner Kantonsspital
2 Entzündliche ZNS-Erkrankungen Meningitis Encephalitis Hirnabszess Myelitis Spinaler Abszess
3 Entzündliche ZNS-Erkrankungen Allgemeines Bakteriell, viral, Parasiten, Pilze, Tbc Akut vs. chron. (Pleozytose > 4 Wochen) Purulent vs. aseptisch Häuslich erworben vs. nosokomial (mind. 4 Tage vor Beginn der klin. Symptomatik in stat. Pflege)
4 Entzündliche ZNS-Erkrankungen Klinisches Bild Meningitis: -Kopfschmerzen -Fieber - Übelkeit/ Erbrechen -Photophobie - Bewusstseinsstörung - HN-Ausfälle -Meningismus - Pos. Nackendehnungszeichen
5 Entzündliche ZNS-Erkrankungen Klinisches Bild Meningeale Reizzeichen - Meningismus: Nackensteifigkeit bei passiver Kopfneigung - Brudzinski: Flexion in Hüft- u./o. Kniegelenk bei passiver Beugung d. Kopfes -Lasègue: Nacken- u./o. Rückenschmerzen bei passivem Anheben des im Knie gestreckten Beins - Kernig: bei sitzendem Pat. Kniestreckung nicht möglich, bei liegendem Pat. reflektorische Kniebeugung bei passivem Anheben des gestreckten Beins
6 Entzündliche ZNS-Erkrankungen Klinisches Bild Encephalitis/ Hirnabszess: -Kopfschmerzen -Fieber - Bewusstseinsstörung -Übelkeit/ Erbrechen - Persönlichkeitsveränderungen - epileptische Anfälle - fokale neurologische Defizite - ggf. Meningismus
7 Entzündliche ZNS-Erkrankungen Klinisches Bild Myelitis: -Fieber - Rücken- und Muskelschmerzen - zentrale und periphere Paresen - (querschnittsförmig) verteilte Sensibilitätsstörungen
8 CAVE: Wenn die klinische Trias - Kopfschmerz, - Meningismus, - Fieber nicht komplett vorhanden ist, schliesst dies eine Meningitis, Enzephalitis oder einen Hirnabszess nicht aus Die Trias ist nur in 30-40% der viralen Meningitiden vorhanden. Auch bei bakteriellen Meningitiden und bei Hirnabszessen kann Meningismus oder Fieber fehlen!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
9 Entzündliche ZNS-Erkrankungen Diagnostik - Aerobe u. anaerobe Blutkulturen; BB, Diff., CRP, BSG - CT- o. MR- Schädel mit KM; Rö-Thorax - Liquor (sofern kein Hinweis auf Hirndruck): - Zellzahl, Eiweiss, Glucose, Lactat - Zelldifferenzierung/ Zytologie - Gram- und Methylenblaufärbung - Liquorkultur, ggf. PCR
10 Entzündliche ZNS-Erkrankungen Diagnostik - Aerobe u. anaerobe Blutkulturen; BB, Diff., CRP, BSG - CT- o. MR- Schädel mit KM; Rö-Thorax - Liquor (sofern kein Hinweis auf Hirndruck): - Zellzahl, Albumin/Eiweiss, Glucose, Lactat - Zelldifferenzierung/ Zytologie - Gram- und Methylenblaufärbung - Liquorkultur, ggf. PCR - EEG - Stereotaktisches Biopsat (Hirnabszess) - Fokussuche (Mundhöhle, Zähne, Rachen, NNH, Mittelohr, Mastoid, Herz, Lunge, Knochen)
11 Entzündliche ZNS-Erkrankungen Diagnostik Liquor: Bakteriell Viral/aseptisch undankbar Zellzahl >1000/ml <300/ml /ml Pleozytose granulozytär granulozytär gemischtzellig Therapie lymphozytär lymphozytär lymphozytär nach nach Zellsturz auch 3 Tage Ansprechen der ohne Therapie Therapie Gesamteiweiss (< 0.45 g/l) >2 g/l g/l g/l Albumin (< g/l) Glucose ( mg/l) Lactat (> mmol/l)
12 CAVE: Normale Laborwerte für Leukozyten, CRP, BSG schliessen eine Meningoenzephalitis oder einen Hirnabszess nicht aus. Jede KM-aufnehmende ringförmige Hirnläsion ist bis zum Beweis des Gegenteils ein Hirnabszess, der antibiotisch therapiert werden muss.
13 Entzündliche ZNS-Erkrankungen Meningitis Encephalitis Hirnabszess Myelitis Spinaler Abszess
14 Akute bakterielle Meningitis - Epidemiologie: Inzidenz 10/ Einwohner pro Jahr. - Ätiopathogenese: - Erregerspektrum bei Erwachsenen: Pneumokokken = Streptococcus pneumoniae (in 50%), Grampositiv Meningokokken = Neisseria meningitidis (20-30%), Gramnegativ Listerien (<5%), Staphylokokken, gramneg. Enterobakterien, inkl. Pseudomonas und Hämophilus influenzae - Infektionswege: fortgeleitet (per continuitatem), z.b. Sinusitis, Otitis, Mastoiditis hämatogene Streuung, z.b. Endokarditis, Pneumonie Verletzung der Dura, z.b. Liquorfistel bei SHT, iatrogen bei NC- oder HNO-ärztlichen Eingriffen
15 Akute bakterielle Meningitis Klin. Leitsymptome: - Nackensteifigkeit - Kopfschmerzen - Erbrechen - Hohes Fieber - Photo-/ Phonophobie
16 Akute bakterielle Meningitis Allgemeine Massnahmen: Therapie - 24h-Patientenisolierung - Hygienemassnahmen - Flüssigkeitssubstitution - Fiebersenkende Massnahmen Chemoprophylaxe für Kontaktpersonen: MELDEPFLICHT d. Krankheitsverdachts, der Erkrankung und des Todes bei Meningokokkenmeningitis!!
17 Akute bakterielle Meningitis Medikamentöse Therapie Dexamethason: Antibiose: initial 8 10 mg/d i.v., dann 3 x 8 mg/d für 3 Tage Reduktion der neurologischen Defizite und der Letalität (evidence based v.a. für Pneumokokken-Meningitis)
18 Entzündliche ZNS-Erkrankungen Virale Meninigtis/Encephalitis - Epidemiologie: Inzidenz Virale Meningitis/Enzephalitis 200/ HSV 0.5/ Einwohner pro Jahr. FSME 1.4 6/
19 HSV-Enzephalitis Ätiopathogenese: - Erreger: Herpes simplex-viren Typ I, seltener Typ II nekrotisierend-hämorrhagische Meningoencephalitis - Infektionsweg: Eintrittspforte über die Nase transaxonale Perforation der Viren von der Riechschleimhaut über den N. olfactorius in das Frontalhirn und später in den Temporallappen
20 Entzündliche ZNS-Erkrankungen EEG: Periodische steile Abläufe, ggf. auch epilepsietypische Potenziale temporal bis frontotemporal + Verlangsamungsherd in gleicher Lokalisation MRI Schädel: Hyperintense Läsionen ein oder beidseitig frontotemporal im T2- gewichteten Bild Fallbeispiel
21 Virale (HSV)-Encephalitis Klin. Leitsymptome: - Kopfschmerzen - Erbrechen - Hohes Fieber - Fokal neurologische Defizite (Aphasie, Parese) - Psychosyndrom - Epileptische Anfälle - Bewusstseinsstörung
22 Virale (HSV)-Encephalitis Medikamentöse Therapie Bereits bei Verdacht sofortige Gabe von: Aciclovir 10 mg /kg KG alle 8h i.v. über 14 Tage Bsp.: Eine 75 kg schwere Patientin erhält 3 x 750 mg Aciclovir i.v. pro Tag Prognose: Letalität der HSV-Encephalitis unbehandelt bei 80%, behandelt bei 20%. Bei den Überlebenden in 30% neurologische Residualsymptome (v.a. kognitive Defizite)..
23 Virale (HSV)-Encephalitis CAVE Jede nichteitrige/virale Meningitis, die mit Herdsymptomen einhergeht, ist initial als HSV-Enzephalitis aufzufassen und zu therapieren.
24 Virale (FSME)-Encephalitis Klinik Meningitis mit Enzephalitischen Symptomen, Querschnittsmeylitischen Symptomen, radikulitischen Symptomen oder Hirnnervenbeteiligung DD ist immer die Borreliose, da auch die Liquorzelldifferenzierung nicht sicher unterscheiden kann. Daher Antibiose wie bei Neuroborreliose (Rocephin IV) bis Titer- Bestimmungen oder PCRs vorliegen.
25 Hirnabszess - Epidemiologie: Inzidenz 1/ Einwohner/Jahr. - Ätiopathogenese: - Erreger: - Infektionsweg: fortgeleitet (per continuitatem), z.b. Sinusitis, Otitis, odontogen hämatogene Streuung, z.b. Endokarditis, Pneumonie posttraumatisch, z.b. nach offenem SHT, postoperativ septische SVT, bakterielle Meningitis
26 Hirnabszess Klin. Leitsymptome: Diagnostik: - Kopfschmerzen -MRI-Schädel - Erbrechen - Hohes Fieber - Fokal neurologische Defizite - Psychosyndrom - Epileptische Anfälle - Liquor (Erregernachweis) - Bewusstseinsstörung - Fokussuche (Rö-Thorax, TEE, Dünnschicht-CT, )
27 Hirnabszess Medikamentöse Therapie
28 Hirnabszess Therapeutisches Procedere Bei nicht abgekapselter Zerebritis (Frühstadium), operativ schlecht zugänglichen oder multiplen kleinen Abszessen: Isolierte systemische Therapie mit Breitbandantibiotika Bei abgekapseltem, gut zugänglichen, ausreichend grossem Abszess (ab ca. 1,5 cm): Systemische Therapie mit Breitbandantibiotika und stereotaktische Punktion mit Abszessdrainage und Spülung ODER Systemische Therapie mit Breitbandantibiotika und Abszessexstirpation durch Kraniotomie
29 Meningoenzephalitis Wo behandeln? Allgemeinspital? Spital mit neurologisch/neurochirurgischem Know-how?
30 Meningoenzephalitis Komplikationen Hirnödem Hydrozephalus Intrakranieller Druck Vaskulitis Abszess Ventrikulitis Hirninfarkte
31 TCD-Untersuchung Beeinflussende Faktoren -Intrakranieller Druck z.b. erkennbar an Hirnödem, Hydrozephalus
32 Klinische Relevanz globale Scores Der kompl. Verlauf schlägt sich auch in den Skalen wieder, so dass sie neben der fokalen Symptomatik auch eine diffusere Schädigung erfassen. Nachdem BA/PCA- Stenosen selten sind, reflektieren die SSS- Veränderungen vor allem kortikale oder subkortikale Defizite im vorderen Stromgebiet. SSS Score Tag mit Stenose ohne Stenose
33 Klinische Relevanz Neuropsychologischer Outcome Persistierendes (!) subkortikales kognitives Defizit mit signifikanten Einbußen in der Durchführunsgeschwindigkeit von Denkabläufen und der Initiierung von Handlungsabläufen, von Konzentration und Gedächtnis in bis zu 40% auch der unauffälligen Restitutionen. Jan et al 2003
34 Outcome Pathophysiologie Vorwiegend ischämische subkortikale Schädigung (Nau et al, 2004) als Folge von Stenosen der großen hirnzuführenden Gefäße Intrakranieller Druckerhöhung Vaskulitische Veränderungen der kleinen Gefäße (Nau et al, 2004) Jan et al, 2003
35 Meningoenzephalitis Komplikationen Hirnödem Hydrozephalus Intrakranieller Druck Vaskulitis Abszess Ventrikulitis Hirninfarkte Osmotherapie, evtl. Kraniotomie Externe Ventrikeldrainage Osmotherapie, evtl. Kraniotomie Steroidtherapie Neurochirurgische Therapie Evtl. intrathekale Therapie Je nach Grösse invasive Therapie
36 Meningoenzephalitis Wegen des Erkennens der Komplikationen und ihrer Therapie gehören Patienten mit Meningoenzephalitiden in ein Spital mit Neurologischer und Neurochirurgischer Abteilung Mit Chemotherapie und Steroiden alleine ist es nicht getan!!!!!!!!!!!!!!!
37 Entzündliche ZNS-Erkrankungen Versicherungsrechtliche Aspekte Nach Abschluss der Therapie MRI und EEG (Funktionelle und grobanatomische Integrität des ZNS) Neuropsychologische Testung als Hilfe zur beruflichen Wiedereingliederung Ausgangswert für spätere gutachterliche Beurteilung im Langzeitverlauf
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