Prof. Dr. Burkhard Boemke Wintersemester 2011/12. Bürgerliches Recht I. Allgemeiner Teil und Recht der Leistungsstörungen
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- Anna Biermann
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1 Prof. Dr. Burkhard Boemke Wintersemester 2011/12 Universität Leipzig Bürgerliches Recht I Allgemeiner Teil und Recht der Leistungsstörungen 13 Fall: Stellvertretung Rechtsschein Schlossallee Lösung A. Ansprüche gegen B Anspruch von D gegen B auf Übereignung des Grundstücks Schlossallee aus Kaufvertrag i. V. m. 433 Abs. 1 S. 1 BGB haben. Voraussetzung: wirksamer Kaufvertrag zwischen B und D bestehend aus Antrag und Annahme i. S. d. 145 ff. BGB I. Antrag Antrag ist empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der einem anderen der Abschluss eines Vertrags derart angetragen wird, dass dieser nur noch zustimmen muss
2 1. Antrag durch B selbst (-) 2. Antrag durch S mit Wirkung für und gegen B nach 164 Abs. 1 S. 1 BGB a) Eigene Willenserklärung von S (+); S bildete den Willen und äußerte diesen gegenüber D (Inhalt: Angebot auf Abschluss des Kaufvertrags) b) Im Namen von B (+); S fügte seiner Erklärung Vollmachtsurkunde bei und brachte damit ausreichend zum Ausdruck, dass seine Erklärung für und gegen B wirken soll c) Vertretungsmacht aa) Gesetzliche Vertretungsmacht (-) bb) Rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht (Vollmacht) (1) Vollmacht aus dem Frühjahr 2011 (-), weil zwar zunächst wirksam erteilt, zwischenzeitlich wiederum wirksam widerrufen i. S. d. 168 S. 3 BGB (2) Vollmacht kraft Rechtsscheins nach 172 BGB (-); Vollmachtsurkunde wurde zurückgegeben (vgl. 172 Abs. 2 BGB) (3) Rechtsschein nach 172 BGB analog wegen Vorlage der entwendeten Vollmachtsurkunde (-) der Wortlaut von 172 BGB verlangt ein Aushändigen durch den Vertreter, daher fehlt es bei einem eigenmächtigen Wegnehmen an der für eine Analogie erforderlichen vergleichbaren Interessenlage. (4) Anscheinsvollmacht (a) Fahrlässiges Setzen des Rechtsscheins Vertretener hätte erkennen müssen, dass der andere als Vertreter für ihn auf tritt und es muss die Möglichkeit bestanden haben, dies zu vermeiden; hier (+) B wusste, dass S fest zum Verkauf des Grundstücks entschlossen war; sie hätte den Rechtsschein dadurch verhindern können, dass sie die Vollmachtsurkunde einem für S nicht zugänglichen Ort aufbewahrt
3 (b) Vertrauen des anderen auf Bestand der Vollmacht Adressat der Willenserklärung muss auf den Bestand der Vollmacht vertraut haben (Gutgläubigkeit); hier (+); hier bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass D kannte oder kennen musste, wie S in den Besitz der Vollmachtsurkunde gelangt ist; auf Grund der Vorlage der Urkunde durfte er auf das Bestehen der Vollmacht vertrauen. Vertretungsmacht (+) Von S ggü. D abgegebene Angebotserklärung wirkt für und gegen B Antrag von B damit (+) II. Annahme 1. Inhalt: Zustimmung zum von S angestrebten Vertragsinhalt (+) 2. Abgabe: willentliche Entäußerung in Richtung des Adressaten (+) 3. Zugang bei B a) unmittelbarer Zugang bei B (-) b) Zurechnung des Zugangs bei S aa) Zugang bei S (+); S nahm Annahme sogar tatsächlich zur Kenntnis bb) Zurechnung zu B (+); 164 Abs. 3 BGB; S ist Vertreter von B (s. o.) Zugang bei B (+) Annahme (+) Ergebnis: Kaufvertrag zwischen B und D; D kann von B kann aus dem Kaufvertrag i. V. m. 433 Abs. 2 BGB die Übereignung des Grundstücks verlangen.
4 B. Ansprüche gegen S I. Erfüllung nach 179 Abs. 1 Alt. 1 BGB Ungeachtet dessen, ob ein Erfüllungsanspruch des D gegen S vorliegend überhaupt denkbar ist, wäre dem S die Erfüllung ohnehin nach 275 Abs. 1 BGB unmöglich, weil er nicht Eigentümer des Grundstücks ist. II. Schadensersatz nach 179 Abs. 1 Alt. 2 BGB Voraussetzung: S müsste ohne Vertretungsmacht gehandelt haben Vorliegend weder gesetzliche noch rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht; gleichwohl Haftung der B nach Rechtsscheinsgesichtspunkten (Anscheinsvollmacht) Ob Vertreter in diesem Fall ohne Vertretungsmacht i. S. d. 179 Abs. 1 BGB gehandelt hat, ist umstritten. 1. Ansicht (vgl. nur Canaris, NJW 1991, 2628; Larenz/Wolf, 48 Rn. 33) Bei der Zurechnung einer fremden Willenserklärung nach Rechtsscheinsgesichtspunkten kann Geschäftspartner wählen, ob er den Vertretenen auf Erfüllung oder ob er den Vertreter nach 179 BGB in Anspruch nimmt Argumente: Geschäftspartner könnte im Prozess gegen den Vertretenen unterliegen, weil ihm der die Darlegung und der Beweis misslingt, es habe eine Rechtsscheinsvollmacht vorgelegen; Unterliegt er anschließend im Prozess gegen den Vertreter, weil das Gericht in diesem Verfahren von einer Rechtsscheinsvollmacht ausgeht, ginge der Geschäftspartner leer aus. Anscheinsvollmacht sei im Interesse des Geschäftspartners entwickelt worden und solle deshalb dessen Rechtsposition stärken und ihm keine Rechte abschneiden.
5 2. Ansicht (h. M.; BGH, v , NJW 1983, 1308, 1309) Vorliegen einer Rechtsscheinsvollmacht schließt die Anwendung von 179 BGB aus Argumente: haftet der Vertretene, besteht kein schutzwürdiges Interesse an einer Inanspruchnahme des Vertreters 179 Abs. 1 letzter Hs. zeigt, dass Anspruch gegen den falsus procurator nur subsidiär bestehen soll (für den Fall der unterbliebenen Genehmigung). Problem der Beweisbarkeit der Vertretungsmacht im Prozess gegen den vermeintlich Vertretenen stellt sich in allen Vertretungsfällen oben aufgeführte prozessuale Schwierigkeit besteht tatsächlich nicht. Risiko unterschiedlicher Prozessergebnisse (wegen unterschiedlicher Beurteilung einer Rechtsscheinsvollmacht) kann durch Streitverkündung gegenüber dem Vertreter vermieden werden. Nach 74, 68 ZPO stünde im Falle des Unterliegens im Verfahren gegen den Vertretenen für eine anschließende Klage gegen den Vertreter dessen fehlende Vollmacht fest. Mit der h. A. ist deshalb davon auszugehen, dass Dieter keine Ansprüche gegen Sören zustehen. h. M. überzeugt, weil S nicht ohne Vertretungsmacht auftrat, daher scheidet 179 BGB aus. Ergebnis: Es bestehen keine Ansprüche des D gegen S
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