Berliner Wirtschaft und demografischer Wandel
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- Volker Schäfer
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1 »Die Jüngeren rennen zwar schneller, aber die Älteren kennen die Abkürzung.«Ursula von der Leyen, 2009 Berliner Wirtschaft und demografischer Wandel Studie zum Übergangsmanagement in Berliner Unternehmen
2 INHALTS- VERZEICHNIS Grußwort Cornelia Yzer Grußwort Hella Dunger-Löper Vorwort Christoph Zeckra Die Auftraggeber Die Studie Ergebnisse der Studie Demografischer Wandel Berliner Unternehmen und demografischer Wandel Ein neues Bild vom Alter Übergangsmanagement Angebote am Übergang in den Ruhestand Programme zum Wissensmanagement CSR in Berliner Unternehmen CSR als Teil der Unternehmensphilosophie Förderung von bürgerschaftlichem Engagement am Übergang Erwerbsarbeit nachberufliche Phase Zusammenfassung
3 Grußwort Cornelia Yzer Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung des landes Berlin Grußwort Hella Dunger-Löper Beauftragte für Bürgerschaftliches Engagement im Land Berlin Berlin ist international, und zieht Talente aus aller Welt an. Keine andere europäische Hauptstadt bietet ein so umfangreiches und vielschichtiges Angebot an Ansiedlungsflächen für Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen wie Berlin. Die Menschen in der Stadt sind hoch qualifiziert. Als Senatorin, zuständig für Wirtschaft Technologie und Forschung, erlebe ich bei aktuellen Investitionsvorhaben immer wieder, dass sich Unternehmen für den Standort entscheiden, weil sie erwarten, dass der demografisch bedingte Fachkräftemangel in Berlin abgedeckt wird. Zum einen durch die starke Hochschullandschaft, zum anderen durch die internationale Magnetwirkung Berlins. Zur Zukunftssicherung gehört, dem demografischen Wandel mit innova- tiven Personalentwicklungsmaßnahmen zu begegnen. Die Ergebnisse der vorliegenden Erhebung zeigen, dass sich viele Berliner Unternehmen längst auf den Weg gemacht haben, in den Handlungsfeldern Personalführung, Diversity, Gesundheitsförderung und Wissensmanagement Lösungen für ihre älter werdenden Mitarbeiter/-innen anzubieten. Auch als Partner bei der Suche nach Lösungen gesellschaftlicher Fragestellungen bringen sich die befragten Unternehmen im Rahmen ihrer CSR-Strategien engagiert und ideenreich ein. Ich wünsche mir, dass von den hier vorgestellten guten Beispielen zum Personalmanagement und CSR der Impuls ausgeht: Wir alle gemeinsam gestalten diese Stadt, schon jetzt für die Zukunft. SenWTF, GEORG LOPATA/AXENTIS.DE Senatskanzlei Berlin, Landesarchiv Berlin Was kommt nach dem Eintritt ins Rentenalter? Diese Frage treibt viele Beschäftigte jenseits der 55 um. Wie lassen sich die im Beruf erworbenen Erfahrungen und Kompetenzen im Leben nach dem Beruf sinnvoll nutzen? Für viele Menschen führt die Suche nach neuen Betätigungsformen zum weiten Feld des gesellschaftlichen Engagements. Sie bringen ihre Ideen ein, beteiligen sich und setzen sich mit Anderen für Andere ein. Die Freiwilligen erleben dabei, wie sie eine Menge bewegen können. Auch für Unternehmen ist es ein Vorteil, wenn sich ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesellschaftlich engagieren. So gewinnen sie soziale Kompetenzen und interkulturelle Erfahrungen, die für Unternehmen im 21. Jahrhundert von unschätzbarem Wert sind. Die Senatskanzlei unterstützt daher das vom Freiwilligenzentrum STERNENFISCHER angestoßene Projekt ZEIT FÜR NEUES Berlin, um Unternehmen und Beschäftigte im Hinblick auf den Übergang zu beraten. In diesem Zusammenhang ist auch die vorliegende Studie entstanden. Sie zeigt vielfältige Möglichkeiten auf, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Suche nach Betätigungsfeldern für die Zeit nach dem Beruf systematisch und zum beiderseitigen Nutzen zu unterstützen. Ich wünsche all jenen, die in Unternehmen und Verwaltung Verantwortung tragen, eine anregende Lektüre und viele Anstöße für einen gelingenden Übergang hin zur nachberuflichen Lebensphase. 2 3 Berliner Wirtschaft und demografischer Wandel
4 Vorwort Christoph Zeckra Gesamtverantwortlicher des Generali Zukunftsfonds Die Auftraggeber STERNENFISCHER Freiwilligenzentrum Generali Zukunftsfonds Generali Zukunftsfonds, R.Stempell Cologne Viele haben verstanden, in welcher Dramatik sich der demographische Wandel abspielt. Den Unternehmen werden bis Millionen Fachkräfte fehlen. 34 % der Jährigen können sich vorstellen, auch nach dem Ende der Erwerbsarbeit aktiv zu bleiben. In einer Zeit, in der wir jedes Jahr 3 Monate an Lebenszeit dazugewinnen, können wir uns auf eine nachberufliche Lebenszeit einstellen, die länger währt als die Zeit der Jugend. Bei einem Renteneintritt mit 65 bleiben Männern durchschnittlich 17,4, den Frauen 20,7 Lebensjahre. Die uns heute gewohnten Begriffe»Alter«und»Ruhestand«erweisen sich als unphysiologisch: Menschen wollen keine Trennung von Lebensphasen des Arbeitens und des»ruhens«. Sie suchen nicht Ruhe im Ruhestand. Sie möchten herausfordernde Aufgaben mit positiver gesellschaftlicher Wirkung verbinden. Wir benötigen ein zeitgemäßes Verständnis von Lebenszeit als Synchronisation von Erwerbstätigkeit, Familienzeit, Freizeit und nachberuflichem, sozialem Engagement. Einer stärkeren Durchlässigkeit von Wirtschaftsunternehmen und dem 3. Sektor kommt daher hohe Bedeutung zu. Unternehmen tun gut daran, angesichts der veränderten Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt die Entwicklung ihrer Mitarbeiter auch über die»eigentliche«erwerbsarbeit hinaus zu fördern. Mit einem sichtbaren Übergangsmanagement in die Bereiche des Gemeinwohles gewinnen sie an Attraktivität und Bindungskraft. Das STERNENFISCHER Freiwilligenzentrum übernimmt als Serviceund Beratungseinrichtung die Querschnittsaufgabe der Bündelung und Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements im Berliner Südosten. Die Einrichtung wurde 2007 gegründet und befindet sich in Trägerschaft der Union Sozialer Einrichtungen gemeinnützige GmbH (USE ggmbh). Das Freiwilligenzentrum informiert und berät zu den Möglichkeiten eines Engagements und vermittelt alle an einem freiwilligen Engagement Interessierten in mögliche Einsatzfelder. Damit arbeitet es an der Schnittstelle zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Non-Profit-Bereich. Die STERNENFISCHER arbeiten kooperativ mit der öffentlichen Verwaltung des Bezirks Treptow-Köpenick zusammen und sind auch mit der lokalen Wirtschaft eng verzahnt. Die Einrichtung hat innerhalb der Freiwilligenagenturen und -zentren aufgrund ihrer strategischen und sektorenübergreifenden Arbeit Modellfunktion und gilt bundesweit als Vorbild. Unter dem Leitthema»Der demografische Wandel unsere gemeinsame Herausforderung«fördert der Generali Zukunftsfonds seit seiner Neuaufstellung durch die Generali Deutschland Holding AG im Jahr 2008 bürgerschaftliches Engagement insbesondere der Älteren im gesamten Bundesgebiet. Die Tätigkeiten des Generali Zukunftsfonds konzentrieren sich auf nachhaltige gesellschaftliche Ziele und sind von Marketingmaßnahmen des Unternehmens abgegrenzt. Der Generali Zukunftsfonds unterstützt Projekte und Initiativen, die sich zum Ziel gesetzt haben, den Folgen einer zunehmend überalternden Gesellschaft entgegenzuwirken. Ein besonderer Fokus liegt darauf, das vorhandene Potenzial an Kompetenzen, Energie und Zeit älterer Menschen zu aktivieren und zu nutzen. Darüber hinaus tritt der Generali Zukunftsfonds als Change- Manager, Vernetzer sowie Initiator im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements auf. 4 5 Berliner Wirtschaft und demografischer Wandel
5 Die Studie Das Projekt ZEIT FÜR NEUES Berlin ist ein Kooperationsprojekt des STERNEN- FISCHER Freiwilligenzentrum mit dem Generali Zukunftsfonds und der Senatskanzlei Berlin. Projektziel ist es, das Engagement der Menschen, die noch im Berufsleben stehen und sich auf die Zeit nach der Erwerbsarbeit vorbereiten, zu fördern. Im ersten Schritt wurde dafür im Zeitraum April bis August 2013 eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Personalverantwortliche und Vertreter/- innen von Unternehmensverbänden sowie der öffentlichen Verwaltung wurden zu Themen des demografischen Wandels, Übergangsmanagements und der Engagementförderung befragt. Interviewt wurden Geschäftsführer, Vorstände, Firmeninhaber, Niederlassungsleiter, Vertriebsleiter oder Personalverantwortliche. Die Interviewpartner kamen aus Unternehmen sehr unterschiedlicher Größenordnung, vom mittleren Handwerksbetrieb mit 35 Mitarbeitern bis zum Großkonzern mit Mitarbeitern. Insgesamt wurden 15 Großunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und zehn mittlere Unternehmen mit einer Beschäftigtenanzahl zwischen 35 und 499 berücksichtigt. Außerdem konnte ein breiter Querschnitt von Branchen erfasst werden: Abfallentsorgung (2) Baugewerbe (1) Dienstleistungen (2) Energieversorgung (1) Erziehung und Unterricht (2) Finanzdienstleistungen (3) Gesundheitswesen (2) Gewerbe (2) Grundstücks- und Wohnungswesen (1) Handwerk (1) Pharmabranche (2) Verarbeitendes Gewerbe (2) Verkehr (2) Nonprofit-Sektor (3) Öffentliche Verwaltung (3) Wirtschaftsverbände (5) Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Machbarkeitsstudie nimmt das Projekt ZEIT FÜR NEUES Berlin 2014 seine Arbeit auf. Befragungsergebnisse Die Befragung von Personalverantwortlichen umfasste Fragenkomplexe zu den Themenfeldern Demografie im Unternehmen, Übergangsmanagement und Engagementförderung. Ziel war es herauszufinden, mit welchen Maßnahmen die befragten Unternehmen dem demografischen Wandel begegnen und ob es (und wenn ja, welche) Maßnahmen gibt zur Begleitung des Übergangs der Mitarbeiter in den Ruhestand. Ziel war es zudem herauszufinden, inwieweit die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung bereits in die Unternehmensführung integriert wird. Schließlich wurde bei allen Befragten die Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung im geplanten Verbundprojekt ZEIT FÜR NEUES Berlin abgefragt. Aufbau der Broschüre Die vorliegende Broschüre gibt einen Überblick über die Ergebnisse der Studie. In den Kapiteln Demografischer Wandel (Seite 8 15), Übergangsmanagement (Seite 16 23) und CSR in Berliner Unternehmen (Seite 24 31) werden die Befragungsergebnisse aufgezeigt. Die jeweiligen Kapitel sind wie folgt gegliedert: Allgemeine Informationen Ergebnisse der Studie Gute Beispiele. Auf Seite 32 werden zentrale Ergebnisse zusammenfassend formuliert. 6 7 Berliner Wirtschaft und demografischer Wandel
6 Demografischer Wandel Berliner Unternehmen und demografischer Wandel Die Fakten 2025: Jeder vierte Erwerbstätige wird älter als 55 Jahre sein. Entscheidend ist das Altersklima im Unternehmen. Wie werden ältere Arbeitnehmer gesehen? Wird ihre Arbeitsleistung als gleichwertig mit der jüngerer Kollegen eingestuft oder werden ältere Arbeitnehmer stigmatisiert? Ein positives Arbeitsklima hat einen positiven Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit und die Verbundenheit zum Unternehmen. Oft wird vermutet, dass die Leistungsfähigkeit altersbedingt nachlasse; hierfür existieren jedoch keine belastbaren Befunde.
7 Gute Beispiele Heterogene Altersverteilung liegt vor: Anteil 55+-Jähriger zwischen 5 und 30 % Höchstes Durchschnittsalter unter den Befragten: Senatsverwaltungen mit 54 und mehr Jahren Durchschnittsalter Mehrheitlich Pilzstruktur in Altersverteilung mit hohem Anteil an Mitarbeitern/innen im Bereich Jahre Maßnahmen Bereich Personalentwicklung (Auswahl) sind weit verbreitet: Arbeitszeitmodelle (21) Programme zur Vereinbarkeit Beruf und Familie (15) Betriebliches Gesundheitsmanagement (12) Telearbeit (6) Nachwuchssicherung mit eigener Ausbildungsakademie Aragon Schraga, film form Arbeit von zuhause aus ist durch Telearbeit für Ältere, pflegende Angehörige, Eltern bei der Agentur für Arbeit möglich. Ein Blick zu»den Großen«Berlin-Warszawa-Express in Berlin Hauptbahnhof (Hbf); Serviceteam im Gespräch Zahl jüngerer Mitarbeiter/-innen nimmt ab Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei fast allen Unternehmen: 10 Prozent der befragten Unternehmen sind mit dem Zertifikat»berufundfamilie«(Hertie- Stiftung) für ihre familienfreundliche Personalpolitik ausgezeichnet. Programme zur Vereinbarkeit Beruf und Pflege (8) Altersgerechte Aufgabenzuschnitte (4) Umfassende Maßnahmepakete zur Nachwuchsgewinnung (z.b. Gewinnung Auszubildender über Kooperation mit Schulen, Gewährung Übernahmegarantie, Ausbildung in Teilzeit, Durchführung eines ausbildungsvorbereitenden Jahres) Zur Sicherung des Nachwuchses hat die bito AG eine eigene Ausbildungsakademie gegründet. degewo ermöglicht mit flexiblen Arbeitszeitmodellen die Pflege Angehöriger über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement der BSR sichert die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Gesundheitsprävention wird in Gesundheitstagen thematisiert, ehrenamtliche Gesundheitslotsen wirken in das Unternehmen. Bartlomiej Banaszak Die Deutsche Bahn gehört zu den zehn größten Arbeitgebern in Deutschland. Rund Mitarbeiter, dazu über Auszubildende und Dual Studierende, arbeiten in Deutschland in über 500 Berufsfeldern vom Gleisbauer über den Lokführer und Fahrdienstleiter bis zum IT-Experten. Der Demografietarifvertrag von Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft und der Deutschen Bahn AG setzt den Rahmen für eine stärkere Orientierung an den Berufs- und Lebensphasen der Mitarbeiter Demografischer Wandel Berliner Unternehmen und demografischer Wandel
8 Demografischer Wandel Ein neues Bild vom Alter ALTES BILD: Alte Menschen seien schwach, antriebsarm, hilfsbedürftig, so suggeriert es uns das alte, negativ besetzte Bild vom Alter, das vom geistigen und körperlichen Verfall geprägt ist. NEUES BILD: Alte Menschen sind heute rüstiger, aktiver, gesünder, selbstbewusster denn je. Sie reisen, kümmern sich um ihre Enkel, gehen zur Universität, treiben Sport, engagieren sich.
9 Die Fakten Gute Beispiele Mehr als die Hälfte der 65- bis 85-Jährigen würde sich nicht als alt bezeichnen. Die 65- bis 85-Jährigen sind gesundheitlich und geistig fit, mobil und sozial gut vernetzt. Bestattungsberaterin A. Hübner im Kundengespräch 65+-Jährige werden bei der Bernhard Halle Nachfl. gmbh sehr gern weiterbeschäftigt. Sie würden, so die Haltung im Unternehmen, weniger monopolisieren und ihr Wissen gern an jüngere Kollegen weitergeben. Herr Baydar (55+) und seine Kollegen werden aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen besonders geschätzt. Sie wollen ein selbstbestimmtes und aktives Leben und möchten dieses so lange wie möglich aufrechterhalten (Vgl. Generali Altersstudie 2013). Befragungsergebnisse Florian Penke Bei der Grieneisen GBG Bestattungen GmbH verlangen die besonders sensiblen Anforderungen an die Kundenbetreuung Einfühlungsvermögen, Reife, Lebenserfahrung und Beratungskompetenz. Im Umgang mit Kunden besonders kompetent und geschätzt: ältere Mitarbeiter Marc Darchinger semmickphoto / fotolia 6 von 25 Unternehmen schreiben älteren Mitarbeitern besondere Kompetenzen zu. 7 von 25 Unternehmen halten ältere Mitarbeiter in bestimmten Geschäftsbereichen für geeigneter. Die Firma Müller-Zeiner Industrieverpackungen GmbH hat Schwierigkeiten, geeigneten Nachwuchs in der Holzverarbeitung zu finden. Daher wird die Bindung und Weiterbeschäftigung älterer Mitarbeiter immer wichtiger. Das Erfahrungswissen wird hier hoch geschätzt und an jüngere Kollegen weitergegeben. Ältere Arbeitnehmer der Reederei Riedel GmbH können in körperlich weniger belastende Tätigkeitsbereiche wechseln. Hier sind sie (zum Beispiel als Kassenkraft) aufgrund ihrer sozialen Kompetenz im Umgang mit Kunden und ihrer Zuverlässigkeit besonders geschätzt. Bei der mato Čujić gebäudereinigung gmbh werden gern ältere Arbeitnehmer eingestellt und weiterbeschäftigt. Sie werden hier als kompetent, freundlich im Umgang mit Kunden, dem Betrieb verbunden und seltener krank eingeschätzt. Insbesondere die Teamarbeit in Tandems hat sich für die Firma bewährt Demografischer Wandel Ein neues Bild vom Alter
10 übergangsmanagement Angebote am Übergang in die nachberufliche Phase Die Fakten Der Übergang aus der Erwerbsarbeit in die nachberufliche Phase findet bei den meisten Menschen zwischen 58 und 64 Jahren statt (stat. Bundesamt 2010). Der Übergang geht teilweise mit einem Verlust von Status, Anerkennung, kollegialen Netzwerken einher. Der gewohnte, strukturierte Tagesrhythmus geht verloren. Aus Perspektive des Unternehmens gehen mitunter wertvolle, im Laufe der Berufsbiografie erworbene Kompetenzen verloren, wenn Mitarbeiter altersbedingt ausscheiden. Das Expertenwissen und die erworbenen Handlungsstrategien Älterer können von Unternehmen auch nach Ausscheiden der Mitarbeiter aus dem Erwerbsleben genutzt werden. Auch können Unternehmen ihre Mitarbeiter unterstützen, sich auf die Zeit nach der Erwerbsarbeit vorzubereiten. Das Bedürfnis, gebraucht zu werden, ist auch in der nachberuflichen Phase vorhanden. So wollen Ältere etwas Sinnvolles tun, sich einbringen, mitgestalten, eine Bedeutung haben. 16
11 Gute Beispiele Punktuelle Unterstützungsangebote bei 40 % der Befragten (Auswahl) Interne Familienservicestellen mit verschiedenen Beratungsangeboten (u.a.»beruf und Pflege«, Rentenberatung) Seminare, z. B.»Fit im Alter«Ausstiegsgespräche als Maßnahme in Planung Ehemaligen-Netzwerke Nutzung des Wissens ausscheidender Mitarbeiter/-innen (Auswahl) Ehemaligen-Netzwerke Experten-Pool, deren Mitglieder für Beratungseinsätze angefragt werden Weiterbeschäftigung (z. T. auf geringfügiger Basis) Angebote der Weiterbeschäftigung sind bei allen befragten Unternehmen einzelfallbezogen und nicht Bestandteil einer systematischen Personalplanung und entwicklung. Anbindung ehemaliger Mitarbeiter an das Unternehmen 80 % der befragten Unternehmen geben an, dass sie einen guten Kontakt zu ehemaligen Mitarbeitern haben. Dieser Kontakt findet auf der informellen Ebene statt (ehemalige Mitarbeiter erhalten die Mitarbeiterzeitung, werden zu Betriebsfeiern und Veranstaltungen eingeladen). Der Austausch zwischen den Generationen wird in zunehmend systematisierter Form gefördert. Blend Images / fotolia Die Remondis GmbH & Co. KG veranstaltet regelmäßige Treffen mit fachlichem Austausch zwischen Ehemaligen und Mitarbeitern. Die Bayer Pharma AG nutzt im Rahmen der Initiative»Bayer Senior Experts Network«das Wissen ehemaliger Führungskräfte. Sie werden befristet für in- und ausländische Unternehmensprojekte im Bayer-Konzern eingesetzt. Ehemalige Mitarbeiter der Industrie- und Handelskammer beraten Mitarbeiter zu aktuellen strategischen Fragen. Im Verein zur Fahrzeugrestaurierung sowie im Wissensmanagement der BSR sind ehemalige Mitarbeiter aktiv. Drachenbootfest der BSR. Gesundheitsförderung wird bei der BSR groß geschrieben. BSR Ehemalige Mitarbeiter der BSR können auch im Ruhestand die vielfältigen Freizeitangebote des Unternehmens (Sportangebote, Chor) nutzen Übergangsmanagement Angebote am Übergang in die nachberufliche Phase
12 übergangsmanagement Programme zum Wissensmanagement Die Fakten Wissen ist zentraler Erfolgsfaktor von Unternehmen. Es befindet sich in den Köpfen der Mitarbeiter. Wissen umfasst das im Laufe der Berufsbiografie erworbene Wissen über Prozesse und Abläufe, ergänzt um persönliche Erfahrungen und weiteres Know-how und bestehende Netzwerke, Kunden und Kontakte. Wissensmanagement gestaltet professionell den Umgang mit der wertvollen Ressource Wissen. In Wechsel- und Übergangssituationen wird das Wissen der Mitarbeiter für die Zwecke des Unternehmens gesichert.»wissen liegt immer zwischen Menschen und nicht auf Festplatten«Leif Edvinsson, 2003
13 Gute Beispiele Maßnahmen Bereich Wissenstransfer zur Weitergabe von Wissen älterer Arbeitnehmer/-innen an jüngere bei 75 Prozent der Befragten (Auswahl): Altersgemischte Teams (9) Langfristige Nachfolgeplanung (7) Im Rahmen des»generationenvertrags«geben Mitarbeiter der MLP Finanzdienstleistungen AG ihr Wissen ehrenamtlich in der firmeneigenen Ausbildungsakademie weiter. Nachfolgercoaching als innovatives Erfolgsmodell. Wissensmanagement wird bei der BVG groß geschrieben. Mitarbeiter der BSR berichten in Videos im Intranet über gelungene Arbeitsprozesse aus der Praxis. Dazu werden sie von ehemaligen Kollegen, die sich bereits im Ruhestand befinden, befragt. Voneinander lernen im regelmäßigen Austausch. Stellendoppelbesetzung (7) Michael Weitz Mentoringprogramme und Patenschaftsmodelle (6) Elenathewise / fotolia Das Nachwuchskräfte-Mentoringprogramm DREAM der Freien Universität Berlin ist breit aufgestellt. Jeder neue Mitarbeiter im Nachbarschaftsheim Schöneberg wird im Rahmen einer Patenschaft von einem Kollegen betreut. Die Abteilung Personalentwicklung der BVG führt mit ausscheidenden Mitarbeitern ausführliche strukturierte Interviews durch und erstellt eine Dokumentation für die Nachfolger. Bis auf zehn Jahre im Voraus werden frei werdende Stellen und die pro ausscheidenden Stelleninhaber vorliegenden Kompetenzen erfasst. Mit diesem Verfahren können Vakanzen bei frühzeitiger interner Ausschreibung besetzt werden, indem sich Mitarbeiter längerfristig auf diese Stellen hin entwickeln können. contrastwerkstatt / fotolia Auszubildende und Führungskräfte bei degewo tauschen sich im Rahmen eines Mentoring-Programmes alle zwei Wochen aus. Beide Seiten lernen voneinander, die Auszubildenden lernen andere Abteilungen, Technik und EDV kennen Übergangsmanagement Programme zum Wissensmanagement
14 CSR in BErliner unternehmen CSR als Teil der Unternehmensphilosophie CSR steht für»corporate Social Responsibility«und meint die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen. Unternehmen bzw. andere Organisationen und Institutionen leisten freiwillig einen Beitrag zur Lösung sozialer Fragestellungen/ Fragen des Umweltschutzes und integrieren diese über die eigenen rechtlichen Pflichten hinausgehenden Bemühungen in die Wechselbeziehungen mit ihren Stakeholdern. Das unternehmerische Engagement ist zumeist langfristig angelegt, lokal angesiedelt und beinhaltet das Einbringen der Kernkompetenzen des Unternehmens.
15 Gute Beispiele Corporate Social Responsibility (CSR) als Teil der Unternehmensphilosophie bei allen befragten Unternehmen Förderung gemeinnütziger Projekte/Organisationen (90%) Berücksichtigung ökologischer Fragestellungen in der Geschäftstätigkeit (80%) Berlin Chemie AG: lokales Engagement im Kinder- und Jugendbereich st-fotograf / fotolia degewo engagiert sich als größtes kommunales Wohnungsunternehmen der Hauptstadt seit langem über ihre Kernaufgabe der Bewirtschaftung des Wohnungsbestandes hinaus für sozial stabile und lebendige Stadtquartiere und Wohnviertel. Das Projekt»Jule«unterstützt alleinerziehende Mütter und Väter im Alter zwischen 18 und 27 Jahren durch ein vernetztes Angebot. Es beinhaltet Wohnen, Kinderbetreuung und Arbeit. Der Verein macht sich als Zusammenschluss Berliner Unternehmen für die Identifikation mit der Wirtschaft der Region stark und will nachhaltig Arbeitsplätze sichern. BSR: Kehrenbürger Förderung von Engagement mit Kehrpaketen Förderung des bürgerschaftlichen Engagements der Mitarbeiter/-innen (80%) CSR-Aktivitäten zur Imagesteigerung im Wettbewerb (30%) Berücksichtigung von freiwilligem Engagement der Bewerber/-innen im Auswahlverfahren (12%); Wunsch, dass zukünftig dieses Kriterium berücksichtigt wird (40%) Ausbau der Arbeitgebermarke durch CSR-Maßnahmen (20 %) Um als Gesundheitsunternehmen systematisch Gesundheitsförderung an Berliner Schulen zu betreiben, unterstützt die BERLIN-CHEMIE AG seit 2002 das Programm Klasse2000. Hierbei handelt es sich um ein Unterrichtsprogramm zur Gesundheitsförderung, Sucht- und Gewaltvorbeugung. Es begleitet Kinder von Klasse 1 bis 4. Lehrkräfte und speziell geschulte Klasse2000-Gesundheitsförderer gestalten Unterrichtseinheiten zu den wichtigsten Gesundheits- und Lebenskompetenzen wie zum Beispiel»Bewegen und Entspannen«. Die BERLIN-CHEMIE AG übernimmt für jede interessierte Berliner Schule die Patenschaft und die Kosten für eine Gesundheitspädagogin. bito AG: Made in Berlin regionales Engagement Aragon Schraga, film form Der Verein Made in Berlin e. V. wurde von Joachim Spitzley, Vorstandsvorsitzender bito AG, gegründet, um den Wirtschaftsstandort Berlin-Brandenburg zu stärken. BSR Mit den Kehrenbürgern unterstützt die BSR Menschen, die ihren Kiez verschönern wollen. Jeder, der eine Aufräumaktion oder ähnliches plant, kann diese Aktion anmelden. Die BSR stellt hierfür ihre kostenfreien Kehrpakete zur Verfügung. CSR in Berliner Unternehmen CSR als Teil der Unternehmensphilosophie 26 27
16 CSR in BErliner unternehmen Förderung von bürgerschaftlichem Engagement am Übergang Erwerbsarbeit nachberufliche Phase Die Fakten Bürgerschaftliches Engagement kann dem Wunsch nach sinnvoller Beschäftigung und gesellschaftlichem Wirken gerecht werden. Damit eignet es sich insbesondere auch als Gestaltungsmittel im Übergang in die nachberufliche Phase. Mitarbeiter, die in ihrem Engagement von ihrem Unternehmen unterstützt werden, spenden 50 Prozent mehr Zeit als Mitarbeiter ohne diese Unterstützung (Freiwilligensurvey 2010). Bürgerschaftliches Engagement 55+ (Auch die Begriffe Ehrenamt und freiwilliges Engagement werden häufig verwendet.) wird als Einsatz für das Gemeinwohl verstanden. Dieser Einsatz kann sowohl langfristig als auch projektbezogen erfolgen und findet in Vereinen, Projekten, Stiftungen statt. Im Mittelpunkt steht in dieser Publikation das soziale Engagement zur Lösung gesellschaftlicher Probleme und damit der Beitrag, den 55+-Jährige für die Gesellschaft leisten (können). Corporate Volunteering-Programme sind weit verbreitet, richten sich aber überwiegend an die aktiv Beschäftigten. Über die Förderung von bürgerschaftlichem Engagement am Übergang von Erwerbsarbeit und Ruhestand können Unternehmen ihre ausscheidenden Mitarbeiter unterstützen. Sie zeigen, dass sie Verantwortung für ihre Mitarbeiter übernehmen. Dabei werden ehemalige Mitarbeiter zu Botschaftern ihres Unternehmens und werden weiter an das Unternehmen gebunden.
17 Gute Beispiele 2/3 der befragten Unternehmen sind daran interessiert, dass das im Laufe einer Berufsbiografie erworbene Wissen nachhaltig gewinnbringend für sich und andere eingesetzt wird. Ehemalige Mitarbeiter der Bayer Pharma AG engagieren sich im Ehrenamtsprogramm der Bayer Cares Foundation. Die Unternehmensstiftung stellt finanzielle Förderungen für Einzelprojekte der Mitarbeiter und Ehemaligen bereit. Ehemalige Mitarbeiter als Botschafter nach innen und außen, engagiert im Unternehmen. Wo viele Menschen leben, bleiben Konflikte nicht aus. Ehemalige degewo-mitarbeiter engagieren sich als Mediatoren. 2/3 der befragten Unternehmen halten die Förderung eines aktiven, engagierten Ruhestands durch das Unternehmen für wichtig bis sehr wichtig. Ein weiterer Ausbau der Alumninetzwerke ist erforderlich. 55 % der befragten Unternehmen halten das Potenzial der Menschen in der nachberuflichen Lebensphase für sehr bedeutsam zur Lösung gesellschaftlicher Aufgaben, insbesondere im Zuge des demografischen Wandels. 90 % der befragten Unternehmen sind grundsätzlich bereit, den Übergang vom Erwerbsleben in eine engagierte nachberufliche Phase aktiv zu fördern. Freie Universität Berlin Ausscheidende Mitarbeiter der Freien Universität und der Technischen Universität werden geworben, auch weiterhin im Alumni Büro und im Bereich Nachwuchsmentoring aktiv zu sein. Angelina S. / pixelio Bei der Firma Berlin Chemie AG können ehemalige Mitarbeiter in den firmeneigenen Seniorenclub eintreten. Dieser organisiert Firmenausstellungen, den Besucherdienst und einen Großelternservice für Mitarbeiter. Laiotz / fotolia degewo wirbt Mitarbeiter, die in den Ruhestand gehen, als ehrenamtliche Schuldnerberater und Mediatoren in Nachbarschaftskonflikten CSR in Berliner Unternehmen Förderung von bürgerschaftlichem Engagement am Übergang Erwerbsarbeit nachberufliche Phase
18 Zusammenfassung 2050 wird jeder dritte Mensch über 60 Jahre alt sein. Während die Großunternehmen bereits umfassende Konzepte und Programme als Antworten auf den demografischen Wandel aufgestellt haben und mehrheitlich umsetzen, erkennt die Mehrheit der befragten mittelständischen Unternehmen den Handlungsbedarf und hat sich mit ersten konkreten Maßnahmen auf den Weg gemacht. Insbesondere inhabergeführte Unternehmen finden bereits innovative Lösungen für den demografischen Wandel. Zumeist liegen positive Erfahrungen mit älteren Mitarbeitern vor. Dennoch halten beschränkte Ressourcen für den Bereich Personal viele kleine und mittelständische Unternehmen davon ab, sich mit den Folgen des demografischen Wandels in all seiner Komplexität zu befassen. Sowohl als Fachkräfte in den Unternehmen als auch als Bevölkerungsgruppe, die entscheidend die Zivilgesellschaft prägt, sind 55+-Jährige gefragt. Die vorliegenden Erfahrungen, Kompetenzen und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, macht die Gruppe der 55+-Jährigen zu den Hauptakteuren im bürgerschaftlichen Engagement. Maßnahmen der Personalentwicklung werden zunehmend ganzheitlich konzipiert und mitarbeiterorientiert aufgestellt. Angebote im Bereich Übergangsmanagement werden verstärkt vorgehalten. Viele der befragten Unternehmen haben die Bedeutung ehemaliger Mitarbeiter als Botschafter und Multiplikatoren erkannt. 32 Berliner Wirtschaft und demografischer Wandel
19 Impressum Herausgeber: Redaktion: Auflage: Gestaltung, Satz: Druck: Gedruckt auf: Fotos: ZEIT FÜR NEUES Berlin, ein Projekt des STERNENFISCHER Freiwilligenzentrum (USE ggmbh) in Kooperation mit dem Generali Zukunftsfonds und der Senatskanzlei Berlin Stefanie Beerbaum (V.i.S.d.P.) Interviews: Alexandra Matthée Stück Union Sozialer Einrichtungen (USE ggmbh), Abt. Mediengestaltung Union Sozialer Einrichtungen (USE ggmbh), PrintingHouse Profisilk BD matt Soweit nicht anders angegeben liegen die Fotorechte bei ZEIT FÜR NEUES Berlin. Berlin, Juni Auflage Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichtet die Redaktion auf eine Genderschreibweise. Die Bezeichnung von Personengruppen bezieht die weibliche Form jeweils ein.
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