MITTELDEUTSCHER GENOSSENSCHAFTSVERBAND. Merkblatt. Unternehmensform Genossenschaft Die eingetragene Genossenschaft und die europäische Genossenschaft

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1 Merkblatt Unternehmensform Genossenschaft Die eingetragene Genossenschaft und die europäische Genossenschaft 1. Die eingetragene Genossenschaft a) Überblick Gemeinsam seine Ziele besser zu erreichen als im Alleingang, das ist der Grundgedanke einer jeden Genossenschaft. Eine Genossenschaft bietet sich immer dann an, wenn das Verfolgen eines wirtschaftlichen Ziels die Leistungsfähigkeit des Einzelnen übersteigt. Die Genossenschaft ist eine Gesellschaft ohne geschlossene Mitgliederzahl mit dem Zweck, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs zu fördern. Entsprechend dieser Zwecksetzung ist eine Genossenschaft durch die Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung gekennzeichnet. Mitglieder können natürliche Personen, juristische Personen, offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften sein. Die Genossenschaft kann jederzeit auch ohne Zustimmung der bisherigen Mitglieder neue Mitglieder aufnehmen. Rechtsgrundlagen des deutschen Genossenschaftsrechts sind das Genossenschaftsgesetz (GenG) und das Handelsgesetzbuch (HGB). Ihrer Rechtsnatur nach ist die Genossenschaft ein wirtschaftlicher Verein, denn ihre Tätigkeit ist nicht direkt auf Gewinn ausgerichtet. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass die Genossenschaften keine Gewinne erwirtschaften. Auch eine Genossenschaft muss sich marktkonform und betriebwirtschaftlich effizient verhalten, um im Wettbewerb bestehen und die Mitglieder langfristig fördern zu können. Nach 17 GenG ist die eingetragene Genossenschaft eine juristische Person und somit selbst Träger von Rechten und Pflichten. Auch gelten die Genossenschaften als Vollkaufleute. Genossenschaften haben sich im Verlaufe ihrer 150jährigen Geschichte in den verschiedensten Märkten etabliert und sind in Größe und Struktur unterschiedlich ausgebildet. Allen Genossenschaften ist jedoch gemein, dass die Mitglieder zugleich Eigentümer und Kunden ihrer Genossenschaft sind. Dieses Identitätsprinzip unterscheidet eine Genossenschaft von allen anderen Formen der kooperativen Zusammenarbeit. Stand: 09/2010 Seite 1 von 5

2 Beispiele für Genossenschaften, die jedoch nicht abschließend aufgezählt werden, sind: Kreditgenossenschaften = Volks- oder Raiffeisenbank Einkaufsgenossenschaften = Unternehmen, die auf der Großhandelsstufe gemeinsame Einkäufe für ihre Mitglieder durchführen Absatzgenossenschaften = insbesondere landwirtschaftliche Warengenossenschaften, die weiterverarbeitende Produkte an den Handel und/oder den Endverbraucher verkaufen Produktivgenossenschaften = von den Mitgliedern gemeinsam betriebene Unternehmen Konsumgenossenschaften = Verbrauchergenossenschaften Werk- oder Nutzungsgenossenschaften = Unternehmen, die Betriebsgegenstände für die Mitglieder erwerben und diesen zur Verfügung stellen Wohnungsbaugenossenschaften = Bauverein, Baugenossenschaft, Wohnungsbaugenossenschaft Genossenschaften bieten sich auch im gemeinnützigen Bereich an z.b. für den Zusammenschluss von Personen zur Unterstützung einer gemeinnützigen Einrichtung (Schule, Kindergarten, Theater etc.). Die Genossenschaft gilt mit einem Anteil von nur 0,1 % an den Unternehmensinsolvenzen als die insolvenzsicherste Rechtsform und bietet daher eine sichere Plattform für mittelständische Unternehmer, Freiberufler und Selbständige. b) Gründung der Genossenschaft Die seit dem 18. August 2006 gültige Novelle des Genossenschaftsgesetzes (GenG) macht Neugründungen wesentlich leichter, vor allem durch die Regelungen für eine so genannte kleine Genossenschaft. So bedarf es nach 4 GenG zur Gründung einer Genossenschaft nur noch mindestens drei Mitglieder. Diese schließen nach 5 GenG einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag, der Satzung genannt wird und keiner notariellen Beurkundung bedarf. Die Satzung sowie die Mitglieder des Vorstands sind gemäß 10 GenG in das Genossenschaftsregister bei dem Gericht einzutragen, in dessen Bezirk die Genossenschaft ihren Sitz hat. Die Eintragung wirkt rechtsbegründend, das heißt, die Genossenschaft erlangt erst mit Eintragung die Rechtsstellung einer eingetragenen Genossenschaft. Der Zusatz eingetragene Genossenschaft bzw. die Abkürzung eg muss dann im Firmennamen enthalten sein. Die Genossenschaft hat kein festes Kapital. Jedes Mitglied zeichnet im Sinne des 7 Nr. 1 GenG einen oder mehrere Geschäftsanteile, auf den Einzahlungen geleistet werden müssen (Mindesteinlage). Ihre Höhe ist in der Satzung festgelegt. Da sich das Kapital aus den Einlagen der Mitglieder zusammensetzt, ist es abhängig von der Mitgliederzahl. Stand: 09/2010 Seite 2 von 5

3 c) Mitgliedschaft Der Erwerb der Mitgliedschaft erfolgt entweder durch Teilnahme an der Gründung oder durch späteren Beitritt. Die Mitgliedschaft endet durch Tod, Austritt oder Ausschluss. Vererbung sowie Übertragung sind möglich. Wichtigstes Mitgliedschaftsrecht ist das Recht auf Benutzung der gemeinschaftlichen Fördereinrichtungen. Dieses Recht erstreckt sich auch auf die Verteilung eines Überschusses. Weiterhin haben die Mitglieder nach 43 GenG das Recht, an der Generalversammlung teilzunehmen und ihr Stimmrecht auszuüben. d) Organe Bei der Genossenschaft gilt das Prinzip der Selbstorganschaft, d.h. alle Organe können nur mit eigenen Mitgliedern besetzt werden. Insgesamt hat die Genossenschaft in der Regel drei Organe: Generalversammlung Aufsichtsrat Vorstand Die Generalversammlung besteht aus allen Mitgliedern der Genossenschaft. Hat sie allerdings mehr als 1500 Mitglieder, kann gemäß 43 a GenG eine Vertreterversammlung gebildet werden. Als oberstes Entscheidungsorgan wählt die Generalversammlung den Aufsichtsrat und beschließt über die Führung der Geschäfte und die Gewinnverteilung. Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens drei von der Generalversammlung zu wählenden Mitgliedern. Die ihm zugewiesene arbeitsteilige Verantwortung wird durch 38 GenG eindeutig definiert. Hauptaufgabe ist die Überwachung der Geschäftstätigkeit des Vorstands. Bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern kann durch Bestimmung in der Satzung auf einen Aufsichtsrat verzichtet werden. Der Vorstand wird von der Generalversammlung oder vom Aufsichtsrat gewählt und besteht aus mindestens zwei Mitgliedern. Die Satzung kann eine höhere Personenzahl sowie eine andere Art der Bestellung bestimmen. Bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern genügt ein Vorstandsmitglied. Der Vorstand leitet die Genossenschaft in eigener Verantwortung. Er hat dabei jedoch die ihm durch die Satzung auferlegte Beschränkung und die Bindung seines Wirkens an die von der Generalversammlung gefassten Beschlüsse zu beachten. Dem Vorstand obliegt die Geschäftsführungs- und die Vertretungsbefugnis. e) Haftung Für Verbindlichkeiten der Genossenschaft haftet nach 2 GenG grundsätzlich nur das Vermögen der Genossenschaft. Im Fall der Insolvenz kann allerdings eine Nachschusspflicht der Mitglieder bestehen, es sei denn, dass die Nachschusspflicht durch die Satzung ausgeschlossen ist. Stand: 09/2010 Seite 3 von 5

4 f) Jahresabschluss und steuerrechtliche Stellung Der Vorstand hat innerhalb von fünf Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres den Jahresabschluss aufzustellen. Sodann wird dieser gemäß 48 GenG von der Generalversammlung festgestellt. Der Jahresabschluss ist zusammen mit ggf. weiteren notwendigen Unterlagen beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers elektronisch zum Zwecke der Offenlegung einzureichen. Hinsichtlich der Körperschaftsteuer sind alle Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften körperschaftsteuerpflichtig ( 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG) und unabhängig vom Gegenstand des Unternehmens auch gewerbesteuerpflichtig ( 2 Abs. 2 S. 1 GewStG). Im KStG und im GewStG sind jedoch Steuerbefreiungsvorschriften für landwirtschaftlich tätige Genossenschaften und für Wohnungsgenossenschaften vorgesehen. Aufgrund des Förderzweckes der Genossenschaft steht dieser die Möglichkeit offen, nachträglich im Mitgliedergeschäft erwirtschaftete Gewinn als genossenschaftliche Rückvergütung an die Mitglieder zurück zu gewähren, wobei diese Rückzahlung keine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt, sondern nach 22 KStG eine abzugsfähige Betriebsausgabe. g) Auflösung der Genossenschaft Eine Genossenschaft kann jederzeit durch den Beschluss der Generalversammlung aufgelöst werden. Die Liquidation der Gesellschaft erfolgt dann in der Regel durch den Vorstand. Ist diese beendet, wird das Erlöschen der Genossenschaft angemeldet. Nach Ablauf eines Sperrjahres wird das Reinvermögen der Genossenschaft an die Mitglieder verteilt. Ist die Genossenschaft nach der Satzung auf eine bestimmte Zeit beschränkt, ist sie nach Ablauf dieser Zeit aufzulösen. 2. Die Europäische Genossenschaft Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Gründung einer Europäischen Genossenschaft auf der Grundlage eines am 22. Juli 2003 in Anlehnung an das Statut der Europäischen Gesellschaft verabschiedeten Statuts für die Europäische Genossenschaft (SCE). Die Europäische Genossenschaft ist eine Unternehmensform, die den Unternehmen ermöglicht, bestimmte Tätigkeiten gemeinsam auszuüben und zugleich ihre Eigenständigkeit zu bewahren. Sie ist eine Gesellschaft des privaten Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die Europäische Genossenschaft kann aufgrund der unmittelbar geltenden Verordnung seit dem 18. August 2006 gegründet werden. Durch die mit der Verordnung neu geschaffene Europäische Genossenschaft werden grenzübergreifende und transnationale wirtschaftliche Betätigungen wesentlich erleichtert. Sie bietet nunmehr auch kleinen- und mittelständigen Unternehmen die Möglichkeit einer sinnvollen transnationalen Kooperationsmöglichkeit mit verbesserten Wettbewerbschancen. Stand: 09/2010 Seite 4 von 5

5 3. Ansprechpartner Weitere Informationen erhalten Sie über die Ansprechpartner beim MGV e. V.: oder unter Frau RAin Ina Vogt Tel.: 0351/ Niederlassung Dresden Cossebauder Straße Dresden Frau WP Annemarie Weber Tel.: 0361/ Niederlassung Erfurt Konrad-Zuse-Straße Erfurt Herr Sebastian Rösler Tel.: 0371/ Verwaltungssitz Chemnitz Helbersdorfer Straße Chemnitz (Neugründungen) Stand: 09/2010 Seite 5 von 5