Grundlagen von Versuchsmethodik und Datenanalyse
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- Martin Ackermann
- vor 8 Jahren
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1 Grundlagen von Versuchsmethodik und Datenanalyse Der Anfang: Hypothesen über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge Ursache Wirkung Koffein verbessert Kurzzeitgedächtnis Gewaltfilme führen zu aggressivem Verhalten Müdigkeit verlangsamt Blickbewegungen Unabhängige Variablen (Faktoren) werden systematisch variiert Abhängige Variablen (Observablen) werden gemessen 1
2 Die Operationalisierung: Von der Hypothese zur konkreten UV und AV Koffein Kein Kaffee vor dem Experiment Zwei Tassen Kaffee vor dem Experiment Gedächtnis Anzahl erinnerter Items von einer Liste mit 8 Wörtern Gute Operationalisierung? Koffein Gedächtnis 0 mg Koffein im Blut 20 mg Koffein im Blut Anzahl erinnerter Items von einer Liste mit 20 Wörtern Operationalisierung Koffein Alter, Zeit, Temperatur, Lärm, Gedächtnis 0 mg Koffein im Blut 20 mg Koffein im Blut Anzahl erinnerter Items von einer Liste mit 20 Wörtern Störvariablen: - Weitere Variablen beeinflussen AV experimentelle Kontrolle durch Eliminierung, Konstanthaltung, Randomisierung, 2
3 Weitere relevante Fragen für die Durchführung von Experimenten Anzahl der Vpn? Abhängige/unabhängige Messungen: Die gleichen Vpn für die Bedingungen? Übungsdurchgänge? Messwiederholung: Ein oder mehrere Durchgänge pro Bedingung? Reihenfolge der Trials geblockt oder randomisiert? Reihenfolge der Blöcke variieren Reihenfolge der Trials innerhalb der Blöcke randomisieren Theoretischer Hintergrund für Beispielexperiment: Visuelle Suche Einzelmerkmal Merkmalskombination kein Display-Size Effekt Display-Size Effekt 3
4 Theoretischer Hintergrund für Beispielexperiment: Visuelle Suche Guided-Search Theorie (z.b. Wolfe, 1994) Vereinfachung der Suche nach Merkmalskombinationen Durchsuchen von Untergruppen Ursache-Wirkungs-Hypothese für Beispielexperiment Ursache Wirkung Vorwissen reduziert Suchzeit Vorwissen beeinflusst Blickbewegungen Unabhängige Variablen Abhängige Variablen 4
5 Operationalisierung für Beispielexperiment Vorwissen Suchzeit/Blickbewegungen Keine Information über Farbe des Ziels (z.b. finde die 3) Information über Farbe des Ziels (z.b. finde die gelbe 3) Suchzeit (Knopfdruck) Anzahl der Fixationen Sakkadenlänge Beispielexperiment Aufgabe: Suchen einer Ziffer in einer 6 x 6 Matrix von Ziffern in 3 Farben - Ohne Vorinformation: "Finde die drei" - Mit Vorinformation: "Finde die grüne zwei" Weitere relevante Fragen Anzahl der Vpn? Übungsdurchgänge? Abhängige/unabhängige Messungen? Messwiederholung? 6 geblockt oder randomisiert? Reihenfolge der Blöcke je 2 pro Bedingung Jede Vp durchläuft beide Bedingungen je 9 Suchbilder pro Bedingung geblockt variieren Reihenfolge innerhalb der Blöcke randomiseren 5
6 ... in den Übungen. Die wichtigsten statistischen Kennwerte Beispieldatensatz: Mittelwert n xi i 1 x x 3 n Varianz Var n i 1 ( xi - x) 2 n Var 2 Standardabweichung s Var s 1,41 Standardfehler sn s sn 0,63 n 6
7 Graphische Darstellung Anzahl der Fixationen 15,00 10,00 5,00 0,00 ohne Info mit Info Rohdaten zum Experiment Trial-Nr Vp-Nr. Ohne Vorinformation über Farbe Mit Vorinformation über Farbe Mittelwerten für Bedingungen Ohne Vorinformation über Farbe Mit Vorinformation über Farbe 7
8 Test der Unterschiedshypothese (Anzahl der Fixationen sinkt mit Info) Ohne Info (Merkmal A) Mit Info (Merkmal B) Problem numerischer Unterschied durch Zufall bedingt durch Variation der UV bedingt Problem Wir messen Merkmal A und B an n Individuen aus einer Population. Wie können wir aufgrund dieser Stichprobe prüfen, ob die Mittelwerte von A und B in der Population gleich sind? Die Hypothese, daß kein Unterschied vorhanden ist, nennt man die Nullhypothese. Die Nullhypothese lautet also: E(A) = E(B), wobei E(A) und E(B) die Mittelwerte von A und B in der Population sind (E ist Erwartungswert). Diese Nullhypothese wollen wir prüfen. 8
9 Verfahren T-test für gepaarte Stichproben Um die Nullhypothese zu untersuchen, verwenden wir die Paarungsstruktur des Datensatzes: Jede Messung von A ist genau einer Messung von B zugeordnet (meistens dadurch, daß sie am selben Individuum gemessen wurde). Das bedeutet, daß wir die Messungen in einer ein einzigen Grafik, als sog. Streudiagramm (engl. scatter plot) darstellen können: Jeder Punk bezeichnet ein Individuum, die x-koordinate die Ausprägung im Merkmal A, die y-koordinate die Ausprägung im Merkmal B. Verfahren Um die Unterschiede zwischen den Merkmalen A und B einschätzen zu können, sollten die x- und y-achse des Streudiagram die gleiche Skala haben. Die Hauptdiagonale (dort ist A=B) erleichtert die Interpretation: Für die Punkte links oberhalb gilt B>A, für die Punkte rechts unterhalb gilt A>B. Wenn die Mittelwerte von A und B in der Population gleich sind, erwarten wir annähern gleich viele Punkte links oberhalb wie rechts unterhalb der Diagonalen und etwa gleiche Abstände von der Diagonalen. Um die Abstände von der Diagonalen zu quantifizieren bilden wir Differenzen 9
10 Verfahren Man berechne die Differenzen D = A - B. Warum? Weil die Differenzen unter der Nullhypothese einen Mittelwert von Null haben sollten. Wenn die Nullhypothese allerdings nicht zutrifft, weicht der Mittelwert der Differenzen systematisch von der Null ab: Wenn die Populationsmittelwerte gleich sind, erwarten wir eine Differenz von Null. Sonst jeweils eine positive oder der negative Differenz: Wenn µa = µb, so erwarten wir: D= 0 Wenn µa > µb, so erwarten wir: D>0 Wenn µa < µb, so erwarten wir: D<0. Die beiden letzten Fälle unterscheiden wir nicht, sondern wir untersuchen nur, ob der Mittelwert der Differenzen von Null abweicht. Verfahren Wir bilden also den Mittelwert der Differenzen m (bei n Messwerten), ihre Standardabweichung s und den Standardfehler s n = s / sqr(n) Teststatistik t berechnen Wie weit weicht der Mittelwert m von 0 ab? Da wir Schwankungen in m mit dem Standardfehler messen, berechnen wir die Abweichung von m von der Null in Einheiten des Standardfehlers. Die entsprechende Teststatistik nennen wir t: t = m / s n = m / (s / sqr(n)) 10
11 Verfahren p-wert ermitteln Ist die Abweichung von m (bzw. von t) von der Null statistisch signifikant? Das bedeutet: Wie leicht können Abweichungen in t, die mindestens so groß sind wie die Beobachtete, durch Zufall auftreten (d. h. wenn die Nullhypothese zutrifft)? Wenn die beobachteten Abweichungen unter der Nullhypothese leicht auftreten können, bezeichnet man die Abweichung als nicht signifikant. Wenn sie aber unter der Nullhypothese sehr unwahrscheinlich sind, bezeichnet man sie als signifikant. Um dies zu beurteilen, müssen den p -Wert bestimmen Verfahren p-wert ermitteln Der p-wert bezeichnet die Wahrscheinlichkeit, einen im Betrag mindestens so großen Wert von t zu beobachten, wenn die Nullhypothese zutrifft. Diese Wahrscheinlichkeit kann man mit Hilfe der Verteilung von t (der sog. t - Verteilung mit (n - 1) Freiheitsgraden (df degrees of freedom )) ermitteln. Die relevanten p-werte dieser Verteilung findet man entweder in einer Tabelle oder mit mit Hilfe eines Statistikprogramms. 11
12 Verfahren Kritische Werte für t Wenn man den p-wert nicht explizit ermitteln will, kann man umgekehrt fragen: Wie groß muß t sein, damit der p-w -Wert höchstens 0.05 ist - d.h. damit das beobachtete Ereignis unter der Nullhypothese höchstens mit Wahrscheinlichkeit 5% auftritt? Dieser kritische t-wert (t*) bezeichnet also einen Schwellenwert, den t (Absolutbetrag) überschreiten muß, um ein statistisch signifikantes Ergebnis zu liefern. t* hängt von on der Stichprobengröße n (also von den Freiheitsgraden, n - 1) ab Verfahren Formulierung der Ergebnisse Falls p > 0.05: Der Unterschied zwischen den Mittelwerten war nicht signifikant (p > 0.05). Falls p < 0.05: Die Differenz der Mittelwerte war auf dem 5%-Niveau signifikant (p = 0.02). Interpretation der Ergebnisse Nicht signifikantes Ergebnis: Dieses Ergebnis könnte durch Zufall zustande gekommen sein: Auch wenn die Nullhypothese stimmt, wäre ein so großer Wert von t leicht denkbar bar (z.b. in mindestens 5% der Fälle bzw. mit einer Wahrscheinlichkeit von >0.05). Achtung! Kann Zufall sein bedeutet nicht: war Zufall 12
13 Verfahren Interpretation der Ergebnisse Signifikantes Ergebnis: Dieses Ergebnis ist unwahrscheinlich, wenn die Nullhypothese stimmt. Wenn es unter der Nullhypothese (durch Zufall) in weniger als 5% der Fälle auftritt, nennen wir es signifikant auf dem 5%-Niveau. Häufige Irrtümer Ausschließlich Beobachtungen können wir Wahrscheinlichkeiten zuordnen (z.b. die Wahrscheinlichkeit, unter der Nullhypothese einen mindestens so großen Wert von t zu beobachten). Hypothesen können wir keine Wahrscheinlichkeiten zuordnen! ( Die Nullhypothese ist mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% richtig stimmt nicht) Wahre Differenz = 0 Normalverteilung mit einer bestimmten Varianz Diff=0 Test, ob gefundene Differenz zu dieser Verteilung gehört (zufällige Differenz) oder nicht (Differenz ist Effekt der Faktor-Variation) Irrtumswahrscheinlichkeit (meist 5%) Tabellenwert 13
14 Wahre Differenz = 0 Verteilung mit einer bestimmten Varianz Diff=0 2,132 Test, ob gefundene Differenz zu dieser Verteilung gehört (zufällige Differenz) oder nicht (Differenz ist Effekt der Faktor-Variation) Irrtumswahrscheinlichkeit (meist 5%) Tabellenwert liegt Testwert für die Differenz des Experimentes außerhalb dieser Grenze??? ja: Test ist signifikant 14
15 Ohne Info Mit Info Differenz d i d i -x d -1,6 0,4-1,6 4,4 (d i x d ) 2 2,56 0,16 2,56 19, ,6 2,56 X d = 3,6 = 27,2 Geschätzte Streuung der Differenzen = d n ( d i - xd) i 1 n -1 2 = 2,6 Geschätzte Streuung der Mittelwerte von Differenzen = xd Testgröße t xd x d??? = 3,1 > d n = 1,16 Tabellenwert t(4; 0,95) = 2,132 Testgröße t = 3,1 > Tabellenwert t(4; 0,95) = 2,132 signifikant Diff=0 2,132 3,1 15
16 SPSS - Benutzung Daten eingeben In Variablenansicht Variablen benennen, etc., dann in Datenansicht Werte eingeben oder Textdaten einlesen Datei Deskriptive Statistiken (z.b. Mittelwerte) ausrechnen Analysieren Deskriptive Statistiken Deskriptive Statistiken rechnen Analysieren Textdaten lesen Mittelwerte vergleichen T-Test bei gepaarten Stichproben dann Variablen auswählen und übernehmen Interpretation eines SPSS-Ausdrucks zum T-Test Test bei gepaarten Stichproben Gepaarte Differenzen Standardab Standardfe hler des 95% Konfidenzintervall der Differenz Mittelwert weichung Mittelwertes Untere Obere T df Sig. (2-seitig) Paaren 1 NFOHNE - NFMIT 3,600 2,6077 1,1662,362 6,838 3,087 4,037 Diff=0 16
17 RT und SL Reaktionszeit Reaktionszeit (ms) ohne Info mit Info Sakkadenlänge Sakkadenlänge (Pixel) ohne Info mit Info SPSS-Ausdruck für RT und SL Reaktionszeit Test bei gepaarten Stichproben Gepaarte Differenzen Standardfe 95% Konfidenzintervall Standardab hler des der Differenz Mittelwert weichung Mittelwertes Untere Obere T df Sig. (2-seitig) Paaren 1 RTOHNE - RTMIT695, , , , ,7253 1,856 4,137 Sakkadenlänge Test bei gepaarten Stichproben Paaren 1 Gepaarte Differenzen Standardfe 95% Konfidenzintervall Standardab hler des der Differenz Mittelwert weichung Mittelwertes Untere Obere T df Sig. (2-seitig) SLOHNE - SLMIT 10, , , , ,3413,656 4,547 17
18 Visualisierung von Blickbewegungsdaten Blicktrajektorien Finde die rote 9! x x x x x x x x x Literatur Bortz, J. (1999). Statistik für Sozialwissenschaftler, 5. Auflage. Berlin: Springer. (Kap. 3-5) Freedman, D., Pisani, R., Purves, R. (1997). Statistics. New York. (Kap. 23 & 26) 18
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