5 Stabilitätsgesetz: Preisniveaustabilität
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- Ralph Kranz
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1 Preisniveaustabilität Hoher Beschäftigungsstand Außenwirtschaftliches Gleichgewicht LF 12 5 Stabilitätsgesetz: Preisniveaustabilität 5.1 Preisniveaustabilität, Inflation und Deflation Impuls In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg kostete ein Laib Brot 20 Mrd. Mark und ein Pfund Kartoffeln 50 Mrd. Mark. Um das Wirtschaftsleben nach dem Krieg überhaupt in Gang zu halten, gab die Regierung in Berlin, ohne jegliche Deckung, scheinbar unbegrenzt Papiergeld aus. Da außer Geld kaum etwas produziert wurde, sank der Geldwert bzw. die Kaufkraft des Geldes ins Bodenlose. Recherchieren Sie im Internet die Entwicklung der Inflationsrate in den letzten 20 Jahren. Ein langfristig anhaltendes Ungleichgewicht zwischen Geld- und Gütermenge kann zu schwerwiegenden Folgen für die Volks- und Weltwirtschaft führen. Einen ersten Überblick über die drei Zustände des Verhältnisses von Geld- zu Gütermenge vermittelt die folgende Grafik. Wenn über einen längeren Zeitraum in einer Volkswirtschaft Inflation Preisniveaustabilität Deflation < = > Gütermenge Geldmenge Gütermenge Geldmenge Gütermenge Geldmenge die Gütermenge kleiner als die Geldmenge ist, spricht man von Infl ation (= anhaltender Anstieg des Preisniveaus). Folge: Die Kaufkraft sinkt. die Gütermenge genau gleich der Geldmenge ist, ist die (absolute) Preisniveaustabilität gegeben. Folge: Die Kaufkraft bleibt unverändert. die Gütermenge größer als die Geldmenge ist, liegt eine Defl ation (anhaltender Rückgang des Preisniveaus) vor. Folge: Die Kaufkraft steigt (aber es gibt wenig zu kaufen) Ursachen und Auswirkungen einer Inflation Trotz ständiger Bemühungen des Staates, die Inflation einzudämmen, lässt sich ein leichtes Ansteigen des allgemeinen Preisniveaus in einer Volkswirtschaft kaum verhindern. Und sollte, wie manche Ökonomen behaupten, auch nicht verhindert werden, weil die Möglichkeit der Preiserhöhung für Unternehmen Gewinnchancen bietet und insoweit die Wirtschaft in Schwung hält. Doch unter allen Ökonomen ist unbestritten, dass zu viel Teuerung gesamtwirtschaftlich schädlich ist. Somit muss zu viel Inflation bekämpft werden am besten, indem die Wirtschaftspolitik an ihren Ursachen ansetzt: n Wachsende Ansprüche der Privathaushalte und Unternehmen steigern die Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern. n Ausufernde Verschuldung der öffent lichen Haushalte bringt kreditfinanziertes Geld ohne Güterdeckung über Banken in den Wirt schafts kreislauf. n Zunehmende Konzentration und Monopolisierung ermöglichen überhöhte Gewinne. n Steigende Löhne und Preise für Vorleistungen gehen in die Kalkulationen der Unternehmen für höhere Verkaufspreise ein. n Schleichende und/oder schlagartige Verknappung existenzieller Güter (Öl, Stahl) n Hortung lebenswichtiger Güter in Krisenzeiten
2 LF 12 Wirtschaftskreislauf und volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Konjunktur Grundlagen der staatlichen Wirtschaftspolitik Angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum Neben den Gründen aus der Wirtschaftspraxis (siehe vorherige Seite) lassen sich zwei Hauptursachen für eine Inflation mithilfe der Inflationstheorie aufzeigen, die monetär (geldmäßig) oder nichtmonetär (mengenmäßig) begründet sind: monetäre Inflationsursachen nichtmonetäre Kernproblem ist die großzügige Geldmengenausweitung im Wirtschaftskreislauf durch leichte Kreditvergabe und häufi geren Geldumsatz (Umlaufgeschwindigkeit des Geldes). M U = P H Geldmenge Umlaufgeschwindigkeit = Preisniveau Handelsvolumen M = Geldmenge: Geldmenge M1 (Bargeldumlauf und Sichteinlagen der Banken) U = Umlaufgeschwindigkeit: Beschreibt zum Beispiel, wie häufi g die Geldmenge im Schnitt in einer Periode den Eigentümer durch Käufe wechselt. H = Handelsvolumen: Gesamtheit aller in einer Periode umgesetzten Güter. Bei dieser Betrachtung müssen noch Lagerbestandsveränderungen und selbsterstellte Anlagen berücksichtigt werden. P = Preisniveau: Gesamtheit aller ermittelten Preise im gewogenen Durchschnitt (Preisindex) Der Zusammenhang zwischen Geldmenge und Preis lässt sich durch die Fisher sche Verkehrsgleichung aus drücken: Aus den Erkenntnissen des Wirtschaftskreislauf hat Irving Fisher seine Verkehrs gleichung entwickelt. Dabei setzt er die umlaufenden Geldmenge (M U) dem Wert der Gütermenge (H P) gleich. Diese Quantitätsgleichung (auch: Identitätsgleichung) spiegelt die gesamte Güternachfrage in Euro und das gesamte Güterangebot einer Volkswirtschaft wider. angebotsinduzierte (= durch das Angebot verursachte) Infl ation: n durch steigende Kosten (Lohn, Material) und höhere Gewinnansprüche der Unternehmen Beispiel: steigende Preise für Rohstoffe auf dem Welt markt (Weizen, Mais oder Reis für die Lebensmittelherstellung in Deutschland) n durch vermehrte Steuern und sonstige Abgaben an den Staat Beispiele: indirekte Steuern: Mehrwertsteuer Mineralölsteuer Ökosteuer direkte Steuern: eher weniger, da es sich um Lohn steuer bzw. Einkommensteuer handelt nachfrageinduzierte (= durch die Nachfrage verursachte) Infl ation: n Steigende gesamtwirtschaftliche Nachfrage bei konstantem Angebot löst einen Nachfragesog aus und zieht die Preise nach oben. Bestimmungsfaktoren innerhalb einer Volkswirtschaft: Konsumgüternachfrage Investitionsgüternachfrage Staatsausgaben für Güterkäufe Exportgüternachfrage Beispiel: Massive Steuersenkung ermöglicht privaten Haushalten unter anderem mehr Urlaubsleistungen, Autos, Einrichtungsgegenstände, usw. nachzufragen. n Außennachfrageinfl ation ist eine importierte Infl ation, da die Preis steigerungen importiert wurden. Eine steigende Nachfrage aus dem Ausland sorgt im Inland für eine kurzfristige Verknappung der Güter. Diese Verknappung sorgt im Inland zu einem Anstieg des Preisniveaus. Dadurch geht die Binnennachfrage zurück. Eine Inflation kann unterschiedliche Auswirkungen haben. Zu den Verlierern der Geldentwertung zählen Verbraucher, Sparer und Gläubiger. Gewinner eines anhaltenden Anstiegs des allgemeinen Preisniveaus sind Schuldner und der Staat. Es werden einzel- und gesamtwirtschaftliche Auswirkungen einer Inflation unterschieden:
3 Preisniveaustabilität Hoher Beschäftigungsstand Außenwirtschaftliches Gleichgewicht LF 12 Einzelwirtschaftliche Auswirkungen der Inflation Arbeitnehmer Verbraucher Unternehmer Empfänger staatlicher Leistungen Sparer und Gläubiger Staat Schuldner Zwar ist eine Lohnerhöhung von 4 % erfreulich, wird aber bei einer Teuerungsrate von 5,5 % trotzdem völlig aufgezehrt. Ist die Teuerungsrate größer als die nominale Lohnerhöhung, dann spricht man von einem Absinken der Reallöhne. Die Kaufkraft des Geldes sinkt. Das verfügbare Einkommen muss durch die steigenden Preise neu aufgeteilt werden, da sich die Haushalte nicht mehr alle Produkte leisten können. Im Extremfall kommt es zu Hamsterkäufen, wenn mit weiterhin steigenden Preisen gerechnet wird. Ein steigendes Preisniveau erschwert eine sichere Kalkulation von Wirtschaftlichkeit sowie Rentabilität, um zu überprüfen, ob sich eine Investition überhaupt lohnt. Der Kostenanstieg wird auf die Verbraucher abgewälzt. Rentner und sonstige Empfänger von Transferleistungen bekommen, wenn sie einen Infl a- tionsausgleich erhalten, diesen erst mit einer zeitlichen Verzögerung. Die jährliche Rentenerhöhung orientiert sich an der Entwicklung der Nettolöhne. Sparguthaben sinken im Wert, wenn die Infl ationsrate (bspw. 3 %) größer als die effektive Verzinsung (bspw. 2 %) ist. Sparer geben heute Geld mit einer hohen Kaufkraft zur Bank und erhalten nach einer gewissen Anlagezeit Geld mit einer niedrigen Kaufkraft zurück. Häufi g fl üchten die Anleger in Sachwerte, u. a. Immobilien. Durch steigende Gewinne, Löhne und Preise steigen auch die Steuereinnahmen an. Allerdings steigen auch auf der anderen Seite die Preise der Staatsausgaben. Letztlich steht der Staat mit seiner hohen Staatsverschuldung als Gewinner da, wenn sich die Schulden nicht verteuern, aber die Einnahmen des Staates durch den Preisanstieg steigen. Erhalten Schuldner heute einen Kredit, dann wird der Auszahlungsbetrag größer als der Rückzahlungsbetrag Jahre später sein. Der Wert der Schulden sinkt durch eine anhaltende Geldentwertung auf einen Wert mit geringerer Kaufkraft ab. Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen der Inflation Umlaufgeschwindigkeit des Geldes Einkommen Preis als Steuerungsfunktion Fehlleitung von Produktionsfaktoren Soziale Ungerechtigkeiten Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes nimmt immer mehr zu, wenn die Kaufkraft des Geldes abnimmt. Geld wird sehr rasch wieder ausgegeben und wechselt dabei sehr schnell den Besitzer, um keinen weiteren Wertverlust zu erleiden. Die daraus resultierende und oft übereilte Flucht in Sachwerte heizt die Infl ation noch mehr an. Für Personengruppen mit einem konstanten Nominaleinkommen, bspw. aus einer privaten Rentenversicherung, bedeuten Zeiten anhaltender Geldentwertung ein Absinken des Realeinkommens. Andere Einkommensgruppen sind weniger oder gar nicht betroffen. Eine fortlaufende Infl ation löst eine Einkommensumschichtung aus. Es kommt zu Veränderungen der fi nanziellen Lage in einzelnen Bevölkerungsschichten. Gold, Schmuck oder Immobilien sind in einer Infl ation begehrte Gegenstände, da sie aufgrund einer sehr hohen Nachfrage im Wert extrem ansteigen. Diese Preissteigerungen lassen sich bei anderen Gütern, wie z. B. Lebensmitteln, nicht so stark nachweisen. Da Preise im Wettbewerb eine wichtige Steuerungsfunktion haben, müssen infl ationsbedingte Verzerrungen der Preisstruktur besonders beachtet werden. Sie können falsche Produktionssignale auslösen, die zu langfristig ineffi zienten Produktionsverschiebungen führen. In einer Infl ation wandern Produktionsfaktoren mit dem größten Bedarf. Vor allem konsumnahe Bereiche mit langlebigen Gütern erscheinen wegen ansteigender Preise bzw. Gewinne langfristig rentabel. Diese Fehlleitung von volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren führt zu einer Verschwendung knapper Mittel. Sie entstehen, weil Schuldner sich auf Kosten der Gläubiger bereichern. Bankkredite werden durch eine dauerhafte Geldentwertung real mit weniger Geld zurückgezahlt. Eine Abmilderung dieses Effekts in Zeiten steigender Geldentwertung tritt in der Regel durch ein relativ hohes Zinsniveau ein. Wäre dies nicht möglich, würden kaum oder gar keine Kredite vergeben
4 LF 12 Wirtschaftskreislauf und volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Konjunktur Grundlagen der staatlichen Wirtschaftspolitik Angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum Formen einer Inflation Impuls Platz Land (Aktualisierung 05/2011) Inflation in % Erhebungsjahr 2008 Inflation in % Erhebungsjahr Simbabwe 156, Venezuela 30,37 28,6 5 Afghanistan 26,76-13,2 60 Südafrika 11,50 7,1 93 Argentinien 8,59 6,3 105 Rumänien 7,85 5,6 120 Tschechische Republik 6,34 1,0 153 Griechenland 4,24 1,2 154 Polen 4,22 3,8 155 Spanien 4,13-0,4 159 Vereinigte Staaten 3,80-0,4 160 Norwegen 3,77 2,2 161 Vereinigtes Königreich GB 3,63-0,6 164 Italien 3,50 0,8 170 Frankreich 3,16 0,1 172 Deutschland 2,75 0,3 176 Schweiz 2,43-0,5 179 Japan 1,40-1,4 Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2009 Welche Aussagen können über die Inflationsraten der einzelnen Länder getroffen werden? Die Formen einer Inflation lassen sich nach Erkennbarkeit sowie Schnelligkeit einteilen. Inflation Unter Infl ation versteht man ein anhaltendes Ansteigen des Preisniveaus. Erkennbarkeit Schnelligkeit offene Infl ation verdeckte Infl ation schleichende Infl ation galoppierende Infl ation relative Preisniveaustabilität Hyperinfl ation Eine offene Inflation lässt sich durch das steigende Preisniveau leicht nachvollziehen. Setzt der Staat Höchst- und/oder Festpreise fest, kann er damit eine verdeckte Inflation auslösen. Durch den Staatseingriff wird zwar das Preisniveau stabilisiert, aber die Leute können das Geld nicht ausgeben, da das Güterangebot zu gering ist
5 Preisniveaustabilität Hoher Beschäftigungsstand Außenwirtschaftliches Gleichgewicht LF 12 Neben der Erkennbarkeit ist die Schnelligkeit ein weiteres Hilfskriterium, um Inflationsraten zu bewerten. Form relative Preisniveaustabilität schleichende Inflation galoppierende Inflation Beschreibung n Preise bleiben langfristig stabil. n Preissteigerung kleiner als 2 % n verhältnismäßig niedriger Preisanstieg n Preissteigerung größer als 2 % n Beispiele: Deutschland zu Beginn der Neunzigerjahre, Deutschland 2008 n Preissteigerung über 6 % bis 8 % n Beispiele: Italien, England und USA in den Achtzigerjahren Hyperinflation n Preissteigerung über 50 % n Beispiel: deutsche Infl ation von 1923 Der Begriff Stagflation beschreibt eine an sich widersprüchliche, aber zunehmend häufiger auftretende Kombination aus Inflation und stagnierender oder teilweise rückläufiger Güterherstellung. In diesem konjunkturellen Tief fehlt eine ausreichende Nachfrage nach Investitions- und Konsumgütern. Wird das Produktionsniveau (Kapazitätsauslastung) in den Unternehmen nicht reduziert, so entstehen hohe Lagervorräte. Wird die Produktion gedrosselt, droht den Beschäftigten Kurzarbeit oder Entlassung Ursachen und Auswirkungen einer Deflation Deflation beschreibt ein anhaltendes Sinken des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus bzw. die anhaltende Steigerung des Geldwerts falls hinreichend Güter verkauft werden. Ist zu wenig Geld im Umlauf, um das gesamtwirtschaftliche Güterangebot aufzukaufen, müssen die Preise kontinuierlich sinken. Ursachen einer Deflation private Haushalte Unternehmen Staat Ausland alle Wirtschaftssubjekte n sparen überdurchschnittlich viel in unsicheren Zeiten n konsumieren weniger, da Sparen in unsicheren Zeiten besser erscheint n warten weitere Preissenkungen ab, um eine Ware noch günstiger erwerben zu können n können Erzeugnisse gar nicht bzw. nur schwer verkaufen n entstehen unausgelastete, beträchtliche Kapazitätsreserven n müssen Umsatz-, Gewinn- und Investitionserwartungen nach unten korrigieren n bauen massiv Personal ab, wodurch wiederum Volkseinkommen und die Güternachfrage sinken n starker Einnahmerückgang (z. B. durch ausfallende Mehrwertsteuer) n starke Einschränkung der staatlichen Investitionstätigkeit n schränkt die Nachfrage nach inländischen Gütern ein (Exporte) n Abkühlung der ausländischen Konjunktur n Konsumzurückhaltung ausländischer Käufer n sehr vorsichtiges Handeln bei einbrechender Konjunktur und überbordender Arbeitslosigkeit n starke Kaufzurückhaltung der Konsumenten n weitere Verlangsamung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes
6 LF 12 Wirtschaftskreislauf und volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Konjunktur Grundlagen der staatlichen Wirtschaftspolitik Angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum Ebenso kann die Zentralbank eines Landes bzw. einer Staatengemeinschaft (u. a. die Europäische Zentralbank [EZB]) eine Deflation herbeiführen, indem sie die Geldmenge zu stark verringert. Grund für diesen geldpolitischen Eingriff der EZB wäre die Reduzierung der Geldmenge zum Schutz vor einer Konjunkturüberhitzung bzw. Inflation. Beispiel Ein massiver Preisverfall ist im Bereich der Personal Computer seit Jahren festzustellen. Preise für neuwertige Computer sinken rapide, auch vor dem Hintergrund sinkender Konkurrenzpreise, innerhalb kürzester Zeit um zweistellige Prozentsätze. Wirtschaftssubjekte Unternehmen Haushalte Auswirkungen n Anhaltende Preisrückgänge senken die Gewinne. n Investitionen werden verschoben oder nicht getätigt. n Kaufanreize durch fortwährend sinkende Preise bleiben wirkungslos. n Werden Preissenkungen nicht durch Kostensenkungen kompensiert, können Verluste mittel- bis langfristig zur Insolvenz führen. n Sinkende Unternehmensgewinne bedingen einen Rückgang der Aktienkurse. n Einkommensverluste führen zu einer gesamtwirtschaftlichen Abnahme der Güternachfrage. n Kaufzurückhaltung in Erwartung auf weiter fallende Güterpreise Letztlich werden die Gefahren einer Deflation durch verschiedene Sicherheitsmechanismen geringer eingeschätzt. Jedoch sind die Folgen einer massiven Deflation nach herrschender Auffassung zerstörerischer als die einer moderaten Inflation. 5.2 Preisindex als Messinstrument für Preisveränderungen Deutscher Preisindex für die Lebenshaltung Impuls Verbraucherpreise im Oktober 2011: Voraussichtlich + 2,5 % gegenüber Oktober 2010 WIESBADEN Der Verbraucherpreisindex in Deutschland wird sich im Oktober 2011 voraussichtlich um 2,5 % gegenüber dem Vorjahresmonat erhöhen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach bisher vorliegenden Ergebnissen weiter mitteilt, bleibt der Verbraucherpreisindex gegenüber September 2011 voraussichtlich unverändert. Der Anstieg ist überwiegend auf Preiser höhungen bei Haushaltsenergie vor allem bei Heizöl und Gas zurückzuführen. Der für europäische Zwecke berechnete Harmonisierte Verbraucherpreisindex für Deutschland wird im Oktober 2011 voraussichtlich um 2,8 % höher liegen als im Oktober Gegenüber September 2011 wird der Index voraussichtlich unverändert bleiben. Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2011 Recherchieren Sie im Internet nach Gründen für den Anstieg der Verbraucherpreise im Oktober Wie kommt der Preisindex für die Lebenshaltung zustande? Um die Preise der relevanten Produkte besser zu ermitteln, sind die wichtigsten Güter und Dienstleistungen in einem fiktiven Warenkorb zusammengefasst. Damit die Preise aussagekräftiger verglichen werden können, bleibt das Sortiment im Warenkorb über den Messungszeitraum mehrere Jahre unverändert
7 Preisniveaustabilität Hoher Beschäftigungsstand Außenwirtschaftliches Gleichgewicht LF 12 Mithilfe eines Fünf-Schritte-Schemas kann der Preisindex ermittelt werden: 1. Schritt: Bildung von Haushaltstypen n nach Haushaltsstruktur (Zahl und Art der Angehörigen) und Einkommen. Das Statistische Bundesamt verwendet für die Datenerhebung z. B. einen Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushalt mit mittlerem oder höherem Einkommen. 2. Schritt: Erfassung des Güterverbrauchs n durch Stichproben über Art und Höhe der Verbrauchsausgaben. Dadurch kann die Bedarfs- oder Verbrauchsstruktur eines Haushalts bestimmt werden. 3. Schritt: Ermittlung des Warenkorbs n Im Warenkorb sind die typischerweise nachgefragten 750 Produkte und Dienstleistungen zur Feststellung der Preisveränderungen enthalten. n genau festgelegtes Produktbündel mit einheitlichem Gewichtungsschema n muss infolge veränderter Konsumgewohnheiten der privaten Haushalte in regelmäßigen Abständen neu zusammengestellt werden n bisherige Veränderungen im Warenkorb z. B.: Disketten durch CDs ersetzt Farbbänder durch Druckerpatronen ersetzt 4. Schritt: Gewichtung der einzelnen Güter im Warenkorb Veränderung der Gewichtung der Gütergruppen in Promille (Basisjahr) n Freizeit, Unterhaltung, Kultur: 110,85 (2000) 115,68 (2005) n Nachrichtenübermittlung: 25,21 (2000) 31,00 (2005) n Wohnungsmieten, Energie: 302,66 (2000) 308,00 (2005) 5. Schritt: Ermittlung der Verbrauchsangaben n Mitarbeiter der statistischen Ämter erfassen in ausgewählten Orten der Bundesrepublik Deutschland die Preise. n Für die Berechnung des Preisindex werden nur die Preise berücksichtigt, die im Warenkorb enthalten sind fi
8 LF 12 Wirtschaftskreislauf und volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Konjunktur Grundlagen der staatlichen Wirtschaftspolitik Angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum Der Preisindex für die Lebenshaltung ist eine wichtige Orientierungsgröße für die Wirtschaftspolitik des Staates, der Unternehmen und für die Beurteilung des Konsumverhaltens der Haushalte. Vor allem wird dieser Preisindex für Tarifverhandlungen der Sozialpartner, die Berechnung staatlicher Sozialleistungen und auch für die Kalkulation einer Bank in Zusammenhang mit dem dynamischen Sparen (z. B. Lebensversicherungen) benötigt Europäischer Verbraucherpreisindex für die Lebenshaltung Auch durch den Vertrag von Maastricht 1 werden die Mitgliedsländer dazu angehalten, für Preisstabilität in ihrem Land zu sorgen. Dies kann aber nur überprüft werden, wenn für alle ein einheitlicher Maßstab vorliegt. Weil das Messspektrum der nationalen Preisindizes zu weit auseinanderging, wurde vom Statistischen Amt der Europäischen Union (EuroStat) ein harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI) entwickelt. Er erfasst rund 87 % der Ausgaben, die dem Preisindex für die Lebenshaltungskosten zugrunde liegen; man spricht deshalb in diesem Zusammenhang von einem teilharmonisierten Index. Dieser gemeinsame Maßstab erlaubt die Vergleichbarkeit der Ergebnisse unter Berücksichtigung länderspezifischer Charakteristiken der Lebenshaltung. Aus der Veränderung der Preisindizes lässt sich die Inflationsrate errechnen. Die Inflationsrate gibt die prozentuale Veränderung eines Indexwertes im Vergleich zum Indexwert des Vorjahres bzw. -monats an. Jahre Preisindex 94,1 95,4 96,4 98, ,8 104,1 107,0 107,2 108,4 111,1 Inflationsrate in % 1,9 1,4 1,0 1,8 1,9 1,8 2,3 2,8 0,2 1,1 2,5 Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2012 Für die Ermittlung der Inflationsrate wird die nachfolgende Formel eingesetzt: Preisindex aktuelles Jahr Infl ationsrate = Preisindex des Vorjahres Beispiel: Der Preisindex lag im Jahr 2005 bei 100, im Folgejahr bei 101,8. Inflationsrate: (101,8 : 100) = 1,8 Ergebnis: Im Jahr 2006 betrug die Inflationsrate 1,8 %. Für die Ermittlung der Kaufkraftveränderung wird der alte Preisindex in den Zähler gesetzt und der neue Preisindex in den Nenner: Preisindex des Vorjahres Veränderung der Kaufkraft = Preisindex aktuelles Jahr Beispiel: Der Preisindex lag im Jahr 2005 bei 100, im Folgejahr bei 101,8. Inflationsrate: (100 : 101,8) = 1,77 Ergebnis: Im Jahr 2006 ist die Kaufkraft des Geldes um 1,77 % gesunken. 1 Der in Maastricht im Jahr 1992 geschlossene Vertrag über die Europäische Union trat am in Kraft. Die damit gegründete Europäische Union ruht auf drei Säulen: Die Vertiefung der Europäischen Gemeinschaft, gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik und die Zusammenarbeit der Justiz- und Innenminister
9 Preisniveaustabilität Hoher Beschäftigungsstand Außenwirtschaftliches Gleichgewicht LF 12 Zusammenfassung n Besteht ein Gleichgewicht zwischen Geld- und Gütermenge, dann ändert sich das allgemeine Preisniveau nur gering oder gar nicht, die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes bleibt weitgehend konstant und der Geldwert (die Kaufkraft des Geldes) wird nicht vermindert. n Absolute Preisniveaustabilität ist in der Wirtschaftspraxis auf Dauer nicht zu erreichen, weil beispielsweise Nachfragesteigerungen der Privat- oder Staatshaushalte oder Produktionskostenerhöhungen infolge zu hoher Lohnabschlüsse auftreten können. Ein weiterer Grund für steigende Preise kann die Ausübung von Marktmacht infolge von Unternehmenskonzentration sein. n Inflation kann auf monetäre und nichtmonetäre Ursachen zurückgeführt werden. Bei den nichtmonetären Ursachen der Infl ation ist zwischen angebots- und nachfrageinduzierter Infl ation zu unterscheiden. Ein Beispiel für die zuerst genannte Infl ationsart ist die Kosteninfl ation, ein solches für die Letztere ist die importierte Infl ation. n Nach der äußeren Erkennbarkeit kann zwischen offener und verdeckter (zurückgestauter) Infl ation unterschieden werden. Je nach der Schnelligkeit der Geldentwertung spricht man von schleichender, galoppierender oder Hyperinfl ation. n Eine Infl ation hat vielfältige einzel- und gesamtwirtschaftliche Auswirkungen. Sie schädigt die Bezieher von festen Geldeinkommen (Rentner, Sparer und Lohnempfänger) und begünstigt die Immobilienbesitzer und Schuldenmacher. Gesamtwirtschaftlich führt sie zu sozialen Ungerechtigkeiten, zur Fehlleitung und Verschwendung von Produktionsfaktoren, zur Einkommensumschichtung, Veränderung der sozialen Stellung und zu einer Flucht in Sachwerte. n Deflation ist ihrem Wesen nach das Pendant (Gegenstück) zur Infl ation. Sie ist gekennzeichnet durch ein anhaltendes Sinken des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus und eine dauerhafte Steigerung des Geldwerts. Man unterscheidet zwischen angebots- und nachfrageinduzierter Defl ation. Die zuletzt genannte Form liegt vor, wenn die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage kleiner ist als das entsprechende Güterangebot. n Von den Wirkungen der Deflation betroffen sind mehr oder weniger alle Wirtschaftssubjekte, so u. a. die Unternehmen, die privaten Haushalte, die Banken, der Staat. Gewinner bei defl atorischen Entwicklungen sind die Bezieher fester Einkommen (Rentner, Pensionäre) sowie Geldanleger und Gläubiger; Schuldner hingegen müssen mit dem immer knapper werdenden Geld ihre Schulden begleichen. n Der Preisindex für die Lebenshaltung erfasst die Verbrauchsausgaben bestimmter sozialer Gruppen (Haushaltstypen) und die Veränderungen von Preisen für einen Warenkorb mit rund 750 Positionen. n Der Preisindex für die Lebenshaltung hat Bedeutung für die Wirtschaftspolitik des Staates, der Unternehmen und für das Verhalten der privaten Haushalte. Er wird als Maßstab herangezogen bei Tarifverhandlungen, bei der Festsetzung von Sozialhilfeleistungen und als Bezugsgröße beim dynamisierten Sparen (z. B. bei Lebensversicherungen). n Der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) wurde geschaffen, um einen einheitlichen Maßstab zur Messung der Teuerungs- bzw. Infl ationsrate im Euro-Währungsgebiet zu haben
10 LF 12 Wirtschaftskreislauf und volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Konjunktur Grundlagen der staatlichen Wirtschaftspolitik Angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum Aufgaben 1. Grenzen Sie die Begriffe Infl ation und Defl ation gegeneinander ab. 2. Stellen Sie die Ursachen einer Infl ation in Form eines Lernplakats dar und präsentieren Sie Ihr Ergebnis Ihren Kollegen. 3. Erläutern Sie den Begriff Stagfl ation und versuchen Sie, diese volkswirtschaftliche Situation mithilfe einer Internetrecherche mit ca. vier bis fünf Beispielen historisch zu belegen. 4. Begründen Sie, dass trotz Gleichgewichtssituation von Geld- und Gütermenge in einer Volkswirtschaft das Preisniveau ansteigen kann. 5. Arbeiten Sie die Gewinner und Verlierer einer Infl ation bzw. Defl ation heraus, halten Sie Ihre Ergebnisse auf Metaplankarten fest, präsentieren Sie diese und diskutieren Sie im Anschluss darüber. 6. Welche Auswirkungen hat eine Defl ation auf den Staat bzw. die Geldanleger? 7. Zeigen Sie drei Möglichkeiten zur Eindämmung einer Defl ation auf. 8. Der Warenkorb wird in regelmäßigen Abständen neu zusammengestellt. Warum? 9. Welche praktische Bedeutung hat der Lebenshaltungsindex für die Banken? 10. Erklären Sie die Notwendigkeit eines HVPI für die Eurozone. 11. Welche Schwachpunkte könnten beim HVPI auftreten? 12. Ermitteln Sie mit folgenden Zahlen die Infl ationsrate sowie die Veränderung der Kaufkraft: Preisindex des Vorjahres: 112,0, Preisindex für das laufende Jahr: 114, Berechnen Sie für März und Juli 2011 die Infl ationsrate in Prozent sowie die Kaufkraftveränderung in Relation zu den Vorjahresmonaten aus dem Jahr (siehe folgende Tabelle) Harmonisierter Verbraucherpreisindex; Indexbasis 2005 =100 Jahr, Monat Gesamtindex Sep 111,1 Aug 111,0 Jul 111,0 Jun 110,6 Mai 110,5 Apr 110,5 Mär 110,3 Feb 109,8 Jan 109,2 Dez 109,6 Nov 108,5 Okt 108,4 Sep 108,3 Aug 108,4 Jul 108,4 Jun 108,1 Mai 108,0 Apr 107,9 Mär 108,0 Feb 107,5 Jan 107,1 Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden Weshalb wird der Harmonisierte Verbraucherpreisindex jeden Monat ermittelt. 15. Erläutern Sie den Zusatz Indexbasis 2005 = 100 mithilfe der obigen Tabelle. 16. Welche der folgenden Aussagen zum Verbraucherpreisindex für Deutschland ist richtig? a) Das Wägungsschema wird alle vier Jahre neu zusammengestellt. b) Verbraucherpreisindex = Preisindex vorheriges Jahr : Preisindex aktuelles Jahr c) Der Verbraucherpreisindex ist der wichtigste Maßstab zur Untersuchung der Geldwertentwicklung in Deutschland. d) Für die Erhebung der Preise werden die Anschaffungspreise exklusive der Umsatzsteuer und Verbrauchssteuern berücksichtigt. e) Für die Preishebung des Statischen Bundesamtes vermerken ca. 600 Preisdetektive monatlich über Einzelpreise
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