Aufgaben und Befugnisse des Verwalters bei Rechtsstreitigkeiten der Wohnungseigentümer, insbesondere bei Beschlussanfechtung
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- Lucas Kaiser
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1 Aufgaben und Befugnisse des Verwalters bei Rechtsstreitigkeiten der Wohnungseigentümer, insbesondere bei Beschlussanfechtung Horst Müller Kanzlei Müller & Hillmayer 1
2 27 WEG: Aufgaben und Befugnisse des Verwalters (1) Der Verwalter ist gegenüber den Wohnungseigentümern und gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet: 7. die Wohnungseigentümer unverzüglich darüber zu unterrichten, dass ein Rechtsstreit gem. 43 anhängig ist; 2
3 43 WEG: Zuständigkeit Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für: 1. Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander; 3
4 Streitigkeiten aus dem Gemeinschaftsverhältnis, wie: - über die Zulässigkeit baulicher Veränderungen am Gemeinschaftseigentum; - über den Gebrauch des Gemeinschaftseigentums einschließlich über Art und Weise der Ausübung eines Gebrauchsrechts (Nutzung gemeinschaftlicher PKW- Stellplätze; Haustierhaltung); - über die Rechte und Pflichten beim Gebrauch von Sondereigentum (Verstöße gegen Hausordnung; unzulässiges Musizieren; zweckwidrige Nutzung eines Teileigentums als Laden); - über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis; 4
5 Streitigkeiten aus der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums, wie: - über Belange der Instandhaltung und Instandsetzung gemeinschaftlichen Eigentums; - über die Ausführung von Eigentümerbeschlüssen; - über Einberufungs- und Abstimmungsfragen in der Eigentümerversammlung; - über den gegen Wohnungseigentümer gerichteten Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung; - über die gerichtliche Abberufung oder Bestellung eines Verwalters; - über Auseinandersetzungen im Verwaltungsbeirat 5
6 Streitigkeiten über die Wirksamkeit und Auslegung von Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung, wie: - Konkurrenzschutzklauseln; - Ansprüche gegen Wohnungseigentümer auf Zustimmung zur Änderung der Gemeinschaftsordnung gem. 10 Abs. 2 S. 3 WEG; - Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung (z. B. Miteigentumsanteile) 6
7 Streitigkeiten über Rechte und Pflichten aus einem Sondernutzungsrecht, wie: - Feststellung der Wirksamkeit eines Sondernutzungsrechts; - räumlicher Umfang eines Sondernutzungsrechts; 7
8 Streitigkeiten über Schadenersatzansprüche der Wohnungseigentümer untereinander, wie: - bei Verletzung von Rechten und Pflichten aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer; - bei Verletzung von Rechten und Pflichten aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums; 8
9 43 WEG: Zuständigkeit Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für: 2. Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern 9
10 Beispiele: - Hausgeldverfahren - Schadenersatzklage eines Wohnungseigentümers gegen die Gemeinschaft wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht - Unterlassungsklage der Gemeinschaft nach Beschluss gem. 10 Abs. 6 S. 3 WEG 10
11 43 WEG: Zuständigkeit Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für: 3. Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums; 11
12 Beispiele: - Ansprüche von Wohnungseigentümern gegen den Verwalter gem. 21 Abs. 4 WEG (Erstellung Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung, Einberufung Eigentümerversammlung) - Ansprüche des Verwalters aus Verwaltervertrag (Mahngebühr, Veräußerungszustimmungsgebühr) 12
13 43 WEG: Zuständigkeit Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für: 4. Streitigkeiten über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer; 13
14 Diese Bestimmung erfasst im Einzelnen: - die Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen gem. 23 Abs. 4 S. 2 WEG; - die Klage auf Feststellung der Gültigkeit von Eigentümerbeschlüssen innerhalb der Anfechtungsfrist gem. 46 Abs. 1 S. 2 WEG; - die nicht fristgebundene Klage auf Feststellung der Nichtigkeit von Eigentümerbeschlüssen; - die Klagen auf Feststellung des Beschlussinhalts; - die Klagen auf Feststellung des Beschlussergebnisses; 14
15 43 WEG: Zuständigkeit Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für: 5. Klagen Dritter, die sich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder gegen Wohnungseigentümer richten und sich auf das gemeinschaftliche Eigentum, seine Verwaltung oder das Sondereigentum beziehen; 15
16 Klage mit Bezug auf das Gemeinschaftseigentum, wie: - Klagen dinglicher Gläubiger wegen ihrer Rechte am gemeinschaftlichen Grundstück; - Klagen benachbarter Grundstückseigentümer aus dem privaten Nachbarschaftsrecht gem. 906 ff. BGB 16
17 Klagen mit Bezug auf die Verwaltung, wie: - Klagen wegen Beeinträchtigung durch gemeinschaftliche Anlagen und Einrichtungen gem. 906 ff. BGB; - Klagen wegen Grenzstreitigkeiten gem. 919 ff. BGB; - Klagen wegen Überhangs-, Überbaus- oder wegen eines Notwegerechts; - Klagen wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht 17
18 43 WEG: Zuständigkeit Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für: 6. Mahnverfahren, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Antragstellerin ist 18
19 Beispiel: Geltendmachung von Hausgeldansprüchen gegen einzelne Wohnungseigentümer. 19
20 27 WEG: Aufgaben und Befugnisse des Verwalters (2) Der Verwalter ist berechtigt im Namen aller Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie 3. Ansprüche gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen, sofern er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss mit Stimmenmehrheit der Wohnungseigentümer ermächtigt ist; 20
21 Hier geht es nur um Ansprüche der Wohnungseigentümer, nicht um solche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer; nur geringe praktische Bedeutung wegen 10 Abs. 6 WEG. 21
22 Die gesetzliche Legitimation des Verwalters zur Geltendmachung von Hausgeldansprüchen namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergibt sich aus 27 Abs. 3 Nr. 4 i. V. m. Abs. 1 Nr. 4 WEG. 22
23 27 Abs. 3 Nr. 4 WEG Der Verwalter ist berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie 4. Die Maßnahmen gem. Abs. 1 Nr. 3 5 und 8 zu treffen; Der Verwalter ist 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG gegenüber den Wohnungseigentümern und gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet 4. Lasten und Kostenbeiträge anzufordern, in Empfang zu nehmen und abzuführen, soweit es sich um gemeinschaftliche Angelegenheiten der Wohnungseigentümer handelt. 23
24 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG: (2) Der Verwalter ist berechtigt im Namen aller Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie 2. Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind, insbesondere einen gegen die Wohnungseigentümer gerichteten Rechtsstreit gem. 43 Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 5 im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren zu führen; 24
25 Soweit es um Rechtsstreitigkeiten nach 43 Nr. 1 WEG geht, besteht eine Prozessführungsbefugnis für die jeweils Beklagten nur, wenn - ein Wohnungseigentümer gegen alle übrigen; - einige Wohnungseigentümer gegen alle übrigen klagt /klagen (alle Wohnungseigentümer müssen entweder Kläger oder Beklagte sein). 25
26 Klagt ein Wohnungseigentümer gegen einen Miteigentümer oder gegen einzelne Miteigentümer, nicht also gegen alle übrigen, bzw. klagen einige Wohnungseigentümer nicht gegen alle übrigen, hat der Verwalter keine gesetzliche Vertretungsmacht zu Führung des Passivprozesses. 26
27 Der Verwalter ist in diesen Fällen auch nicht Zustellungsvertreter gem. 27 Abs. 2 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG 45 Abs. 1 WEG: 45 Abs. 1 WEG: (1) Der Verwalter ist Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer, wenn diese Beklagte sind, es sei denn, dass er als Gegner der Wohnungseigentümer an dem Verfahren beteiligt ist oder aufgrund des Streitgegenstandes die Gefahr besteht, der Verwalter werde die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichten. 27
28 Wo immer im Falle der Klage eines oder mehrerer Wohnungseigentümer gegen Miteigentümer nicht alle Wohnungseigentümer Partei des Prozesses sind, sind die am Prozess nicht Beteiligten i. d. R. beizuladen. 28
29 48 Abs. 1 S. 1 WEG (1) Richtet sich die Klage eines Wohnungseigentümers, der in einem Rechtsstreit gem. 43 Nr. 1 oder Nr. 3 WEG einen ihm allein zustehenden Anspruch geltend macht, nur gegen einen oder einzelne Wohnungseigentümer oder nur gegen Verwalter, so sind die übrigen Wohnungseigentümer beizuladen, es sei denn, dass ihre rechtlichen Interessen erkennbar nicht betroffen sind. 29
30 Hier ist der Verwalter für die beizuladenden Wohnungseigentümer i. d. R. Zustellungsvertreter gem. 45 Abs. 1 WEG 30
31 Große praktische Bedeutung der Prozessführung des Verwalters in Beschlussanfechtungsrechtsstreitigkeiten gem. 27 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. 43 Nr. 4 WEG 31
32 Meinungsstand - Vertretung durch den Verwalter nur ein gesetzliches Beispiel (so Merle in Bärmann, 27 RdNr.: 125; ders. in ZWE 2008, 109: insbesondere ) - oder stets eine objektiv erforderliche Maßnahme zur Nachteilsabwehr (so h. M. OLG München, Beschluss vom Wx 046/07 -; Briesemeister, NZM 2007, 345; Wenzel in Bärmann 46 RdNr. 38 und 50 RdNr. 5; Bergerhoff NZM 2007, 425; Jennißen- Heinemann, WEG 2007, 27 RdNr. 74; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 8. Auflage 2007, 27 RdNr. 58; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 2. Auflage 2008, 27 RdNr. 48; Müller, ZWE 2008,
33 Kein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht des Verwalters - unter Mitwirkung des Versammlungsleiters (Verwalters) hat die Mehrheit einen Beschluss gefasst - der Verwalter ist zur Beschlussdurchführung verpflichtet - die Position des Verwalters ist i. d. R. auf die Aufrechterhaltung des Beschlusses gerichtet - die Vertretung durch den Verwalter dient in ihrer Zielsetzung dem Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer und der Gemeinschaft, sie ist i. d. R. ein Akt ordnungsmäßiger Verwaltung - die Treuhänderstellung steht dem nicht entgegen (Verwalter muss Position beziehen!) - Besonderheiten bei erkennbar fehlerhaften Beschlüssen 33
34 Keine Einschränkung der Privatautonomie der Wohnungseigentümer durch die Prozessvertretung; - Jeder Wohnungseigentümer nimmt freiwillig seine Rolle ein, ob als Kläger oder als Beklagter; - Sogenannte Lagertheorie: Es gibt nur widerstreitende Interessen zwischen Kläger einerseits und Beklagten andererseits 34
35 50 WEG: Kostenerstattung Den Wohnungseigentümern sind als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammen hängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war. 35
36 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG verdrängt als Spezialvorschrift den 79 ZPO (der Verwalter ist nicht Bevollmächtigter der Wohnungseigentümer, sondern Walter eines Amts (s. Elzer, ZMR 2008, 772). 36
37 Zulässigkeit der Mandatierung eines Rechtsanwalts Zum alten Recht: BayObLG WE 1989, 176; WE 1990, 182; WE 1991, 263; Bärmann/Pick/Merle 27 RdNr. 120 Zum neuen Recht: Wenzel in Bärmann, 50 RdNr. 5 37
38 Vorschussentnahme aus der Gemeinschaftskasse? Problem: - Die Gemeinschaftskasse ist Vermögen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer - Beklagte sind die übrigen Wohnungseigentümer 38
39 Ergebnis der Diskussion in Fischen Der Verwalter ist als berechtigt anzusehen Rechtsanwaltskostenvorschüsse aus der Gemeinschaftskasse einstweilen zu entnehmen. - Unterschiedliche Gründe, z. B.: Die Prozessführung durch den Verwalter ist eine im Interesse aller Wohnungseigentümer notwendige Maßnahme der ordnungsmäßigen Verwaltung, somit auch im Interesse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. 39
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