Problemlösende Personalentwicklung
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- David Ursler
- vor 7 Jahren
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1 Problemlösende Personalentwicklung Die gängige Auffassung von Personalentwicklung ist diejenige, man müsse etwas für die Qualifikation seiner Mitarbeiter tun, denn die sind ja schliesslich die wichtigste Ressource eines jeden Unternehmens. Wir gehen einen Schritt weiter. Unsere Prämisse ist die Feststellung, dass unter betriebswirtschaftlichen Aspekten die Qualifikation nur dann sinnvoll verbessert werden kann, wenn dem ein klar definierbarer Nutzen entgegensteht. Dieser Nutzen besteht darin, Lösungen für solche konkret feststellbaren Probleme anzubieten, die sich auf der Ebene der Organisation, d.h. in den Prozessen des Unternehmens festmachen lässt. Der Ansatz der problemlösenden Personalentwicklung speist sich demnach nicht aus den Bedürfnissen der Mitarbeiter ( Komfort- Faktor ), sondern aus dem Bedarf des Unternehmens. Die Argumentation ist folgende: Qualifikationslücken sind nur dann massnahmenrelevant, wenn daraus Nachteile oder entgangene Vorteile für derzeitige Prozesse oder die künftige strategische Ausrichtung des Unternehmens entstehen. Der Handlungsbedarf der PE ist somit an organisationalen Defiziten erkennbar. Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen. Nehmen wir an, die Sitzungspraxis eines Unternehmens liesse zu wünschen übrig. Die Meetings dauern lange und bringen subjektiv wenig Ergebnisse. Eine mögliche Folge davon sind verzögerte Entscheidungswege, unklare Zuständigkeiten für Arbeitspakete, mangelnde Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter für innovative Pro-
2 Unklare To-Do s Reaktanz Unerledigte Pendenzen Problem (Orga-Ebene) jekte ( es bringt ja doch nichts ), etc. Das sind die feststellbaren Symptome auf der organisationalen Ebene. Diese können natürlich mehrere Ursachen haben, u.a. strukturelle: so könnte bspw. die mangelnde Effektivität der Sitzungen der häufig auftretenden reisebedingten Abwesenheit von oder Führungskräften geschuldet sein. Oder sie können auch kulturell bedingt sein, wenn bspw. eine Hemmschwelle für Entscheidungen durch chronisches Hineinregieren seitens der Führung bestehen. Sitzungsdauer Entscheidungsgeschwindigkeit Prozessverzögerung Mögliche Ursache: Strukturen, z.b.: Dezentrale Organisation Funktionale Aufgabenteilung Reisebedingte Abwesenheiten Mögliche Ursache: Prozesse, z.b.: Unklare Entscheidungswege Mangelnde Verbindlichkeit von Beschlüssen Zu viele Personen eingebunden Mögliche Ursache: Qualifikation, z.b.: Mangelnde Erfahrung mit Sitzungsmoderation Hilfstechniken unbekannt Unklares Rollenverständnis von Sitzungsteilnehmern Mögliche Lösung: Konferenztechnik Mögliche Lösung: Regeln / Richtlinien Mögliche Lösung: Training / PE Abbildung: Vom organisationalen Problem zum Qualifikationsdefizit
3 Der erste Schritt der Bedarfsanalyse in der Personalentwicklung ist demnach, aus allen möglichen Ursachen für ein organisationales und in diesem Sinne RoI-relevantes Problem den qualifizierungsbedingten Kern herauszuschälen. Dies schliesst die Vermutung ein, dass erstens organisationale Probleme häufig mehrere Ursachen haben, von denen mangelnde Qualifikation nur eine der möglichen ist, und dass zweitens ein Lösungsansatz im Rahmen der PE nur dann erfolgversprechend sein kann, wenn diese als wesentliche Ursache identifiziert wurde. Im vorliegenden Beispiel könnte qualifizierungsbedingte Kern des Problems in Methodenkenntnis der effizienten Sitzungsleitung bestehen. Die dahinterstehende Hypothese lautet: Wenn unsere Mitarbeiter die wesentlichen Methoden beherrschen, dann müsste es möglich sein, die durchschnittliche Meetingdauer zu verkürzen und / oder die Ergebnisse aus den Sitzungen zu verbessern. Sofern sich dieses Qualifikationsdefizit hinreichend präzise fassen lässt, müssten entsprechende Personalentwicklungsmassnahmen (wie hier ein schlichtes Training für eine genügend grosse Grundgesamtheit von Mitarbeitern) zu einem entsprechenden organisationalen Erfolg führen. Voraussetzung für eine stringente Umsetzung und Erfolgskontrolle ist die Zielformulierung für diese PE-Massnahme auf allen drei Ebenen, nämlich Lern-, Verhaltens- und organisationale Ziele, wie nachfolgende Grafik zeigt:
4 Lernziele BSP: Sitzungsleitungstraining; Verstehen und Einsetzen des Aktionsplans Transfer kognitiv aktiv Defizit schliessen Erkennen und in einer Übung umsetzen können Verhaltensziele BSP: Durchführung der Ergebnissicherung mit Aktionsplan nach jeder Sitzung Transfer aktiv habituell Verhalten ändern Im Tagesgeschäft gewohnheitsmässig anwenden Organisationale Ziele BSP: Senkung der Meetingdauer oder anzahl um 20% Transfer habituell wertschöpfend Abläufe verändern Einsparungen, Qualitätsverbesserungen, Mehrwert Abbildung: Zielformulierung auf den drei Ebenen Lernen, Handeln, Organisation Die Argumentationslinie verläuft wie folgt. Das Problem auf der Handlungsebene wird erstens (Transfer: kognitiv > aktiv) als eines interpretiert, dessen Ursache vor allem oder auch in einem Mangel vor Wissen und Können der Beteiligten liegt. Es geht darum, Qualifikationslücken zu schliessen, d.h. das potentielle Handlungsrepertoire der Teilnehmer auszuweiten. Sie sollen hinterher in der Lage sein, mehr oder andere Handlungen auszuführen und / oder die bisherigen in besserer Qualität.
5 Nun nutzt dieses Können allein freilich wenig, und das bedeutet zweitens (Transfer: aktiv > habituell): Dieses neu erworbene Können muss sich auch in organisationalem Handeln niederschlagen, und zwar nicht nur punktuell, sondern gewohnheitsmässig. Es nützt nämlich wenig, wenn eine Führungskraft einmal eine Sitzung nach neuem Muster abhält, sozusagen nach allen Regeln der Kunst der Regelkommunikation, und dann wieder in die alte ad-hoc-strategie zurückfällt. Das heisst: die Umsetzung muss nachhaltig sein und neue Handlungsweisen habitualisiert, d.h. in die Gewohnheit überführt werden. Auf diesen Aspekt muss jede Qualifikationsmassnahme ausgerichtet sein. Doch nicht nur das. In der Konzeption muss drittens (Transfer: habituell > organisational bzw. wertschöpfend) vorher bedacht worden sein, welche Veränderungen des Handelns welche organisationalen Folgen mit welchen erzielbaren ROI generieren. Denn Ziel jedweder Investition, die das Unternehmen tätigt, ist ja die Rentabilität für die Organisation, und das gilt ohne Einschränkung auch für sämtliche PE- Massnahmen. Somit besteht das Credo der problemlösenden Personalentwicklung zum Einem in einer betriebswirtschaftlich klaren Problemformulierung, und zum Anderen in deren stringenter Umsetzung in personalentwicklerische und organisationale Ziele. Nur so kann personalentwicklerischer Erfolg nicht nur generiert, sondern auch gemessen werden, und wesentliche Instrumente hierfür sind die professionelle Standardkonzeption sowie ein entsprechendes Transfer- und Evaluationskonzept.
6 Literaturempfehlung: Kirksaeter (2009): Problemlösende Personalentwicklung. Band 1: Trainingskonzeption (Heidelberg, Bygdøy-Verlag) Kirksaeter (2010): Problemlösende Personalentwicklung. Band 2: Sortiment und Massnahmendesign (Heidelberg, Bygdøy-Verlag) Zu bestellen unter:
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