Studienseminar Koblenz
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- Willi Kohler
- vor 7 Jahren
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1 Studienseminar Koblenz Teildienststelle Altenkirchen Pflichtmodul 11 (Diagnose und Rückmeldung I): Im Leistungsraum diagnostizieren
2 Modell des Lehr-Lern-Prozesses Lehren Kompetenzen Lernumgebung Lernen Aufgabenstellungen Problemstellung entdecken Vorstellungen entwickeln Moderation Lernmaterial bearbeiten Materialien/Methoden materiale Steuerung Lernprodukt diskutieren Lernzugewinn definieren Vernetzen und transferieren Kompetenzen Diagnose/Rückmeldung personale Steuerung 2 Studienseminar Koblenz
3 I. In der Thematik ankommen 3
4 Ihre Erfahrungen? Schildern Sie Ihre bisherigen Erfahrungen mit Leistungssituationen. Was fiel Ihnen leichter/ schwerer als erwartet? Welche Fragen haben Sie? Welche Ideen und Lösungen zu früheren Fragen haben Sie inzwischen gefunden? 4
5 II. Informiert werden 5
6 Lern- und Leistungsräume 6
7 Standardsituationen der Leistungsmessung Im Zusammenhang mit der Leistungsdiagnostik und Leistungsmessung kommen in der Schule u. a. folgende Standardsituationen vor Epochalnoten geben Mündlich prüfen Klassenarbeiten erstellen und bewerten Zeugnisnoten erteilen Besondere Lernleistungen bewerten Lernprozesse evaluieren 7
8 Formen der Leistungsmessung Schriftliche Leistungsmessung: Hauptfächer: Klassenarbeiten, Kursarbeiten, Nebenfächer: Sonderformen: Parallelarbeiten 10-Stunden-Test Facharbeit, BLL Mündliche Leistungsmessung: Epochalnoten, schriftliche Überprüfung der Hausaufgaben, mündliches Abfragen, Referat, Protokoll, Präsentation usw. 8
9 Relevante Artikel der Schulordnung Abschnitt 8: Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung: 49: Grundlagen des Unterrichts 50: Grundlagen des Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung 51: Hausaufgaben 52: Klassen- und Kursarbeiten, schriftliche Überprüfungen 53: Leistungsbeurteilung 54: Nicht erbrachte Leistungen 55: Täuschungshandlungen und Ordnungswidrigkeiten 56: Bekanntgabe und Rückgabe von Beurteilungen 9
10 Gepflogenheiten und Absprachen Erkundigen Sie sich nach schulinternen oder schulübergreifenden Gepflogenheiten und Absprachen. Etwa zur Häufigkeit und Terminierung zur Notwendigkeit der Ankündigung zu parallelen Überprüfungen 10
11 III. Angemessene Leistungsbewertung!? - Sich professionalisieren 11
12 Objektiv? Leistungsbewertung muss objektiv sein. Leistungsbewertung kann gar nicht objektiv sein. 12
13 aus: Zeitmagazin v Äußern Sie sich zu Harald Martensteins Kolumne. 13
14 Pädagogisch günstige Voreingenommenheit Lehrerdiagnosen müssen sich nicht durch Objektivität, sondern durch pädagogisch günstige Voreingenommenheit auszeichnen. (Helmke, S. 90) 14
15 Pädagogisch günstige Voreingenommenheit pädagogisch ungünstige Voreingenommenheit: Überschätzung von Leistungsdifferenzen in der Klasse Unterschätzung der individuellen Lernmöglichkeiten subjektive Erklärung von Misserfolgen durch mangelnde Begabung und von Erfolgen durch Zufall oder besondere Anstrengung pädagogisch günstige Voreingenommenheit: mäßige Unterschätzung von Leistungsdifferenzen in der Klasse leichte Überschätzung der individuellen Lernmöglichkeiten subjektive Erklärung von Erfolgen durch Begabung und von Misserfolgen durch mangelnde Anstrengung oder ineffektiven Unterricht 15
16 Eine neue Denkweise Lehrerdiagnosen während des Unterrichts brauchen im Gegensatz zu landläufigen Überzeugungen keineswegs besonders genau zu sein, wenn sich der Diagnostiker der Ungenauigkeit, Vorläufigkeit und Revisionsbedürftigkeit seiner Urteile bewusst ist. (Helmke, S. 89) Lehrerdiagnosen müssen sich nicht durch Objektivität, sondern durch pädagogisch günstige Voreingenommenheit auszeichnen. (Helmke, S. 90) 16
17 Neue Einstellungen zur Leistungsbeurteilung Pädagogisch günstige Voreingenommenheit: Alle Schüler wollen lernen, auch die schwachen. Alle Schüler wollen wertvolle Beiträge leisten. Schüler sollen lernen, die Leistungen selber zu sehen.
18 Merkmale des pädagogischen Leistungsbegriffs Leistung gründet auf einer vertrauensvollen Beziehungsstruktur ist subjektbezogen und individuell ist solidarisch ist produkt- und prozessorientiert ist auf systemische Unterstützung angewiesen ist nicht wertfrei beschreibbar bedarf der Kommunikation und Reflexion unterliegt einer Fremd- und Selbstbeurteilung
19 Gütekriterien für Tests in der psychologischen Testtheorie Aus der psychologischen Testtheorie heraus werden seit Jahrzehnten drei Gütekriterien auf die pädagogische Diagnostik übertragen: Objektivität: Ein Test ist objektiv, wenn das Testergebnis vom Beurteiler unabhängig ist (z. B. wenn verschiedene Beurteiler beim gleichen Schüler unabhängig voneinander zum gleichen Ergebnis kommen). Reliabilität (Zuverlässigkeit, Genauigkeit): Reliabilität meint den Grad der Genauigkeit, mit dem ein Test das misst, was er misst, ohne Rücksicht darauf, was er zu messen vorgibt. Validität (Gültigkeit): Ein Test ist valide, wenn er das misst, was er zu messen vorgibt. 19
20 Gütekriterien und Bezugsnormen Gütekriterien für psychologische Test Objektivität: Ein Test ist objektiv, wenn das Testergebnis vom Beurteiler unabhängig ist (z. B. wenn verschiedene Beurteiler beim gleichen Schüler unabhängig voneinander zum gleichen Ergebnis kommen). Reliabilität: Reliabilität meint den Grad der Genauigkeit, mit dem ein Test das misst, was er misst, ohne Rücksicht darauf, was er zu messen vorgibt. Validität: Ein Test ist valide, wenn er das misst, was er zu messen vorgibt. Bezugsnormen zur Leistungsbeurteilung SchO 49-56: Leistungen werden nach dem Grad des Erreichens von Lernforderungen beurteilt. Die Beurteilung berücksichtigt den individuellen Lernfortschritt des Schülers, seine Leistungsbereitschaft und auch die Lerngruppe, in der die Leistung erbracht wurde. 20
21 Gütekriterien und Bezugsnormen Objektivität: Jeder konstruiert sich seine Wirklichkeit und damit auch sein Bild vom Schüler. Die Leistung kann nur angemessen auf dem Hintergrund des individuellen Lernprozesses beurteilt werden Reliabilität Validität Der Test muss dem Unterricht entsprechen und es dürfen nur Inhalte geprüft werden, wenn hinreichend Gelegenheit bestand, diese zu üben. Das kann noch am ehesten erreicht werden, indem das Anspruchsniveau der Prüfungsaufgaben angemessen ist; unberücksichtigt bleibt die Forderung, den individuellen Lernfortschritt Einzubeziehen. 21
22 Testtheorie und Schulwirklichkeit Frage: Sind die Noten in der Schule objektiv, reliabel, valide? Antwort: Nein! Frage: Müssen die Noten objektiv, reliabel, valide sein? Antwort: Nein! Frage: Ist es realistisch und angemessen, die pädagogische Diagnostik den Gütekriterien zu unterwerfen? Antwort: Nein! 22
23 Bezugsnormen zur Leistungsmessung soziale Bezugsnorm: Lernleistung des einzelnen Schülers wird mit den Leistungen der gesamten Klasse verglichen und vor diesem Hintergrund bewertet (interindividueller Querschnitt) individuelle Bezugsnorm: Die momentanen Lernleistungen eines Schülers werden mit seinen eigenen zuvor erbrachten Leistungen verglichen (intraindividueller Längsschnitt) kriteriumsorientierte Bezugsnorm: Lernleistung des einzelnen Schülers wird mit dem Lernziel (Kriterium) verglichen 23
24 Bewusstheit und Vermeidung: Diagnostikfehler aus der Praxis Die Benotung der Klassenarbeiten wird nach hinten hin immer strenger (oder milder). Man gibt dem Schüler noch den Punkt, weil man sich nicht vorstellen kann, dass der so etwas Einfaches nicht weiß. Er hat es doch wohl bloß vergessen. Man ist von dem ersten Teil der Bearbeitung so überrascht, dass der positive Eindruck die anderen Teile überstrahlt. Man gibt dem Schüler eine vier in der Epochalnote, weil er die doch immer hatte. 24
25 Kenntnis subjektiver Fehlerquellen Aus vielen empirischen Untersuchungen sind subjektive Fehlerquellen bekannt: 1. Effekt der Zusatzinformation 2. Sympathie-Effekt 3. Effekt des ersten Eindrucks (primacy effect) 4. Voreinstellungs-Effekt 5. Reihenfolge-Effekt 6. Effekt der stabilen Urteilstendenzen 7. Halo-Effekt 8. Akteur-Beobachter-Effekt 9. Matthäus-Effekt 10. Biografie-Effekt 25
26 Der pädagogische Freiraum 50 Abs. 1 der Schulordnung: Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung werden gemäß 25 Abs. 1 SchulG durch die pädagogische Verantwortung und die Freiheit der Lehrkraft bestimmt. Leistungen der Schülerinnen und Schüler sind als Schritte und Resultate im Lernprozess zu sehen. 25 Abs. 1 des Schulgesetzes: Die Lehrkräfte gestalten Erziehung und Unterricht der Schülerinnen und Schüler frei und in eigener pädagogischer Verantwortung im Rahmen der für die Schule geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, der Anordnungen der Schulaufsicht und der Beschlüsse der Konferenzen. Der pädagogische Freiraum ist keine Willkür! 26
27 Wie denn nun? Eine angemessene Leistungsbewertung erfolgt in Übereinstimmung mit den formalen Vorgaben der Schulordnung und des Schulgesetzes sowie unter Berücksichtigung weiterer Absprachen sozial, individuell und kriterienorientiert pädagogisch kompetent und souverän, in pädagogisch günstiger Voreingenommenheit unter Reduzierung der subjektiven Fehlerquellen im Bewusstsein, dass Unschärfen reduziert werden müssen, aber nicht nivelliert werden können 27
28 IV. Möglichkeiten zur individualisierten Leistungsbewertung kennen 28
29 Individualisierte Maßstäbe Kontexte: individualisiertes Lernen als Grundsatz potentielle soziale Benachteiligung Lernbehinderungen Sprachprobleme von Migranten 29
30 Relevante Dokumente UN-Konvention "zur Förderung und zum Schutz der Rechte und Würde von Menschen mit Behinderungen (30. März 2007) Schulgesetz, Schulordnung Verwaltungsvorschriften (z.b. Schüler mit Migrationshintergrund, Lese- Rechtschreibschwäche) 30
31 Nachteilsausgleich 50 Grundlagen der Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung (4) Die besonderen Belange behinderter Schülerinnen und Schüler sind zu berücksichtigen, insbesondere sind ihnen die zum Ausgleich ihrer Behinderung erforderlichen Arbeitserleichterungen zu gewähren. Satz 1 kann auch für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Lernstörungen angewandt werden. Das Nähere regelt das fachlich zuständige Ministerium. 31
32 Nachteilsausgleich Unterschied: Behinderte Schülerinnen und Schüler: Inklusion Schüler mit besonderen Lernstörungen: - Lese-Rechtschreib-Störung - Rechenstörung - AD(H)S - Autismus Weitere Informationen: 32
33 VV Förderung von Schülern mit Lese-Rechtschreibschwäche 4.3 Vorrangig vor dem Abweichen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung sind Hilfen im Sinne eines Nachteilsausgleichs vorzusehen, z. B.: - Ausweiten der Arbeitszeit, z. B. bei schriftlichen Arbeiten, - Bereitstellen von technischen und didaktischen Hilfsmitteln. 33
34 VV Förderung von Schülern mit Lese-Rechtschreibschwäche 4.4 Als Abweichungen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung kommen insbesondere in Betracht: - Einordnen der schriftlichen und mündlichen Leistung unter dem Aspekt des erreichten Lernstands mit pädagogischer Würdigung, - stärkere Gewichtung mündlicher Leistungen und anderer nicht schriftlicher Leistungen, insbesondere in Deutsch und den Fremdsprachen, - zeitweiser Verzicht auf eine Bewertung der Lese- und Rechtschreibleistung in allen betroffenen Unterrichtsgebieten, - Nutzung des pädagogischen Ermessensspielraumes und zeitweiser Verzicht auf die Bewertung von Klassenarbeiten und anderen schriftlichen Leistungsnachweisen während der Förderphase, - verbale Beschreibung des Lernfortschritts anstelle oder ergänzend zu einer Bewertung nach dem Notensystem, - verbale Bewertung der Rechtschreibleistung bei Schreibaufgaben. Alle Abweichungen von den üblichen Beurteilungsregelungen müssen in den individuellen Förderplänen der Schülerinnen und Schüler festgelegt sein und durch die Klassenkonferenz beschlossen werden. 34
35 Was sind Neue Formen der Leistungsbeurteilung? Neue Formen der Leistungsbeurteilung überprüfen nicht nur stoffliches Wissen, sondern auch spezifische Kompetenzen eines erweiterten Lernbegriffs bewerten die Bearbeitung der Lernmaterialien und der Lernprodukte bewerten auch Lernwille, Interesse, Verantwortungsbewusstsein, Reflexivität
36 Erweiterter Lernbegriff Fachliches Lernen Methodisches Lernen Soziales Lernen Affektives Lernen wissen verstehen erkennen urteilen exzerpieren nachschlagen strukturieren planen organisieren entscheiden gestalten zuhören begründen argumentieren fragen diskutieren kooperieren Selbstver-trauen entwickeln Toleranz zeigen Werthaltungen aufbauen Engagement entwickeln
37 Neue Beurteilungsformen brauchen eine vielfältige und differenzierte Unterrichtsgestaltung den pädagogischen Leistungsbegriff eine kommunikative Validierung als Kern qualitativer Gütekriterien
38 Vorgehensweisen um zu lernen, die Leistungen selber zu sehen Selbstbeobachtung und Selbstbeurteilung Realistische Selbsteinschätzung Vorausschau und Lernziele Selbstkontrolle und Lernpartnerschaften Begleitende Reflexion und Lerntagebuch Erleben von Fortschritten und Portfolio Würdigung von Leistungen und Präsentation
39 Die pädagogische Verantwortung 50 Abs. 1 der Schulordnung: Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung werden gemäß 25 Abs. 1 SchulG durch die pädagogische Verantwortung und die Freiheit der Lehrkraft bestimmt. Leistungen der Schülerinnen und Schüler sind als Schritte und Resultate im Lernprozess zu sehen. 25 Abs. 1 des Schulgesetzes: Die Lehrkräfte gestalten Erziehung und Unterricht der Schülerinnen und Schüler frei und in eigener pädagogischer Verantwortung im Rahmen der für die Schule geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, der Anordnungen der Schulaufsicht und der Beschlüsse der Konferenzen. Der pädagogische Freiraum ist keine Willkür! 39
40 Aussagen Bewertungsmaßstäbe dürfen individuell gestaltet werden Abweichungen von der Leistungsbewertung sind aber Ausnahmen Die Abweichungen sind an konkrete Bedingungen geknüpft (z.b. begrenzte Zeiträume, Förderpläne ) 40
41 Leistungsdiagnose als Rückmeldung Die Leistungsdiagnose ist ein Rückmeldeinstrument für Schüler UND Lehrer. 41
42 42
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