Europäisches Abfallverzeichnis - Quo vadis? Peter Hodecek

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1 Europäisches Abfallverzeichnis - Quo vadis? Peter Hodecek Leoben, 5. November 2014

2 Entstehung und Geschichte des Europäischen Abfallverzeichnisses (EAV) 12/1993: Europäischer Abfallkatalog EAK (Entscheidung 94/3/EG) Entscheidung in allen ihren Teilen verbindlich von allen MS umzusetzen 12/1994: Verzeichnis über gefährliche Abfälle ( Entscheidung 94/904/EG) 05/2000: Novelle des Europäischen Abfallkataloges und des Verzeichnisses über gefährliche Abfälle (Entscheidung 2000/532/EG) Ersatz der Entscheidungen 94/3/EG sowie 94/904/EG wesentliche Merkmale: 839 Abfallarten 232 absolut gefährliche Abfallarten ( * ) 173 Spiegeleinträge (gefährlich/nicht gefährlich) 20 Kapitel 111 Gruppen 405 gefährliche Abfallarten überwiegend herkunftsbezogene Gliederung /Mehrfachzuordnung möglich

3 Abfallkatalogisierung in Österreich (1) 2001: Vertragsverletzungsverfahren - EK gegen Österreich: EAV nicht in innerstaatliches Recht übernommen EuGH-Urteil 04/2004: bloßes Nebeneinanderbestehen des Europäischen und des österreichischen Abfallverzeichnisses kein Gemeinschaftsrechtsverstoß keine ausreichende Beweisführung der EK -> Unterschiede zwischen beiden Abfallkatalogen beeinträchtigen weder i) Interessen der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer noch ii) den Grundsatz der Rechtssicherheit

4 Abfallkatalogisierung in Österreich (2) vor 04/2005: ÖNORM S 2100 Abfallkatalog (Ausgabe 1997) bzw. Abfallverzeichnis (Ausgabe 2005) seit 01/2004: Abfallverzeichnisverordnung (BGBl. II Nr. 570/2003) ursprüngliches Ziel: Übernahme EAV 04/2005: 1. Novelle AVVO (BGBl. II Nr. 89/2005): Übernahme ÖNORM S 2100 / Ausgabe 1997 sowie ÖNORM S 2100/AC 1 (Berichtigung) / Ausgabe /2009: 2. Novelle AVVO (BGBl- II Nr. 498/2008): Anlage 2: enthält EAV Übernahme ÖNORM S 2100 /Ausgabe 2005

5 Gefahrenrelevante Eigenschaften von Abfällen (1) Gemeinschaftsrecht: in Anhang III / Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EU) definiert: 16 Gefahrenmerkmale (H1 bis H15, sowie H3-A und H3-B) Artikel 2 / EAV: zusätzlich Grenzkonzentrationen für H3 bis H8, H10 und H11 Österreich: in Anlage 3 / Abfallverzeichnisverordnung (BGBl. II Nr. 570/2003): 15 Gefahrenmerkmale (H1 bis H 14, sowie H3-A und H3-B) Deutschland: mit Verordnung über ein Europäisches Abfallverzeichnis (BGBl. I S. 3379) das EAV in 12/2001 vollständig umgesetzt

6 Gefahrenrelevante Eigenschaften von Abfällen (2) Problem: keine Übereinstimmung der gefahrenrelevanten Eigenschaften zwischen Gemeinschaftsrecht und österreichischem Recht: H3-B: entzündbar (AbfRRL) : flüssige Stoffe und Zubereitungen mit einem Flammpunkt von mindestens 21 C und höchstens 55 C H3-B: entzündbar (AVVO): Das Kriterium H3-B gilt als erfüllt für flüssige Abfälle mit einem Flammpunkt unter 55 C keine Rechtssicherheit für die Einstufung von Abfällen

7 CLP-Verordnung (1272/2008/EG) = Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen gemeinschaftsrechtliche Umsetzung des GHS-Systems (Global Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals) unmittelbar in allen MS anzuwenden: seit 12/2011: für Stoffe ab 06/2015: für Zubereitungen (Gemische) CLP-VO nicht auf Abfälle anzuwenden Jedoch: Gefahrenmerkmale der AbfRRL nehmen direkt Bezug auf die Gefährlich-keitskriterien der alten Stoff- (67/548/EWG) und der alten Zubereitungs-richtlinie (1999/45/EG): Stoff- und Zubereitungsrichtlinie wurden 2008 durch CLP-VO ersetzt Anpassung der in Anhang III AbfRRL angeführten Gefahrenmerkmale erf.!

8 Gefahren-Klassifizierungssystem gemäß GHS / CLP ALT (Stoff- und ZubereitungsRL) 16 Gefahrenmerkmale H1 bis H15; inkl. H3-A und H3-B S-Sätze (Sicherheits-Sätze) R-Sätze (Risiko-Sätze) NEU (GHS / CLP) 28 Gefahrenklassen physikal. Gefahren (H200 - H299) Gesundheitsgefahren (H300 - H399) Umweltgefahren (H400 - H499) H-Codes (Gefahrenhinweise) P-Codes (Vorsorgehinweise)

9 Das neue Europäische Abfallverzeichnis (EAV) Hintergrund für die initiierte Änderung des EAVs: Artikel 1 und Anhang / EAV: regelmäßig auf Grundlage neuer Erkenntnisse und insbesondere neuer Forschungsergebnisse zu überprüfen Änderung des europäischen Chemikalienrechtes stellt technischen und wissenschaftlichen Fortschritt dar -> erfordert Anpassung des Abfallrechtes Ende 2005 (!): Beginn der Anpassungsarbeiten durch EK: : Bestandsaufnahme in allen MS (durch Ökopol): +400 (!) neue Abfallarten 2009: Gründung einer Expertengruppe (VertreterInnen der MS) -> Ausarbeitung von Vorschlägen für TAC 2012: Vorlage Technical Proposal

10 Das Technical Proposal der Expertengruppe im Detail = Basisdokument zur Überarbeitung des EAVs und der Gefahreneigen-schaften gemäß Anhang III der AbfRRL mehrfach überarbeitet; Letztversion enthält: neue Definitionen Vorschläge für bestimmte Gefahrenmerkmale mir dazugehörigen Konzentrationsgrenzwerten inkl. möglicher Alternativen Anpassung der H-Kriterien an die CLP-VO H-Kriterien umbenannt im HP-Kriterien (hazardous properties) am 5. Juni 2014 vom TAC mit qualifizierter Mehrheit angenommen

11 H-Kriterien (alt) vs. HP-Kriterien (neu) BISHER (H-Kriterien) H1 explosiv H2 brandfördernd H3-A leicht entzündbar H3-B entzündbar H4 reizend H5 gesundheitsschädlich H6 giftig H7 krebserzeugend H8 ätzend H9 infektiös H10 fortpflanzungsschädigend H11 mutagen H12 giftiges Gas abscheidend H13 sensibilisierend H14 ökotoxisch H15 auslaugend NEU (HP-Kriterien) HP 1: explosiv HP 2: oxidierend HP 3: entzündlich HP 4: reizend HP 5: spezifische Organtoxizität (Lunge/Atemwege) HP 6: akut giftig HP 7: krebserzeugend HP 8: ätzend HP 9: infektiös HP 10: teratogen HP 11: erbgutverändernd HP 12: Freisetzung giftiger Gase HP 13: sensibilisierend HP 14: ökotoxisch HP 15: Abfälle, die nach der Beseitigung auf irgendeine Weise die Entstehung eines anderen Stoffes bewirken können

12 Nächste Schritte auf Gemeinschaftsebene (1) partielle Anpassung von Anhang III AbfRRL an CLP-VO (= Anpassung der Gefahrenmerkmale) mittels Verordnung ab unmittelbar in allen MS anzuwenden Ergänzungen in Artikel 2 / EAV (= Grenzkonzentrationen) HP 12 Freisetzung giftiger Gase : Testmethoden offen (-> CEN) keine Konzentrationswerte HP 14 ökotoxisch : keine Zustimmung im TAC EK: Durchführung einer Folgenabschätzung Ergebnisse bis 07/2015

13 Nächste Schritte auf Gemeinschaftsebene (2) nicht gefährliche Abfallströme, welche aufgrund der neuen Gefahrenmerkmale nunmehr als gefährlich zu klassifizieren wären: Guidance Document der EK bis Frühjahr 2015 Zuordnung zu anderen (nicht gefährlichen) Abfallcodes CaO/Ca(OH) 2 -haltige Abfälle (z.b. Betonschlamm, Holzaschen, etc.) -> reizend / früher H 8 / jetzt HP 4 zuzuordnen -> überschreiten Konzentrationslimit von 1% => als gefährlicher Abfall einzustufen nur 5 neue Abfallarten in EAV aufgenommen metallisches Quecksilber ( *) teilweise stabilisierte Hg-haltige Abfälle ( *) Rotschlamm aus der Aluminiumproduktion mit gefährlichen Bestandteilen ( *) Nickel-Metallhydrid-(NiHM)-Batterien und Akkumulatoren ( *) Lithiumhaltige Batterien und Akkumulatoren ( *)

14 Zusammenfassung (1) unionsweite Inkraftsetzung des neuen EAVs: spätestens keine wesentliche Veränderung bei den gelisteten Abfallarten jedoch: wesentliche Veränderungen bei den Gefahrenmerkmalen Properties of waste which render it hazardous : HP1 bis HP15 deutlich differenziertere Aufschlüsselung der Gefahrenmerkmale: erhöhter analytischer Aufwand erhebliche Verstrengerung einiger Konzentrationsgrenzwerte: Anpassung allgemeiner Grenzwerte des EAVs an CLP-VO Einbeziehung der POP-VO

15 Zusammenfassung (2) Übernahme des EAVs in nationales Recht wird von der österreichischen Wirtschaft seit Jahren gefordert: duale Existenz von zwei Katalogsystemen nebeneinander inakzeptabel EAV existiert in 26 MS / Europa denkt im EAV Rechtsunsicherheiten wegen unterschiedlicher Klassifikation / Einstufung gefährlicher Abfälle zu beseitigen teilw. doppelter Aufwand für Meldepflichten/Nachweisführung/Berichtswesen rechtsverbindlicher Umsteige-Katalog von AVVO auf EAV gefordert

16 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!