Sozialpolitische Herausforderungen Schuldnerberatung
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- Cornelia Kästner
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1 Sozialpolitische Herausforderungen Schuldnerberatung Die Situation der Schuldnerberatung Probleme des geltenden Rechts und Gestaltungsoptionen Für den AK Finanzierung der AG SBV erstellt von Roman Schlag, Caritasverband für das Bistum Aachen e. V..
2 Der AK Finanzierung der AG SBV Roman Schlag, Caritasverband für das Bistum Aachen e.v. (Sprecher des AK) Petra Köpping, Sprecherin des Fachausschusses Schuldnerberatung der LAG FW NW, Diakonie Sabine Weisgram, AWO Bundesverband Berlin Alexander Elbers, Parität Landesverband Dortmund Frank Lackmann, VZ NRW
3 Fallbeispiel Martina O. aus Holzwickede (Kreis Unna, Stadtgrenze Dortmund) Frau O. ist alleinerziehende Mutter mit einer zwölfjährigen Tochter. Sie arbeitet als Krankenschwester in Teilzeit und verdient circa netto. Die Schulden resultieren aus ihrer gescheiterten Ehe. Die gemeinsame Eigentumswohnung wurde zwangsversteigert. Die Gesamtschulden belaufen sich auf Mangels Deckung auf dem Konto wurde über mehrere Monate der Strom nicht bezahlt. Die Stromsperre drohte. In Holzwickede konnte sie bei einer Schuldnerberatung kurzfristig einen Termin erhalten, so dass sofort existenzsichernde Maßnahmen eingeleitet wurden. Die Beratung ist für Frau O. kostenlos. Zwischenzeitlich ist ein Verbraucherinsolvenzverfahren eingeleitet worden. Frau O. und ihre Tochter wissen, dass sie in sechs Jahren ein schuldenfreies Leben führen können..
4 Fallbeispiel Martina P. aus Dortmund-Wickede (Stadtgrenze Kreis Unna) Gleiche Situation, gleiches Erwerbseinkommen. Gleiche Schuldensituation. Eine langfristige Beratung ist nicht möglich, da erwerbstätige Ratsuchende keinen kostenfreien Zugang zu einer öffentlich geförderten Beratungsstelle in Dortmund haben. Martina P. sucht verzweifelt Hilfe und Unterstützung, ihr droht die Stromsperre. Möglicherweise landet Frau P. bei einem gewerblichen Anbieter. Um die Kosten aufzubringen macht sie weitere Schulden.
5 Auswirkung des Urteils des Bundessozialgerichtes vom Durch das Urteil wurde festgestellt, dass keine gesetzliche Grundlage für einen kostenfreien Zugang zur Schuldnerberatung für Erwerbstätige existiert. Dieses Urteil ist in der juristischen Literatur umstritten, weil es entgegen aller gesellschaftlichen Wirklichkeit unterstellt, Erwerbstätige könnten in der Regel auf eigene Kosten präventive Maßnahmen gegen Überschuldung ergreifen (BSG Medieninformation Nr. 29/10 vom ). Die Alltagspraxis zeigt: Es fehlen dafür das nötige Einkommen und die individuelle Kraft.
6 Erste Ergebnisse der Umfrage 297 Fragebögen werden ausgewertet. Das entspricht einem Rücklauf von ca. 30 %. 172 Beratungsstellen werden pauschal finanziert. Bei 82 % der pauschal finanzierten Beratungsstellen gibt es einen offenen Zugang. In 86 Beratungsstellen finden Einzelfallabrechnungen statt (ca. 29 %). In über 51 % der Beratungsstellen mit Einzelfallabrechnung werden Personenkreise aus der Beratung ausgeschlossen.
7 Erste Ergebnisse der Umfrage Umfrage des Arbeitskreises Finanzen (AK Finanzen) der AG SBV Zugang zu Schuldnerberatung für Personen, die keine Sozialleistungen beziehen 100,00% A u s s c h l u s s - k r i t e r i e n 90,00% 80,00% 70,00% 60,00% 50,00% 40,00% 30,00% 20,00% 100,00% 56,82% 70,45% 63,64% 63,64% 10,00% 15,91% 0,00% mit Ausschluss davon Rentner davon Erwerbstätige davon ALG I- Bezieher/innen davon ALG II- Bezieher/innen davon Sonstige
8 Bewertungen der Umfrage Die Finanzierung der Schuldnerberatungsstellen ist höchst unterschiedlich und stellt bundesweit einen Flickenteppich dar. Die Ergebnisse sind ein Plädoyer für eine pauschale Finanzierung. Es können bei den pauschalfinanzierten Stellen keine Aussagen über die Höhe und Umfang der Finanzierung getroffen werden. Bei Einzelfallabrechnung dient der Ausschluss von Personenkreisen als Steuerungsinstrument zur Deckelung der Ausgaben für Schuldnerberatung.
9 Kein Ausschluss aus der Beratung 6,6 Millionen überschuldete Menschen machen die große gesellschaftliche Dimension der Überschuldung deutlich Verschuldung ist volkswirtschaftlich gewollt. Der Weg in die Überschuldung ist für einkommensschwache Personen und Familien mit Kindern besonders kurz. Es gibt eine riesige Zahl von unterschiedlichen und komplexen Finanzierungsangeboten 0,0 % Finanzierungen. Die Chancen in eine Schuldenfalle zu tappen sind groß.
10 Kein Ausschluss von Personenkreisen aus der Beratung Der Ausschluss ganzer Personenkreise führt zu einer gesellschaftlichen Abkoppelung und Ausgrenzung der Betroffenen. Dies kann sozialstaatlich nicht gewollt sein (Art. 20 GG). Der Finanzierungsflickenteppich ist letztendlich teurer und wenig zielführend. Bereits 2005 hat das Bundesfamilienministerium Handlungsempfehlungen zum Thema Schuldnerberatung für alle Personenkreise herausgegeben. Die Lösung: Es muss einen offenen, kostenfreien und gleichen Zugang für alle überschuldeten Personen zur Schuldnerberatung geben. Hier bedarf es dringend einer sozialrechtlichen Klarstellung.
11 Ausreichende Beratungskapazitäten für Überschuldete 6, 6 Millionen Bundesbürger brauchen Hilfe Die vorhandenen Beratungskapazitäten (ca Beratungsstellen) mit Wartezeiten von häufig mehr als sechs Monaten reichen nicht aus. Je auskömmlicher und gesicherter die Finanzierung ist, desto einfacher und schneller ist ein offener Zugang zur Beratung gewährleistet. Aus sozial-, wirtschaftspolitischen und haushaltsrechtlichen Gründen ist es geboten, Schuldnerberatung in ausreichendem Maß zu finanzieren. Studien beweisen, dass jeder Euro für die Schuldnerberatung mittelfristig wieder in die öffentlichen Haushalte zurückfließt.
12 Ausreichende Beratungskapazitäten für Überschuldete Lösungen / Forderungen: Angemessene Kapazitäten müssen geschaffen werden. Ausreichende öffentliche Finanzierung ist unabdingbar. Es bedarf eines einheitlichen flächendeckenden Ausbaus der Schuldnerberatung. Es bedarf eines abgestimmten Finanzierungsmixes zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Mitfinanzierung durch die verbrauchernahe Wirtschaft müsste gesetzlich verankert werden (z. B. Anteile aus einer noch zu beschließenden Finanztransaktionssteuer).
13 Vorstellung Thesenpapier Prof. Dr. Utz Krahmer Rückblick auf die Rechtslage überschuldeter Personen: Es bedarf eines Rechtsanspruches auf Beratung. Begründung: Ziel der Sozialhilfe, dem Menschen ein würdevolles, sozial integriertes Leben i.s.v. 1 SGB XII und 9 SGB I zu ermöglichen. Einbringung in das Gesetzgebungsverfahren in der laufenden Legislaturperiode. Finanzierung der SB aus öffentlichen und privaten Mitteln (z. B. durch freiwillige Abzweigungen von Schuldnerberatungs-Cents bei jedem Ratengeschäft in einen zu schaffenden Fonds).
14 Vorstellung Thesenpapier Prof. Dr. Utz Krahmer Bisher gibt es nur einen allgemeinen Beratungsanspruch 10 Abs. 2 SGB XII und einen vagen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung 11 Abs. 5 SGB XII (Ergänzend sei noch 16a SGB II genannt). Die Rechtslage hat eher zu einer diffusen Finanzierungssituation in der Schuldnerberatung geführt. Das sogenannte Annex-Urteil des BSG vom (Az. B 8 SO 14/09 R) hat die Situation noch verschärft: Schuldnerberatung nur zu gewähren bei Bezug von Sozialhilfeleistungen nach dem Katalog des 8 SGB XII. Prof. Krahmer vertritt die Auffassung, dass das BSG zu kurz gegriffen hat. Die herrschende Meinung ist, dass 14 SGB I einen Rechtsanspruch auf Beratung formuliert, unabhängig vom Sozialleistungsbezug. Dies darf im Sinne des 37 Satz 2 SGB I in Einzelgesetzen auch nicht anders geregelt sein.
15 Vorstellung Thesenpapier Prof. Dr. Utz Krahmer Vorschlag 1 Krahmer (Anfügung Sätze 5-7 in 11 Abs. 5 SGB XII): Auf Schuldnerberatung haben überschuldete Menschen einen Rechtsanspruch, soweit ohne diese Hilfeleistung für sie ein Leben in Würde nicht geführt werden kann oder nicht zu erwarten ist. Hinsichtlich eines Einkommenseinsatzes sind die Kriterien der 85, 87 entsprechend anzuwenden. Soweit Leistungen nach 16 a Nr. 2 SGB II nicht erbracht werden, haben auch erwerbsfähige Menschen einen Anspruch auf Schuldnerberatung nach Maßgabe der Sätze 5 und 6. Betroffene würden unmittelbar zu Berechtigten einer Hilfeleistung. Es sollen alle Zielgruppen Berücksichtigung finden, aber mit Einschränkungen beim Einkommen ( 85, 87 SGB XII). Änderungen im Satz 3 des 11 Abs. 5 SGB XII bezüglich Finanzierung sind erforderlich.
16 Vorstellung Thesenpapier Prof. Dr. Utz Krahmer Zweiter Vorschlag Krahmer: Neufassung des Satzes 2 des 68 Abs.1 SGB XII In notwendigen Fällen besteht bei Überschuldung ein Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung. Schuldnerberatung wird als Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten im Sinne der 67 ff. SGB XII verstanden. Schuldnerberatung erhält den Charakter einer eigenständigen Hilfeart, kein Ausschluss von erwerbsfähigen und erwerbstätigen Ratsuchenden. Ausschluss eines Einkommens- und Vermögenseinsatzes. Folgeänderungen lägen in der Verschiebung der Gesamtplan- Regelung des jetzigen Satzes 2 in einen Satz 3 des 68 Abs.1 SGB XII n.f. sowie in der Ergänzung des 3 Abs.1 der VO zu 69 SGB XII um die Leistung Schuldnerberatung bei Überschuldung.
17 Anmerkungen des AK Finanzierung der AG SBV Der AK favorisiert deutlich eine gesetzliche Neuregelung über die 67 ff. SGB XII (Begründung: Es gibt Bedenken, dass über 11 Abs. 5 SGB XII überhaupt alle Zielgruppen erfasst werden können). Einige Andere sehen hier ebenfalls deutliche Vorteile (z. B. Berlit und Rixen). Ggfs. muss an einer Präzisierung der Neuregelung gearbeitet werden (Stichwort: notwendige Fälle ). Weiterhin bietet sich an, in 75 ff. SGB XII Eckpunkte für Qualitätskriterien in der Schuldnerberatung zu beschreiben (so Rixen). Ein offener Zugang zur Schuldnerberatung ist öffentliche Aufgabe und somit öffentlich zu finanzieren. Dieser öffentliche Finanzierungsstrang sollte ergänzt werden um eine Fondslösung. Eine pauschale Finanzierung dient der sozialen Schuldnerberatung.
18 Recht auf Schuldnerberatung für Alle!!! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung
Sprecher: Roman Schlag c/o Caritasverband für das Bistum Aachen e.v. Postfach 10 05 52 52005 Aachen Telefon: +49 241 431-133 Telefax: +49 241 431-298 Berlin, 27.11.2013 rschlag@caritas-ac.de www.agsbv.de
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Sprecher: Matthias Bruckdorfer Diakonie Deutschland Evangelischer Bundesverband Caroline-Michaelis-Str. 1 10115 Berlin Telefon: +4930 652 11-1651 Telefax: +4930 652 11-3651 matthias.bruckdorfer@diakonie.de
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