Arzneimittel und Ernährungssonden Was ist zu beachten?
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- Julia Bauer
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1 Arzneimittel und Ernährungssonden Was ist zu beachten? Fortbildung Dr. rer.nat. Hans-Peter Lipp Chefapotheker Universitätsklinikum Tübingen Gliederung Perkutane Sonden und Hinweise zur Arzneimittelapplikation Arzneimittelassoziierte Probleme Algorithmus zur Arzneimittelauswahl und praktische Beispiele Hinweise zur Nüchterneinnahme Cave: ausgewählte Hilfsstoffe Zusammenfassung Gliederung Perkutane Sonden und Hinweise zur Arzneimittelapplikation Arzneimittelassoziierte Probleme Algorithmus zur Arzneimittelauswahl und praktische Beispiele Hinweise zur Nüchterneinnahme Cave: ausgewählte Hilfsstoffe Zusammenfassung 1
2 Sonden im Überblick Kinder- und Dünndarmsonden: ca. 5-8 CH (Außendurchmesser); cave: Innendurchmesser des Anschlussstücks ist entscheidend (z.b. falls nur 1,6 mm!, dann: kein Durchgang für Pellets oder Arzneimittelpartikel) Kapseln (Hartkapseln mit Pulverinhalt) Zuerst den universellen Trichteradapter mit der Sondenöffnung der Ernährungssonde CH12 konnektieren Hartgelatinekapsel öffnen und den Inhalt (Pulver) in den trockenen Trichteradapter überführen Eine Spritze in den Trichteransatz einspritzen und mit ml Wasser spülen Das Mörsern und Suspendieren des Kapselinhalts ist in der Regel unnötig. Es genügt, wenn mit einem trockenen Trichteradapter gearbeitet wird. Tabletten (unretardiert bzw. nicht magensaftresistenter Überzug) Die Tabletten oder Dragees in einer Reibschale aus Porzellen (oder Kunststoffmörser) zu einem feinen Pulver mörsern und mit ml Wasser aufnehmen Den universellen Trichteradapter mit der Sondenöffnung konnektieren. Die Spritze in den Trichteransatz einsetzen und die Suspension in Teilmengen applizieren, zwischendurch nochmals aufschwemmen 2
3 Gliederung Perkutane Sonden und Hinweise zur Arzneimittelapplikation Arzneimittelassoziierte Probleme Algorithmus zur Arzneimittelauswahl und praktische Beispiele Hinweise zur Nüchterneinnahme Cave: ausgewählte Hilfsstoffe Zusammenfassung Sondenverstopfung (Okklusion) Z.B.: Verkleisterte Sondennahrung an der Austrittsöffnung Mögliche Maßnahmen zur Beseitigung Warmes Wasser Pepsinwein Preiselbeersaft Kohlensäurehaltige Getränke Coca-Cola Ascorbinsäure NaHCO 3 -Lsg. 8,4% + Pankreatin Verstopfen der Sonde Sonde vor und nach der Medikamentengabe mit ml Wasser spülen. Zwischen den einzelnen Gaben 3-5 ml. Bei Verstopfung kann versucht werden, mit 10 ml Cola oder Pepsinwein eine Rekanalisation zu erreichen Zum Entfernen von Nahrungsresten kann versucht werden, ein Pankreasenzym-Präparat fein zu mörsern (alternativ: Pankreatin-Pulver) und in NaHCO 3 8,4% aufzuschlämmen. Kurze Zeit einwirken lassen, anschließend nachspülen 3
4 Arzneimittel-assoziierte Probleme Übersicht Bestimmte Überzüge (z.b. Retardmatrix, magensaftresistenter Überzug, OROS) und Pellets dürfen nicht zermörsert werden Alternative (einfacher zu applizierende) Arzneiformen (z.b. Lösung) stehen nicht zur Verfügung Keine gleichzeitige Verabreichung mit Sondennahrung möglich (zeitlicher Abstand!) Potentielle cmr-eigenschaften Abstand zur Ernährung warum? Ante cenam (nüchtern) versus zum oder (kurz) nach dem Essen (p.c.) Füllungszustand des Magens berücksichtigen Kann der Patient noch schlucken? Cave: magensaftresistente mono-unit-darreichungsformen 4
5 Warum Pellets? Kontinuierliche Pyloruspassage unabhängig vom Füllungszustand des Magens Mono-Unit versus Pellet Beide nicht zermörsern!!! Besondere galenische Retard-Darreichungsformen z.b. BELOC ZOK z.b. DIBLOCIN PP (OROS) 5
6 OROS Systeme (z.b. JURNISTA, OMNIC OCAS, DIBLOCIN PP) sind nicht zermörserbar! Cave: keine Retard-Darreichungsformen zermörsern! Critical Dose Drugs: therapeut. Bereich: Faktor 2 x AUC, Blutspiegelkontrollen erforderlich, vergleichsweise geringe Schwankungen der Plasmaspiegel können erhebliche klinische Folgen haben (Galenik!) Besondere Darreichungsformen Hilfsstoffe als Indikatoren Magensaftresistente Darreichungsformen Dibutylphthalat Methacrylsäure-Ethylacrylat-Copolymer 1:1 Push-Pull-Kinetik (PP) Hypromellose 2%ige Lsg. 5 & 15 mpa.s, Macrogol * Retardierte Darreichungsformen Ethylcellulose (Celluloseacetat), Hypromellose, Poly(ethylacrylat-co-methylmathacrylat- Dispersion *LYRINEL, JURNISTA, DIBLOCIN PP 6
7 Gliederung Perkutane Sonden und Hinweise zur Arzneimittelapplikation Arzneimittelassoziierte Probleme Algorithmus zur Arzneimittelauswahl und praktische Beispiele Hinweise zur Nüchterneinnahme Cave: ausgewählte Hilfsstoffe Zusammenfassung Probleme der Zermörser- und Suspendierbarkeit Handelsname ORFIRIL LONG PHENHYDAN Tabl. TEGRETAL RETARD Mögliche Alternativen ORFIRIL SAFT (post cenam) Tagesdosis auf 3-4 EDO Alternative KEPPRA prüfen Problem der Notwendigkeit, Sondennahrung für 2 h vor und nach Phenytoin-Gabe (2 EDO) unterbrechen. EPANUTIN Suspension 1:2 mit Wasser verdünnen (jeweils vorher und nachher Sonde spülen); Alternative: KEPPRA? TEGRETAL Susp. (1:1 mit Wasser verdünnen), 3-5 EDO/Tag Umstellungen Peroralia/Pädiatrie Universitätsapotheke Tübingen Bisher Captopril Kapseln Clonidin 2 µg & 7 µg Metoprolol 0,5 mg & 2 mg Spironolacton Enalapril Kapseln Jetzt (Haltbarkeit) Captopril Lsg. 0,05% & 0,2% (m/v) (3 Monate 4 C) Clonidin Lsg. 0,005 mg/ml (Mind 6 Wochen 4 C) Metoprolol Lsg. 5 mg/ml (4 Wochen bei 4 C) Spironolacton 5 mg/ml (60 Tage bei 4 C) Enalapril Suspension 1 mg/ml (60 Tage bei 4 C) 7
8 Algorithmus zur Arzneimittelauswahl (Teil I) W. Probst MMP 2005; 28: Algorithmus zur Arzneimittelauswahl (Teil II) W. Probst MMP 2005; 28: Alternative Therapieoptionen Transdermale Applikationsformen Fentanyl (DUROGESIC TTS statt MST Retard), Oxybutinin (KENTERA TTS), Rivastigmin (EXELON TTS), Presomen durch Hormonpflaster ersetzen Infusion statt oraler Gabe IV Bisphosphonat (ACLASTA) anstelle von oralem Alendronat wöchentlich; bei Kontraindikation Denosumab (PROLIA) s.c. 2mal jährlich Inhalationstherapie Inhalatives ß2-Sympathomimetikum (z.b. OXIS) anstelle ungeeigneter retardierter Produkte (z.b. BRICANYL DURILES) 8
9 Probleme der Zermörser- und Suspendierbarkeit Retardzubereitungen Handelsname AKINETON RETARD CORVATON RETARD ISOPTIN 120 mg KHK Retardtabl. MADOPAR Depot Retardtabl. MST Retardtabletten (Matrix) Mögliche Alternativen AKINETON Tabl. (unretardiert) 3-4 EDO/Tag 2x1 Retard = 4x1 C. forte Isoptin Tagesdosis auf 3-4 Einzelgaben verteilen Unretardiertes MADOPAR LT; alternativ: DUODOPA MST Retardgranulat bzw. FENTANYL TTS Aut simile Überlegungen NIFEDIPIN RETARD versus AMLODIPIN Probleme der Zermörser- und Suspendierbarkeit Handelsname FOSAVANCE 5800 CHLORALDURAT Kps. DECOSTRIOL Kps. MAALOXAN Susp. SEMPERA Kapseln Mögliche Alternativen ACLASTA IV 1mal/Jahr Vit.D3 Tropfen 1mal/Woche Chloralhydrat Lsg. 5% UAT ROCALTROL Lsg. (Import) RANITIC Tabl. oder IV oral verabreichen SEMPERA LIQUID 9
10 Probleme der Zermörser- und Suspendierbarkeit Magensaftresistente Überzüge Handelsname DULCOLAX Drg INN: Bisacodyl NaHCO 3 Tabl. PANTOZOL Tabl. Mögliche Alternativen LAXANS RATIOPHARM Trp. (INN: Na.picosulfat) Nur bei duodenaler Sondenlage ANTRA oder NEXIUM MUPS Tabl. mit inkorporierten magensaftresistenten Pellets Einige Tabletten zerfallen gut in Wasser BELOC ZOK (Retardpellets in Tablettenform eingebettet); ANTRA MUPS oder NEXIUM MUPS (magensaftresistente Pellets in Tablettenform eingebettet) Protonenpumpeninhibitoren im Vergleich Parameter f HWZ Cyp2C9 Cyp2C19 Cyp2D6 Cyp3A4 NERD Zuzahlung Omeprazol OMEP 30% (d1) 65% (d5) 0,5-1 h Cyp2C19 > Cyp3A > mg 100 Tabl. 10 Esomeprazol NEXIUM 64% (d1) 89% (d5) 1,2 h Cyp3A4 > Cyp2C ,6 40 mg 90 Tabl. 55,55 Lansoprazol AGOPTON 80% 1,3-1,7 h Cyp2C19 > Cyp3A4 21 0, mg 98 Tbl. 9,80 Rabeprazol PARIET 52% 1-2 h mg 98 Tabl. 9,80 Nichtenzymatisch Biotransformation Pantoprazol PANTOZOL 77% 1-2 h Sulfatierung >> Cyp2C mg 98 Tabl. 9,80 Zuzahlung ANTRA MUPS 2 x 90 Tabl. 20 mg: 20,50 10
11 Gliederung Perkutane Sonden und Hinweise zur Arzneimittelapplikation Arzneimittelassoziierte Probleme Algorithmus zur Arzneimittelauswahl und praktische Beispiele Hinweise zur Nüchterneinnahme Cave: ausgewählte Hilfsstoffe Zusammenfassung Arzneimittel und Sondennahrung Zumischen von Arzneimitteln zur Sondennahrung Pro Im Magen mischt es sich doch wieder Contra Mögliche kritische Erhöhung der Viskosität kann Verstopfungen der Sonde provozieren Mögliche ungewisse physikalisch-chemische Inkompatibilitäten (z.b. mit sauren Arzneistofflösungen) können zum Brechen einer Emulsion führen 11
12 Tacrolimus Absorption Effect of low- and high-fat meals c max Fasting condition 25.6 ng/ml Low-fat meal 9.03 ng/ml High-fat meal 5.88 ng/ml AUC 272 ng/mlxh 201 ng/mlxh 181 ng/mlxh t max 1.37 h 3.2 h 6.47 h Conclusion: Parameters between fasting and each fed condition were statistically significant Bekersky et al J Clin Pharmacol 2001; 41: Nüchterneinnahme empfohlen Arzneimittelliste KOMMENTAR UKT 1. Auflage 2008/2009 L-Methionin (ACIMETHIN) Alendronat (Bisphosphonate) L-DOPA/Benserazid (MADOPAR 125T) L-Thyroxin Lapatinib (TYVERB), Erlotinib (TARCEVA) Pantoprazol (Protonenpumpenhemmer) Tacrolimus Mycophenolatmofetil (MMF) (CELLCEPT) Desmopressin (MINIRIN) Penicillin V (MEGACILLIN ORAL) Itraconazol Lösung (versus Kps. zum Essen!) Eisenpräparate Cave: keine Retard-Darreichungsformen zermörsern! Critical Dose Drugs: therapeut. Bereich: Faktor 2 x AUC, Blutspiegelkontrollen erforderlich, vergleichsweise geringe Schwankungen der Plasmaspiegel können erhebliche klinische Folgen haben (Galenik!) 12
13 Food effect on Lapatinib Bioavailability Magnitude, Variability & Disproportionality Meal Fat content (%) Lapatinib Dose Increase of Bioavailability Compared with Fasting High-fat 50% (54 g) 100 mg (n=19) 1,6xfold (0,9-2,9) Low-fat 5% (2 g) 1500 mg (n=26) 2,7xfold (0,8-5,7) High-fat 50% (54 g) 1500 mg (n=27) 4,3xfold (1,7-24) Grade 2 Diarrhea: 0% - 4% - 4% (mod. from Koch et al. JCO 2007; ) Cave: cmr Arzneimittel z.b. Treosulfan (Ovastat) Ein Zytostatikum mit 100% oraler Bioverfügbarkeit Gliederung Perkutane Sonden und Hinweise zur Arzneimittelapplikation Arzneimittelassoziierte Probleme Algorithmus zur Arzneimittelauswahl und praktische Beispiele Hinweise zur Nüchterneinnahme Cave: ausgewählte Hilfsstoffe Zusammenfassung 13
14 Disaccharide Maltose (Malzzucker) Partielle Hydrolyse aus Stärke; -glykosi-dische Verknüpfung; Spaltung führt zu zwei mol Glucose Lactose (Milchzucker)* 4-7% der Milch von Säugetieren; Spaltung führt zu D(+)-Glucose und D(+)-Galactose Saccharose (Rohrzucker, Invertzucker) Bestandteil vieler Pflanzensäfte, nicht reduzierendes Disaccharid; Hydrolyse führt zu D- Glucose und D-Fructose Bei Lactose-Intoleranz: Einsatz von Tilactase erwägen Zöliakie (Glutenenteropathie): Schädigung der Zotten der Dünndarmschleimhaut führt zu einem Malabsorptionssyndrom Cave: Weizenstärke (Amylum tritici) versus Maisstärke Besondere physiko-chemische Eigenschaften ausgewählter flüssiger Arzneimittel Arzneimittel mit hohem Sorbitol-Gehalt Cotrim K Saft, Dipiperon Saft, Spiropent Saft, Tavegil Saft, Tegretal Susp.; Anm.: Sorbitol-Gehalt: mg/ml (entspr. ca g/tag); ab 7,5 g laxierend! Arzneimittel mit saurem ph-wert ( 4,5) ACC (3,0), ATOSIL (2,3), CEBION (2,2), EFFORTIL Lsg. (3), MUCOSOLVAN Saft (3), CEFACLOR Saft (3,7), SAB SIMPLEX Susp. (4,6), TEGRETAL Susp. (4) Arzneimittel mit hoher Osmolarität (cave > 1000 mosm/l bei duodenaler Applikation) BIFITERAL Sirup (2700), ERGENYL Lsg. (4287), EUNERPAN Liquidum (2150), IMODIUM Lsg. (9225), KEPPRA Lsg. (5244), LASIX LIQUIDUM (3938), MEGACILLIN ORAL (3217), ORFIRIL Saft (1094), CEFACLOR FORTE Tr.saft (2120), PARACETAMOL Lösung (4970), TEGRETAL Susp. (1728) 14
15 Gliederung Perkutane Sonden und Hinweise zur Arzneimittelapplikation Arzneimittelassoziierte Probleme Algorithmus zur Arzneimittelauswahl und praktische Beispiele Hinweise zur Nüchterneinnahme Cave: ausgewählte Hilfsstoffe Zusammenfassung Arzneimitteltherapie via Ernährungssonde Wichtige Fragestellungen Art, Lage & Durchmesser der Sonde prüfen Kann der Patient noch sicher schlucken? Möglichst keine Gabe von Arzneimitteln direkt mit einer Sondennahrung Separate Verabreichung von Arzneimitteln Flüssige Zubereitungen sind Mittel der Wahl (bei hochosmolaren bzw. viskösen Lsg. und duodenaler Sondengabe ausreichend verdünnen Ist die feste orale Form zermörserbar? Ist ein aut-simile möglich? Bei Arzneistoffen mit geringer therapeutischer Breite TDM intensivieren 15
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