Einführung in die Klinische Psychologie / Gesundheitspsychologie
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- Bärbel Kraus
- vor 7 Jahren
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1 Bilder-Rating-Studie fertig? (Appetit, Valenz) Einführung in die Klinische Psychologie / Gesundheitspsychologie Anne Schienle Klinische Psychologie - Gegenstandsbestimmung Die Klinische Psychologie beschäftigt sich mit psychischen Störungen, psychologischen Aspekten körperlicher Störungen oder Krankheiten sowie psychischen Krisen, die durch besondere Lebensereignisse ausgelöst wurden. Arbeitsbereich Klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie Drei Gegenstandsbereiche der Klinischen Psychologie Drei Gegenstandsbereiche der Klinischen Psychologie (1) Psychische Störungen Beeinträchtigungen der normalen Funktionsfähigkeit des menschlichen Erlebens und Verhaltens, die sich in emotionalen, motivationalen, kognitiven, behavioralen, interpersonalen, und/oder körperlichen Beeinträchtigungen äußern und die von der jeweiligen Person nicht oder nur begrenzt beeinflussbar sind. (1) Psychische Störungen - Kriterien 1. Devianz: abweichendes Erleben und Verhalten bezüglich psychologischer Normen 2. Beeinträchtigung der Alltagstüchtigkeit 3. Leidensdruck 4. Selbst-/ Fremdgefährdung 1
2 Drei Gegenstandsbereiche der Klinischen Psychologie (2) Psychische Aspekte körperlicher Erkrankungen Psychische Vorgänge, die mit der Entstehung, Prävention, Behandlung, Rehabilitation organischer Erkrankungen zusammenhängen. a) Psychosomatische Störungen (Bsp.: Asthma) b) Psychische Störungen mit körperlichen Auffälligkeiten (Bsp.: Essstörungen) c) Organisch / substanzinduzierte psychische Störungen (Demenzen, Alkoholabhängigkeit) d) Somatoforme Störungen (multiple wechselnde körperliche Beschwerden ohne (ausreichenden) medizinischen Befund) Drei Gegenstandsbereiche der Klinischen Psychologie (3) Psychische Krisen Psychische Belastungsreaktionen, die durch äußere Umstände veranlasst sind und negative psychische Auswirkungen haben. Belastungsarten: a) psychische (Konflikte) b) soziale (Misshandlung, Ausgrenzung) c) körperliche (Behinderung) d) äußere (Naturkatastrophen) Nachbargebiete der Klinischen Psychologie Gesundheitspsychologie (Auswahl) präventive Grundorientierung WHO-Deklaration von Alma-Ata (1978) Gesundheit ist mehr als nur die Abwesenheit von Krankheit und körperlichen Gebrechen, ressourcenorientiert Public Health / Gesundheitswissenschaften Bevölkerungs- und systembezogene Prävention und Intervention Behavioral Medicine / Verhaltensmedizin interdisziplinäres Forschungs- und Praxisfeld mit Orientierung an biopsycho-sozialem Störungs- und Gesundheitsmodell Gegenstandsbestimmung: Gesundheitspsychologie Beitrag der Psychologie zur - Förderung/ Erhaltung von Gesundheit - Verhütung/ Behandlung von Krankheiten - Bestimmung von Risikoverhaltensweisen - Diagnose/ Ursachenbestimmung von gesundheitlichen Störungen - Rehabilitation und - Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung. Sie befasst sich mit der Analyse und Beeinflussung gesundheitsbezogener Verhaltensweisen des Menschen auf individueller und kollektiver Ebene. 2
3 Themen der Gesundheitspsychologie Stress, Coping, soziale Ressourcen Gesundheitsverhalten und kognitionen Krankheitsverhalten und bewältigung Risikoperzeption und kommunikation Gesundheitsförderung und Programmevaluation Obesity Trends Among U.S. Adults 1987 BMI 30 (%) No Data <10% 10% 14% 15% 19% 20% 24% 25% 29% 30% Behavioral Risk Factor Surveillance System ( ) 2007 (*BMI 30, or ~ 30 lbs. overweight for 5 4 person) No Data <10% 10% 14% 15% 19% 20% 24% 25% 29% 30% Adipositas in Österreich /2007 % Quelle: STATISTIK AUSTRIA, Gesundheitsbefragung Männer Frauen 3
4 Gesundheitsserver Land Steiermark Risikofaktor - Übergewicht Übergewicht (BMI > 25) und Adipositas (BMI > 30) zählen in Österreich und international zu den bedeutendsten Gesundheitsproblemen und gehören neben dem Tabakkonsum zu den wichtigsten vermeidbaren Ursachen von Krankheit und vorzeitigem Tod. Erhöhtes Risiko für: Herz-Kreislauferkrankungen, Stoffwechselstörungen, Erkrankungen der Lunge, der Niere und des Verdauungstraktes, Störungen im Bereich des Bewegungsapparates, Krebserkrankungen, Depressionen. Der Anteil an Adipösen ist seit 1991 um ein Drittel auf 12% gestiegen. Die Steiermark gehört zu den Bundesländern mit der höchsten Steigerungsrate (70%) im Vergleichszeitraum. Essstörungen Symptomatologie/ Ätiologie Anorexia nervosa Begriffsklärung: Anorexie: orexis (lat) = Appetit, Verlangen; an = weg Im Sinne von Appetitlosigkeit Komplexes Syndrom, das Störungen auf allen drei Ebenen des Verhaltens einschließt: 1. Verhalten Gezügeltes Essen (Reduktion der Gesamtnahrungsmenge; Auswahl bestimmter niedrigkalorischer Nahrungsmittel) selbstinduziertes Erbrechen Missbrauch von Laxantien, Diuretika und anderer Substanzen Exzessive körperliche Betätigung Nahrungsbezogene Zwänge (Horten von Nahrungsmitteln, Rezepten,...) 2. Erleben (Kognitionen, Emotionen) 3. Somatisch Angst vor Gewichtszunahme Körperwahrnehmungsstörung (Überschätzung des gesamten Körperumfangs oder einzelner Körperpartien) mangelnde Introzeptionsfähigkeit, mangelnde Differenzierungsfähigkeit z.b.bezüglich Hunger und Sättigung Stimmungslabilität, gedrückte Stimmung Reduziertes Selbstwertgefühl Kognitive Verzerrungen/ dysfunktionale Denkschemata (verbotene Nahrungsmittel ich muß perfekt sein...) Metabolische und hormonelle Veränderungen durch Mangelernährung: Amenorrhoe, Hypotonie, Bradykardie, Lanugo, Knochenabbau...) 4
5 Bulimia nervosa Selbstinduziertes Erbrechen Begriffsklärung: Bulimie: Bous (griechisch) = Stier, Ochse; Limos = Hunger Ochsenhunger ; im Sinne von Hunger wie ein Ochse, oder so großer Hunger, dass ein Ochse verspeist werden könnte. Komplexes Syndrom, das Störungen auf allen drei Ebenen des Verhaltens einschließt: 1. Verhalten Quantitativ, qualitativ und temporal gestörtes Essverhalten - Heißhungeranfälle (Binge Eating), bei denen riesige Nahrungsmengen aufgenommen werden ( ckal) - gezügeltes Essen (Restraint Eating) von primär fettarmer Nahrung (Mangelernährung) - Auslassen von Mahlzeiten Missbrauch von Laxantien, Diuretika, Appetitzüglern Exzessive Bewegung 2. Erleben (Kognitionen, Emotionen) 3. Somatisch Körperwahrnehmungsstörung mangelnde Introzeptionsfähigkeit Stimmungslabilität, gedrückte Stimmung Reduziertes Selbstwertgefühl Kognitive Verzerrungen/ dysfunktionale Denkschemata Metabolische und hormonelle Veränderungen Medizinische Komplikationen (z.b. Zahnschäden, entzündete Speicheldrüsen, Herzmuskelschwäche...) ICD-10: Anorexie (F50.0)- Diagnostische Leitlinien: ICD-10: Anorexie - Diagnostische Leitlinien: Körpergewicht mindestens 15% unter dem erwarteten (entweder durch Gewichtsverlust oder nie erreichtes Gewicht) oder BMI < 17,5. Der Gewichtsverlust ist selbst herbeigeführt durch: - Vermeidung hochkalorischer Speisen; sowie eine oder mehrere der folgenden Verhaltensweisen: - selbst induziertes Erbrechen; - selbst induziertes Abführen; - übertriebene körperliche Aktivitäten; - Gebrauch von Appetitzüglern oder Diuretika. Körperschema-Störung Eine endokrine Störung auf der Hypothalamus-Hypophysen- Gonaden-Achse (Amenorrhoe) Bei Beginn der Erkrankung vor der Pubertät ist die Abfolge der pubertären Entwicklungsschritte verzögert oder gehemmt. (BMI): W/H 2 (W = Körpergewicht in Kilogramm, H = Körpergröße in Metern, ab dem 16.Lebensjahr) 5
6 ICD 10: Bulimie (F50.2) - Diagnostische Leitlinien: ICD 10: Bulimia nervosa - Diagnostische Leitlinien: Eine andauernde Beschäftigung mit Essen, eine unwiderstehliche Gier nach Nahrungsmitteln; die Patientin erliegt Essattacken, bei denen große Mengen Nahrung in sehr kurzer Zeit konsumiert werden. Die Patientin versucht, dem dickmachenden Effekt der Nahrung durch verschiedene Verhaltensweisen entgegen zu steuern: - Selbstinduziertes Erbrechen, - Missbrauch von Abführmitteln, - zeitweilige Hungerperioden, - Gebrauch von Appetitzüglern, Schilddrüsenpräparaten oder Diuretika. Eine der wesentlichen psychopathologischen Auffälligkeiten besteht in der krankhaften Furcht davor, dick zu werden. Häufig lässt sich in der Vorgeschichte mit einem Intervall von einigen Monaten bis zu mehreren Jahren eine Episode einer Anorexia nervosa nachweisen. Diese frühere Episode kann voll ausgeprägt gewesen sein oder war eine verdeckte Form. DSM IV: Binge Eating Disorder- Forschungskriterien Epidemiologie Wiederholte Episoden von Fressanfällen mit Kontrollverlust (große Menge in relativ kurzer Zeit) Die Episoden erfüllen mind. 3 Punkte: 1. Schnelles Essen 2. Essen bis zu unangenehmem Sättigungsgefühl 3. Essen großer Mengen ohne Hungergefühl 4. Allein Essen aus Verlegenheit (Scham) 5. Ekel, Depression oder schlechtes Gewissen nach Überessen Prävalenz Essstörungen: 3.2% (Ghaderi & Scott, 2001) Prävalenzraten (Bulimie, Anorexie) in Risikogruppen (z.b. Ballett-Tänzerinnen, Models, Studentinnen) deutlich höher! Prävalenzraten (Binge Eating Disorder) in Risikogruppen (Adipositas) deutlich höher! Veränderung des Vorkommens verschiedener Anorexie- Typen: restriktiver Typus nimmt ab; aktiver Typus mit aktiven Maßnahmen zur Gewichtsreduktion nimmt zu. Deutliches Leiden wegen der Fressanfälle Dauer: mind. 2 Tage pro Woche über 6 Monate Keine regelmäßigen kompensatorischen Verhaltensweisen (Fasten, Abführmittel etc.) 6
7 Depression Abusus/ Sucht Komorbidität Angststörungen (soziale Phobie, Agoraphobie mit/ohne Panik, Zwangsstörung) Persönlichkeitsstörungen Selbstverletzendes Verhalten Ätiologie Der kognitiv-behaviorale Ansatz 1. Es gibt Lernfaktoren (im Sinne des instrumentellen Lernens), die zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Essstörungen beitragen. 2. Es gibt kognitiv-emotionale Defizite, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Essstörungen beitragen. 1. Lernfaktoren Das gestörte Essverhalten (Diät, Erbrechen, Laxantien...) führt (zumindest kurzfristig) zu einer Gewichtsreduktion. Die Gewichtsreduktion wird von der Umwelt positiv verstärkt. Die drastische Reduktion der Nahrungszufuhr (Mangelernährung) erhöht die Aufmerksamkeit für nahrungsbezogene Hinweisreize und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit des Auftretens essgestörten Verhaltens. Dadurch werden Nahrungsreize zu negativen Hinweisreizen. Das gestörte Essverhalten (Fressattacken, Erbrechen..) wird häufig zur Reduktion von unangenehmen Gefühlen eingesetzt Modell der inadäquaten Stressreduktion. Es bestehen Defizite bezüglich anderer Problemlösestrategien. Durch Vermeidung von Essen werden positive Lernerfahrungen mit Nahrungsreizen/ Essen vermieden. 2. Zugrundeliegende Konflikte Mangelnde Fähigkeit zum Ausdruck und zur Regulation von Anspannung / negativer Emotionen Mangelnde Konfliktlösefähigkeit/ soziale Kompetenzen Mangelndes Selbstbewusstsein Irrationale Überzeugungen / automatische negative Gedanken Mangelnde Genussfähigkeit 7
8 Systemischer Ansatz Salvador Minuchin (1978): die anorektische Familie Systemisches Modell: Hypothesen die Art der familiären Organisation steht in engem Zusammenhang mit der Entwicklung und Aufrechterhaltung der Essstörung Hochgradige Verstrickung. Loyalität und Schutz werden vor Autonomie und Selbstverwirklichung in der Familie gestellt. Überbehütung. Die überfürsorgliche Haltung der Eltern führt zur Beschneidung der Autonomie des Einzelnen. Konfliktvermeidung. Vermeidung und Verschiebung von Konflikten. Niedrige Konfliktschwelle. Rigidität. Geringer Grad der Anpassungsfähigkeit der Interaktionen; Beharren auf gewohnten Mustern. Gestörte Transmitter-/Hormon-Systeme Serotonin: inhibiert Nahrungsaufnahme; vorzeitige Beendigung von Mahlzeiten; reduzierter Appetit; Wirkung i.b. auf VMH Leptin: Freisetzung aus Fettzellen, Rückkopplung auf Hypothalamus; Sättigungshormon Funktion: Vermittlung des Setpoints des Körpergewichts VMH: ventromedialer Hypothalamus Zentrales Belohnungssystem Symptomprovokation bei Patientinnen mit BED OFC N. accumbens Amygdala VT Stichprobe Patientinnen mit BED: n = 17 Bulimia nervosa (BN, Purging Typ): n = 14 zwei nicht essgestörte Kontrollgruppen (n = 19 normalgewichtig; n = 17 übergewichtig) Methode Funktionelle Magnetresonanztomographie (eventrelated Design) Schienle et al. Biological Psychiatry,
9 Stimulusmaterial (Auswahl) Betrachten von Nahrungsbildern und neutralen Bildern (nüchtern) Aktivierung (Kontrast: Nahrung > Neutral) Bulimie Kontrolle BED Korrelation Belohnungssensitivität (BAS) mit OFC-Aktivierung bei BED-Patientinnen BAS 9
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