Die neuen Wahltarife der Krankenkassen als Innovationsmotor?
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- Axel Kneller
- vor 8 Jahren
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1 1 Die neuen Wahltarife der Krankenkassen als Innovationsmotor? 5. Kongress zum Fortschritt im Gesundheitswesen von morgen am 25. Oktober 2007 in Berlin,
2 Agenda 2 - Gesundheitsfonds und zunehmender Zwang zur Kostendämpfung - Kostenerstattung und Wahltarife - generelle Probleme der Wahltarife (Zwischenergebnis) - Innovatives Potential der Wahltarife? - Innovatives Potential der damit geförderten Versorgungsformen? - Bewertung der Wahltarife und - Ergebnis der Überlegungen
3 Gesundheitsfonds ab 2009 (I) 3 Die Ministerin erklärt: Nur wenn Kassen schlecht wirtschaften, müssen sie einen Zusatzbeitrag erheben. Bei einer Absenkung der ausgezahlten Prämie und bei jeder Erhöhung des Zusatzbeitrags haben die Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht. Die Kasse muss ihre Mitglieder individuell auf dieses Sonderkündigungsrecht hinweisen. Alle Zusatzbeiträge und alle Prämien addieren sich zu Null. Alle Kassen tragen aber das Risiko, dass der Staat den Fonds nicht ausreichend füllt. Jede einzelne Kasse trägt aber im Hinblick auf ihre Prämie/Zusatzbeitrag das Risiko, der Veränderung der Krankheiten und des Behandlungsbedarfs ihrer Versicherten, - also auch von Innovationen in der Versorgung des Erfolgs/Misserfolgs ihrer selektiven Vertragspolitik des Erfolgs/Misserfolgs ihrer Wahltarife (Kalkulation und tatsächliche Praxis) Wenn die maximale Grenze von 1 Prozent Zusatzbeitrag überschritten wird, muss die Kasse Insolvenz anmelden.
4 Gesundheitsfonds ab 2009 (II) 4 Die Regierung will die Kassen damit unter den maximalen Druck setzen, die Kosten/Leistungsausgaben zu senken. Auch mit einem morbiditätsorientierten RSA bleibt die Streuung der "Beitragssätze" (der relativen Kostenpositionen) aber fast so groß wie heute. Daher werden immer viele Kassen Zusatzbeiträge erheben müssen. Alle Risiken der GKV konzentrieren sich in diesem Zusatzbeitrag. Beitragssatzwettbewerb wird ersetzt durch Wettbewerb um die Höhe bzw. Vermeidung von Zusatzbeitrag oder Bonus/Prämie.
5 (Neues?) Wettbewerbsfeld: Kostendämpfung 5 - Ziel des Vertragswettbewerbs und der Versorgungssteuerung: Prämien zu drücken/zu vermeiden 73: Kassen dürfen z.b. künftig auch über die Bezugsquellen von (preisgünstigen) Leistungen informieren. AM-Rabattverträge und Ausschreibungen für Hilfsmittel 73 b: Das Hausarztmodell wird neu durchgestaltet. Ausschreibungspflicht für die Krankenkassen. Enge Vertragsspielräume. 73 c: Die Kassen sollen auch andere ärztl. Versorgungsleistungen künftig öffentlich ausschreiben. Das soll ein zentrales Wettbewerbsfeld sein, auch um den Kollektivvertrag peu à peu zu unterbieten. Der Sicherstellungsauftrag geht insoweit auf die Kassen über. Der Inhalt solcher Verträge ist ziemlich offen. Die Gefahr ist, daß es dabei im Gesamtkontext dieses Gesetzes im wesentlichen nur noch um einen Preiskampf geht (mit entsprechenden Wirkungen für Qualität und implizite Rationierung).
6 Neues Wettbewerbsfeld: Wahltarife 6 Selbstbehalte ( 53 Abs. 1) Beitragsrückzahlung, wenn keine Leistungen in Anspruch genommen werden (Abs. 2) besondere Versorgungsformen (Abs. 3) Wahlmöglichkeit: Kostenerstattung (Abs. 4) (und 13) Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen (Abs. 5) Krankengeld (Abs. 6) und bes. Mitgliedergruppen (Abs. 7) Tarife müssen sich refinanzieren keine Quersubventionen (Abs. 8) Bindungsfrist: mindestens 3 Jahre (Abs. 8; bis auf Abs. 3)
7 Wahltarife kritische Aspekte 7 Jeder Wahltarif stellt versicherungstechnisch eine Segmentierung der Versicherten nach Risikoklassen dar. Mit Planung durch das Marketing (Kundenbindung) und Konsequenzen für den Deckungsbeitrag. Auch bei den Versorgungsverträgen geht der Gesetzgeber nur von Einsparungen aus. Verbot der Quersubventionierung gilt auch hier. Widerspruch: mehr Gleichheit und Umverteilung beim RSA vs. zunehmende Risikosegmentierung bei den Wahltarifen. Bei wesentl. RSA-Veränderungen wird die Kalkulation auf den Kopf gestellt.
8 Kostenerstattung nach 13 8 Wahlmöglichkeiten für Geltungsbereich im WSG erweitert (vier Möglichkeiten und generell, dabei weitere Differenzierung bei veranl. Leistungen möglich). Bisher nur generell oder ambulanter Bereich Bindung für ein Jahr Beschränkung auf die nach dem SGB zugelassenen Leistungserbringer galt und gilt. (Kritik des SVR, S. 3) Was sind die Vorstellungen des Gesetzgebers im Hinblick auf die Innovationswirkung der Wahltarife?
9 Die vier Leistungsbereiche nach 13 9 Ambulante ärztliche Leistungen (optional incl. veranl. Leistungen): Gleiche Leistungen, aber teurer, Wartezeiten, Ärzte mit geschlossener Klientel, etc. Zahnärztliche Leistungen: dito. Stationäre Leistungen: Gleiche Leistungen gleicher Preis jedoch Chefarztbehandlung und Komfortelemente (2-Bett-Zimmer)? Veranlasste Leistungen: AM teurer als Festbetrag oder rabattiertes Produkt; Apothekenabschlag; PKV- Ladenpreise Originalpräparate auch im Wege der Aufzahlung erhältlich.
10 Kostenerstattung nach 13 - Ergebnis 10 kam bisher eher selten vor, bis auf freiwilig Versicherte (als Angebot bei PKV-motivierter Kündigung und bei bestimmter Kassenklientel z.b. Banken) Kein Beitrag zur Kostendämpfung, kein Beitrag zu Innovationen Mehr Freiheit ; aber weniger Vernunft Intelligente Alternativen (PKV-Zusatzversicherung etc.) Rolle im Wettbewerb von GKV und PKV
11 Wahltarife nach GKV-WSG ab 1. April Muss-Tarife Hausarztzentrierte Versorgung Integrierte Versorgung DMP besondere Versorgungsformen Modellvorhaben Mindestbindung 1 Jahr bei fehlendem / eingeschränktem Anspruch auf Krankengeld (ab 1/2009) Mindestbindung 3 Jahre Kann-Tarife mit Selbstbehalt bei Wahl von Kostenerstattung bei Nichtinanspruchnahme von Leistungen für Mehrleistungen - Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen bei eingeschränkten Leistungen u. Teilkostenerstattung (ab 1/2009) Bonus für gesundheitsbewusstes Verhalten (seit GMG) Mindestbindung 3 Jahre Prämienzahlung oder ermäßigte Zuzahlung Höchstgrenze für Prämienzahlung: max. 20 % des Jahresbeitrags, max. 600 pro Jahr max. die erzielte Ersparnis aus dem Tarif
12 allgemeine Probleme der Wahltarife 12 Im versicherungstechnischen Sinne Abs. 9 seriös unerfüllbar (gilt auch für Kombinationstarife) RSA-Reform als Kalkulationsproblem!! Intransparenz / Entsolidarisierung / falsche Steuerung ; aber: bisher gute Risiken sind es nach dem M-RSA nicht mehr Änderung der Tarifbedingungen (vor allem Prämienhöhe) führen zu Sonderkündigungsrecht bzw. beenden den Tarif (BVA) Bisher erst wenige genehmigte Tarife (BVA/Länder) Bisher wenig Interesse bei den Versicherten - Wahltarife bisher kein Renner bei den Versicherten (trotz hohem Werbeaufwand)
13 Bewertung von Wahltarifen (0) 13 entscheidend ist, ob der Wahltarif einen innovativen Inhalt hat. SB, BRück, KE ändern normalerweise nicht den Versorgungsinhalt und nicht die Prozesse. Sie ermöglichen den Kassen keine vertragliche Gestaltung. Tarife bieten aber Komfort und sind teuerer (obwohl es keine Leistungsausweitungen geben darf!?). Arzneimittel der bes. Therapierichtungen haben kein/kaum Innovationspotential Soweit die PKV eine positive Wirkung hat: Von Kostendämpfung unabhängige Benchmark gegen Leistungskürzungen in der GKV.
14 Typologie von Innovationen (1) 14 wissenschaftlich getrieben: Forschung mit neuen Produkten (AM, Prothetik, Hilfsmittel, z.b. Hörgeräte etc.), Maschinen (z.b. Laborautomaten) für Diagnostik und Therapie; neue Verfahren (z.b. Mikrochirurgie, Lasertechnik etc.) Struktur der Angebote: MVZ, ambulante OPs, Versandhandel, vertikale Integration im KH und ambulanter Versorgung. Prozessinnovationen: Integrierte Versorgung
15 Typologie von Innovationen (2) 15 Wissenschaft: hoher Investitionsaufwand bei hoher Unsicherheit, ob überhaupt Vorteile, Einsparungen oder Mehrkosten wg. Therapieverbesserungen entstehen. Hier können Kassen nur mit Modellversuchen ( 63 ff.) arbeiten und sollten es auch künftig mehr. Struktur- und Prozessinnovationen: mehr betriebswirtschaftlich motiviert
16 innovatives Potential der neuen Vertragsformen (1) 16 IV: Zwischenbilanz nicht zufriedenstellend (SVR, Z 39); im 1. Quartal 2007 ca Verträge, die zu 99 % indikationsbezogen sind. Vor allem Endoprothetik. Noch kaum bevölkerungsbezogen. (Z. 47) Auch bei den (durch den RSA massiv geförderten) 6 DMPs (mit Ende 2006 rund 2,7 Mio. eingeschriebenen Versicherten) sieht der SVR Probleme: Diskriminierung anderer Krankheiten, uniforme Ausgestaltung (Z. 50). Kein insgesamt überzeugendes Kosten-Nutzen-Verhältnis (Z 51).
17 innovatives Potential der neuen Vertragsformen (2) 17 Da die strukturierten Behandlungsprogramme eine Variante integrierter Versorgung darstellen, gibt es keine überzeugenden Gründe, die DMP von der übrigen integrierten Versorgung zu trennen und mit andern finanziellen Anreizmechanismen zu versehen. (Z 57). Änderungen bei einem M-RSA ( löst das Problem)
18 innovatives Potential der neuen Vertragsformen (3) 18 Dass die Krankenkassen hausarztzentrierte Versorgung anbieten müssen, widerspricht sowohl ordnungspolitischen Vorstellungen eines funktionsfähigen Wettbewerbs als auch der Integrationsidee. Die Möglichkeit zu solchem Angebot würde als faire Chance ausreichen. Aber keine Privilegierung (Z 58)! Modellvorhaben sollten wieder wichtiger genommen werden. (Z 59).
19 Bewertung von Wahltarifen (1) 19 PKV und PKV-ähnliche Tarife in der GKV ermöglichen Versorgungselemente und -Qualitäten ohne Kostendämpfungsdruck (nicht nur Komfort) (auch als persönliche Freiheit) finanziell fördern sie (in der GKV) aber die Entsolidarisierung, Mitnahmeeffekte, das Nullsummenspiel im Wettbewerb und führen zu Einbussen bei den Deckungsbeiträgen guter Risiken
20 Bewertung von Wahltarifen (2) 20 Trick des WSG: Die neuen Vertragsmodelle werden in die Systematik der Wahltarife gekleidet. Damit wird Innovation insoweit gefördert, als die Kassen innovative Vertragsmodelle kalkulieren, die Patienten in der Form der Einschreibung und durch Informationen beteiligen und sie durch spezielle Tarife freiwillig binden müssen (Kundenbindung für chronisch Kranke). Wahltarife fördern damit den Wettbewerb um innovative Vertragsformen und entsprechende Verhaltensänderungen bei Versicherten (Mündigkeit!) und Leistungsanbietern.
21 Bewertung von Wahltarifen (3) 21 Bei der Bewertung von Mehrleistungstarifen ist die Frage, ob es tatsächlich Leistungen gibt, die innovativ und qualitativ über dem G-BA-Niveau liegen, und die nicht ausschließlich als Aufgabe für PKV- Zusatzversicherungstarife (Komfortleistungen/ bzw. Hotelstandard) angesehen werden. Gilt das historisch z.b. für Akupunktur, Mammographie, Impfungen (Papillomaviren) etc. Was wäre gewesen, wenn einzelne Kassen damit nicht vorgeprescht wären? Beispiele waren aber nicht als Wahltarife, eher als Modellversuche konstruiert. Chancen insgesamt unklar?
22 Rolle der Wahltarife im Wettbewerb 22 - Wahltarife als Kostendämpfungsinstrument - Leistungsniveau der Regelversorgung darf nicht überschritten werden. - Die meisten Wahltarife nach dem WSG werden daher unmittelbar kaum eine Rolle als Innovationsmotor spielen können. (PKV- und KE-Tarife: Gleiches teurer) - Soweit sie allerdings als ökonomischer Verstärker für neue Versorgungs- und Vertragsmodelle wirken, werden sie eine positive Rolle spielen (Gleiches billiger). - Jedenfalls so weit, wie diese Modelle tatsächlich innovatives Potential im Bereich der Struktur- und Prozessinnovationen enthalten (billiger und besser).
23 23 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Für die Teilnahme der Versicherten an folgenden Versorgungsformen sind Wahltarife anzubieten:
Wahltarife Normen 53 SGB V Kurzinfo Durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz wurde den Krankenkassen seit dem 01.04.2007 die Möglichkeit eingeräumt fünf verschiedene Wahltarife anzubieten (vgl. 53 Abs.
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