Billiges Benzin macht Lust auf mehr PS und läßt alternative Antriebe verkümmern

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1 Universität Duisburg-Essen April CAR-Center Automotive Research Billiges Benzin macht Lust auf mehr PS und läßt alternative Antriebe verkümmern Ferdinand Dudenhöffer * Niedrige Treibstoffpreise sprich billiges Benzin und Diesel - treiben den Wunsch nach mehr PS, mehr SUV und lassen alternative Antriebe verkümmern. Dies ist das Ergebnis der Auswertung der PKW-Neuzulassungen in Deutschland. Vier Einzelergebnisse lassen sich zusammenfassen und zeigen, dass billiger Treibstoff die Entwicklung zu stärkeren und größeren Fahrzeugen forciert. Erstens, Autokäufer lassen die Hybride-, Plug-In Hybrid und Elektroautos der Autobauer links liegen. Pro Modell haben die deutschen Autobauer im Jahr 2014 monatlich nur 14 Fahrzeuge an echte Endkunden also ohne Eigenzulassungen - verkauft. Zweitens, mit billigem Treibstoff steigt der Wunsch nach mehr PS. Mittlerweile hat der Durchschnitts-Neuwagen in Deutschland 143 PS unter der Haube. Drittens, durch billigen Treibstoff boomen SUV wie nie zuvor. In diesem Jahr wird nach unserer Prognose erstmals die Zulassungsgrenze von SUV erreicht werden. Viertens, alle alternativen Antriebe verkümmern. Für die deutschen Autobauer ist dieser Trend nicht ohne Risiko, denn ab dem Jahr 2021 brauchen die Hersteller, die größerer Fahrzeuge verkaufen, die die Plug-In Hybride zur Erfüllung ihrer CO2-Vorgaben durch die EU-Kommission. Ergebnis 1: Hybrid- und Elektro-Modelloffensive der Deutschen ohne Wirkung Am ernüchternsten ist die Bilanz der Neuwagenverkäufe bei Hybrid- und Elektrofahrzeugen der deutschen Autobauer. Abb. 1 stellt die Details dar. Von den Marken Audi, BMW, Ford, Mercedes, Opel, Porsche und VW wurden im Jahre 2014 insgesamt 1,879 Millionen PKW in Deutschland neu zugelassen. Darunter waren wie Abb. 1 zeigt Fahrzeuge mit Hybrid, Plug-in Hybrid oder reinem Elektroantrieb. Ein Teil der Fahrzeuge lassen die Hersteller auf sich selbst zu also etwa Testwagen oder Fahrzeuge für Mitarbeiter oder es sind Zulassungen von den Händlerbetrieben. Zieht man diese sogenannten Eigenzulassungen ab, verbleiben Zulassungen auf Privatkunden oder Unternehmen, also echte Neuwagen-Verkäufe. Gegenüber dem Jahr 2013 sind das immerhin 2,5-mal so viele Fahrzeuge wie im Jahr zuvor. Markthochlauf-Phase nennt das gerne der Verband der Autobauer. Schaut man sich jetzt die Anzahl der Modelle an (vgl. Abb. 1), sieht man, dass im Jahr 2014 immerhin 28 unterschiedliche Fahrzeugmodelle im Angebot der deutschen Autobauer waren. Pro Monat wurden damit von allen deutschen Autobauern im Durchschnitt pro Modell ganze 14 Neuwagen von echten Kunden zugelassen. Die Zahl zeigt, wie deprimierend für die Autobauer derzeit das Geschäft mit alternativen Antrieben ist. * Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer ist Direktor des CAR-Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen sowie Inhaber des Lehrstuhls für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. 1

2 Deutsche Autobauer verkaufen pro Modell monatlich nur 14 Pkw mit Hybrid-, Plug-In Hybrid- oder Elektroantrieb an Endkunden Preisgünstiger Treibstoff macht Hybrid, Plug-In Hybrid und Elektroautos für Autokäufer zu Ladenhütern. Der Dieselantrieb hatte bei den deutschen Autobauern im Jahr 2014 einen Anteil von 55%, sprich 1,033 Millionen Diesel Pkw standen Hybrid-, Plug-in, Hybrid und Elektro-Fahrzeugzulassungen gegenüber. Abb. 1: Pkw-Zulassungen deutscher Autobauer in Deutschland Jan- Feb. Deutsche OEM Elektro + Hybrid Elektro + Hybrid (ohne Eigenzulassungen) Anzahl Modelle Elektro + Hybrid dt. Autobauer Monatliche Zulassungen pro Modell (ohne Eigenzulassung) Deutsche Autobauer definiert als folgende Marken: Audi, BMW, Ford, Mercedes, Opel, Porsche, VW Einige Beispiele von Verkäufen an Plug-In Hybriden illustrieren die Lage. So hat VW vom Modell Golf GTE die Plug-In Version- seit der Einführung 2014 bis Ende Februar in Deutschland knapp 900 Fahrzeuge in die Zulassung gebracht. Mehr als 800 Fahrzeuge davon also 91 % waren Eigenzulassungen. Beim E-Golf, also der rein Batterie angetriebenen Golf-Version, wurden von 2014 bis Ende Februar etwas mehr als Fahrzeuge neu zugelassen, davon 62% Eigenzulassungen. Nicht viel besser ist die Bilanz des Audi A3 Plug-In Hybrids. Seit der Einführung im Jahre 2014 bis Ende Februar wurden in Deutschland 675 Fahrzeuge zugelassen, davon waren 571 Eigenzulassungen, also 85%. Vom Opel Ampera wurden in den letzten 14 Monaten also bis Ende Februar gerade mal 119 Fahrzeuge zugelassen, davon 64% Eigenzulassungen. Auch bei den Importeuren sieht die Bilanz nicht besser aus. So wurden etwa seit der Markteinführung im Jahr 2014 bis Ende Februar vom Mitsubishi Outlander in der Plug-In Version Fahrzeuge in die Zulassung gebracht, davon waren knapp 850 Fahrzeuge oder 65% Eigenzulassungen. Und auch bei Porsche wachsen die Plug-In Träume nicht in den Himmel. Seit Anfang 2014 bis Ende Februar wurden 201 Panamera Plug-In Hybrid zugelassen, davon 65% Eigenzulassungen. 2

3 Ergebnis 2: PS-Zahlen steigen weiter Abb. 2: Entwicklung PS-Zahlen der Pkw-Neuwagen in Deutschland Abb. 2 zeigt die Entwicklung der PS-Zahlen der in Deutschland verkauften Neuwagen. Seit 1995 bewegen sich die PS-Zahlen der Neuwagen in Deutschland mit Ausnahme eines Jahres in eine Richtung: nach oben. Nur im Abwrackprämienjahr 2009 sanken durch den Kleinwagen-Boom die PS-Zahlen in Deutschland. Während im Jahr 2012 mit 136,9 PS und im Jahr 2013 mit 137,3 PS die PS-Zahlen nahezu stagnierten, haben die Neuwagen im Jahr 2014 mit 139,7 PS und in den ersten beiden Monaten des Jahres mit 142,5 PS sich deutlich nach oben bewegt. Gerundet steigen die PS-Zahlen um jeweils 3 PS von 2013 auf 2014 und 2014 auf. Dies ist nach dem Aufholprozess nach 2009 bis 2012 eine deutliche Steigerung. Es scheint, als macht billiger Treibstoff, Lust auf Mehr-PS beim Neuwagenkauf. Ergebnis 3: Sportliche Geländewagen SUV im Dauer-Boom Abb. 3 zeigt, dass der Verkauf und die Verkaufsanteile der sportlichen Geländewagen SUV in den letzten 14 Monaten einen kräftigen Sprung nach oben gemacht haben. Mittlerweile sind 19,3% aller in Deutschland neu zugelassenen Pkw sportliche Geländewagen. Im letzten Jahr kamen knapp SUV neu auf Deutschlands Straßen. Abb. 3: Zulassungen und Marktanteile SUV in Deutschland SUV Jan- Feb. Prog. absolut Anteil 11,4% 13,3% 15,9% 16,5% 18,0% 19,3% 19,3% 3

4 In diesem Jahr bewegt sich die Zahl der SUV-Neuwagen in Richtung Zwar werden vermehrt Kompakt-SUV verkauft, aber es gilt der Zusammenhang, dass der SUV aufgrund seiner Größe eben mehr Treibstoff verbraucht als die vergleichbare Limousine oder der vergleichbare Stufenheck. Da das SUV-Segment in Deutschland boomt und die SUV derzeit im Schnitt mit 27 PS höher motorisiert sind als der Durchschnitt-Neuwagen, steigen mit den wachsenden SUV-Zulassungen auch die PS-Zahlen. Dies zeigt Abb. 4 Abb. 5: CO2-Emissionen verkaufter SUV in Deutschland CO2-Emissionen Jan-Feb. SUV (g CO2/km) Durchschnitt-Pkw (g CO2/km) Diff. Absolut (g CO2/km) Diff. in % 19% 19% 17% 18% Abb. 5 zeigt, dass die in Deutschland neu zugelassenen SUV in den ersten beiden Monaten des Jahres 148 g CO2/km verbrauchten während der Durchschnitts- Neuwagen nur 126 g CO2/km verbrauchte. Der SUV-verbraucht damit 18% mehr CO2 oder Treibstoff als der Durchschnitt-Neuwagen. Damit steigt der Druck zur Erfüllung der CO2-Vorgaben auf die deutschen Autobauer, die größere und schwere Fahrzeuge verkaufen. Da Hybrid-, Plug-In-Hybrid- und Elektroautos der deutschen Autobauer wegen des billigen Treibstoffs von den Kunden nicht angenommen werden, verschärft sich mit der boomenden SUV-Welle ein möglicher Konflikt zur Erreichung der CO2-Vorgaben nach dem Jahr 2021 für deutsche Autobauer. 4

5 Ergebnis 4: Alle alternativen Antriebe verkümmern Das Bild der alternativen Antriebe im Automarkt ist nicht nur ernüchternd, sondern deprimierend. Klammert man Toyota und Lexus sowie die Zulassungen der Autobauer auf sich selbst aus, dann wurden in den ersten beiden Monaten dieses Jahres in Deutschland 0,8% aller Neuwagen als alternative Antriebe sprich nicht Diesel und Benzin neu zugelassen. Dies zeigt Abb. 5. Pkw-Neuwagen mit Gasantrieb Abb. 6: Anteile alternative Antriebe ohne Toyota + Lexus und Zulassungen auf Autobauer Jan- Feb. Benzin + Diesel 99,1% 99,3% 99,3% 99,4% 99,1% 99,1% 99,0% 98,8% CNG+LPG 0,9% 0,6% 0,5% 0,4% 0,6% 0,5% 0,5% 0,5% Elektro 0,0% 0,0% 0,0% 0,1% 0,1% 0,2% 0,3% 0,4% Hybrid 0,0% 0,1% 0,1% 0,1% 0,1% 0,1% 0,2% 0,3% Ethanol 0,0% 0,0% 0,1% 0,1% 0,1% 0,0% 0,0% 0,0% Alternative 0,9% 0,6% 0,5% 0,5% 0,8% 0,7% 0,8% 0,8% also Flüssiggas (LPG) und Erdgas (CNG) machen 0,5% der Neuwagen- Zulassungen in Deutschland aus. Der Trend ist rückläufig, obwohl neue Modelle, wie etwa bei VW der Passat oder Golf angeboten werden freilich zu hohen Preisen wurden pro Monat 10 Fahrzeuge pro Gasantrieb-Modell zugelassen So wurden im Jahr 2014 im deutschen Automarkt 125 unterschiedliche Modelle an Erdgas- und Flüssiggas-Fahrzeugen zugelassen. Insgesamt kamen Fahrzeuge mit Gasantrieb, überwiegend Bi-Fuel, neu in den Markt. Monatlich haben die Autobauer im Jahr 2014 damit pro Modell lediglich 10 Fahrzeuge verkauft. Es wird deutlich, dass auch diese Verkaufsbilanz deprimierend und nicht tragbar defizitär ausfällt. Nicht viel besser sieht es mit Hybriden und Elektroautos aus. Mittlerweile sind 59 unterschiedliche Fahrzeugmodelle (Hybrid-, PLUG-In Hybride, Elektro) von allen Automarken in Deutschland im Angebot. So viele wie noch nie. Im Jahr 2014 wurden pro Fahrzeug-Modell 281 Fahrzeuge zugelassen trotz der profilierteren Toyota-Modelle. Auch in den nächsten Monaten muss hier mit Stagnation gerechnet werden. Billiger Dieseltreibstoff macht jeden Plug-In Hybriden, jedes Elektroauto und jedes Gasfahrzeug zum Ladenhüter. Es macht für Kunden wenig Sinn Euro und mehr für einen Plug-In-Fahrzeug auszugeben, Stromladezeiten und Umstände in Kauf zu nehmen bei nahezu gleichem Treibstoffverbrauch wie beim Diesel. Statt Plug-In kauft der Kunde mehr PS und SUV. Fazit: Billiger Treibstoff läßt den Automarkt in alte Muster zurückfallen. Alternative Antriebe verkümmern, PS und große Autos -sprich SUV- stehen verstärkt auf der Shopping-Liste der Kunden. Für die deutschen Autobauer ist das eine risikoreiche Entwicklung. Bis zum Jahre 2022 müssen sie Plug-In Hybride und Elektroauto in größerem Umfang verkaufen. Die neue Technik ist ungewohnt für die Käufer. Ein Gewöhnungseffekt benötigt Zeit, sprich die Zeit zur Einhaltung der CO2-Vorgaben wird eng. Damit könnten die deutschen Autobauer gezwungen zu sein, verstärkt eine 5

6 Quersubventionierung ihrer Fahrzeuge vorzunehmen, um die Nachfrage nach alternativen Antrieben zu beleben. Quersubventionierung also die konventionellen Antriebe künstlich teurer zu machen, könnte im Wettbewerb mit den Importeuren Wettbewerbsvorteile im Kerngeschäft bedeuten. Es scheint sich durch den billigen Ölpreis und den Gewöhnungseffekt der Käufer an große, PS-starke Auto ein Dilemma für die deutschen Autobauer aufzutun. 6