Wasserkühlung für Voll LED Scheinwerfer mit adaptiven Lichtfunktionen
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- Lennart Bergmann
- vor 7 Jahren
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1 Dipl.-Ing.(FH) Karl-Heinz Körper Wasserkühlung für Voll LED Scheinwerfer mit adaptiven Lichtfunktionen Die Firma DELVIS konzipierte und entwickelte im Jahr 2010 einen Voll-LED-Scheinwerfer mit neuartigen Lichtfunktionen. Ausgangspunkt war ein leeres Scheinwerfergehäuse eines bestehenden Fahrzeuges. In dieses sollte die benötigte lichttechnische Funktionalität integriert und als Prototyp in das Fahrzeug verbaut werden. Die Testphase des Scheinwerfers wurde auf ca. zwei Jahre festgelegt. Die Materialien mussten so gewählt werden, dass diese Winter wie Sommer überstehen würden. Insgesamt wurden acht Lichtfunktionen pro Scheinwerfer umgesetzt, die mit insgesamt 16 LED Modulen realisiert wurden, welche jedoch wiederum mit mehreren Chips bestückt waren und somit eine nicht unerhebliche Verlustleistung generierten. Die theoretische maximale Verlustleistung des Scheinwerfers lag bei ca. 260 W! Nach einigen Designschleifen zur Optimierung der Anordnungen wurde während der Entwicklung ein Versuchsaufbau zur Überprüfung der Temperatur im Inneren des Scheinwerfers erstellt. Es wurden zwei Varianten der Temperaturmessung durchgeführt. Die erste Messung (Variante 1) erfolgte mit drei Lüftern im geschlossenen Gehäuse, Variante 2 wurde mit einem zusätzlichen Lüfter ausgestattet, welcher die Luft aktiv nach außen blies. Desweiteren ist anzumerken, dass die Verlustleistung der Temperaturmessung geringer war als die maximale Verlustleistung des Scheinwerfers. Die Verlustleistung der Temperaturmessung belief sich auf 126 W. Variante 1: Drei Lüfter im geschlossenen Gehäuse Eine ausreichende Kühlung der LED-Module sowie des Innenraums des Scheinwerfers ist bei geschlossenem Gehäuse und Konvektion über die Scheibe nicht möglich. Nach ca. 15 min steigt die Bordtemperatur der LED auf ca. 106 C und die Innenraumtemperatur auf ca. 75 C.
2 Variante 2: Drei Lüfter im geschlossenen Gehäuse plus Lüfter nach außen Nach Anbringen eines zusätzlichen Lüfters, welcher die Luft aktiv nach außen blies, pendelte sich die Innenraumtemperatur auf ca. 68 C ein (Variante 2). Die Bordtemperatur der LED lag bei ca. 107 C. Ziel war es, die Innenraumtemperatur im Bereich einer bestimmten Lichtfunktion nicht größer als 65 C ansteigen zu lassen, da sonst irreversible Schäden die Folge wären. Die Messungen ergaben, dass dies durch herkömmliche Konvektion über die Scheibe und einen Zusatzlüfter nicht möglich war. Da hier der Versuch lediglich mit der Hälfte der Verlustleistung (ca. 126 W) des gesamten Scheinwerfers durchgeführt wurde, musste somit ein anderes Kühlsystem entwickelt werden, um die entstehende Wärme des Scheinwerfers abtransportieren zu können. Arten der Wärmeübertragung in einem System: Wärmeleitung: Der Wärmeübergang erfolgt von ruhenden Gasen und Flüssigkeiten auf feste Bauteile/Körper. Die Weiterleitung erfolgt auf molekularer Ebene. Konvektion: Der Wärmeübergang erfolgt durch bewegte Gase und Flüssigkeiten auf feste Bauteile/Körper. Dabei wird zwischen natürlicher Konvektion (Dichtegradient = natürlicher Auftrieb) und erzwungener Konvektion (Druckgradient = Druckunterschied durch Pumpe oder Lüfter) unterschieden. Wärmestrahlung: Der Wärmeübergang findet ohne materiellen Träger durch elektromagnetische Wellen statt. Wärmestrahlung findet als einzige ebenso im Vakuum statt. Es wurden unter anderem folgende Kühlarten unterschieden: Passive Kühlung: Bei der passiven Kühlung wird die Verlustwärme durch natürlichen Luftzug abgeführt. Der Kühlkörper gibt die Wärme durch Konvektion und Strahlung an die Umgebung ab. Die Kontaktflächen zur Umgebungsluft können mittels Rippen vergrößert werden. Aktive Kühlung: Besitzt meist einen elektrisch angetriebenen Lüfter. Man unterscheidet zwischen: Fremdlüftung und Flüssigkeitskühlung Fremdlüftung: Bei der Fremdlüftung wird die Luft mit Lüfter durch Kühlrippen angesaugt. Höhere Luftgeschwindigkeit ermöglicht die Ableitung einer höheren Verlustleistung Wasserkühlung: Bei der Wasserkühlung wird die Verlustwärme durch Wasser abgeführt. Der Wärmeträger kann sich durch natürlichen thermischen Auftrieb bewegen oder wird durch einen Lüfter oder Pumpe umgewälzt
3 Siedekühlung: Hier wird in einem geschlossenen Rohr (z.b. Heatpipe) auf der heißen Seite eine Flüssigkeit (z.b. Wasser) verdunstet und auf der anderen Seite wieder kondensiert. Das kondensierte Wasser wird mittels Kapillarwirkung wieder zurückgeführt. Es ergibt sich ein sehr effektiver Wärmetransport. Kühlung durch Peltier-Element: Ein Peltier-Element erzeugt aus einem elektrischen Strom ein Temperaturgefälle, d.h. eine Kontaktstelle kühlt sich ab während sich die andere erwärmt. Es können Temperaturen auch unterhalb der Umgebungstemperatur (z.b. Kühlschrank) erzeugt werden. Letztendlich entschied man sich für die Entwicklung einer Wasserkühlung. Die Vorgaben waren jedoch, das gesamte Kühlsystem mit Wasserbehälter im Scheinwerfer unterzubringen. Lediglich die Radiatoren (Kühlkörper) durften, wenn notwendig, außen am Gehäuse angebracht werden. Bei einer Wasserkühlung erfolgt der Transport der Wärmeenergie über die Bewegung des Mediums durch die Pumpe. Die Fähigkeit des Kühlmediums, Wärmeenergie innerhalb des Mediums selbst weiterzuleiten spielt deshalb nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger ist eine hohe Wärmekapazität des Mediums, also die Fähigkeit möglichst viel Wärmeenergie aufzunehmen und sich dabei möglichst wenig zu erwärmen. Hier ist Wasser mit ca. 4,18 kj/kgk ein geeignetes Medium. Sollten Öle zum Einsatz kommen, entsteht der Nachteil der höheren Viskosität, da diese "dickflüssiger" sind und dadurch an den Grenzflächen schlechter fließen. Die Grenzflächen sind die wichtigsten Parameter, da hier der Wärmeübergang stattfindet. Bedingt durch das Haften (Haftbedingung = Geschwindigkeit der Teilchen ist Null) von Flüssigkeit an der Wand ergeben sich Schubspannungen zwischen Wand und Flüssigkeit. Dann kommt die Grenzschicht, welche sich als laminar oder turbulent gestalten lässt. Als Grenzfläche bezeichnet man allgemein den Bereich nahe der festen Wand, in dem sich die Zustandsgrößen des Wassers von den Werten in der von der Wand entfernten Strömung unterscheiden. Beispiel: Darstellung einer laminaren Strömungsgrenzschicht an einer ebenen Platte Der Wärmeübergang von der Wand an das Fluid (in der Grenzschicht) ist dabei maßgeblich von der Strömungsform abhängig. Die Strömungsform kann laminar oder turbulent sein und wird von der dimensionslosen Reynoldszahl (Re) beschrieben, welche das Verhältnis von Trägheits- zu Reibungskräften darstellt. Sollten die Trägheitskräfte (Strömungsgeschwindigkeit x Länge) überwiegen, werden die Reibungskräfte (kinematische Viskosität) niedriger, die Re-Zahl größer und somit die Strömung turbulenter. In laminaren Strömungen erfolgt der Wärmeübergang der Teilchen überwiegend durch Wärmeleitung, da sich die Teilchen nur in Richtung der Strömung (ohne zusätzliche Quergeschwindigkeit) bewegen. In turbulenter Strömung hingegen entsteht durch die Bewegung der Teilchen in alle Richtungen ein wesentlich intensiverer Wärmeaustausch. Die Vergrößerung der Schubspannung durch Impulsaustausch in Querrichtung ist hierfür verantwortlich. Unter Berücksichtigung der vorher genannten Faktoren bedeutet dies: Ein niedrig viskoses Medium mit hoher Wärmekapizität (z.b. Wasser) in turbulentem Zustand hat den besten Wärmeübergang in der Grenzschicht.
4 Beispiel: Unterschied laminare und turbulente Strömungen an der ebenen Platte und einem Rohr: Strömung ebene Platte: Kritische Reynoldszahl = Rekrit = ca. 10^5 (Umschlag von laminarer in turbulente Strömung) Re > Rekrit => Strömung ist turbulent Re < Rekrit => Strömung ist laminar Dazwischen => Übergangsgebiet Beispiel: Plattengrenzschicht einer ebenen Platte Laminar: Übergang: Übergang: Turbulent: Durchmischung nur infolge Diffusion (mikroskopischer Impulsaustausch) bei kleiner Re => (transienter) Bereich bei hohen Re => eher lokal: Umschlagpunkt Durchmischung infolge makroskopischen Impulsaustauschs Rohrströmung: Kritische Reynoldszahl = Rekrit = ca (Umschlag von laminarer in turbulente Strömung) Re > Rekrit => Strömung ist turbulent Re < Rekrit => Strömung ist laminar Beispiel: Laminare Rohrströmung Beispiel: Turbulente Rohrströmung Laminare Strömung: => mikroskopischer Impulsaustausch => Diffusion Turbulente Strömung: => makroskopischer Impulsaustausch => Turbulenz Eigenschaften turbulenter Strömungen: o unregelmäßig, nicht periodisch, zufällig o wirbelbehaftet o Energieumwandlung durch Reibung o gutes Mischungsverhalten Hier nicht aufgeführt und berücksichtigt wurden Oberflächenrauigkeiten, welche in der Praxis herstellungsbedingt oder durch Ablagerungen an den Rohrwänden existieren.
5 Um zusätzliche Turbulenz in der Strömung zu erzeugen, wurden Hindernisse konstruiert, um Wirbel und somit einen noch effektiveren Wärmeübergang in der Grenzschicht zu erzeugen. Diese Hindernisse mussten für die einzelnen Lichtfunktionen ausgelegt werden, da jede dieser Funktionen eine andere Verlustleistung besitzt. Beispiel: Hindernis in Strömung mit darauffolgendem Wirbel Aufbau und Konstruktion: Für die Wasserkühlung mussten unter anderem folgende Bauteile verbaut werden: Radiator (Kühlkörper) hinten außen am Gehäuse 2x Lüfter am Radiator Wasserbehälter (Ausgleichsbehälter) im Inneren des Scheinwerfers gekoppelt mit Radiator Wasserpumpe Wasserschläuche zu den einzelnen Lichtfunktionen mit entsprechenden Verschraubungen Wasser mit Frostschutzmittel Kühlkörper (Lichtfunktionen) zum Abtransport der Wärme Aus konstruktiver Sicht musste die Wasserkühlung so gestaltet werden, dass durch geeignete Maßnahmen die thermische Energie direkt nach außen zum Radiator mitgeführt werden kann. Um ein kompaktes System zu gewährleisten, sollten der Wasserbehälter, die Wasserpumpe und sonstige Bauteile im Inneren des Scheinwerfers untergebracht sein. Lediglich der dazugehörige Kühlkörper (Radiator) wurde auf der Rückseite des Scheinwerfers geplant. Die meisten Lichtfunktionen leuchten während der Fahrt und somit wird die meiste Abwärme auch während der Fahrt erzeugt. Da jedoch die Umgebungsluft, bezogen auf den Motorraum, nicht kalt genug sein würde, um die Radiatoren hinten an den Scheinwerfern zu kühlen, wurde am Fahrzeug selbst eine Möglichkeit geprüft, um die Radiatoren direkt mit Frischluft (Fahrtwind) zu versorgen. Dazu wird vom unteren Teil der Frontschürze ein Schlauch zum hinteren Teil des Scheinwerfers an die Radiatoren verlegt, welche somit bei Fahrt direkt angeblasen werden. An den Kühlkörpern wurden zusätzlich zwei Lüfter angebracht, um diese aktiv mit Luft zu durchströmen. Es wurden insgesamt 5 Lichtfunktionen je Scheinwerfer mit bestimmten Wasserschläuchen in Reihe geschalten, um die ca. 260 W Verlustleistung abführen zu können. Hinter dem Schwenkmodul wurden zusätzlich zwei aktive Lüfter verbaut, welche die Wärme umwälzen, nach vorne und mittels Konvektion über der Außenlichtscheibe abgeben sollen. Wassereintritt Wasseraustritt Beispiel: Eine Lichtfunktion mit Wasserstraße und Hindernissen
6 Vor dem Aufbau der Scheinwerfer wurden sämtliche Bauteile, welche aus Aluminium waren, schwarz eloxiert. Tragende Bauteile, welche einzelne Lasten aufnehmen, bestanden aus anderen Materialien und wurden aus Gründen der Optik schwarz lackiert. Es entstand ein völlig schwarzer Scheinwerfer mit glänzenden Reflektorflächen. Für das Eloxieren der Bauteile gab es zwei entscheidende Gründe: durch das Eloxieren entstand eine verstärkte Oxidschicht, welche eine sehr gute Verschleißbeständigkeit bietet und Korrosionserscheinungen verhindert die Wärmeabgabe der einzelnen Kühlkörper an das Wasser und an die Umgebung wird erhöht. D.h. Absorption und Emission sind stark gekoppelt; je besser der Körper Strahlung absorbiert, umso besser emittiert er auch (Kirchhoffsches Gesetz) Beispiel: Reflektion in einem Körper Testlauf: Nach Berücksichtigung aller Faktoren und Fertigstellung aller Bauteile wurde der Scheinwerfer montiert und der Wasserbehälter gefüllt. Die Befüllung erfolgte mit einem Gemisch aus destilliertem Wasser und Frostschutzmittel, da darauf geachtet werden musste, dass das Kühlprinzip auch im Winter bei maximal minus 35 C funktionieren muss. Nach einigen Durchläufen, um die Luft aus dem System zu entfernen, wurde dieser unter Volllast getestet. Die Randbedingungen waren: Volllast (alle LEDs 100 % mit insgesamt 260 W Verlustleistung) Umgebungstemperatur ca. 25 C Dauer ca. 3 Stunden In dieser Testphase pendelte sich das System auf ca. 75 C ein, konstant über 3 Stunden Laufzeit. Da jedoch während des Fahrbetriebs nur mit ca. 110 W Dauerbetrieb zu rechnen ist und die neuen Lichtfunktionen dynamisch bei bestimmten Fahrsituationen eingeschaltet werden, wurden die Scheinwerfer für weitere Tests im Fahrzeug verbaut. Fazit: Die herkömmlichen Methoden der Luftkühlung stoßen spätestens dann an ihre Grenzen, wenn durch eingeschränkte Platzverhältnisse keine optimale Luftzirkulation realisiert werden kann oder aufgrund hoher Temperaturen eine Entwärmung durch die Umgebungsluft nicht gegeben ist. In unserem speziellen Fall hat das Zusammentreffen beider Faktoren zum Einsatz einer Wasserkühlung geführt. Natürlich hat Wasser in einem Scheinwerfer eigentlich nichts zu suchen bei einem Leck im Kühlkreislauf besteht die Gefahr, das System irreparabel zu schädigen. Berücksichtigt man jedoch alle wichtigen Parameter und achtet auf eine gründliche und sorgfältige Arbeitsweise bei Montage und Ausführung, erhält man ein kompaktes Kühlsystem mit einer hohen Entwärmungsleistung. Einen Scheinwerfer von der Konstruktion aller Lichtfunktionen über die Integration einer Wasserkühlung bis hin zum Einbau ins Fahrzeug zu entwickeln war eine interessante Herausforderung. Das Zusammenspiel Konstruktion und Thermomanagement wird nicht sehr oft so greifbar wie in diesem Projekt.
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