Altersversorgung - zukunftsfest, gerecht und solidarisch
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- Joachim Lehmann
- vor 7 Jahren
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1 Sozialdemokratische Partei Deutschlands Unterbezirk Ennepe-Ruhr Unterbezirksparteitag der SPD Ennepe-Ruhr am 25. Juni 2016 Antrags-Nr.: 2 Antragsteller: Unterbezirksvorstand BETREFF: Altersversorgung - zukunftsfest, gerecht und solidarisch Der SPD Unterbezirksparteitag fordert: 1. Die gesetzliche Rentenversicherung ist zu stärken und muss das Ziel verfolgen, Armut zu vermeiden und den Lebensstandard zu sichern. 2. Das gesetzliche Rentenversicherungsniveau darf nicht weiter bis zum Jahr 2030 auf 43 Prozent sinken. Das gesetzliche Rentenniveau ist mindestens auf 50 % anzuheben. Dazu sind die derzeit wirksamen Abschlagsfaktoren abzuschaffen. Zur Finanzierung ist die Beitragsbemessungsgrenze abzuschaffen und die schrittweise Erhöhung der paritätisch zu finanzierenden Rentenversicherungsbeiträge einzubeziehen. 3. Private kapitalgedeckte Versicherungsmodelle können die gesetzliche Rente immer nur ergänzen, sie aber nicht ersetzen. Die Privatisierung der gesetzlichen Rentenversicherung ist in Form der Riesterrente gescheitert. Die Riesterrente ist bei Vertrauensschutz für bestehende Verträge abzuschaffen. Die bisher für die Riesterrente genutzten staatlichen Fördermittel sind künftig anders zu nutzen, um die gesetzliche Rente zu stärken. 4. Eine Erhöhung des Renteneinstiegsalters lehnen wir ab. Sie ist lediglich eine Rentenkürzung und wird die Altersarmut verbreitern und vertiefen Langfristig wollen wir die gesetzliche Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung umbauen. Begründung: Eine auskömmliche Alterssicherung ist ein wichtiges Anliegen des Sozialstaats. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen im Alter davon leben können. Die unbestreitbaren Herausforderungen durch den Seite: 1
2 demografischen Wandel dürfen deshalb nicht zur automatischen Senkung des Rentenniveaus führen. Die Versorgung im Alter spiegelt die Leistungen jeder/jeder einzelnen im Erwerbsleben wieder. Sie soll verhindern, dass nach Eintritt in die Rente harte Einschnitte in der Lebensführung hingenommen werden müssen. Der Respekt gegenüber der Lebensleistung bedeutet für uns auch, dass diejenigen, die lange für geringe Entlohnung gearbeitet haben, im Alter behalten dürfen, was sie erarbeitet haben. Mit der Mindestrente schützen wir die Menschen vor einer Bedürftigkeitsprüfung. Die Rente muss flexibler werden und sich den verändernden Erwerbsbiographien anpassen. Wer den Job häufig wechselt, berufsbedingt immer wieder Zeiten ohne Erwerbstätigkeit hat und/oder zwischen abhängiger und selbständiger Beschäftigung wechselt, braucht gerade deshalb Sicherheit für seine Versorgung im Alter. Die Rente muss sich flexibel den unterschiedlichen Anforderungen verschiedener Branchen anpassen. Sie muss dabei sowohl kürzere oder längere Lebensarbeitszeiten in verschiedenen Berufen als auch Aus-, Fort- und Weiterbildungsanforderungen berücksichtigen. Die Rente muss transparenter und verständlicher werden. Nur wer weiß, wie er sich eine gute Rente sichern kann, ist auch in der Lage selber Verantwortung dafür zu übernehmen. Der Rentenbescheid muss klar ausweisen, welche Versorgungslücke im Alter besteht, hierzu ist es notwendig, dass private und betriebliche Vorsorge mit berücksichtigt werden. Die Finanzierung der Rente folgt für uns zwingend den Prinzipien der Solidarität und der Parität. Wir wollen eine Erwerbstätigenversicherung für alle. Die gesetzliche Rentenversicherung
3 Sozialdemokratische Partei Deutschlands Unterbezirk Ennepe-Ruhr Unterbezirksparteitag der SPD Ennepe-Ruhr am 25. Juni 2016 Die solidarische gesetzliche Rente ist die zentrale Säule unseres Rentensystems werden. Wir wollen sie stärken. Sie muss wieder das Ziel einer lebensstandardsichernden Altersversorgung verfolgen. Diese zukunftsfest zu sichern, ist die Garantie für eine breite Akzeptanz der solidarischen Finanzierung. Dabei sind die Stabilisierung des Rentenniveaus und eine mittelfristige Wiederanhebung auf mindestens 50 Prozent nur ein Teil der notwendigen Maßnahmen. Das Rentenniveau bezieht sich auf den so genannten Eckrentner. Den gibt es aber in der Realität nicht. Das Rentenniveau zeichnet nur nach, wie sich der Gegenwert für Beitragszahlungen entwickelt. Es sagt nichts über die tatsächliche Absicherung der Menschen aus. Auf der individuellen Ebene kann die Rente ein deutlich geringeres oder auch ein deutlich höheres Absicherungsniveau im Verhältnis zum letzten Erwerbseinkommen erreichen als das Rentenniveau. Deswegen brauchen wir passgenaue lebensstandardsichernden Renten. Gute Arbeit ist entscheidende Voraussetzung für gute Renten Durch den Mindestlohn und der Stärkung der Tarifpartnerschaft haben Millionen Menschen in Deutschland mehr auf dem Lohn-und Gehaltszettel. Durch die Anhebung des Mindestlohns und weiter steigenden Löhnen sinkt das Risiko der Altersarmut. Für die Altersversorgung sind die Beschäftigungslage, die Entwicklung der Produktivität und die Entlohnung der Beschäftigten ebenso entscheidend wie das Rentenniveau. Mindestrente Das Rentensystem kann nicht alles das heilen, was in einer Erwerbsbiographie schiefgelaufen ist. Wir halten am Äquivalenzprinzip fest. Wer mehr einzahlt muss auch mehr heraus bekommen. Wer aber lange gearbeitet und Beiträge gezahlt und dabei wenig verdient hat, sollte auch im Alter mehr haben, als jemand, der nie oder kaum gearbeitet und Beiträge gezahlt hat. Die Mindestrente ist für uns die Schwester des Mindestlohns. Mit einer Mindestrente oberhalb der Grundsicherung wollen wir deshalb für mehr Seite: 3
4 Gerechtigkeit sorgen. Wer Mindestrente bezieht muss keine Bedürftigkeitsprüfung fürchten. Die solidarische Lebensleistungsrente ist ein erster Schritt. Die Zugangsberechtigung wird allerdings in den nächsten Jahren an eigene private Vorsorge gekoppelt. Wir wollen prüfen, ob die Ausweitung der sog. Rente nach Mindestentgeltpunkten, die bislang nur für Beitragszeiten vor 1991 gilt, ein sinnvoller Weg für die Ausgestaltung einer umfassenden Mindestsicherung im gesetzlichen Rentensystem ist. Erwerbsminderungsrente Die Absenkung des Niveaus der gesetzlichen Rente schlägt vor allem bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit voll auf die Alterseinkünfte durch. Je früher die Erwerbsminderung eintritt, umso größer ist die Versorgungslücke. Damit ist die Erwerbsminderung eines der größten Armutsrisiken. Im Rentenpaket haben wir bereits deutliche Verbesserungen für Erwerbsminderungsrenterinnen und -rentner auf den Weg gebracht. Trotzdem sind weitere Erleichterungen für diese Gruppe notwendig. (z. B. Abschaffung der Abschläge, Reduzierung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzung vor Eintritt der Erwerbsminderung). Private und betriebliche Altersvorsorge Die Erwartungen, die mit der Einführung der Riesterrente verbunden waren, haben sich bei weitem nicht erfüllt. Durch diese Form der privaten Vorsorge sollte das sinkende Rentenniveau ausgeglichen werden. Für dieses Ziel hat der Staat Steuererleichterungen und Zulagen bereitgestellt. Insbesondere Geringverdiener/innen und Familien mit Kindern sollten von den Zulagen profitieren. Gerade Geringverdiener haben von diesem Angebot aber kaum Gebrauch gemacht, da sie in den meisten Fällen die 4 Prozent des Bruttogehaltes im Monat nicht aufwenden konnten. Wir wollen deshalb - beim Schutz für den Bestand der laufenden Verträge - die Fördermittel künftig anders nutzen. Betriebliche Altersvorsorge Die betriebliche Altersvorsorge (bav) ist für uns die beste zusätzliche Vorsorge. Sie ist eine Ergänzung zur
5 Sozialdemokratische Partei Deutschlands Unterbezirk Ennepe-Ruhr Unterbezirksparteitag der SPD Ennepe-Ruhr am 25. Juni 2016 gesetzlichen Rente. Die aktuelle Ausgestaltung ist jedoch zu komplex und erreicht nicht diejenigen, die eine zusätzliche Altersvorsorge dringend nötig haben, nämlich die Geringund NiedrigverdienerInnen. Auch bei der betrieblichen Altersvorsorge muss gelten: Wer im Erwerbsleben zusätzlich vorsorgt, muss im Alter mehr in der Tasche haben als deroder diejenige, der nicht zusätzlich vorgesorgt hat. Finanzierung Um gerade Geringverdienern einen Zugang zur betrieblichen Altersversorgung zu ermöglichen, müssen staatliche Zulagen soweit sie sinnvoll sind mit einem verpflichtenden Beitrag der Arbeitgeber kombiniert werden. Dieser Arbeitgeberbeitrag kann steuerlich angerechnet werden. Nur so steigen Anreiz und finanzieller Spielraum, auch bei geringem Einkommen etwas für die eigene Altersversorgung zu tun. Die Streichung des Riesterfaktors und die Anpassung des Nachhaltigkeitsfaktors können eine Absenkung des Rentenniveaus verhindern. Durch die schrittweise Erhöhung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend dem DGB- Vorschlag auf 22 % bis zum Jahre 2020 kann ein dauerhaft stabiles Rentenniveau in Höhe von 50 % (derzeit 47,7 %) realisiert werden. Mit den aus der vorzeitigen Beitragssatzanhebung erzielten zusätzlichen Einnahmen ließe sich die Nachhaltigkeitsreserve in einem Maße aufbauen, dass das Rentenniveau bis zum Jahr 2030 bei 50 % gehalten werden könnte. Würden zusätzlich alle bislang nicht obligatorisch versicherten Selbständigen in der Rentenversicherung pflichtversichert werden, könnte der Beitragssatz um 0,7 Prozentpunkte geringer angehoben werden bzw. die Nachhaltigkeitsreserve auch für die Zeit nach 2030 weiter gestärkt werden. Damit wäre außerdem eine weitere Personengruppe mit einem hohen Risiko für Altersarmut ein Stück besser abgesichert. Seite: 5
6 Langfristig wollen wir die gesetzliche Rentenversicherung ohnehin zu einer Erwerbstätigenversicherung umbauen, die alle gesellschaftlichen Gruppen umfasst. Perspektivisch geht es um die Verbreiterung der Basis der solidarischen Rentenversicherung durch die Einbeziehung derjenigen, die bislang außerhalb dieses Systems abgesichert sind, wie Politiker, Beamte und Freie Berufe. Zum anderen geht es aber auch um die Absicherung derjenigen, die kaum Ansprüche auf Leistungen im Alter haben, wie Soloselbstständige. Auch die Anhebung/Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze und die degressive Anrechnung der Beiträge können zur Stabilisierung des Rentenniveaus beitragen. Mit Blick auf die sicherlich notwendige Erhöhung des Bundeszuschusses muss berücksichtigt werden, dass diesen Mehrausgaben auch Einsparungen bei der Grundsicherung gegenüberstehen. Die zusätzlichen Belastungen für Arbeitgeber durch die Erhöhung der Personalgesamtkosten sind nach entsprechenden Berechnungen mit weniger als einem halben Prozent verkraftbar. Fazit: Mit der in dieser Legislaturperiode umgesetzten Reformen im Rentenrecht, haben wir erste Gerechtigkeitslücken geschlossen und spürbare Verbesserungen, insbesondere für Frauen, geschaffen. Die nachhaltige Stabilisierung und Stärkung der gesetzlichen Rente steht allerdings noch aus. Von daher sind dringend Maßnahmen zur Sicherung des Rentenniveaus erforderlich. Jedes weitere Jahr, in dem nicht gehandelt wird, vergrößert wegen des permanenten Absinkens des Niveaus den Handlungsbedarf und den finanziellen Aufwand. Gleichzeitig reduzieren sich die Handlungsoptionen: Wenn Spielräume zum Handeln bestehen, dann jetzt angesichts einer guten wirtschaftlichen Situation und einer demographisch noch nicht so angespannten Finanzsituation der Rentenversicherung.
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