Klientenzentrierte (Personenzentrierte) Gesprächsführung nach C. R. Rogers
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- Rudolf Beck
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1 Klientenzentrierte (Personenzentrierte) Gesprächsführung nach C. R. Rogers (Dem vorliegenden Referat lag das Buch von Sabine Weinberger, Klientenzentrierte Gesprächsführung, Weinheim und München 2004 zugrunde) Kurzer geschichtlicher Überblick Der amerikanische Psychologe C. R. Rogers ( ) entwickelte das Klientenzentrierte Konzept ab 1942 in den USA. In seiner Arbeit konzentrierte er sich, unter anderem, auf den Beziehungsaspekt zwischen TherapeutIn und KlientIn. Rogers erkannte, dass die KlientIn weiß wo der Schuh drückt, welche Richtung einzuschlagen, welche Probleme entscheidend, welche Erfahrungen tief begraben gewesen sind. Er ging davon aus, dass jeder Mensch über Potentiale verfügt, seinen Selbstheilungsprozess selber zu beginnen und intuitiv die richtige Richtung darin einzuschlagen. Rogers behauptete weiter, dass jedem Menschen das Bedürfnis nach konstruktiver Veränderung und Selbstverwirklichung innewohnt. Langsam merkte ich, dass, wenn ich es nicht nötig hätte, meine Cleverness und Gelehrsamkeit zu demonstrieren, ich besser daran täte, mich auf den Klienten zu verlassen, was die Richtung des Prozessablaufs anging (1961, S. 28). In den folgenden Jahren und Jahrzehnten beschäftigte Rogers sich intensiv mit der Frage: Welche Bedingungen sind es, die dazu führen, dass eine Person von sich aus über ihr Erleben spricht, sich dabei besser verstehen lernt und schließlich zu Einstellungs- und Verhaltensänderung gelangt? (2004, S. 21) Gemeint ist, dass Menschen für den Selbstheilungsprozess einen geschützten Raum (sicherer Beratungsrahmen) und ein Beziehungsangebot von der BeraterIn benötigen um sich öffnen zu können. Rogers Arbeiten lassen sich insgesamt in drei Phasen aufteilen: Als erstes die nicht-direktive Phase, in der er sich dagegen ausspricht, der Klientin Ratschläge, Ermahnungen, Erklärungen und Interpretationen zu geben. Rogers stellt nicht das Problem und wie es zu lösen ist in den Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit, sondern die KlientIn als einmaliges Individuum, das prinzipiell die Fähigkeit in sich hat, im Rahmen eines speziellen Beziehungsangebotes zu einem besseren Verständnis ihrer selbst zu kommen und daraus folgend Einstellungs- und Verhaltensänderungen vorzunehmen. (2004, S. 22) Da der Begriff nicht-direktiv zu Missverständnissen führt - er wurde mit nicht aktiv verwechselt - nannte Rogers seinen Ansatz Klientenzentriert. In den siebziger Jahren ging es Rogers dann mehr und mehr darum, nicht nur KlientInnen, seien es Kinder, Jugendliche oder Erwachsene durch ein strukturiertes Beziehungsangebot zu unterstützen, sondern seinen Ansatz auf Menschen in den verschiedenen Lebensbereichen auszuweiten, um das ihnen innewohnende Wachstumspotential zum Ausdruck bringen zu können (Personenzentrierte Phase). 1
2 Rogers beschreibt zu dem Begriff und Bedeutung der Klientenzentrierten Gesprächsführung folgendes: Das Individuum steht im Mittelpunkt der Betrachtung und nicht das Problem. Das Ziel ist es nicht, ein bestimmtes Problem zu lösen, sondern dem Individuum zu helfen, sich zu entwickeln, so dass es mit dem gegenwärtigen Problem und mit späteren Problemen auf besser integrierte Weise fertig wird. Wenn es genügend Integration gewinnt, um ein Problem unabhängiger, verantwortlicher, weniger gestört und besser organisiert zu bewältigen, dann wird es auch neue Probleme auf diese Weise bewältigen. (1972a, S. 36) Rogers fand heraus, dass eine Einstellungs- und Verhaltensänderung der KlientIn dann erfolgt, wenn die BeraterIn der KlientIn eine Beziehung anbieten kann, in der von Seiten der BeraterIn drei notwendige Bedingungen erfüllt sein müssen: 1. Die BeraterIn versucht, die KlientIn von ihrem Bezugspunkt her zu verstehen, d.h., so wie sie Dinge sieht und wahrnimmt (Empathie oder Einfühlendes Verstehen). 2. Die BeraterIn achtet die KlientIn als Person und bemüht sich ihr gegenüber um ein uneingeschränktes Akzeptieren (Unbedingte Wertschätzung). 3. Die BeraterIn tritt der KlientIn als Person gegenüber. Als Person, die offen ist für ihr eigenes Erleben und die sich nicht hinter einer Rolle versteckt (Echtheit / Kongruenz). (2004, S. 22) Die Persönlichkeitstheorie von Rogers Rogers Persönlichkeitskonzept bezieht sich ausdrücklich nicht nur auf die Psychotherapie, sondern es ist eine Theorie der Psychotherapie, der Persönlichkeit und der zwischenmenschlichen Beziehungen. Zentrale Begriffe in Rogers Persönlichkeitstheorie sind die Aktualisierngstendenz und die Inkongruenz. Aktualisierungstendenz Mit der Aktualisierungstendenz beschreibt Rogers ein Entwicklungsprinzip, eine richtungsgebende Kraft im Menschen, das in ihm liegendes Potential zu entwickeln. Dies geschieht in der vorsprachlichen Zeit durch Körperempfindungen und später zusätzlich durch Sprache. Mit zunehmender Entwicklung des Selbst, als einer psychischen Struktur, entwickelt sich - als Teil der Aktualisierungstendenz - eine Tendenz zur Selbstaktualisierung. Diese Tendenz sorgt für die Erhaltung des sich bildenden Selbstkonzeptes: Erfahrungen werden nun danach bewertet, ob sie für den Organismus als Ganzen oder / und dem Selbstkonzept förderlich sind. (2004, S. 25) Für die Entwicklung des Selbstkonzeptes sind zwischenmenschliche Beziehungen grundlegend. Damit ist zum Beispiel die gesunde psychische Entwicklung eines Kindes in der Familie gemeint (Bewertungen und Prägungen durch die Eltern). Hier wird der Grundstock für die Wahrnehmung des Selbst gelegt. Das Kind identifiziert sich im Älter werden mehr und mehr mit den Wünschen und den Bedürfnissen der Bezugspersonen, da das Kind abhängig von der Beziehungsaufnahme (z.b. der Eltern) ist. Rogers nennt das die Entfremdung des Menschen. 2
3 Inkongruenz Meint das Spannungsfeld zwischen Aktualisierungstendenz (Erleben wird mit dem gesamten Organismus gespürt) und der Selbstaktualisierungstendenz (erleben wird mit den Augen der bedeutsamsten Bezugsperson bewertet). In diesem Spannungsfeld neigt das Individuum dazu Erfahrungen verzerrt, d.h. verfälscht wahr zu nehmen oder zu verleugnen. Beispiel: Ein kleiner Junge geht mit seinem Vater spazieren und stößt sich am einem Stein. Das körperliche Empfinden lautet Schmerz und der Junge möchte am liebsten weinen. Jedoch hat er die Befürchtung aus seinem bisherigen Erleben, dass der Vater seinen weinenden Sohn ablehnen könnte. So unterdrückt er mit zusammengekniffenen Zähnen seinen natürlichen Impuls des Weinen- Wollens mit den Worten: War gar nicht so schlimm.. Herrscht ein Ungleichgewicht zwischen der Aktualisierungstendenz (dem Erleben mit dem gesamten Organismus) und der Selbstaktualisierung (den erfahrenen Bewertungen der bedeutsamsten Bezugspersonen), kommt es häufig zu Ängsten, Spannungen und Verteidigungshaltungen, die es notwendig machen, das Gleichgewicht wieder her zu stellen. Die drei notwendigen Beratungsbedingungen Wie bereits erwähnt bedarf es für eine Einstellungs- und Verhaltensänderung der KlientIn für die Beziehungsaufnahme drei notwendiger Bedingungen: o Die Bedeutung des Einfühlenden Verstehen (Empathie) besteht darin, dass die BeraterIn die KlientIn weder belehrt, noch bewertet und/oder kritisiert. Im Beratungskontext soll die KlientIn befähigt und ermutigt werden, angstfrei und ohne Abwehrmaßnahmen über die eigenen Gefühle und Konflikte sprechen zu können. Die KlientIn erlebt die BeraterIn als Modell für einen offenen und entspannten Umgang mit Gefühlen. Empathie bedeutet zu wissen, was der oder die andere fühlt. Grundlage dafür ist die eigene Selbstwahrnehmung. Das bedeutet, die BeraterIn sollte einen guten Kontakt zu ihren eigenen Gefühlen haben. Zu dem Einfühlenden Verstehen gehört das aufmerksame Zuhören. Dieses besteht nicht in erster Linie darin, ein wichtiges und verständnisvolles Gesicht zu machen um einfache Aufmerksamkeit zu signalisieren, sondern über die Mimik, Gestik, Sprachtempo, Sprachpausen, Tonfall und dem gesprochenem Wort, den emotionalen Inhalt zu erkennen und zu verstehen. Sehr wichtig ist hierbei das Erkennen der emotionalen Aussage. Aufmerksames Zuhören: Um das emotionale Empfinden der KlientIn aufzunehmen, stehen der BeraterIn mehrere Kommunikationskanäle zur Verfügung. - Akustisch muss die BeraterIn auf den Inhalt, d.h. speziell auf den emotionalen Inhalt achten, ebenso aber auch auf immer wiederkehrende Worte, Sätze oder einen evtl. sichtbaren roten Faden. Daneben müssen auch der Tonfall, das Sprechtempo und Sprechpausen registriert werden. - Gleichzeitig muss die BeraterIn visuell auf die Mimik und Gestik der KlientIn achten, um festzustellen, ob das verbale Verhalten der KlientIn (z.b. stockendes Sprechen) durch entsprechende nichtverbale Signale (z.b. unruhiges hin und herrutschen auf dem Stuhl, gespannte Gesichtsmuskulatur usw.) er- 3
4 gänzt wird. Die BeraterIn erhält somit recht eindeutige Informationen über das emotionale Empfinden des Klienten und ob so genannte Kanaldiskrepanzen auftreten. Paraphrasieren meínt, das inhaltlich Gesagte mit eigenen Worten wiedergeben. ( Ich habe dich so verstanden, dass. Dir ist wichtig, ) Das einfühlende Verstehen beinhaltet, dass aufmerksame Zuhören, das inhaltliche Wiedergeben mit eigenen Worten (Paraphrasieren) und die Gefühle, die mit dem Inhalt der Aussage, den die KlientIn mitteilt, verbunden sein könnten, wahrzunehmen.( Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte ) Übungen zum Zuhören und für emotionale Empfindungen (Weinberger, S ) o Die Bedeutung der Unbedingten Wertschätzung Es ist ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen, akzeptiert und anerkannt zu werden. Eine Person, die mit sich selbst unzufrieden ist, die Hilfe braucht oder die von ihrer Umwelt mit negativen Werturteilen bedacht bzw. abgelehnt wird, ist unbedingte Wertschätzung besonders wichtig, weil häufig gerade sie Akzeptanz und Anerkennung am meisten entbehren musste. Die der KlientIn entgegengebrachte Unbedingte Wertschätzung macht es möglich, dass diese sich mit all ihren Gefühlen, Gedanken und Bewertungen kennen lernen kann. Auf dieser Entdeckungsreise zu sich selber kann die KlientIn schrittweise immer mehr Erfahrungen in ihr Selbstbild integrieren (Flexibilität) und damit mehr und mehr eine Ü- bereinstimmung zwischen den organismischen Bewertungen und den Bewertungen durch das Selbstkonzept herstellen. Dies führt zu einer größeren Selbstachtung und Akzeptanz der eigenen Person. Die BeraterIn muss sich demzufolge bemühen, ihre innere Einstellung zur Klientin deutlich zum Ausdruck zu bringen, da die Klientin in ihrer Situation in starkem Maße auf derartige Signale, die ihr zeigen, dass sie akzeptiert wird und die BeraterIn an ihren Problemen interessiert, angewiesen ist.(2004, S. 55) Wichtig ist, dass die BeraterIn sich bewusst macht, inwieweit sie eine KlientIn akzeptieren und annehmen kann. Dies setzt als ersten Schritt voraus, dass sie ihren Gefühlen möglichst offen gegenüber stehen, bzw. dass sie gelernt hat, ihre Wünsche und Gefühle wahrzunehmen. Nur so kann es zu einem Loslassen aller Bewertungen kommen. o Echtheit / Kongruenz Kongruenz heißt: Übereinstimmung mit sich selbst! Also sich als BeraterIn dessen, was man erlebt oder empfindet, deutlich wahrzunehmen und dafür zu sorgen, dass diese Empfindungen verfügbar sind und sie in den Kontakt mit der KlientIn eingebracht werden, wenn es der Situation angemessen ist. Für Rogers war Kongruenz die grundlegendste unter den Einstellungen, die den positiven Verlauf einer Beratung oder Therapie fördern. Es geht darum, in der 4
5 Begegnung mit der KlientIn keine Rolle zu spielen, sondern als Person da zu sein. Rogers schreibt dazu: Niemand erreicht diesen Zustand ganz und gar, aber je mehr der Therapeut imstande ist, akzeptierend auf das zu achten, was in ihm selbst vor sich geht, und je besser es ihm gelingt, ohne Furcht das zu sein, was die Vielschichtigkeit seiner Gefühle ausmacht, umso größer ist die Übereinstimmung mit sich selber. Es ist für Übungszwecke eine Skala entwickelt, die die Ausprägung von Echtheit aufzeigen soll: 1.) Es bestehen offensichtlich Widersprüche zwischen dem Erleben und Verhalten der BeraterIn. Sie bemüht sich, als Person ungreifbar zu bleiben und lenkt ab, wenn die KlientIn versucht, sich mit ihrer Person zu beschäftigen. 2.) Zwar lässt die BeraterIn keine Widersprüche zwischen Erleben und Verhalten erkennen, doch ist sie in ihrem Verhalten ganz von der professionellen Rolle bestimmt. Sie akzeptiert zwar, wenn sich die KlientIn mit ihrer Person beschäftigt, lässt aber nur das Problem der KlientIn gelten. Über ihre eigene Person gibt sie allenfalls kurze Sachinformationen. 3.) Grundstufe beraterischer Wirksamkeit!!! Das Verhalten der BeraterIn entspricht ihrer persönlichen Besonderheit. Es ist keinerlei Widerspruch zwischen Erleben und Verhalten erkennbar. Über ihr Erleben macht sie insofern vorsichtige Mitteilung, als die KlientIn danach fragt und es die beraterische Beziehung erfordert. 4.) Auch ohne direkten Anstoß durch die KlientIn gibt die BeraterIn im Hinblick auf deren Bedürfnisse - Einblick in ihr persönliches Erleben, ob es nun die beraterische Beziehung betrifft, durch die Äußerungen der KlientIn angeregt wird oder von außerhalb nachwirkt. Die BeraterIn wird so zumindest in Bereichen, welche die beraterische Beziehung berühren, in angemessener Weise durchsichtig. So teilt sie öfter ihre Gefühle gegenüber der KlientIn mit und verwendet sie z.b. zur Bearbeitung der beraterischen Beziehung. 5.) Die BeraterIn ist spontan in der Interaktion, sie gibt freien Einblick in ihr Erleben. Das Gespräch wird auf diese Weise zu einer wechselseitigen partnerschaftlichen Interaktion. Die Bedeutung von Kongruenz / Echtheit Die Einstellung, der KlientIn gegenüber echt zu sein, ihr als um Offenheit bemühte Person zu begegnen, ist von grundlegender Bedeutung, weil o die KlientIn nur dadurch, dass die BeraterIn ihr als Person begegnet, Vertrauen fassen kann, über sich selbst, ihre gefühlsmäßigen Erlebnisse und Probleme zu sprechen. o die KlientIn nur so angeregt wird, auch in ihrem Verhalten offener und echter zu sein, d.h. sich auch traut, schrittweise mehr sie selbst zu sein. o nur wenn die KlientIn die BeraterIn kongruent, also stimmig erlebt, wird sie auch die unbedingte Wertschätzung annehmen und erleben können. Umgekehrt wird die BeraterIn, die nicht kongruent ist, d.h. Erfahrungen abwehrt, der KlientIn ge- 5
6 genüber kaum unbedingte Wertschätzung und auch keine Empathie realisieren können. 6
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