Arbeit und psychische Gesundheit
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- Charlotte Frank
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 Arbeit und psychische Gesundheit Auftaktveranstaltung am in Stuttgart Modul 1 Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Dr. med Kay Großmann Leiter Gesundheitsmanagement Dr. Ing. h. c. Porsche AG Porschestraße Stuttgart 1
2 Modul 1: Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Überblick über das Referat Wie kommt es zu psychischen Problemen bei der Arbeit? Welches sind Hinweise, an denen man psychische Probleme/Erkrankungen bei einem Mitarbeiter erkennen kann? Wie führt man als Vorgesetzter bei einem betroffenen Mitarbeiter ein Gespräch? Welche Unterstützungsmaßnahmen sind für Mitarbeiter mit Problemen möglich? Wie nimmt man die Hilfe externer Facheinrichtungen in Baden-Württemberg in Anspruch? Wie schafft man für Mitarbeiter, die (unerkannt) an psychischen Problemen leiden, einen niedrigschwelligen Zugang zu Beratung und Hilfe (innerbetrieblich, außerbetrieblich)? Sonderfall: akute psychische Krise am Arbeitsplatz Wie betreibt man wirksame Stress-Prävention? 2
3 Modul 1: Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Wie kommt es zu psychischen Problemen bei der Arbeit? 3
4 Wie kommt es zu psychischen Problemen bei der Arbeit? Welches sind arbeitsbezogene und personenbezogene Ursachen? 1. arbeitsbezogene Ursachen 2. Personenbezogene Ursachen Die eine oder andere Seite kann (stark) überwiegen. Es geht nicht um Schuldzuweisung sondern um Problemlösung!
5 krankmachenden (pathogenen) Faktoren: Resilienz Quelle: Dr. Dorothea Mayer Health & Safety - München, Umgang mit psychisch belasteten Mitarbeitern
6 1. Arbeitsbezogene Ursachen: die Arbeit fordert viel und ist ungünstig strukturiert hohe Arbeitsbelastung, mangelnde Erholungspausen niedriger Handlungsspielraum, wenig Entscheidungsfreiheit wenig Anerkennung, wenig Prestige Ungerechtigkeiten, soziale Unsicherheiten
7 2. Personenbezogene Ursachen Hohe Verausgabungsbereitschaft im Beruf (Perfektionismus, Ehrgeiz, Idealismus). Erwartungen an den Beruf sind (unrealistisch?) hoch. Kränkbarkeit: Misserfolge im Arbeitsfeld und mangelnde Anerkennung durch andere werden als Kränkungen, als persönliche Niederlagen erlebt. Ängstlichkeit, Neigung zu depressiven Verstimmungen Einseitige Lebensgestaltung: Familie, Freunde, Freizeit kommen zu kurz. Erholungsfähigkeit ist unterentwickelt.
8 Wie äußern sich psychische Auffälligkeiten? Was sind Frühwarnzeichen? Umgang mit psychisch kranken Mitarbeitern
9 Zusammenhang zwischen sozialem Konflikt und Absentismus Sozialer Konflikt Schlafstörung Appetitlosigkeit Nervosität Konzentrationsschwäche Leistungs-, Motivationsdefizite Organfunktionsstörungen steigende Fehlerquote fehlende Erholungsfähigkeit Folgen für die Person: Folgen für das Unternehmen: Krankheit, Sucht, Arbeitsplatzverlust Wertschöpfungs-, Imageverlust, fehlende Innovation, Qualitätsmängel Umgang mit psychisch kranken Mitarbeitern
10 Welches sind Hinweise, an denen man psychische Probleme bei einem Mitarbeiter erkennen kann? anhaltende Änderungen in Persönlichkeit und Verhalten Vernachlässigung von Körperpflege und Kleidung unerklärliche und anhaltende Leistungsänderungen auffallender sozialer Rückzug, ungewohnte Niedergeschlagenheit und/oder Gereiztheit manchmal ein unbestimmtes Gefühl, dass sich ein Mitarbeiter eigenartig verändert hat Auffälligkeiten können natürlich andere Ursachen als Arbeit haben kein Fall gleicht dem anderen; Fehlinterpretationen können vorkommen 10
11 Welches sind Hinweise, an denen man psychische Probleme bei einem Mitarbeiter erkennen kann? (Teil 2) kein Fall gleicht dem anderen; Fehlinterpretationen können vorkommen Falls es sich um eine arbeitsbedingte psychische Beeinträchtigungen handelt, dann ist am häufigsten: depressive Verstimmung, Suchtproblematik oder Angststörung. Wenn körperliche Symptome (aus psychischer Ursache) ganz im Vordergrund stehen, spricht man von psychosomatischen Erkrankungen (z.b. bei chronischen Schmerzen ohne organischen Befund). 11
12 Die häufigsten psychischen Störungen Monatsprävalenz nach Diagnose Quelle: Wittchen HU & Jacobi 2001: Bundesgesundheitsblatt 2001; 44:
13 Welches sind Hinweise, an denen man psychische Probleme bei einem Mitarbeiter erkennen kann? (Teil 3) Symptome einer Depression Stimmungseinengung (Verlust der Fähigkeit zu Freude oder Trauer; Stimmung ist durch Worte nicht zu heben) Gefühl der Sinnlosigkeit Antriebshemmung (oft verbunden mit innerer Unruhe) oder Antriebssteigerung ( Arbeitswut oder sonstiges, soll angeblich vor allem für Männer typisch sein, verbunden mit Aggressivität) Konzentrationsstörungen Schlafstörungen Selbsttötungsgedanken evtl. körperliche Symptome (psychosomatisch) kein Fall gleicht dem anderen; Fehlinterpretationen können vorkommen 13
14 Modul 1: Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Wie führt man als Vorgesetzter bei Verdacht auf erhebliche psychische Probleme bei einem Mitarbeiter ein Gespräch? Erstgespräch Ungestörte Umgebung suchen; Gespräch unter 4 Augen Anlass für das Gespräch sachlich und ohne Vorwurf erläutern (nur faktische Leistungsdefizite, keine psychischen Auffälligkeiten beschreiben!) dabei Wertschätzung (Anerkennung des bisher Geleisteten), Fürsorge und Besorgnis zum Ausdruck bringen keine Interpretationen, keine Appelle 14
15 Modul 1: Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Wie führt man als Vorgesetzter bei Verdacht auf erhebliche psychische Probleme bei einem Mitarbeiter ein Gespräch? [Fortsetzung] Erstgespräch [Fortsetzung] Sichtweise des Mitarbeiters erfragen fragen, ob Hilfe benötigt wird, ob die Arbeit ein/das Problem ist ggfs. Hilfsangebote machen [nächste Folie] im Erstgespräch noch keinen Druck aufbauen, keine Konsequenzen auf Arbeitsverhältnis beschreiben evtl. betriebliche Personalpolitik allgemein erläutern (z.b.: Betrieb schätzt die Leistung der Mitarbeiter sehr. Betrieb hat ein Interesse am Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter und möchte die Mitarbeiter unterstützen. Etc.) Folgetermin fest vereinbaren (zeitnah) 15
16 Modul 1: Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Welche Hilfsangebote / Unterstützungsmaßnahmen sind für Mitarbeiter mit (bekanntgewordenen) Problemen möglich? betrieblicher Sozialdienst Betriebsarzt Betriebsseelsorge externes Coaching Qualifikationsangebote Therapieangebote Der Betriebsarzt kann den betroffenen Mitarbeiter beraten und speziellen Hilfsangeboten zuführen. Betriebsärzte sind vollständig der ärztlichen Schweigepflicht unterworfen! 16
17 Modul 1: Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Wie führt man als Vorgesetzter bei Verdacht auf erhebliche psychische Probleme bei einem Mitarbeiter ein Gespräch? Folgegespräch Gespräch evtl. im Beisein von Personalabteilung, Betriebsrat, Betriebsarzt, Sozialberatung, ggfs. die anhaltenden Probleme im Leistungsverhalten beschreiben (nur Fakten benennen) weiterhin Fürsorge zum Ausdruck bringen, zusätzlich aber auch Forderungen an den Mitarbeiter (Druck von Gespräch zu Gespräch steigern) 17
18 Modul 1: Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Wie führt man als Vorgesetzter bei Verdacht auf erhebliche psychische Probleme bei einem Mitarbeiter ein Gespräch? Folgegespräch [Fortsetzung] erneut Sichtweise des Mitarbeiters erfragen Arbeitsplatzbezogene Hilfsangebote machen (Was benötigen Sie zur Bewältigung der Arbeit bzw. zum erfolgreichen Arbeiten?). Verbesserungen im Arbeitsverhalten gemeinsam festlegen (Was können Sie beitragen?) evtl. auch personenbezogene Hilfsangebote machen und den Mitarbeiter ermutigen, diese auch anzunehmen möglichst konkrete, überprüfbare Vereinbarungen treffen; Folgetermin fest vereinbaren 18
19 Modul 1: Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Wie schafft man für Mitarbeiter, die (unerkannt) an psychischen Problemen leiden, einen niedrigschwelligen Zugang zu Beratung und Hilfe? Hintergrund / Rahmenbedingungen: begrenzte Ressourcen der gesetzlichen Krankenversicherung gewisse Hemmung vieler Mitarbeiter, sich mit Problemen an die Personalabteilung zu wenden Tradition / Situation des Unternehmens (Positivbeispiel: gute wirtschaftliche Lage, fürsorgliche Personalpolitik. Negativbeispiel: bedrohliche Krise des Unternehmens, Personal muss reduziert werden.) 19
20 Modul 1: Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Wie schafft man für Mitarbeiter, die (unerkannt) an psychischen Problemen leiden, einen niedrigschwelligen Zugang zu Beratung und Hilfe? Lösungsvarianten (alternativ oder ergänzend) 1. Externe (und für den Betrieb völlig anonyme) Mitarbeiterberatung per Employee Assistance Program 2. Schaffung innerbetrieblicher Strukturen (siehe nächste Folie) 20
21 Modul 1: Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Wie schafft man für Mitarbeiter, die (unerkannt) an psychischen Problemen leiden, einen niedrigschwelligen Zugang zu Beratung und Hilfe? 2. Schaffung innerbetrieblicher Strukturen Betriebsarzt und betriebliche Sozialberatung nutzen (nötigenfalls qualifizieren), Vertraulichkeit sichern. Sprechstunde Psychische Gesundheit in den Räumen des Betriebs. Dazu wird oft unter schweigepflichtgeschützter Vermittlung durch den Betriebsarzt ein externer Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie bzw. ein Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie hinzugezogen. Alternative: ein erfahrener Betriebsarzt über nimmt die Aufgabe selbst. Angebot einer zeitnahen Vermittlung von Gesprächsterminen in Praxisräumen eines Psychotherapeuten oder Psychologen. Vermittlung am besten schweigepflichtgeschützt durch den Betriebsarzt. Finanzierung auf Kosten des Unternehmens, evtl. mit Eigenbeteiligung des Mitarbeiters. 21
22 Definition einer Krise: entsteht, wenn ein Mensch sich auf dem Weg zu wichtigen Lebenszielen einem Hindernis gegenübersieht, das er im Augenblick mit seinen üblichen Problemlösungsmethoden nicht bewältigen kann. Symptomatik: Zunächst kommt es zu einem Spannungsanstieg, Die Betroffene befindet sich in einem Zustand erhöhter Verletzlichkeit & Verunsicherbarkeit Der Patient mit dem Auftreten des körperlichen Symptoms eine emotionale Entlastung erfährt. Angst, Unruhe, Depressivität, Suizidalität, Schlafstörungen, Quelle: Psychotherapie, S , 2. Auflage Springer Verlag, 2000 Trauer u. versch. Somatisierungen, Gefühlen von Ohnmacht & Überforderung. Krisen: Defintionen, Symptomatik, Stadien, Verlauf
23 Modul 1: Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Sonderfall: akute psychische Krise am Arbeitsplatz Szenario: Mitarbeiter (Kunde, Klient, Geschäftspartner) mit Erregungs- und Verwirrtheitszuständen Angst-, Panikattacken Suizid(Selbsttötungs)-Ankündigungen Vorgehensweise: sich Zeit nehmen, unnötig anwesende Dritte wegschicken, Hilfe rufen (Betriebsarzt, Notarzt, Sozialberatung, Polizei, ) Suizid(Selbsttötungs)-Ankündigungen ernst nehmen Betroffenen anhören, beruhigen, sich in seine Situation hineindenken, Akzeptanz der Angst durchhalten bis Hilfe eintrifft 23
24 Interventionen Quelle: Dr. Dorothea Mayer Health & Safety - München, Umgang mit psychisch belasteten Mitarbeitern
25 Modul 1: Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Prävention Arbeitsorganisation, Stressprävention (klare (ausführlich in Modul 3) Zuständigkeiten, gute Information, Einbeziehung der Mitarbeiter in Entscheidungen, Handlungsfreiheit) Schulung der Führungskräfte und der Mitarbeiter ( Stresspräventionskultur ) Betriebliche Gesundheitsförderung (Arbeitskreis Arbeit und Gesundheit, Gesundheitszirkel, ) Betriebsklima pflegen, Kultur der Anerkennung für geleistete Arbeit Körperliche Bewegung (mäßig, regelmäßig), gute Ernährung, genügend Schlaf, Alkohol begrenzen Selbstfürsorge (Freizeit, Sport, Freunde, Familie) 25
26 Psychische Störungen sind Krankheiten Behandeln Sie Mitarbeiter mit psychischen Krankheiten genauso wie Mitarbeiter mit körperlichen Krankheiten. Umgang mit psychisch kranken Mitarbeitern
27 Modul 1: Psychische Probleme bei der Arbeit bewältigen Fazit Vorbeugende Verhältnis- und Verhaltensprävention, damit psychische Probleme gar nicht erst entstehen. 27
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