Gewinnanspruchsrecht der Miterben
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- Julian Lichtenberg
- vor 7 Jahren
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1 Gewinnanspruchsrecht der Miterben SLTV Weiterbildungsveranstaltung Olten, 2. November 2012 RA Pius Koller Agenda worüber wir heute sprechen 0. Vorstellung Referent 1. Berührungspunkte Gewinnanspruchsrecht 2. Die gesetzliche Regelung 3. Vertragsgestaltung 4. Beispiele SLTV, Folie 2 1
2 0. Vorstellung Referent Pius Koller Landwirtschaft und Recht Studer Anwälte und Notare Landwirt Ing. Agr. HTL Rechtsanwalt viel Landwirtschaftsrecht beratend, prozessierend verheiratet, 2 Söhne SLTV, Folie 3 1. Berührungspunkte Gewinnanspruchsrecht Die Rede vom Gewinnanspruchsrecht ist bei Erbteilungen Veräusserungen Bauland Zweckentfremdungen nichtlandwirtschaftlichen Nebenbetrieben Investitionen Steuerangelegenheiten usw. SLTV, Folie 4 2
3 2. Die gesetzliche Regelung bürgerliches Erbrecht Art. 619 ZGB Für die Übernahme und Anrechnung von landwirtschaftlichen Gewerben und Grundstücken gilt das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht. SLTV, Folie 5 2. Die gesetzliche Regelung bäuerliche Erbteilung Erbteilung und Gewinnanspruchsrecht bürgerliche Erbteilung (Art. 602 ff. ZGB) bäuerliche Erbteilung (ZGB + BGBB) Übernahme und Anrechnung von landwirtschaftlichen Gewerben und Grundstücken BGBB Erbteilung (Art. 11 ff. BGBB) Gewinnanspruch der Miterben (Art. 28 ff. BGBB) SLTV, Folie 6 3
4 2. Die gesetzliche Regelung Übersicht BGBB Relevante Normen für das Gewinnanspruchsrecht Art. 2 BGBB allgemeiner Geltungsbereich Art. 3 BGBB besonderer Geltungsbereich Art. 28 ff. BGBB erbrechtlicher Gewinnanspruch Art. 37 BGBB Auflösung Mit- oder Gesamteigentum Art. 41 BGBB vertraglicher Gewinnanspruch Art. 53 BGBB Gewinnanspruch bei Vorkaufsfall Art. 75 BGBB Ausnahme Belastungsgrenze Art. 94 BGBB Übergangsrecht Exkurs: Art. 212 Abs. 3 ZGB SLTV, Folie 7 2. Die gesetzliche Regelung allgemeiner Geltungsbereich Art. 2 Abs. 1 BGBB Landwirtschaftliche Grundstücke: a. ausserhalb einer Bauzone nach Art. 15 RPG b. landwirtschaftliche Nutzung zulässig Art. 2 Abs. 2 BGBB a. Gewerbezentrum in Bauzone plus Umschwung b. Waldgrundstücke zu einem landw. Gewerbe gehörend c. Grundstücke teilweise in Bauzone, nicht parzelliert d. Grundstücke mit gemischter Nutzung SLTV, Folie 8 4
5 2. Die gesetzliche Regelung besonderer Geltungsbereich Art. 3 Abs. 3 BGBB Die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Gewinnanspruch gelten für alle Gewerbe und Grundstücke, die der Veräusserer zur landwirtschaftlichen Nutzung erworben hat. SLTV, Folie 9 2. Die gesetzliche Regelung vertraglicher Gewinnanspruch Art. 41 Abs. 1 BGBB Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Veräusserer eines landwirtschaftlichen Gewerbes oder Grundstücks Anspruch auf den Gewinn hat, wenn diese weiterveräussert werden. Dieser Anspruch untersteht den Bestimmungen über den Gewinnanspruch der Miterben, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. SLTV, Folie 10 5
6 2. Die gesetzliche Regelung kein vertraglicher Gewinnanspruch Art. 41 Abs. 2 BGBB Wird ein landwirtschaftliches Gewerbe oder Grundstück zu einem Preis unter dem Verkehrswert veräussert, ohne dass ein Gewinnanspruchsrecht vereinbart worden ist, so bleiben zum Schutz der Erben die Bestimmungen über die Ausgleichung und die Herabsetzung vorbehalten. Die Klage auf Herabsetzung und Ausgleichung verjährt nicht, solange der Gewinn nicht fällig ist (Art. 30). SLTV, Folie Die gesetzliche Regelung Übergangsrecht Art. 94 Abs. 3 BGBB Ein bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestehender gesetzlicher oder vertraglicher Gewinnanspruch behält auch unter dem neuen Recht seine Gültigkeit. Soweit vertraglich nichts Abweichendes vereinbart worden ist, richten sich jedoch Fälligkeit und Berechnung nach dem Recht, das im Zeitpunkt der Veräusserung gilt. Die Zuweisung eines landwirtschaftlichen Grundstücks zu einer Bauzone (Art. 29 Abs. 1 lit. c) gilt nur dann als Veräusserung, wenn der Beschluss über die Einzonung nach Inkrafttreten dieses Gesetzes ergeht. SLTV, Folie 12 6
7 2. Gesetzliche Regelung Zwischenfazit Relevanter Sachverhalt alt- oder neurechtliches Gewinnanspruchsrecht Übergangsrecht Geltungsbereich BGBB gesetzliches oder vertragliches Gewinnanspruchsrecht Tatbestand, der Gewinnanspruch auslöst Berechtigte(r) SLTV, Folie Gesetzliche Regelung erbrechtlicher Gewinnanspruch: Grundsatz Art. 28 Abs. 1 BGBB Wird einem Erben bei der Erbteilung ein landwirtschaftliches Gewerbe oder Grundstück zu einem Anrechnungswert unter dem Verkehrswert zugewiesen, so hat jeder Miterbe bei einer Veräusserung Anspruch auf den seiner Erbquote entsprechenden Anteil am Gewinn. SLTV, Folie 14 7
8 2. Gesetzliche Regelung erbrechtlicher Gewinnanspruch: Grundsatz Art. 28 Abs. 2 BGBB Jeder Miterbe kann seinen Anspruch selbständig geltend machen. Dieser ist vererblich und übertragbar. SLTV, Folie Gesetzliche Regelung erbrechtlicher Gewinnanspruch: Grundsatz Art. 28 Abs. 3 BGBB Der Anspruch besteht nur, wenn der Erbe das landwirtschaftliche Gewerbe oder Grundstück innert 25 Jahren seit dem Erwerb veräussert. SLTV, Folie 16 8
9 2. Gesetzliche Regelung erbrechtlicher Gewinnanspruch: Veräusserung Art. 29 Abs. 1 BGBB a. Verkauf und verkaufsähnliches Geschäft b. Enteignung c. Zuweisung zu einer Bauzone (Ausnahme Art. 2 Abs. 2 lit. a BGBB) d. Zweckentfremdung, ausser Wohnnutzung durch Veräusserer, der Betrieb 10 Jahre geführt hat und diesen nun aufgibt SLTV, Folie Gesetzliche Regelung erbrechtlicher Gewinnanspruch: Veräusserung Art. 29 Abs. 2 BGBB a. Abschluss Kaufvertrag oder verkaufsähnlicher Vertrag b. Einleitung Enteignungsverfahren c. Einleitung des Verfahrens auf Zuweisung in Bauzone (vgl. Urteil BGer 5A_816/2010) d. Abschluss Geschäft, das nichtlandwirtschaftliche Nutzung erlaubt oder die Handlung, welche die Nutzungsänderung bewirkt SLTV, Folie 18 9
10 2. Gesetzliche Regelung erbrechtlicher Gewinnanspruch: Fälligkeit Art. 30 BGBB a. bei Verkauf oder Enteignung bei Fälligkeit der Gegenleistung b. bei Zuweisung zu einer Bauzone im Zeitpunkt der Veräusserung oder der Nutzung als Bauland, spätestens aber nach 15 Jahren seit rechtskräftiger Einzonung c. bei Zweckentfremdung mit der Handlung, die die Zweckentfremdung bewirkt SLTV, Folie Gesetzliche Regelung Gewinnberechnung Art. 31 Abs. 1 BGBB (Grundsatz) Der Gewinn entspricht der Differenz zwischen dem Veräusserungs- und dem Anrechnungswert. Wertvermehrende Aufwendungen am landwirtschaftlichen Gewerbe oder Grundstück kann der Erbe zum Zeitwert abziehen. SLTV, Folie 20 10
11 2. Gesetzliche Regelung konkrete Gewinnberechnung Art. 31 Abs. 1 BGBB (Grundsatz) Verkaufserlös./. Anrechnungswert./. Veräusserungskosten (Makler, Notar, Grundbuch, Steuern, weitere Abgaben?, Treuhänder?, Anwalt? usw.) = Bruttogewinn./. wertvermehrende Investitionen./. Realersatz (Art. 32 BGBB)./. Ausbesserungen und Ersatz für Bauten und Anlagen (Art. 33 BGBB) = Nettogewinn./. 2 % Besitzesdauerabzug pro volles Jahr (Art. 31 Abs. 4 BGBB) = teilbarer Gewinn SLTV, Folie Gesetzliche Regelung konkrete Gewinnberechnung Art. 31 Abs. 3 BGBB (Ausnahme) Bei der Zweckentfremdung beträgt der Gewinn das Zwanzigfache des tatsächlichen oder möglichen jährlichen Ertrags der nichtlandwirtschaftlichen Nutzung. SLTV, Folie 22 11
12 2. Gesetzliche Regelung konkrete Gewinnberechnung Art. 31 Abs. 3 BGBB (Ausnahme) Nettoertrag aus nichtlandwirtschaftlicher Nutzung./. Nettoertrag aus landwirtschaftlicher Nutzung x 20 = Nettogewinn Weitere Abzüge? Anrechnungswert nein wertvermehrende Investitionen evtl. Abzug für Realersatz evtl. Abzug für Verbesserung und Ersatz von Bauten und Anlagen ja Besitzesdauerabzug ja SLTV, Folie Gesetzliche Regelung Aufhebung oder Änderung des Gewinnanspruchs Art. 35 BGBB Der gesetzliche Gewinnanspruch kann durch schriftliche Vereinbarung aufgehoben oder geändert werden. SLTV, Folie 24 12
13 2. Gesetzliche Regelung Aufhebung oder Änderung des Gewinnanspruchs Art. 35 BGBB (Aufhebung oder Änderung) zu Lebzeiten durch den Erblasser (problematisch) durch die Miterben (unproblematisch) durch den Verkäufer (Art. 41 Abs. 1 BGBB) (problematisch) Ausgleichung/Herabsetzung SLTV, Folie Vertragsgestaltung Gewinnanspruchsrecht im Alltag Mögliche Anwendungsfälle vollständiger Verzicht im Hofkaufvertrag Art. 41 Abs. 2 BGBB teilweiser Verzicht im Hofkaufvertrag Art. 41 Abs. 2 BGBB (?) vollständiger oder teilweiser Verzicht im Erbvertrag Ausgleichung/Herabsetzung (?) Erlass in letztwilliger Verfügung Ausgleichung/Herabsetzung SLTV, Folie 26 13
14 3. Vertragsgestaltung Gewinnanspruchsrecht im Alltag Konsequenzen bedenken/besprechen Gewinnanspruchsrecht gilt i.d.r. 25 Jahre Ausdehnung Frist (z.b. 75 Jahre) nichtige Klausel? Verzicht Abrechnung bei der Erbteilung (gilt auch beim Erbauskauf) Reduktion Relevanz Ausgleichung/Herabsetzung? Einbezug der Miterben (Ehegatte und Kinder) SLTV, Folie Beispiele Modifikation Gewinnanspruch Erbteilungsvertrag (einfache Schriftlichkeit) Entgegen Art. 28 Abs. 2 BGBB ist das Gewinnanspruchsrecht nicht vererblich und darf nicht an Dritte übertragen werden. Die 25-Jahresfrist beginnt ab Teilungsdatum (1. Juli 2000). Bei der Gewinnberechnung sind die allfällig anfallenden Steuern und Beiträge an die Sozialversicherungen vom Verkaufserlös abzuziehen. SLTV, Folie 28 14
15 4. Beispiele Modifikation Gewinnanspruch Art. 28 Abs. 1 BGBB Wird einem Erben bei der Erbteilung ein landwirtschaftliches Gewerbe oder Grundstück zu einem Anrechnungswert unter dem Verkehrswert zugewiesen, so hat jeder Miterbe bei einer Veräusserung Anspruch auf den seiner Erbquote entsprechenden Anteil am Gewinn. Art. 28 Abs. 2 BGBB Jeder Miterbe kann seinen Anspruch selbständig geltend machen. Dieser ist vererblich und übertragbar. SLTV, Folie Beispiele Präzisierung Gewinnanspruch Kaufvertrag (landwirtschaftliches Gewerbe) Das Gewinnanteilsrecht bleibt auch bestehen, wenn der Übernehmer die Kaufsobjekte an einen Nachkommen abgetreten hat und die Kaufsobjekte von diesem weiterveräussert werden. SLTV, Folie 30 15
16 4. Beispiele Einzonung in Wohnzone Sachverhalt (Gewinnanspruch nach BGBB vereinbart) Eine Teilfläche von m 2 eines landwirtschaftlichen Grundstücks ohne Gebäude wird 15 Jahre nach der Hofübernahme am 1. April 2012 rechtskräftig in die Bauzone (Wohnzone) umgezont. Das Zonenplanverfahren wurde am 1. Juli 2009 eingeleitet. Das Bauland wird weiterhin landwirtschaftlich genutzt und während 15 Jahren nicht verkauft. SLTV, Folie Beispiele Einzonung in Wohnzone Art. 29 Abs. 1 BGBB (Veräusserung) c. die Zuweisung zu einer Bauzone, ausser sie betreffe ein landwirtschaftliches Grundstück, das dem bäuerlichen Bodenrecht unterstellt bleibt (Art. 2 Abs. 2 lit. a) SLTV, Folie 32 16
17 4. Beispiele Einzonung in Wohnzone Art. 30 BGBB (Fälligkeit) b. bei Zuweisung eines landwirtschaftlichen Grundstücks zu einer Bauzone im Zeitpunkt der Veräusserung oder der Nutzung als Bauland, spätestens aber nach 15 Jahren seit der rechtskräftigen Einzonung. SLTV, Folie Beispiele Einzonung in Wohnzone Fragen Veräusserungstatbestand erfüllt? Massgebender Wert des Baulands? im Zeitpunkt der Einleitung der Zonenplanung? im Zeitpunkt der rechtskräftigen Einzonung? im Zeitpunkt des Ablaufs der 15-Jahresfrist? Besitzesdauerabzug? massgebende Jahre für die Berechnung? SLTV, Folie 34 17
18 5. Diskussion worüber Sie sprechen möchten Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit. SLTV, Folie 35 Anhang Sicherung des Gewinnanspruchs Art. 34 Abs. 2 BGBB Der Berechtigte kann jederzeit, spätestens aber bis zum Zeitpunkt der Veräusserung des Gewerbes oder Grundstücks, eine vorläufige Eintragung des Pfandrechts ohne Angabe des Pfandbetrags im Grundbuch vormerken lassen. Die vorläufige Eintragung bewirkt, dass das Recht für den Fall einer späteren Feststellung vom Zeitpunkt der Vormerkung an dinglich wirksam wird. SLTV, Folie 36 18
19 Anhang Sicherung des Gewinnanspruchs Vormerkung Gewinnanspruchsrecht Gewinnanspruch besteht auch ohne Vormerkung im Grundbuch Vormerkung Pfandrecht (ohne Angabe Pfandbetrag) im Grundbuch Vormerkung = dingliche Sicherung des Gewinnanspruchs (Pfandhaft analog Bauhandwerkerpfand) Vormerkung ist vorläufig und fällt dahin, wenn der Berechtigte nicht innert dreier Monate seit Kenntnis der Veräusserung die definitive Eintragung verlangt. SLTV, Folie 37 Anhang Kiesabbauzone Sachverhalt (Gewinnanspruch nach BGBB vereinbart) Ein landwirtschaftliches Grundstück (Landwirtschaftszone) im Halte von 4 ha wird 17 Jahre nach der Hofübernahme in die Kiesabbauzone umgezont. Der Kiesabbau beginnt 3 Jahre später und dauert 8 Jahre. SLTV, Folie 38 19
20 Anhang Kiesabbauzone Art. 29 Abs. 1 BGBB (Veräusserung) c. die Zuweisung zu einer Bauzone d. der Übergang von einer landwirtschaftlichen zu einer nichtlandwirtschaftlichen Nutzung SLTV, Folie 39 Anhang Kiesabbauzone Fragen Kiesabbauzone = Bauzone? Zweckentfremdung? Wenn ja, in welchem Zeitpunkt? Staffelung Kiesabbau? Zeitpunkt Einräumung Personaldienstbarkeit an Kieswerk? SLTV, Folie 40 20
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