Lungenarterienembolie (LE) Abklärung und Therapie
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- Jacob Voss
- vor 7 Jahren
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1 KLINIK UND POLIKLINIK FÜR INNERE MEDIZIN I Lungenarterienembolie (LE) Abklärung und Therapie Gebiet: Intensivmedizin Ausrichtung: diagnostisch therapeutisch Version: Gültig ab: Revision: Verfasser: Geprüft: Genehmigt: 3.0 (7 Seiten) AM BS JS (2.0) Definition LE: Verschluss der arteriellen Strombahn der Lunge durch Einschwemmung eines Thrombus (selten Luft, Fett, Gewebe). Zielpunkte: Diagnostik Risikostratifizierung Lyse/Embolektomie Intensivüberwachung Antikoagulation Epidemiologie Inzidenz ca. 60/ /a; Letalität 7 % - 11 % Anmerkungen: - Bei proximaler TVT ist in 50 % d. F. (eine meist asymptomatische) LE nachweisbar. - Bei LE ist in 70 % d. F. bei exzess. Diagnostik eine Thrombose der unteren Extremitäten nachweisbar. - Bei LE sind in % d. F. sonographisch Thrombosen nachweisbar. Anamnese: Bestimmung des Risikos: Hoch (OR > 10): Fraktur oder TEP-Einbau untere Extremität, großer chirurg. Eingriff, schweres Trauma, RM-Verletzung Mittel (OR >2): Arthroskopie (Knie), ZVK / Sheldon-Katheter, Chemotherapie, chron. Herzinsuff. oder chron. Lungenerkrankung, orale Kontrazeptiva / Hormonersatztherapie (v.a. in Verbindung mit Zigarettenkonsum), maligne Grunderkrankung, Postpartum, Z.n. Schlaganfall mit Paralyse, bekannte Thrombophilie, LE oder TVT in der Vergangenheit Gering (OR < 2) Bettlägerigkeit, Immobilisation (Flugreisen ), Alter, Adipositas, Varikosis, Heparintherapie (HIT II), Antepartum, laparoskopische Operation Aktuelle Anamnese (problemorientiert): - Dyspnoe (evtl. liegend geringer) - Pleuritischer Thoraxschmerz (evtl. atemabhängig, meist schlagartiger Beginn) - Kollaps/Synkope - Herzrasen / Herzstolpern - Angst und Beklemmungsgefühl - Husten - Hämoptysen - Schwindel
2 Aber: - In 30 % der Fälle ist bei einer LE kein Nachweis von Risikofaktoren möglich. - In 90 % der Fälle liegt mindestens eines der drei Symptome (thorakaler Schmerz, Tachypnoe Dyspnoe) vor. Körperliche Untersuchung: - Vitalparameter: Blutdruck, Herzfrequenz, Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung - Dyspnoe - Halsvenenstauung - Positiver Hepatojugulärer Reflux - Auskultatorisch RG - Auskultatorisch Pleurareiben - Aber: oft blande Befunde!! Basis-Diagnostik - Labor: D-Dimer, Troponin, BNP, Blutbild, LDH - arterielle BGA - EKG: Sinustachykardie, Herzrhythmusstörungen (Extrasystolen, VHF), S I Q III -Typ, S I S II S III -Typ, Lagetypänderung nach rechts, inkompletter Rechtsschenkelblock, ST-Hebung mit terminal negativem T in Ableitung III, T-Negativierung rechtspräkordial - Röntgen Thorax - Echokardiographie - Duplex-Sonographie ggfs. Nachweis einer Thrombose - Die Basisdiagnostik hat eher fakultativen Charakter (Ausnahme D-Dimer, s.u.) und ist v.a. zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen und Risikostratifikation wichtig und ist nicht geeignet eine Lungenembolie auszuschließen (Ausnahme D-Dimer, s.u.). Bestimmung der klinischen Wahrscheinlichkeit Variable Modifizierter Genfer Score Punkte Alter > 65 Jahre 1 Venöse Thrombose oder LE in der Vergangenheit 3 Operation oder Knochen-Fraktur innerhalb des letzten Monats 2 Aktive Tumorerkrankung 2 Unilaterale Schmerzen an unteren Extremitäten 3 Hämoptysen 3 Herzfrequenz pro Minute 95 oder mehr pro Minute 3 5 Schmerzen bei Palpation der unteren Extremitäten und einseitiges Beinödem 4 Wahrscheinlichkeit einer LE Punkte Niedrig (8 %) 0-3 Mittel (29 %) 4-10 Hoch (74 %) > 10 - Ebenso können zur Risikostratifikation andere Scores, wie z. B. der Wells-Score verwendet werden.
3 Risikostratifikation Frühe Mortalität Hypotension / Schock a) RV-Dysfunktion b) Myokard- Schaden c) Ort der Behandlung Hohes Risiko Hoch > 15 % (<10 % d. F.) / - / - Intensivstation (Thrombolyse / Embolektomie) Nicht hohes Risiko Mittel < 15 % (50 % d. F.) Normalstation Niedrig < 1 % Ambulant möglich ad a) RR sys < 90 mmhg oder ein Druckabfall von 40 mmhg (Ausschluss anderer Ursachen: Hypovolämie, Sepsis, Arrhythmie) ad b) BNP-Erhöhung; erhöhter Druck im RV (Katheteruntersuchung); RV-Dilatation in CT; Dilatation, Hypokinesie oder Druckbelastung des RV, EKG-Zeichen der Rechtsherzbelastung, Halsvenenstauung (bei Ausschluss Mediastinaltumor und Perikardtamponade) ad c) Troponin-Erhöhung
4 Strategie bei Verdachtsdiagnose: 1. Hohes Risiko (Hypotonie oder Schock)? CT sofort verfügbar Nein TTE: Zeichen der Rechtsherzbelastung? Ja MD-CT: Lungenembolie? Nein Suche and. Ursachen Thrombolyse / Embolektomie nicht gerechtfertigt Ja Patient instabil oder keine weiteren Tests verfügbar Ja: Thrombolyse / Embolektomie gerechtfertigt - Zur weiteren Diagnostik kann bei fehlendem CT ein TEE erwogen werden, um den Thrombus direkt nachzuweisen.
5 2. Falls nicht High Risk: Evaluation der Wahrscheinlichkeit (z.b. mittels mod. Genfer Score) niedrig / mittel D-Dimer Bestimmung hoch Mehrzeilen (MD)-CT Positiv MD-CT Negativ keine LE Positiv LE gesichert Negativ Keine LE o. weitere Diagnostik - Falls kein Mehrzeilen-CT zur Verfügung ist bei negativem Ergebnis im Einzeiler-CT zum Ausschluss einer LE zusätzlich eine Sonographie der proximalen unteren Extremität erforderlich. - Bei erhöhten Nierenretentionsparametern sollte eine Ventilations-Perfusionsszintigraphie erwogen werden (nachts in Regensburg nur Perfusionsszintigraphie möglich, daher zusätzlich Röntgen Thorax erwägen, um Ventilationsstörungen als Ursache der Perfusionsstörung unwahrscheinlicher zu machen) - In den sehr seltenen Fällen, dass trotz hoher Wahrscheinlichkeit in der CT keine Lungenembolie nachgewiesen werden kann (und keine andere Ursache) gefunden wird, evtl. zusätzliche Diagnostik erwägen, wie Sonographie, Ventilations-Perfusionsszintigraphie oder evtl. Pulmonalisangiographie.
6 Akuttherapie: 1. Hohes Risiko - Thrombolyse oder Embolektomie? Vor Thrombolyse Ausschluss von Kontraindikationen, jedoch können absolute Kontraindikation der akuten Thrombolyse bei lebensbedrohlicher akuter Lungenembolie und fehlenden therapeutischen Alternativen zu relativen Kontraindikationen werden (z.b. GI-Blutung innerhalb des letzten Monats) Mögliche Therapieregimes Streptokinase IU über 30 min anschließend IU/h für 12h-24h; Alternativ: IU über 2h Urokinase IU/kg über 10 min; anschließend IU/kg/h für 12-24h; Alternativ: IU über 2h rtpa 100 mg über 2h; Alternativ: 0,6 mg/kg über 15 min (maximal 50 mg) Kontraindikationen Absolut Relativ Hirnlutung oder Schlaganfall unklarer TIA in den letzten 6 Monaten Ursache in der Anamnese Ischämischer Schlaganfall in den Orale Antikoagulation letzten 6 Monaten Hirnkrankheit oder Hirntumor Schwangerschaft und Wochenbett Größere Unfälle, größere chir. Eingriffe in den letzten 3 Wochen Gastrointestinale Blutung im letzten Monat Bekannte Blutgerinnungsstörung Aortendissektion Nicht kompressible Punktionen Traumatische Reanimation Therapierefraktäre Hypertonie (RRsys>180 mmhg) Fortgeschrittene Lebererkrankung Infektiöse Endokarditis Floride Ulcuskrankheit - Chirurgische Thrombektomie Bei Patienten mit absoluten KI für Thrombolyse oder erfolgloser Thrombolyse erwägen. Eine vorangegangene Thrombolyse ist keine absolute Kontraindikation. - Perkutane Katheter-Embolektomie Mögliche Alternative zur chirurg. Thrombektomie 2. Nicht Hochrisiko Thrombolyse auch Möglichkeit der Therapie bei ausgewählten Patienten bei Fehlen aller Lyse- Kontraindikationen und mittlerem Risiko (hämodynamisch stabil, aber RV-Dysfunktion und/oder Myokardschaden) Standard: - Niedermolekulare Heparine 1. Wahl, (gewichtsadaptiert, CAVE: Niereninsuffizienz und Kontrolle der Thrombozytenzahl [HIT]) Normalerweise kein Monitoring erforderlich, jedoch bei Niereninsuffizienz und Schwangerschaft empfohlen (4 Stunden nach morgendlicher Injektion sollte anti-xa zwischen 0,6-1,0 IU/ml gemessen werden) - Fondaparinux als mögliche Alternative zu niedermolekularen Heparinen (gewichtsadaptiert, CAVE: Niereninsuffizienz, nur einmalige Gabe; geringeres HIT-Risiko,)
7 - Unfraktioniertes Heparin 2. Wahl (auch bei Niereninsuffizienz möglich, höheres HIT-Risiko) Bolus: 80 U/kg; anschließend 18 U/kg/h; PTT-Kontrolle 4h-6h nach Bolusgabe und 3h nach weiteren Dosisanpassungen; Kontrolle mittels aptt Langzeit-Therapie Die Langzeittherapie erfolgt in der Regel (Ausnahme siehe Tabelle) mit Vitamin K-Antagonisten (VKA); hierbei sollte die Ziel- INR zwischen 2,0-3,0 liegen; NMH, Fondaparinux bzw unfraktioniertes Heparin erst beenden, nachdem INR 2 Tage im Zielbereich liegt. Bei Patienten mit LZ-Therapie mittels Vitamin K-Antagonisten sollte in regelmäßigen Abständen, eine Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Reversibler Risikofaktor beseitigt Unprovozierte Lungenembolie Empfehlungen zur Therapiedauer Für 3 Monate VKA Für mind. 3 Monate VKA Erste Episode einer unprovozierten LE, geringes Blutungsrisiko,stabile Antikoagulation möglich Zweite Episode einer unprovozierten LE Lungenembolie bei Tumorerkrankung LZ-Therapie VKA LZ-Therapie VKA 3-6 Monate NMH, anschließend LZ-Therapie oder bis Heilung VKA Weitere (optionale) Abklärung: - Sonographie Beinvenen (soweit noch nicht erfolgt) - Thrombophiliediagnostik - Tumorsuche Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Regensburg, Verfasser arno.mohr@klinik.uni-regensburg.de Hausfunk: 1523 Literatur AWMF Leitlinien: Internationale Leitlinien: Aktuelle Übersichtsartikel: Leitlinien Angiologie: Diagnostik und Therapie der Bein- und Beckenvenenthrombose und LE (keine) Simon J. McRae and Jeffrey S. Ginsberg: Update in the diagnosis of deepvein thrombosis and pulmonary Embolism. Current Opinion in Anaesthesiology 2006; 19: Andrew D Blann, Gregory Y H Lip: Venous thromboembolism. BMJ 2006; 332: P. Wacker, R. Wacker: Lungenarterienembolie aktuelle Diagnostik. Dtsch Med Wochenschr 2005; 130: P. Wacker, R. Wacker: Lungenarterienembolie aktuelle Therapie. Dtsch Med Wochenschr 2005; 130: Empfehlungen ohne Gewähr, Verantwortung liegt bei behandelnder Ärztin/Arzt!
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