Lebenshilfe Nordrhein-Westfalen. Vorsorgevollmacht Patientenverfügung Betreuungsverfügung. - Schriftreihe Lebenshilfe NRW - Gemeinsam Zusammen Stark

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1 Lebenshilfe Vorsorgevollmacht Patientenverfügung Betreuungsverfügung - Schriftreihe Lebenshilfe NRW -

2 Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung, Begriffe die fast jeder kennt, mit denen aber die unterschiedlichsten Vorstellungen verbunden sind. Um was handelt es sich also bei einer Betreuungsverfügung, einer Patientenverfügung und bei einer Vorsorgevollmacht? Vorsorgevollmacht Die Vorsorgevollmacht ist, wie der Name bereits sagt, eine spezielle Vollmacht. Mit dieser Vollmacht wird eine andere Person bevollmächtigt, aufgrund des Hilfebedarfs des Vollmachtgebers in dessen Namen bestimmte Aufgaben zu erledigen und Rechtsgeschäfte abzuschließen. Mit der Vorsorgevollmacht kann damit einer künftigen Notsituation vorgebeugt werden. Der Vollmachtgeber sorgt für den Fall vor, dass er seine Rechtsgeschäfte nicht mehr selbst, z.b. aufgrund von Krankheit oder Behinderung, besorgen kann. Hierzu bestimmt er eine Person, die in seinem Namen Verträge abschließen und Willenserklärungen abgeben kann. Beispiel Herr Schmidt wohnt in einem Altersheim und erteilt seiner Tochter Rita eine Vorsorgevollmacht. Darin steht: Ich erteile meiner Tochter Rita umfassende Vollmacht, mich in allen Angelegenheiten zu vertreten. Einige Zeit später erleidet Herr Schmidt einen Schlaganfall. Minderjährige brauchen keine Vorsorgevollmacht, da die gesetzlichen Vertreter (Eltern) die rechtlichen Angelegenheiten des Kindes bzw. Jugendlichen regeln können. Voraussetzung der Erteilung einer Vorsorgevollmacht ist, dass der Vollmachtgeber zum Zeitpunkt der Erklärung selbst geschäftsfähig ist. Geschäftsunfähig ist u.a. derjenige, der seine Entscheidung aufgrund einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit nicht mehr von vernünftigen Erwägungen abhängig machen kann ( 104 Nr. 2 BGB) hat nicht zur Folge, dass eine Person, die Geschäftsfähigkeit verliert. Inwieweit die Voraussetzungen der Geschäftsunfähigkeiten vorliegen, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen. Die Bestellung eines rechtlichen Betreuers bedeutet nicht, dass jemand geschäftsunfähig ist. Vertretung des Vollmachtgebers Der Vollmachtnehmer kann den Vollmachtgeber im Außenverhältnis wirksam vertreten. Rechtsgrundlage ist 164 ff. BGB. Im obigen Beispiel könnte die Tochter beispielsweise die Wohnungsangelegenheiten für ihren Vater erledigen. Wichtig ist natürlich, dass die Rechts-folgen eines Geschäftes, das durch den Vollmachtnehmer vorgenommen wird, den Vollmachtgeber treffen. Wenn der Bevollmächtigte also beispielsweise einen Heimvertrag im Namen des Vollmachtgebers abschließt, dann schuldet Letzterer das Entgelt für die im Heim erbrachten Leistungen, und nicht der Bevollmächtigte. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, dass der Bevollmächtigte eine Person ist, dem der Vollmachtgeber vertraut. 2

3 Lebenshilfe Umfang der Vorsorgevollmacht Es ist möglich, die Vorsorgevollmacht umfassend zu erteilen. Sie können die Vollmacht aber auch auf einzelne Teilgebiete begrenzen. So ist es möglich, einen Bevollmächtigten für alle Vermögensangelegenheiten, für alle Bankgeschäfte, für Wohnungsangelegenheiten, für Gesundheitsangelegenheiten oder für einzelne, genauer benannte Rechtsgeschäfte zu bestellen. Je umfassender die Bevollmächtigung erfolgt, desto eher ist gewährleistet, dass in Hilfebedarfssituationen eine ausreichende Bevollmächtigung vorliegt. Wird beispielsweise nur eine Vollmacht für alle Bankgeschäfte erteilt, so kann der Bevollmächtigte keine Heimverträge abschließen, da er insoweit keine Vollmacht besitzt. Natürlich wächst mit einer weiten Vollmacht auch das Risiko des Missbrauchs durch den Bevollmächtigten. Auswirkungen auf eine rechtliche Betreuung Sofern eine Person seine rechtlichen Angelegenheiten aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht mehr selbst regeln kann, kommt auch die Anordnung einer rechtlichen Betreuung gem BGB in Betracht. Dies setzt aber einen Betreuungsbedarf voraus, der dann nicht gegeben ist, wenn für die zu regelnde Angelegenheit durch eine Vorsorgevollmacht ein Bevollmächtigter bestellt wurde. Die Vorsorgevollmacht kann also die Anordnung einer Betreuung verhindern. Maßgeblich ist aber, ob für die konkret zu regelnde Aufgabe auch eine wirksame Bevollmächtigung vorliegt. Ist dies nicht der Fall, muss dennoch ein Betreuer bestellt werden. Je enger der Umfang der Vollmacht, desto eher besteht die Möglichkeit, dass ein Betreuer bestellt werden muss. Form der Vorsorgevollmacht Bereits aus Gründen der Rechtssicherheit und Beweiskraft ist es notwendig, die Vorsorgevollmacht schriftlich abzufassen. Wenn die Vorsorgevollmacht dazu berechtigen soll, dass der Bevollmächtigte in medizinische Maßnahmen einwilligt bzw. über die Nichtvornahme angezeigter medizinischer Maßnahmen entscheiden kann, bei denen die begründete Gefahr besteht, dass der Vollmachtgeber auf Grund der Maßnahme oder der Nichtvornahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet, verlangt das Gesetz, dass die Vollmacht schriftlich abgefasst wird und die Maßnahme ausdrücklich umfasst ( 1905 Abs. 5 BGB). Letzteres gilt auch für eine vom Bevollmächtigten veranlasste Unterbringung des Vollmachtgebers, wenn diese mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist. Eine notarielle Beurkundung der Vorsorgevollmacht ist jedenfalls dann notwendig, wenn die Vollmacht unwiderruflich dazu berechtigt, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben. Der Gang zum Notar ist auch dann erforderlich, wenn der Bevollmächtigte Verbraucherdarlehnsverträge abschließen können soll. Die notarielle Beurkundung bietet sich auch dann an, wenn Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers bestehen, denn der Notar ist gem. 11 BeurkG verpflichtet, Feststellungen über die Geschäftsfähigkeit zu treffen. 3

4 Insgesamt verleiht die notarielle Beurkundung der Vorsorgevollmacht im Rechtsverkehr mehr Legitimität, einige Banken erkennen aber auch die beurkundete Vollmacht nicht ausnahmslos an, sondern fordern eine ausdrückliche Kontovollmacht. Aufbewahrung der Vollmacht/Hinweis auf Vollmacht Die bevollmächtigte Person muss im Zweifel die Vorsorgevollmacht bei Dritten vorlegen. Es ist deshalb wichtig, dass der Vollmachtnehmer Zugang zur Vollmachtsurkunde bekommen kann. Dies kann dadurch sichergestellt werden, dass Sie die Urkunde an einem leicht zugänglichen Ort aufbewahren. Natürlich können Sie dem Bevollmächtigten die Vollmacht auch aushändigen oder eine dritte Person bitten, die Vollmacht dem Bevollmächtigten im Bedarfsfall zu übergeben. Damit im Fall der Fälle andere Personen Kenntnis von der Vorsorgevollmacht erhalten, können Sie beispielsweise einen Hinweiszettel in der Geldbörse aufbewahren. Schließlich kann die Vorsorgevollmacht auch beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden, so dass Betreuungsgerichte jederzeit nachprüfen können, ob eine Vorsorgevollmacht vorhanden ist. Schutz des Vollmachtgebers Durch die Vorsorgevollmacht wird der Vollmachtgeber rechtsgeschäftlich vertreten. Damit besteht auch immer die Gefahr, dass der Bevollmächtigte Entscheidungen trifft, mit denen der Vollmachtgeber nicht zufrieden ist. Der beste Schutz vor solchen unliebsamen Entscheidungen bietet natürlich eine sorgfältige Auswahl der Person des Bevollmächtigten. Auch können für verschiedene Aufgabenkreise verschiedene Bevollmächtigte durch separate Vorsorgevollmachten benannt werden. Eine einmal erteilte Vorsorgevollmacht kann auch widerrufen werden. Dies setzt grundsätzlich die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers zum Zeitpunkt des Widerrufs voraus. Die erteilte Vollmachtsurkunde sollte unbedingt vom Bevollmächtigten herausverlangt werden, damit diese nicht weiter vorgelegt werden kann. Schließlich kann die Vollmacht auch so erteilt werden, dass mehrere Bevollmächtigte Sie nur gemeinschaftlich vertreten dürfen. Dies bietet sich bei Angelegenheiten an, die für Sie von besonderem Interesse sind. Bei dieser Vorgehensweise besteht aber auch immer die Gefahr, dass sich die einzelnen Bevollmächtigten intern nicht einigen können, so dass letztlich überhaupt keine Entscheidung getroffen wird. Mit der Vorsorgevollmacht kann der Bevollmächtigte im Außenverhältnis wirksam für den Vollmachtgeber Rechtsgeschäfte abschließen. Um sicherzustellen, dass dieser die Vollmacht im Interesse des Vollmachtgebers einsetzt, können im Innenverhältnis in einer weiteren schriftlichen Urkunde Anweisungen aufgenommen werden, an die sich der Vollmachtnehmer zu halten hat (Bsp.: Keine Geschäfte über ). Diese internen Anweisungen berühren aber nicht die Wirksamkeit der im Außenverhältnis vorgenommenen Rechtsgeschäfte. 4

5 Lebenshilfe Bei besonders bedeutenden Angelegenheiten sieht das Gesetz vor, dass der Bevollmächtigte nicht allein handeln darf, sondern eine Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen muss. So muss der Bevollmächtigte beispielsweise bei bestimmten gefährlichen medizinischen Eingriffen bzw. bei der Verweigerung angezeigter wichtiger medizinischer Maßnahmen ( 1904 Abs. 4 und 5) und bei freiheitsentziehenden Unterbringungsmaßnahmen das Einverständnis des Betreuungsgerichts einholen ( 1906 Abs. 5 BGB). Betreuungsverfügung Muss aufgrund der Krankheit oder der Behinderung des Betroffenen ein Betreuer bestellt werden, so können die Entscheidungen des Betreuungsgerichts oder des Betreuers durch eine so genannte Betreuungsverfügung beeinflusst werden. Der Betroffene kann etwa zu einem früheren Zeitpunkt festlegen, welche Person zum Betreuer bestellt werden soll und welche Entscheidungen vom Betreuer zu treffen sind. Da das Betreuungsgericht sich an den Wünschen und dem Wohl des Betreuten orientieren muss, hat es dessen vorher geäußerten Willen, sofern dieser nicht dem Wohl des Betreuten tatsächlich zuwiderläuft, zu beachten. Beispiel Herr Müller errichtet eine Betreuungsverfügung mit folgendem Inhalt: Für den Fall, dass mir etwas zustoßen sollte, möchte ich, dass mein Bruder Ralf Müller zum gesetzlichen Betreuer bestellt wird. Wenn Herr Müller einen Motorradunfall hat und seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, dann müsste das Betreuungsgericht Herrn Ralf Müller zum gesetzlichen Betreuer bestellen. Patientenverfügung Durch eine Patientenverfügung erteilt der Verfügende im Voraus Anweisungen, ob bzw. welche medizinische Maßnahmen ergriffen werden sollen, wenn er selbst seinen Willen nicht mehr äußern kann. Beispiel Herr Meier verfasst folgende Patientenverfügung: Im Falle einer im Endstadium befindlichen tödlichen Krankheit wünsche ich, dass alle medizinischen Möglichkeiten ergriffen werden, um mich am Leben zu erhalten und meine Beschwerden zu lindern. Bevollmächtigte, Betreuungsgericht, Betreuer und Ärzte sind an diese geäußerten Wünsche gebunden, sofern keine Anhaltspunkte bestehen, dass die vormals geäußerten Wünsche nicht mehr dem aktuellen Willen des Betroffenen entsprechen und der geäußerte Behandlungswunsch mit dem geltenden Recht im Einklang steht. 5

6 Die Patientenverfügung sollte möglichst umfangreiche Behandlungswünsche und Aussagen über persönliche Wertvorstellungen enthalten, um eine sichere Entscheidungsgrundlage zu bieten. Die in der Verfügung niedergelegten Behandlungswünsche können jedoch nur insoweit Berücksichtigung finden, wie diese mit dem geltenden Gesetz im Einklang stehen. Insbesondere Ärzte können durch die Patientenverfügung nicht zu Maßnahmen gezwungen werden, die rechtlich nicht zulässig sind (Grenzen der Sterbehilfe). In Abgrenzung zur Vorsorgevollmacht, die auch den Aufgabenbereich der Gesundheitsvorsorge betreffen kann, bringt die Patientenverfügung den eigenen Willen des Betroffenen zum Ausdruck. Bei der Vorsorgevollmacht kann der Bevollmächtigte, orientiert am Wohl des Vollmachtgebers, eine eigene Entscheidung treffen. Die Patientenverfügung muss schriftlich abgefasst sein ( 1901a BGB). Voraussetzung für Wirksamkeit der Verfügung ist, dass der Erklärende einwilligungsfähig ist. Einwilligungsfähig ist, wer Art, Bedeutung und Tragweite der ärztlichen Maßnahme erfassen kann. Diese Entscheidung ist immer einzelfallbezogen und hängt u.a. von den individuellen Verständnismöglichkeiten und der Schwere des Eingriffs ab. Die Patientenverfügung kann und sollte mit einer Vorsorgevollmacht verbunden werden, wobei zu empfehlen ist, in der Vorsorgevollmacht einen Hinweis auf die Bindung an die in der Patientenverfügung niedergelegten Wünsche aufzunehmen. Die Patientenverfügung kann (wie die Betreuungsverfügung) auch beim Zentralen Vorsorgeregister hinterlegt werden. Weiterführende Informationen zum Thema bieten im Internet: Bundesministerium der Justiz: Publikationen/Betreuungsrecht_kh.html Bundesärztekammer: Justizministerium Sachsen-Anhalt: Politik_und_Verwaltung/Bibliothek_MJ/publik/betreuungsrecht.pdf Betreuungsverein Lebenshilfe NW e.v., Abtstr. 21, Hürth Stand: Februar 2012 Verantwortlich: Lebenshilfe Landesverband NRW e.v. Abtstraße Hürth Telefon: / info@lebenshilfe-nrw.de 6

7 Muster Quelle: Internetangebot des Bundesministeriums der Justiz Publikationen/Betreuungsrecht_kh.html Stand: August 2010 Lebenshilfe 7

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12 Lebenshilfe Lebenshilfe Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Landesverband e.v. Abtstraße Hürth Telefon: / Telefax: / info@lebenshilfe-nrw.de Internet: