Auskunftspflicht der Internet Service Provider über den -Verkehr
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- Ina Fuhrmann
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1 Publiziert in SWITCHjournal 2000 Auskunftspflicht der Internet Service Provider über den -Verkehr Ursula Widmer Das Bundesgericht hat entschieden: Internet Service Provider unterstehen wie die Telefonanbieter dem Fernmeldegesetz und sind an das Fernmeldegeheimnis gebunden. Sie dürfen Dritten über den -Verkehr ihrer Kunden keine Auskünfte erteilen. Allerdings gibt es auch bei dieser Regel drei bedeutende Ausnahmen: Auskünfte dürfen erteilt werden an Kunden bei der Rechnungsstellung, bei missbräuchlichen s und bei Strafverfolgung Lange war ungewiss, ob die Internet Service Provider (ISP) in Bezug auf die Erteilung von Auskünften des über ihre Server abgewickelten Fernmeldeverkehrs, insbesondere den E- Mail-Verkehr, den gleichen Vorschriften unterstehen wie die Telefonanbieter. Für diese war immer klar, dass sie den Untersuchungsbehörden im Zusammenhang mit Strafverfahren unter bestimmten Voraussetzungen Auskünfte über die Inhaber von Anschlüssen erteilen und die Abhörung des Telefonverkehrs technisch ermöglichen müssen. Kürzlich hat nun das Schweizerische Bundesgericht in einem die Firma Swiss Online AG betreffenden Urteil vom (BGE 126 I 50) wesentliche Grundsätze für die Auskunfterteilung über den -Verkehr durch ISPs an die Strafverfolgungsbehörden festgelegt. Gemäss Bundesgericht gelten für die ISP grundsätzlich die gleichen Regeln für die Auskunfterteilung wie für die Telefonanbieter. Die Rechtslage stellt sich nach dem Bundesgerichtsentscheid wie folgt dar: 1. Fernmeldegeheimnis Nach der schweizerischen Bundesverfassung ist das Fernmeldegeheimnis als ein wesentlicher Teilbereich der Persönlichkeitssphäre geschützt. Das Fernmeldegesetz (FMG) verpflichtet dementsprechend die Anbieter von Fernmeldedienstleistungen (Telefonanbieter, ISPs etc.) zur Geheimhaltung des Fernmeldeverkehrs.
2 Seite 2 Das bedeutet, dass Fernmeldedienstanbieter grundsätzlich keine Auskunft über den Fernmeldeverkehr (Telefon, s) ihrer Kunden und anderer Teilnehmer an Dritte erteilen oder Dritten die Gelegenheit geben dürfen, Angaben über den Fernmeldeverkehr weiterzugeben. Die Verletzung dieser Geheimhaltungspflicht ist strafbar. Der Geheimhaltungspflicht unterliegen dabei nicht nur die im Fernmeldeverkehr ausgetauschten Inhalte von Meldungen, sondern auch die sogenannten Randdaten, wie die Identität des Absenders und Empfängers einer Nachricht bzw. die betreffenden Adressierungselemente (Telefonnummern, IP-Adressen, -Adressen etc.), der Zeitpunkt und die Dauer der Übertragung einer Nachricht. 2. Geltung des Fernmeldegeheimnisses für Internet Service Provider Die Regelungen betreffend das Fernmeldegeheimnis in der Bundesverfassung, im FMG und im Strafgesetzbuch gelten für alle Fernmeldedienstanbieter, unabhängig der von ihnen angebotenen Dienstleistungen. Dem Fernmeldegeheimnis unterstehen somit nicht nur die Telefonanbieter, sondern auch die Internet Service Provider. Das FMG gilt allgemein für jeden Fernmeldedienst, worunter gemäss Definition die fernmeldetechnische Übertragung von Informationen für Dritte zu verstehen ist. Als fernmeldetechnische Übertragung wird dabei gemäss dem FMG elektrisches, magnetisches, optisches oder anderes elektromagnetisches Senden oder Empfangen von Informationen über Leitung oder Funk definiert. Gemäss diesen Definitionen des FMG spielt es somit keine Rolle, in welcher Form Nachrichten im Fernmeldeverkehr übermittelt werden, sei es per Sprachtelefonie über Leitungen oder Mobilfunknetze, Übertragung von Daten über das Telefonnetz oder über Mietleitungen oder über die Nutzung von Internetdiensten, wie z.b. Voice over IP oder E- Mail. Dementsprechend sind auch alle Anbieter von solchen Fernmeldediensten zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet. Ausgenommen sind übertragene Informationen, die öffentlich zugänglich sind, wie etwa bei Websites im Internet, da der Inhaber der Website seine Informationen ja öffentlich bekannt machen will.
3 Seite 3 Dass das Fernmeldegeheimnis auch für ISPs gilt, wurde vom Bundesgericht im Urteil betreffend die Firma Swiss Online AG ausdrücklich bestätigt: Demnach sind für die Erteilung von Auskünften über den -Verkehr an die Strafverfolgungsbehörden die gleichen Grundsätze zu beachten, wie sie bisher unbestrittenermassen für die Telefonanbieter massgebend waren. 3. Auskunftspflicht Das Fernmeldegeheimnis gilt nicht ausnahmslos. Für die nachfolgend genannten Fälle sieht das FMG ausdrücklich vor, dass die Fernmeldedienstanbieter über den von ihnen abgewickelten Fernmeldeverkehr Auskünfte erteilen müssen. Damit sie diesen Auskunftspflichten nachkommen können, werden die Fernmeldedienstanbieter im FMG verpflichtet, die sogenannten Randdaten, welche für den Aufbau einer Verbindung sowie die Abrechnung erforderlich sind, solange zu speichern, als die Rechnung durch die Kunden noch angefochten werden kann, mindestens jedoch während 6 Monaten. a) Auskunft über die Rechnungstellung Gemäss FMG und der dieses präzisierenden Verordnung des Bundesrates über Fernmeldedienste sind die Fernmeldedienstanbieter verpflichtet, ihren Kunden im Zusammenhang mit der Rechnungstellung über die folgenden Daten Auskunft zu erteilen, damit sie deren Korrektheit überprüfen können: - Adressierungselemente (Telefonnummer, -Adresse, Domainname, IP-Adresse etc.) der angerufenen Anschlüsse oder die Rufnummern der anrufenden Anschlüsse ohne die vier letzten Ziffern - Datum, Zeit und Dauer von Verbindungen - das für die einzelne Verbindung geschuldete Entgelt
4 Seite 4 Aufgrund dieser Auskunftspflicht erhalten die Kunden von Fernmeldedienstanbietern nicht nur Informationen über ihren eigenen Fernmeldeverkehr, sondern auch über den von Dritten (Familienmitglieder, Mitarbeiter in einem Unternehmen), die den gleichen Anschluss benutzen. Die Abrechnungsmodelle der ISPs weichen jedoch in der Regel von denjenigen der Telefonanbieter ab und sind z.b. nicht davon abhängig, wer Adressat eines s war oder auf welche Website beim Surfen zugegriffen worden ist. Anders als beim Telefonverkehr besteht für die Kunden deshalb regelmässig kein Bedarf und damit kein rechtlich anerkanntes Interesse an der Auskunft über die obengenannten Daten, um die Rechnungen der ISPs überprüfen zu können. Diesfalls dürfen die Daten daher von den ISPs auch nicht herausgegeben werden. b) Auskunft bei missbräuchlichen Anrufen Macht ein Kunde gegenüber einer Fernmeldedienstanbieterin glaubhaft, dass er missbräuchlich angerufen wird, so hat ihm diese die folgenden Daten mitzuteilen: - Datum, Zeit und Dauer der Verbindungen - Adressierungselemente sowie Namen und Adresse des Inhabers des Anschlusses, über den die missbräuchlichen Verbindungen hergestellt worden sind. Diese Bestimmung gilt nicht nur für Belästigungen via Telefon, sondern z.b. auch, um Urheber von unerlaubten Zugriffen bzw. Zugriffsversuchen auf Computersysteme (Hacking) zu ermitteln. 4. Überwachung des Fernmeldeverkehrs im Besonderen Von besonderer Bedeutung im Zusammenhang mit dem Fernmeldegeheimnis ist die Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch die Fernmeldedienstanbieter bei der Überwachung des Fernmeldeverkehrs. Es geht dabei einerseits um die laufende Überwachung des Fernmeldeverkehrs, vor allem um die Telefonüberwachung (Abhörschaltung), und andererseits um die Auskunfterteilung an die Behörden über Randdaten, die die Fernmeldeverbindungen betreffen.
5 Seite 5 Das FMG sieht lediglich vor, dass die Fernmeldedienstanbieter den zuständigen Behörden die entsprechenden Auskünfte zu erteilen haben. Unter welchen Voraussetzungen die Strafbehörden jedoch überhaupt befugt sind, von Fernmeldedienstanbieter die Mitwirkung bei der Überwachung des Fernmeldeverkehrs zur verlangen, ist im FMG nicht geregelt. Grundsätzlich müssen für die Überwachung des Fernmeldeverkehrs durch die Strafverfolgungsbehörden drei Voraussetzungen erfüllt sein: Bei dem Delikt, das untersucht wird, muss es sich um ein Verbrechen oder Vergehen handeln, das schwer genug ist, um eine Überwachung des Fernmeldeverkehrs zu rechtfertigen. Die betreffende Behörde muss ferner ihre Anordnung zur Überwachung auf eine gesetzliche Grundlage stützen können, welche ihr diese Überwachungskompetenz einräumt. Für die kantonalen Strafverfolgungsbehörden ist das in der Regel die jeweilige kantonale Strafprozessordnung. Für die Strafverfolgungsbehörden des Bundes sieht das Bundesstrafprozessrecht eine entsprechende Kompetenz vor. Als dritte Voraussetzung muss die Anordnung der Überwachung des Fernmeldeverkehrs durch ein Gericht genehmigt sein. 5. Dienst für Besondere Aufgaben (DBA) Mit dem neuen, seit dem geltenden FMG wurde im Zusammenhang mit der Überwachung des Fernmeldeverkehrs durch die Strafverfolgungsbehörden aufgrund einer speziellen Verordnung des Bundesrates eine neue Dienststelle geschaffen, die im Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation angesiedelt ist: der Dienst für Besondere Aufgaben (DBA). Bei diesem Dienst handelt es sich um eine Vermittlungsstelle, welche die Überwachungsanordnungen der Strafverfolgungsbehörden entgegennimmt, sie auf die Einhaltung der obenerwähnten Voraussetzungen der Rechtmässigkeit überprüft und dann an die Fernmeldedienstanbieter weiterleitet. Die Strafverfolgungsbehörden sind somit nicht befugt, ihre Anordnungen auf Überwachung des Fernmeldeverkehrs direkt an die Fernmeldedienstanbieter zu richten. Sie müssen den Weg über den DBA wählen.
6 Seite 6 Eine Ausnahme besteht lediglich, wenn es um die Bekanntgabe des Namens des Inhabers einer bestimmten Telefonnummer bzw. der von einer bestimmten Person gehaltenen Telefonanschlüsse geht. Für diese Anfragen dürfen sich die Strafverfolgungsbehörden direkt an die Fernmeldedienstanbieterin wenden, um die entsprechende Auskunft zu verlangen. Diese Ausnahme beruht auf einer besonderen Bestimmung in der Verordnung über den DBA. Der Grund für diese Regelung: Die Anzahl derartiger Anfragen ist zu gross, um vom DBA effizient bearbeitet werden zu können. Die Verordnung des Bundesrates über den DBA wird in absehbarer Zeit durch ein Bundesgesetz abgelöst werden, welches die Fragen im Zusammenhang mit der Überwachung des Fernmeldeverkehrs und der Auskunfterteilung an die Strafverfolgungsbehörden speziell regeln wird. 6. Fazit ISPs dürfen aufgrund der Pflicht zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses grundsätzlich über den -Verkehr ihrer Kunden Dritten keine Auskünfte erteilen. Eine Verletzung dieser Pflicht ist strafbar. Durch das Fernmeldegeheimnis geschützt ist dabei sowohl der Inhalt der von den Kunden der ISPs versandten s als auch die sogenannten Randdaten. Nur im Rahmen der im FMG vorgesehenen Ausnahmen ist eine Auskunfterteilung zulässig. Solche Ausnahmen sind die Auskunfterteilung an Kunden betreffend Rechnungsdaten (soweit für die Überprüfung der Rechnung erforderlich) sowie im Zusammenhang mit missbräuchlichen s (z.b. s, die Beleidigungen, Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts, der Rasse, etc. enthalten), ferner die Mitwirkung bei der Überwachung des -Verkehrs durch die Strafverfolgungsbehörden. Anordnungen der Strafbehörden zur Überwachung des -Verkehrs, insbesondere auch zur Auskunfterteilung über Absender, Empfänger oder Datum und Zeit von s,
7 Seite 7 sind dabei ausschliesslich über den Dienst für Besondere Aufgaben an ISPs zu richten. Direkte Anfragen der Strafverfolgungsbehörden sind nicht zulässig. Dr. Ursula Widmer ist Rechtsanwältin in Bern und spezialisiert auf rechtliche Fragen der Informatik, der Telekommunikation und des Internets ursula.widmer@widmerpartners-lawyers.ch
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