Integrale und Grenzwerte
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- Achim Hartmann
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1 Prof. Dr. Michael Eisermann Höhere Mathematik 3 WiSe 22/3 Inhalt dieses Kapitels S.2 Kapitel D Integrale und Grenzwerte Then I come along and try differentiating under the integral sign, and often it worked. So I got a great reputation for doing integrals, only because my box of tools was different from everybody else s, and they had tried all their tools on it before giving the problem to me. (ichard Feynman, , Surely ou re Joking, Mr. Feynman!) Vertauschen von Integral und Summe Beispiel und Gegenbeispiel Absolut summierbare Familien und ihre Summe Vertauschung von Integral und Summe 2 Vertauschen von Integral und Grenzwert Punktweise Konvergenz Majorisierte Konvergenz Anwendung auf die Stirling Formel 3 Vertauschen von Integral und Ableitung Parameterabhängige Integrale Kompakte Integrationsbereiche Beliebige Integrationsbereiche Stand. Februar 23, 4:29 Wann vertauschen Integral und Grenzwert? S.2 Vorgehensweise S.22 Überblick Integration einer eihe: Unter welchen Voraussetzungen gilt f k f k? Stetigkeit des Integrals: Unter welchen Voraussetzungen gilt lim f k lim f k? k k Ableiten des Integrals: Unter welchen Voraussetzungen gilt f(x, y) dy f(x, y) dy? Diese echentechniken sind häufig sehr nützlich.! Die Gleichungen gelten leider nicht immer, wie Beispiele zeigen. Es gibt einfache Kriterien. Diese müssen wir kennen und beachten. In Anwendung treten diese Umformungen häufig auf. Leider werden sie oft blind oder nach Gefühl angewendet, oder gar so getan, als gälten sie immer. Das ist nicht richtig, wie wir an Beispielen sehen. Die Gleichungen gelten aber doch häufig genug, um nützlich zu sein, und zahlreiche Beispiele illustrieren die Kraft dieser Methoden. Zur korrekten Anwendung brauchen wir also geeignete Kriterien! Wir wollen daher in diesem Kapitel die Voraussetzungen erläutern und die ersehnten echenregeln ableiten. Als Mahnung zur Sorgfalt illustrieren einfache Gegenbeispiele, wann die Formeln nicht gelten. Wir beginnen mit einer Wiederholung von Summen und eihen, die die Analogie zu Treppenfunktionen und Integralen hervorhebt. Vertauschung von Integral und Summe ist dann eine Folgerung wie der Satz von Fubini zur Vertauschung von Integralen.
2 Beispiel: Integration von Potenzreihen D., S.23 Ein warnendes Gegenbeispiel D., S.24 Zu integrieren sei f : ] ρ, ρ[, gegeben als reelle Potenzreihe f(x) a k x k k k + k + 2 mit Konvergenzradius ρ >. Für die Integralfunktion gilt F (x) x f(t) dt x ( x ) a k t k dt ( ) a k t k dt a k k + xk+ k a k k xk Probe mit HDI: Wir dürfen Potenzreihen termweise ableiten. Die Vertauschung gilt hier dank absoluter Konvergenz der eihe. Dieses nützliche Kriterium wollen wir möglichst allgemein formulieren. Für k N sei f k I [k,k+] I [k+,k+2]. Offenbar gilt f k(x) dx. Auch für f + f ist das Integral Null. Ein warnendes Gegenbeispiel D., S.25 Ein warnendes Gegenbeispiel D., S.26 Graph zu f + f + f 2 : n + n + 2 Graph zu f + f + f 2 + f 3 : Für n N haben wir die Teleskopsumme n f k I [,] I [n+,n+2]. Für n erhalten wir deshalb punktweise Konvergenz gegen f k I [,], das heißt f k (x) I [,] (x) für jedes x. Hier vertauschen eihe und Integral nicht: ( ) ( ) f k (x) dx f k (x) dx. Anschaulich: Masse verschwindet nach Unendlich.
3 Von endlichen zu unendlichen Summen D.2, S.27 echenregeln in [, ] D.2, S.28 Um obigem Problem auf den Grund zu gehen, betrachten wir genauer den Übergang von endlichen Summen zu unendlichen eihen. Zur Wiederholung siehe Kimmerle Stroppel, Analysis,.8.9. Sei I eine Indexmenge, etwa I {,,..., n} oder N oder Z. Sei (a i ) i I eine Familie in, also eine Abbildung a: I. Das heißt, jedem Index i I wird eine reelle Zahl a i zugeordnet. Ist I {i, i 2,..., i n } endlich, so definieren wir die Summe a i : a i + a i2 + + a in. i I Dank Assoziativität und Kommutativität ist diese Summe wohldefiniert, das heißt unabhängig von Klammerung und eihenfolge der Addition. Ziel: Wie kann man unendliche Summen definieren? Da hierbei auch unendliche Werte auftreten können, betrachten wir Summen in [, ]. Wir betrachten die erweiterte Zahlengerade (, +,, <). Die reellen Zahlen (, +,, <) sind ein vollständiger angeordneter Körper. Die Erweiterung um ± macht + zum größten und zum kleinsten Element in (, <). Ein wesentlicher Vorteil ist: Jede Teilmenge M hat ein Supremum und ein Infimum in. Allerdings ist (, +, ) kein Körper; z.b. ist die Addition nicht assoziativ: (+ + ) ( + ). Man muss also aufpassen! Zur Vereinfachung beschränken wir uns auf ([, ], +,, <). Dies ist zwar kein Körper, aber immerhin ein Halbring: Die Addition ist assoziativ und kommutativ. Neutrales Element für die Addition ist. Die üblichen echenreglen gelten also bis auf Inverse! Die Multiplikation ist assoziativ und kommutativ. Neutrales Element für die Multiplikation ist. Die Multiplikation ist distributiv über die Addition. Summation einer Familie in [, ] D.2, S.29 Eigenschaften der Summation in [, ] D.2, S.22 Wir betrachten eine Famile (a i ) i I mit a i [, ] für alle i I. Ist I {i, i 2,..., i n } endlich, so definieren wir die Summe a i : a i + a i2 + + a in. i I Dank Assoziativität und Kommutativität ist diese Summe wohldefiniert, das heißt, unabhängig von Klammerung und eihenfolge der Addition. Im allgemeinen Fall einer beliebigen Indexmenge definieren wir die Summe über i I als Supremum aller endlichen Teilsummen: { } a i : sup a i J I endlich i I i J Eine besondere Summationsreihenfolge wird hier nicht benötigt! Die Summe in [, ] verhält sich genauso wie ein Integral. Normierung: Gilt a i für alle i I {j}, so folgt i I a i a j. Ebenso gelten Linearität, Monotonie, Einschachtelung, Ausschöpfung. Fubini und Transformationssatz für Summen sind enthalten in: Satz DA (Umordnungssatz) Sei (a i ) i I eine Familie in [, ]. Für jede Zerlegung I j J I j gilt a i a i. i I j J i I j Hierbei bedeutet I j J I j eine Zerlegung der Indexmenge I in disjunkte Teilmengen I j I, also I j I k für j k und I j J I j. Der Satz besagt, dass man bei der Summierung in [, ] auf diese Weise beliebig umgruppieren und umordnen darf. Der Umordnungssatz folgt unmittelbar aus der geschickten Konstruktion: Dank Assoziativität und Kommutativität in ([, ], +) gilt die Gleichung für endliche Summen in [, ]. Durch Übergang zum Supremum gilt die Gleichung dann auch für beliebige Familien in [, ]. (Die Ausformulierung des Beweises ist nicht schwer aber länglich. Wir lassen Sie hier aus.) Beispiel: Für jede Familie (a i ) i N mit a i [, ] gilt (a 2k + a 4k+ + a 4k+3 ). i N a i j N(a 2j + a 2j+ ) k N
4 Beispiel: geometrische eihe in [, ] D.2, S.22 Absolut summierbare Familien in D.2, S.222 Sei I N. Für q < und summieren wir (q i ) i N. Es gilt q + q + + q n qn+ q Hieraus folgt die bekannte Summenformel i N q i q q. Wir wollen als nächstes auch negative Summanden zulassen. Wir summieren dann Positiv- und Negativteil getrennt. Zu summieren sei eine Familie (a i ) i I reeller Zahlen a i. Wir zerlegen a i a + i a i mit a ± i max(, ±a i ). Für den Absolutbetrag gilt dann a i a + i + a i. Definition DB Für jede Familie (a i ) i I reeller Zahlen a i gilt a i i I i I a + i + a i. i I Ist dieser Wert endlich, so nennen wir (a i ) i I absolut summierbar. In diesem Falle können wir die Summe von (a i ) i I definieren durch a i : i I i I a + i a i. i I Absolut summierbare Familien in C D.2, S.223 Anwendung: Potenzreihen D.2, S.224 Jede Familie (c i ) i I komplexer Zahlen c i C können wir zerlegen in ealteil a i e c i und Imaginärteil b i Im c i. Hieraus lässt sich c i zusammensetzen gemäß c i a i + ib i. Definition DC Wir nennen (c i ) i I absolut summierbar, wenn i I c i < gilt. In diesem Falle können wir die Summe definieren durch c i : a i + i b i. i I i I i I Satz DD (Majorantenkriterium) Aus c i q i folgt i I c i i I q i dank Monotonie. Ist die zweite Summe endlich, so auch die erste, und (c i ) i I ist absolut summierbar. Satz DE (Majoration durch geometrische eihe) Sei (c k ) k N eine Folge komplexer Zahlen. Sei M und q <. Gilt c k Mq k für alle k N, so ist (c k ) k N absolut summierbar, und c k c k M/( q). k N k N Satz DF (Konvergenzradius einer Potenzreihe) Für jede Potenzreihe a kz k definieren wir den Konvergenzradius ρ : / lim sup k a k. Für z < ρ konvergiert die eihe absolut, für z > ρ divergiert sie. Beweis: Angenommen ρ <. Es gilt a k ρ k M für ein M und alle k N. Für z qρ mit q < folgt a k z k a k ρ k q k Mq k, also k N a kz k M/( q). Beispiel: exp(z) zk /k! konvergiert absolut für alle z C.
5 Der Umordnungssatz D.2, S.225 Der Umordnungssatz D.2, S.226 Satz DG (großer Umordnungssatz) Sei (a i ) i I eine Familie in C. Für jede Zerlegung I j J I j gilt a i a i. i I j J i I j Ist dieser Wert endlich, so ist (a i ) i I absolut summierbar, und es gilt a i a i. i I j J i I j Beweis: Die erste Gleichung ist der obige Umordnungssatz für Familien in [, ]. Für absolut summierbare Familien in folgt die zweite Gleichung aus der ersten durch Zerlegung in Positiv- und Negativteil. Für absolut summierbare Familien in C schließlich folgt die Gleichung durch Zerlegung in eal- und Imaginärteil. Analog zum Transformationssatz für Integrale erhalten wir: Satz DH (kleiner Umordnungssatz) Sei (a i ) i I eine Familie in C. Für jede Bijektion ϕ: J I gilt a i ϕ(j). j J a i I Ist dieser Wert endlich, so ist (a i ) i I absolut summierbar, und es gilt a i a ϕ(j). i I j J Beweis: Der kleine Umordnungssatz folgt aus dem großen mittels I j {ϕ(j)}. Der Umordnungssatz D.2, S.227 Anwendung: komplexe Exponentialfunktion D.2, S.228 Eine Doppelfolge (a ij ) i,j N in C ist eine Abbildung N N C. Jedem Indexpaar (i, j) N N wird eine Zahl a ij C zugeordnet. Analog zum Satz von Fubini für Integrale erhalten wir: Satz DI (Cauchy Umordnungssatz) Für jede Doppelfolge (a ij ) i,j N in C gilt ij (i,j) N N a ij i N j N a ij j N i N a k N i+jk a ij Ist dieser Wert endlich, so ist (a ij ) absolut summierbar, und es gilt a ij a ij a ij (i,j) N N i N j N j N i N k N i+jk Beweis: Der Cauchy Umordnungssatz folgt aus dem großen Umordnungssatz mittels der offensichtlichen Zerlegungen der Indexmenge N N. a ij. Aus der Exponentialreihe folgt die Funktionalgleichung exp(z + w) exp(z) exp(w) für alle z, w C. Dank binomischer Formel und Umordnungssatz gilt nämlich: ( ) ( z k ) w l z k w l exp(z) exp(w) k! l! k! l! n n! n ( n k l ) z k w n k n k+ln n n! (z + w)n exp(z + w). Dies entspricht dem Potenzgesetz, daher die Kurzschreibweise e z : exp(z). Die Funktionalgleichung besagt e z+w e z e w. Aus der Euler Formel e iz cos z + sin z erhält man die Additionstheoreme für sin und cos.
6 Summierbare Folgen D.2, S.229 Summierbare und absolut summierbare Folgen D.2, S.23 Die Indexmenge N {,, 2, 3,... } hat eine besondere Ordnung! Sei (a k ) k N eine Folge in. Wir definieren die Partialsummen s n n a k : a + a + + a n. Falls die Folge (s n ) n N für n konvergiert, so definieren wir a k : lim n n a k. Beispiel: Dank Leibniz Kriterium konvergiert die alternierende eihe ( ) k k Diese eihe konvergiert nicht absolut, denn k N k. Das entspricht absoluter / uneigentlicher Integrierbarkeit [S.36]. Wir haben zwei verschiedene Summationsverfahren, nämlich a k : lim Satz DJ n a k n und k N a k : k N a + k k N Ist (a k ) k N absolut summierbar, so konvergieren beide Summationsverfahren und stimmen überein. Das heißt, es gilt a k k N a k. Für n gilt nämlich n a± k k N a± k, also n a k n n a + k a k k N a + k k N a k k N a k. a k. Gegenbeispiel zur Umordnung D.2, S.23 Gegenbeispiel zur Umordnung D.2, S.232 Absolut konvergente eihen haben viele nützliche Eigenschaften. Leider ist nicht jede konvergente eihe auch absolut konvergent. Man muss dann aufpassen, z.b. gilt der Umordnungssatz nicht mehr! Übung: Sei f : N N definiert durch f(i, i) und f(i, i + ), sowie f(i, j) sonst. Skizze als Matrix: Hier gilt i j f(i, j) und j i Nachrechnen und staunen! Es kommt noch toller... f(i, j) Satz DK (iemannscher Umordnungssatz) Sei n a n konvergent aber nicht absolut konvergent. Zu jeder Zahl r existiert dann eine Umordnung ϕ: N N mit a ϕ(k) r. Als konkretes Beispiel betrachten wir ln(2) n ( ) n n Umordnung nach dem Muster (a 2k + a 4k+ ) + a 4k+3 liefert ( ) ( ) ( ) ln(2) Auch jeder andere Grenzwert lässt sich durch Umordnung herstellen. Fazit: Absolute Konvergenz ist die beste Grundlage.
7 Vertauschung von Summe und Integral Dank Linearität gilt n f k n f k für jedes n N. Nehmen wir zunächst f k : [, ] an. Es gilt dann n f k f k. Hieraus folgt die monotone Konvergenz des Integrals n f k f k. Aus f k folgt die monotone Konvergenz der eihe n f k f k. Für jede Folge messbarer Funktionen f k : [, ] gilt daher f k f k. D.3, S.233 Vertauschung von Summe und Integral Satz DL (absolut konvergente eihen in L ()) Sei (f k ) k N eine Folge messbarer Funktionen f k : C. Dann gilt f k f k. Ist dieser Wert endlich, so ist f k in fast allen Punkten x absolut konvergent, zudem über absolut integrierbar, und es gilt f k f k. D.3, S.234 Die erste Gleichung haben wir zuvor gezeigt. Die Punkte x mit f k(x) + bilden eine Nullmenge N. Für alle x N gilt f k(x) < +, und wir definieren f(x) f k(x) durch die absolut konvergente eihe. Für x N setzen wir f(x). Die zweite Gleichung gilt für f k : [, ]. Sie folgt für reelle Funktionen durch Zerlegung f f + f, und sodann für komplexe Funktionen durch Zerlegung f e f + i Im f. Beispiel: Die Wallis eihe für π/2 D.3, S.235 Fazit: Wann gilt Vertauschbarkeit? D.3, S.236 Wir wollen die Kreiszahl π durch die Wallis eihe darstellen: π 2 2 k 3 5 (2k + ) Zwei raffinierte echnungen: Einerseits gilt dank Substitution π/2 2 sin(t) π/2 2 sin(t) 2 dt 2 sin(t) [ ] π/2 + cos 2 t dt 2 arctan(cos t) π 2. Andererseits gilt dank absoluter Konvergenz der geometrischen eihe: π/2 2 sin(t) π/2 2 sin(t) 2 dt sin(t) dt 2 sin(t)2 π/2 2 k sin(t) 2k+ dt π/2 2 k sin(t) 2k+ dt 2 3 k (2k + ) Letzteres berechnet man rekursiv durch partielle Integration [S.]. Für f f k möchten wir Integral und Summe vertauschen: ( ) f k (x) dx? ( ) f k (x) dx Hierfür haben wir folgende hinreichende Kriterien: Gleichheit gilt für f k (monotone Konvergenz). Gleichheit gilt für f k < bzw. f k <, z.b. für konvergente Potenzreihen, f k (x) a k x k.! Andernfalls ist Vorsicht geboten: Vertauschbarkeit gilt nicht immer! Im folgenden warnenden Beispiel gilt f k f k. Die Konvergenz ist nicht monoton, denn f k hat einen positiven und einen negativen Teil. Zudem gilt f k f n. Unsere einfachen Kriterien lassen also für dieses Beispiel keinen Schluss zu. Wir müssen daher fk und f k getrennt ausrechnen, um sie dann vergleichen zu können.! Diese Kriterien sind hinreichend aber i.a. nicht notwendig [S.257].
8 Punktweise Konvergenz D2., S.237 Punktweise Konvergenz D2., S.238 Definition D2A Eine Funktionenfolge f k : konvergiert punktweise für k gegen eine Funktion f :, wenn f k (x) f(x) für jedes x gilt Beispiel: Für k N sei f k : definiert durch f k (x) e (x k)2. Für jedes x und k + gilt f k (x). Aber für die Integrale gilt lim f k(x) dx lim f k (x) dx π k + k + Die anschauliche Ursache: Die Masse verschwindet nach Unendlich. Gleiches gilt für jede integrierbare Funktion f : n mit f(x) für x, zum Beispiel f I Q für einen endlichen Quader Q, und ihre Verschiebungen f k (x) f(x kv). In vielen echnungen stehen wie vor der Frage: Wie verhalten sich die Integrale f k und f unter punktweiser Konvergenz f k f? Messbarkeit ist unkaputtbar! Sind alle f k messbar und konvergiert f k f punktweise, dann ist auch die Grenzfunktion f messbar. Stetigkeit und Integrierbarkeit hingegen können verloren gehen! Monotone Konvergenz funktioniert! Aus f k f folgt f k Im Allgemeinen folgt aus f k f jedoch nicht f k Typisches Problem: Masse verschwindet nach Unendlich. f. f. Unter welchen Voraussetzungen können wir f k f schließen? Stetigkeit und Integrierbarkeit sind zerbrechlich! D2., S.239 Grenzwert und Integral vertauschen nicht! D2., S.24! Sind alle Funktionen f k stetig bzw. integrierbar, so kann man nicht auf die Stetigkeit bzw. Integrierbarkeit der Grenzfunktion f schließen! k /k Für k sei f k : [, ] definiert durch { k 2 x für x f k (x) k, x für k x. Für jedes x ], ] gilt lim k f k(x) x. Jede der Funktionen f k ist stetig und somit integrierbar. Die Grenzfunktion f(x) x ist nicht stetig und auch nicht integrierbar.! Selbst wenn alle f k und die Grenzfunktion f integrierbar sind, gilt im Allgemeinen nicht die Konvergenz der Integralfolge! r /r r Für r > definieren wir die Dreiecksfunktion { für x r, r : durch r (x) r x für x r. r 2 Es gilt r(x) dx für alle r >. Für jedes x gilt lim r(x) (x) : r { für x, für x. Für die Grenzfunktion gilt (x) dx. Also lim r r (x) dx lim r r(x) dx. Die Ursache auch hier: Die Masse verschwindet nach Unendlich.
9 Grenzwert und Integral vertauschen nicht! D2., S.24 Dreiecksfunktionen ( r ) r D2.2, S.242 /r 2 r r r Für jedes x gilt lim r(x). r Die Grenzfunktion hat daher Integral. Also r (x) dx lim r lim r(x) dx. r Die Ursache auch hier: Die Masse verschwindet nach Unendlich Hüllfunktion zu ( r ) r D2.2, S.243 Majorisierte Integrierbarkeit: Definition D2.2, S r h(x) 4 x Definition D2B (majorisiert integrierbare Familien) Sei (f i ) i I eine Familie messbarer Funktionen f i :. Wir nennen h: [, ] Majorante, wenn f i h für alle i I gilt. Die Familie heißt majorisiert integrierbar, wenn eine integrierbare Majorante existiert, also h: [, ] mit f i h und h < Bemerkung: Dank f i h gilt f i h <, also ist jede Funktion f i integrierbar. Die Funktion h ist eine Majorante für die gesamte Familie (f i ) i I : Ihre Integrierbarkeit garantiert anschaulich, dass keine Masse nach Unendlich verschwindet. Angenommen, g sup i I f i ist messbar. Das ist immer der Fall, wenn I abzählbar ist und alle f i messbar sind. In diesem Fall ist g die kleinste Majorante, auch Hüllfunktion genannt, und die Familie (f i ) i I ist genau dann majorisiert integrierbar, wenn g < gilt. Beispiel: Zu ( r ) r > ist h(x) 4 x eine Majorante. Dies ist die kleinste Majorante, die sog. Hüllfunktion, denn 2 x (x) h(x). Die Familie ( r ) r > ist nicht majorisiert integrierbar. Ebensowenig die Familie (f k ) k N der wandernden Glockenkurven.
10 Majorisierte Integrierbarkeit: Beispiel D2.2, S.245 Majorisierte Integrierbarkeit: Beispiel D2.2, S.246 f f 4 f 9 f 6 Die Funktionen f n scheinen zu konvergieren... Wogegen? Aufgabe: Für jedes t und n gilt f n (t) e t2 /2. Genauer: f n (t) e t2 /2 für t, und f n (t) e t2 /2 für t Wir untersuchen die Funktionenfolge f n : mit ( ( ( f n (t) exp n ln + t ) t ) ) n n Hieraus gewinnen wir die Hüllfunktion h(t) : sup f n (t) n { t e t für t, e t2 /2 für t. Diese Funktion h: ist absolut integrierbar. Also ist die Familie (f n ) n N majorisiert integrierbar. für t > n, sowie f n (t) für t n. Majorisierte Integrierbarkeit: Beispiel D2.2, S.247 Lösung Majorisierte Integrierbarkeit: Beispiel D2.2, S.248 Lösung Lösung: Für < s < nutzen wir die Potenzreihenentwicklung ln( + s) s s2 2 + s3 3 s Für s t/ n mit n < t < n gilt also ( ( n ln + t ) t ) t2 n n 2 + t3 3 n t4 4n +... Für n konvergiert dies gegen t 2 /2, also f n (t) e t2 /2. Per Kurvendiskussion findet man genauer: Für t gilt f n (t) e t2 /2. Für t gilt f n (t) e t2 /2. ln( + s) s ln( + s) s s 2 s
11 Der Satz von der majorisierten Konvergenz Satz D2C (majorisierte Konvergenz) Sei f, f, f 2,... : eine Folge messbarer Funktionen. D2.2, S.249 Angenommen f n konvergiert punktweise gegen f :. 2 Es existiert eine Majorante h: mit f n h und h <. Dann ist f integrierbar und f n f, somit f n f. Die integrierbare Mojarante verhindert, dass die Funktionenfolge f n nach Unendlich entkommt. In den obigen Gegenbeispielen war genau das die Ursache des Problems! Unter dieser Vorsichtsmaßnahme gilt also die schöne Formel lim f n (x) dx lim f n(x) dx f(x) dx. n n Dies ist eine starke und nützliche Stetigkeitseigenschaft des Integrals! Sei h: [, ] integrierbar. Auf der Menge aller messbaren Funktion f : mit f h ist die Abbildung f f stetig, in dem Sinne, dass aus f n f stets f n f folgt.! Die majorisierte Integrierbarkeit ist hier wesentlich. Beweis der majorisierten Konvergenz Wir beginnen wir folgender Betragsabschätzung: f n f f n f f n f Wir zeigen nun, dass die rechte Seite f n f für n gegen Null strebt. Die folgende echnung ist etwas technisch, aber jeder einzelne Schritt ist leicht. Lemma von Fatou: Sind f n : [, ] messbar, dann gilt lim inf f n lim inf f n. Beweis des Lemmas: Für g n : inf k n f k gilt g n f n und g n g lim inf f n, also MK! lim inf f n lim g n lim g n lim inf g n lim inf f n. Beweis des Satzes der majorisierten Konvergenz: D2.2, S.25 Aus f n h folgt f h (fast überall), somit f f n f + f n 2h. Mit Fatou folgt: ( ) ( ) 2h lim inf 2h f n f lim inf 2h f n f ( ) lim inf 2h f n f 2h lim sup f n f Da der Wert 2h endlich ist, können wir ihn auf beiden Seiten subtrahieren. Wir erhalten lim sup f n f. Mit f n f folgt lim f n f. Nochmal Integral und Summe Sei (g k ) k N eine Folge messbarer Funktionen g k : mit g k g k <. Dank majorisierter Konvergenz erhalten wir erneut g k g k. Für n gilt (fast überall) punktweise Konvergenz n f n g k f g k. Zudem ist h g k eine Majorante für (f n ) n N, und somit n f n f g k. g k D2.2, S.25 Nochmal Integral und Summe Die absolute Konvergenz g k < ist hinreichend aber nicht notwendig für die Gleichung g k g k. Als einfaches und erhellendes Beispiel berechnen wir: ( ) ( ) k e (k+)x dx ( ) k k + ln(2) ( ) ( ) k e (k+)x e x dx ln(2) + e x Absolute Konvergenz gilt hier nicht: ( ) e (k+)x dx ( ) e (k+)x dx k + + e x + e x D2.2, S.252 Doch gilt majorisierte Konvergenz, denn n ( )k e (k+)x e x.
12 Fazit: Wann gilt Vertauschbarkeit? D2.2, S.253 Anwendung: Stirling Formel D2.3, S.254 Für f n f möchten wir Integral und Limes vertauschen:? f n (x) dx lim f n(x) dx n lim n Dies ist eine starke und nützliche Stetigkeitseigenschaft des Integrals! Hierfür haben wir folgende Kriterien: Gleichheit gilt bei monotoner Konvergenz f n f, bei majorisierter Konvergenz f n f mit f n h und h <, insbesondere, wenn vol() < und f n M für alle n N. Dies verhindert, dass Masse nach Unendlich verschwindet.! Andernfalls ist Vorsicht geboten: Vertauschbarkeit gilt nicht immer! 7 n! 2 3 n Anwendung: Stirling Formel D2.3, S.255 Anwendung: Stirling Formel D2.3, S.256 Aufgabe: Man berechne n!/ n(n/e) n für n. Lösung: Wir wissen bereits n! x n e x dx. Im Vergleich zu n ( ) n n e erhalten wir n! ( ( ( x n(n/e) n exp n ln + n) x ) ) dx n n Substitution x n t + n bedeutet dx n dt und x n + t n, also n! ( ( ( n(n/e) n exp n ln + t ) t ) ) dt n n n Zu integrieren ist hier die Funktion ( ( ( f n (t) exp n ln + t ) t ) ) I n n [ n,+ [ (t). Uns interessiert das Verhalten für n. Wir haben oben die punktweise Konvergenz gefunden: f n (t) e t2 /2. Zudem ist die Familie (f n ) n N majorisiert integrierbar. Wir dürfen also Limes und Integral vertauschen: f n (t) dt lim f n(t) dt e t2 /2 dt 2π n lim n Satz D2D (Stirling Formel) Für n gilt n! n(n/e) n f n (t) dt e t2 /2 dt 2π Damit haben wir schließlich das Wachstumsverhalten der Fakultät n n! durch die Stirling Formel als asymptotische Näherungsformel ausdrücken können [S.].
13 Parameterabhängige Integrale D3., S.257 Ableitung von Parameterintegralen (echtecke) D3.2, S.258 Ein parameterabhängiges Integral ist von der Form F : X C mit F (x) f(x, y) dy. Beispiele: Wir kennen bereits die Gamma Funktion Γ: > > mit Γ(x) y y x e y dy. Die Fourier Transformierte einer Funktion f : C ist f : C mit f(x) 2π + y f(y) e ixy dy. Das Newton Potential einer Massenverteilung ρ: 3 ist F : 3 ρ(y) mit F (x) y x dy. y 3 Ist F stetig? differenzierbar? Wann gilt Ableitung unter dem Integral? f(x, y) dy? f(x, y) dy Für Integrale über echtecken erhalten wir folgenden Spezialfall: Satz D3A (Ableitungsregel für Integrale über echtecken) Sei f : [x, x ] [y, y ] stetig. Dann ist die Funktion F : [x, x ] mit F (x) : y y f(x, y) dy stetig. Ist zudem f stetig diff bar bezüglich x, so auch F, und es gilt Kurzum: F (x) y y d y y f(x, y) dy dx y y f(x, y) dy. x f(x, y) dy x Statt [x, x ] können wir offene Mengen X p betrachten. Statt [y, y ] können wir über kompakte q integrieren. Ableitung von Parameterintegralen (kompakt) D3.2, S.259 Ableitung von Parameterintegralen (kompakt) D3.2, S.26 Wann dürfen wir unter dem Integral ableiten? Wir brauchen praktische Kriterien! Der folgende Satz gibt ein besonders einfaches Kriterium für den wichtigen Spezialfall, dass der Integrationsbereich kompakt ist. Wir heben diesen besonders schönen Fall hervor. Satz D3B (Ableitungsregel für Integrale über Kompakta) Sei X p offen, q kompakt, f : X stetig. Dann ist F : X mit F (x) : f(x, y) dy stetig. Ist zudem f stetig diff bar bezüglich x j, so auch F, und es gilt F (x) f(x, y) dy. Kurzum: f(x, y) dy f(x, y) dy! Kompaktheit von und Stetigkeit von f bzw. f sind wesentlich! Beweis: Stetigkeit gilt dank majorisierter Konvergenz. Sei p und x [a, b] X. Dank HDI und Fubini berechnen wir F (x) F (a) lin f(x, y) f(a, y) dy x HDI f(t, y) dt dy ta t Fubini f(t, y) d(t, y) t Fubini [a,x] x ta f(t, y) dy dt t Nochmals dank HDI und Stetigkeit folgt hieraus F (x) HDI f(x, y) dy. x : Die Vertauschung von Ableitung und Integral führen wir dank HDI zurück auf die Vertauschung von zwei Integralen. Der Satz von Fubini lässt sich anwenden, da f stetig ist und somit absolut integrierbar auf [a, b]. Der HDI lässt sich anwenden dank Stetigkeit.
14 Anwendung: Newton Potential D3.2, S.26 Anwendung: Newton Potential D3.2, S.262 Ergänzung Das Newton Potential einer Masse m im Punkt y 3 ist F : 3 {y} mit F (x) m y x (bis auf Konstanten&Vorzeichen). Das zugehörige Gravitationsfeld ist f : 3 {y} 3 mit f(x) grad F (x) m y x y x 3. Für K 3 kompakt und Dichte ρ: K haben wir entsprechend F : 3 ρ(y) K mit F (x) y x dy. Das zugehörige Gravitationsfeld ist dann f : 3 K 3 mit f(x) grad F (x) K K y x ρ(y) dy. y x 3 Übung: Man prüfe die echnung für grad F sorgfältig nach. Aus f grad F folgt für die Divergenz div f f x + f 2 x 2 + f 3 x 3 2 F x 2 F. + 2 F x F x 2 3 Man nennt div grad den Laplace Operator. x 2 x 2 2 x 2 3 Eine Funktion F mit der Eigenschaft F heißt harmonisch. Übung: Das Newton Potential F : 3 {y} mit F (x) m y x ist harmonisch, ebenso F : 3 K mit ρ(y) F (x) y x dy. K Leibniz egel für Integrale über Normalbereiche D3.2, S.263 Ergänzung Leibniz egel für Integrale über Normalbereiche D3.2, S.264 Ergänzung Satz D3C (Leibniz egel für Integrale über Normalbereiche) Sei X p offen und g, h: X stetig mit g h sowie B { (x, y) p+ x X, g(x) y h(x) }. Sei f : B stetig. Dann ist die Funktion F : X mit F (x) : h(x) g(x) f(x, y) dy stetig. Sind zudem f, g, h stetig diff bar bezüglich x, so auch F, und F h(x) f (x) (x, y) dy f(x, g(x)) g (x) + f(x, h(x)) h (x). g(x) Der HDI ist ein Spezialfall: d dx x a f(y) dy f(x). Wie zuvor dürfen wir unter dem Integral ableiten, jetzt aber kommen zusätzlich die Ableitungen der Intervallgrenzen hinzu. Der Einfachheit halber denken wir uns f fortgesetzt zu einer stetig differenzierbaren Funktion f : X. Beweis: Für x X und u, v betrachten wir die Funktion G(x, u, v) v u f(x, y) dy Diese ist stetig in x, u, v. Also ist F (x) G(x, g(x), h(x)) stetig in x. Für die Ableitung finden wir dank Kettenregel und HDI: F (x) G x h(x) g(x) (x) + G u g (x) + G v h (x) f (x, y) dy f(x, g(x)) g (x) + (x, h(x)) h (x)f
15 Gegenbeispiel zur Stetigkeit des Integrals D3.2, S.265 Nachrechnen des Gegenbeispiels D3.2, S.266 Lösung Für g : mit g(t) e t2 haben wir g(t) dt π gezeigt. Die Funktion f : mit f(x, y) x g(xy) ist stetig. f(x, y) xe (xy)2 y Das parameterabhängige Integral F (x) f(x, y) dy ist nicht stetig: π für x >, F (x) für x, π für x <. Die Funktion g(t) e t2 dient als schönes und konkretes Beispiel. Das Phänomen besteht jedoch für jede stetige Funktion g :. Das Integral a : g(t) dt erfülle für das Folgende < a <. Die Funktion f : mit f(x, y) x g(xy) ist stetig. Dennoch ist das Parameterintegral F (x) f(x, y) dy unstetig: F (x) f(x, y) dy x g(xy) dy sign(x) g(xy) x dy Substitution t xy und dt x dy: sign(x) g(t) dt sign(x) a Das Umklappen des Vorzeichens ist in der Skizze gut zu erkennen. Gegenbeispiel zur Ableitung unter dem Integral D3.2, S.267 Nachrechnen des Gegenbeispiels D3.2, S.268 Lösung Für g : mit g(t) e t2 haben wir g(t) dt π gezeigt. Die Funktion f : mit f(x, y) x x g(xy) ist stetig diff bar. f(x, y) x x e (xy)2 Wir finden F (x) f(x, y) dy x π, also F (x) π, aber { π f für x, (x, y) dy x für x. Aufgabe: Man prüfe diese echnung sorgfältig nach. y Lösung: Dank Substitution t xy und dt x dy gilt F (x) f(x, y) dy x x g(xy) dy x g(t) dt x π. Also F (x) π. Ableiten unter dem Integral liefert f(x, y) dy 2 x g(xy) + xy x g (xy) dy. x Das verschwindet für x. Für x substituieren wir erneut: f(x, y) dy 2 x g(xy) + xy x g (xy) dy x 2 g(t) dt 2 t 2 g(t) dt 2 π π π (Siehe unten, Momente der Normalverteilung.) In x gilt also d f(x, y) dy π f(x, y) dy. dx x
16 Ableitung von Parameterintegralen (allgemein) D3.3, S.269 Stetigkeit von Parameterintegralen (allgemein) D3.3, S.27 Im den vorangegangenen Sätzen war der Integrationsbereich kompakt. Was tun, wenn über einen nicht-kompakten Bereich integriert wird, etwa oder n? Wie zuvor müssen wir verhindern, dass Masse nach Unendlich verschwindet. Das gelingt am besten wie folgt: Satz D3D (Ableitung von Parameterintegralen) Sei f : X mit X p offen und q. Ist für jedes x X die Abbildung y f(x, y) über integrierbar, so erhalten wir F : X mit F (x) : f(x, y) dy. Ist f bezüglich x stetig und majorisiert int bar über, also f(x, y) h(y) mit h(y) dy <, so ist F stetig. 2 f Ist : X stetig bezüglich x j und majorisiert int bar über, so ist auch F stetig diff bar bezüglich x j, und es gilt F (x) f(x, y) dy. Ableitung von Parameterintegralen (allgemein) Sei p und x [a, b] X. F (x) F (a) lin f(x, y) f(a, y) dy x HDI f(t, y) dt dy ta t Fubini f(t, y) d(t, y) t Fubini [a,x] x ta f(t, y) dy dt t Nochmals dank HDI und Stetigkeit folgt hieraus F (x) HDI f(x, y) dy. x D3.3, S.27 : Die Vertauschung von Ableitung und Integral führen wir dank HDI zurück auf die Vertauschung von zwei Integralen. Der Satz von Fubini lässt sich hier anwenden, da f majorisiert integrierbar ist und somit absolut integrierbar auf [a, b]. Die Stetigkeit wird im letzten Schritt für den HDI gebraucht! Wir rechnen als erstes die Stetigkeit von F nach: Für x a in X gilt lim F (x) lim f(x, y) dy x a x a () (2) lim f(x, y) dy f(a, y) dy F (a) x a : Man sieht hieraus, dass für die Stetigkeit von F im Punkt a X genügen: () Für alle x X, oder zumindest alle x in einer Umgebung von a, ist die Abbildung f(x, ): : y f(x, y) majorisiert integrierbar. (2) Für jedes y ist die Abbildung f(, y): X : x f(x, y) in a stetig. Das bedeutet lim x a f(x, y) f(a, y) für alle x a und y. Diese Bedingungen sind automatisch erfüllt, wenn f : X stetig und kompakt ist: Als Majorante wählen wir die Konstante M sup { f(x, y) x B(a, r), y }. Hier ist B(a, r) X der kompakte Ball mit Mittelpunkt a und adius < r <. Im zweiten Teil leiten wir bezüglich x j ab und halten dabei x,..., x j, x j+,..., x p fest. Wir fordern dann die Bedingungen () und (2) für die Ableitung f : X. Zur einfacheren Schreibweise reicht es, den Fall einer Variablen zu betrachten, also p. Ableitung von Parameterintegralen (allgemein) Als alternativen Beweis der Ableitungsformel weisen wir folgende Gleichungen nach: F (x) () F (x + he j ) F (x) lim h h (2) f(x + he j, y) f(x, y) lim h (3) h dy f(x + he j, y) f(x, y) lim dy (4) h h f(x, y) dy Gleichung () und (4) ist die Definition der partiellen Ableitung, (2) gilt dank Linearität des Integrals, also bleibt (3) zu zeigen. Dank der vorausgesetzten majorisierten Integrierbarkeit existiert eine Funktion h: [, ] mit h < und f(x, y) h(y). x Nach dem (eindimensionalen) Mittelwertsatz der Differentialrechnung gilt f(x + he j, y) f(x, y) h f (x + ηe j, y) für ein η [, h]. Durch Übergang zum Betrag folgt hieraus f(x + he j, y) f(x, y) h f (x + ηe j, y) h(y). Somit gilt (3) dank majorisierter Konvergenz. D3.3, S.272
17 Anwendung: Gamma Funktion D3.3, S.273 Anwendung: Gamma Funktion D3.3, S.274 Aufgabe: Durch Ableiten unter dem Integral berechne man (erneut) x n e x dx n! Diese Gleichung haben wir bereits durch partielle Integration gewonnen [S.24]. Das war auch nicht wirklich schwierig, aber doch etwas mühsamer. Differenzieren ist leichter. Lösung: Für t > betrachten wir das Integral e tx dx. Integriert wird hier über x, wobei t ein fester Parameter ist: e tx dx [ e tx t ] t. Die Ableitung unter dem Integral xe tx ist majorisiert integrierbar: Für < t < t gilt xe tx xe t x, und letzteres ist integrierbar. Wir dürfen daher unter dem Integral nach t ableiten: xe tx dx t 2, also Nochmaliges Ableiten nach t liefert x 2 e tx dx 2 t 3, also Nochmaliges Ableiten nach t liefert x 3 e tx dx 3! t 4, Per Induktion erhalten wir: also x n e tx dx n! t n+ xe tx dx t 2. x 2 e tx dx 2 t 3. x 3 e tx dx 3! t 4. Anwendung: Momente der Normalverteilung D3.3, S.275 Anwendung: Momente der Normalverteilung D3.3, S.276 Aufgabe: Durch Ableiten unter dem Integral berechne man { x n e x2 /2 3 5 (n ) falls n gerade, dx 2π falls n ungerade. Die Funktion ϕ(x) e x2 /2 / 2π ist die Dichte der Standardnormalverteilung, die in der Wahrscheinlichkeitsrechnung eine zentrale olle spielt. Das Integral über xϕ(x) ist ihr Mittelwert (Schwerpunkt), hier aus Symmetriegründen. Das Integral über x 2 ϕ(x) ist ihre Varianz (Trägheitsmoment). Allgemein nennt man das Integral über x n ϕ(x) das n te Moment. Lösung: Wir wissen bereits e y2 dy π. Substitution y x t/2 mit t > und dy dx t/2 ergibt e tx2 /2 dx t 2 2π. Wir dürfen unter dem Integral nach t ableiten und erhalten x2 2 e tx2 /2 dx 2 t 3 2 2π, also x 2 e tx2 /2 dx t 3 2 2π. Nochmaliges Ableiten nach t liefert x4 2 e tx2 /2 dx 3 2 t 5 2 2π, also x 4 e tx2 /2 dx 3 t 5 2 2π. Nochmaliges Ableiten nach t liefert x 6 e tx2 /2 dx 3 5 t 7 2 2π. Dieses Muster setzt sich fort. Per Induktion erhalten wir x 2k e tx2 /2 dx 3 5 (2k ) t 2k+ 2 2π.
18 Anwendung: Ein erstes Fourier Integral D3.3, S.277 Anwendung: Ein erstes Fourier Integral D3.3, S.278 Aufgabe: Man berechne das parameterabhängige Integral F : mit F (x) + y x 4 e y2 cos(xy) dy. e y2 cos(xy) x Existiert das Integral für jedes x? Ja, denn e y2 cos(xy) e y2. Ist F stetig? Ja, denn e y2 cos(xy) ist bzgl. y majorisiert integrierbar. Ist F differenzierbar? Ja, dank majorisierter Int barkeit der Ableitung: f e x y 2 ( y) sin(xy) y e y2. Fazit: Wann gilt Vertauschbarkeit? y S.279 Lösung: Ableiten unter dem Integral und partielle Integration: + F (x) d e y2 cos(xy) dy dx y [ + sin(xy)] 2 e y2 y 2 + y + y Wir kommen so auf die Differentialgleichung F (x) 2 x F (x). Diese wird gelöst durch F (x) c e x2 /4 mit c. e y2 ( y) sin(xy) dy e y2 x cos(xy) dy x 2 F (x). Wir kennen zudem den Anfangswert F () π. Daraus folgt F (x) πe x2 /4. Man rechnet leicht nach, dass u(x) c e x2 /4 die Gleichung u (x) x u(x) erfüllt. 2 Wir werden später sehen, dass dies wirklich alle Lösungen der Differentialgleichung sind. Anders gesagt, der Anfangswert u() legt die Lösung eindeutig fest, hier u(x) πe x2 /4. Fazit: Wann gilt Vertauschbarkeit? S.28 Sei f : X mit X p offen und q. Ist für jedes x X die Abbildung y f(x, y) über integrierbar, so erhalten wir F : X mit F (x) : f(x, y) dy. Für die Stetigkeit von F haben wir folgende Kriterien: Stetigkeit gilt, wenn f stetig und kompakt ist, oder allgemeiner, wenn f bezüglich x stetig ist und majorisiert integrierbar über. In diesem Fall gilt die schöne Formel lim f(x, y) dy lim f(x, y) dy x x x x f(x, y) dy.! Andernfalls ist Vorsicht geboten: Stetigkeit gilt nicht immer! Wir wollen unter dem Integral ableiten gemäß? F (x) f(x, y) dy F (x) f (x, y) dy Für die Gültigkeit dieser Gleichung haben wir folgende Kriterien: Sie gilt, wenn f stetig und kompakt ist, oder allgemeiner, wenn f bezüglich x j stetig ist und majorisiert int bar über. In diesem Fall gilt die schöne Formel f(x, y) dy f(x, y) dy.! Andernfalls ist Vorsicht geboten: Vertauschbarkeit gilt nicht immer!
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