Preise für alkoholfreie Getränke in Gaststätten
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- Maja Färber
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1 INSTITUT FÜR ANGEWANDTE VERBRAUCHERFORSCHUNG e.v. Preise für alkoholfreie Getränke in Gaststätten Eine Untersuchung im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.v. (vzbv) Berlin Dezember 2002 INSTITUT FÜR ANGEWANDTE VERBRAUCHERFORSCHUNG e.v. Aachener Str Köln (Junkersdorf) Telefon: (02234) Telefax: (02234)
2 INHALTSVERZEICHNIS Zusammenfassung Ausgangssituation und Untersuchungsziel Methode der Untersuchung Darstellung der Ergebnisse Gesamtergebnis
3 Preise für alkoholfreie Getränke in Gaststätten Zusammenfassung Nach 6 Gaststättengesetz (GastG) sind Gastwirte verpflichtet, mindestens ein alkoholfreies Getränk nicht teurer als das billigste alkoholische Getränk anzubieten, wobei der Preisvergleich auch auf der Basis des hochgerechneten Literpreises vorgenommen wird. Diese Neuregelung gilt seit Anfang des Jahres Einzelne Beobachtungen ließen vermuten, dass dieses Gesetz in der Gastronomie möglicherweise nur unzureichend befolgt wird. Eine aktuelle empirische Untersuchung, die das Institut für angewandte Verbraucherforschung (IFAV) im Auftrage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) durchführte, bestätigte die bisherigen Vermutungen. Im Rahmen einer Überprüfung von bundesweit 501 Gaststätten verstießen 45,7 % gegen diese neue gesetzliche Regelung. In diesen Gaststätten wurde das billigste alkoholfreie Getränk bezogen auf den Literpreis teurer angeboten als das billigste alkoholische Getränk. Die Untersuchung belegt, dass sich die Preisgestaltung sehr vieler Gaststätten noch nicht der neuen Gesetzeslage angepasst hat. Viele Betriebe hatten zwar ein scheinbar preisgünstiges alkoholfreies Getränk auf ihrer Karte, dies war jedoch meist nur im absoluten Preis billiger als Bier, jedoch nicht, wenn man es auf einheitliche Mengen umrechnet. Genau das verlangt jedoch das neu formulierte Gaststättengesetz. Ganz offensichtlich besteht in der Branche noch ein erheblicher Informationsbedarf zu den aktuell gültigen rechtlichen Bestimmungen. 3
4 1.Ausgangssituation und Untersuchungsziel Zum 1. Januar 2002 trat eine wichtige Änderung des 6 Gaststättengesetz (GastG) in Kraft. Danach sind Gastwirte verpflichtet, mindestens ein alkoholfreies Getränk nicht teurer als das billigste alkoholische Getränk (in der Regel Bier) anzubieten, wobei der Preisvergleich auch auf der Basis des hochgerechneten Literpreises vorgenommen wird. Es gab zwar bereits früher eine ähnliche Regelung, diese ließ jedoch einen unerwünschten Interpretationsspielraum zu, da der klare Mengenbezug fehlte und nur der absolute Getränkepreis betrachtet wurde. Nach dem früheren Gesetzestext war es zulässig, eine größere Menge eines alkoholischen Getränks zu einem relativ geringeren Literpreis anzubieten. Die Gesetzesänderung stellt klar, dass der Vergleich der alkoholfreien und alkoholischen Getränkeangebote nicht nur die absoluten sondern auch die relativen Preise einbeziehen muss. Durch die Neuregelung erhoffte sich der Gesetzgeber einen effektiven Beitrag zum Jugendschutz, zur Suchtprävention und zur Verkehrssicherheit. Es sollte vermieden werden, dass Jugendliche allein schon wegen des niedrigeren Preises zu Alkohol verführt werden. Ob die erhoffte Wirkung tatsächlich eintritt, erscheint zumindest fraglich. Nach ersten Beobachtungen wird die neue Regelung im Gaststättengewerbe noch nicht sonderlich ernst genommen. So war in Berlin bei einer Überprüfung im Auftrag der Drogenbeauftragten der Bundesregierung in fast 60 Prozent der Fälle ein alkoholhaltiges Getränk das billigste Angebot. Es scheint daher geboten, die aktuelle Umsetzung des Gesetzes in einer breit angelegten empirischen Untersuchung zu überprüfen und die Öffentlichkeit auf die Problematik aufmerksam zu machen. 4
5 2. Methode der Untersuchung Die Einhaltung der neuen gesetzlichen Vorschrift wurde in einer bundesweiten Stichprobe von insgesamt 501 gastronomischen Betrieben überprüft. Es wurden jeweils die Preise für Bier, Wasser. Cola, Limonade und Saft ermittelt, da unter den genannten üblicherweise auch die jeweils billigsten alkoholischen bzw. alkoholfreien Angebote zu finden sind. Falls jedoch andere als die genannten Getränke dem Kriterium "billigstes Getränk" entsprechen sollten (z.b. Wein, Mischgetränke, Eistee o.ä.), wurden die Preise für diese Angebote ebenfalls notiert. Die überprüften Gaststätten verteilen sich auf insgesamt 20 Erhebungsorte, wobei alle 16 Bundesländer einbezogen werden. Folgende Städte wurden berücksichtigt: Berlin, Bremen, Dortmund, Dresden, Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover, Jena, Karlsruhe, Köln, Lübeck, Magdeburg, Mainz, München, Oldenburg, Potsdam, Rostock, Saarbrücken, Stuttgart und Würzburg. Pro Erhebungsort wurden zwischen 24 und 26 Gaststätten einbezogen. Die Auswahl der zu überprüfenden Gaststätten erfolgte nach dem Zufallsprinzip. Als Ausgangspunkt der Ermittlungen in den einzelnen Städten wurden jeweils solche Stadtviertel oder Straßenzüge gewählt, in denen sich Lokale befinden, die gern von Jugendlichen aufgesucht werden. Gemäß 7 Abs. 2 Preisangabenverordnung (PAngV) müssen in einem neben dem Eingang der Gaststätte angebrachten Preisverzeichnis "die Preise für die wesentlichen angebotenen Speisen und Getränke ersichtlich" sein. Da aber nicht eindeutig geregelt ist, welche Getränke im Einzelfall als "wesentlich" anzusehen sind, könnten theoretisch auch andere Angebote von Interesse sein, die nicht auf der aushängenden Preisliste vermerkt sind. Um sicherzugehen, dass wirklich alle Angebote einbezogen werden, berücksichtigte die Erhebung daher neben den Angeboten auf den außen angebrachten Preisaushängen auch die Getränkeangebote, die auf Getränkekarten und Preistafeln im Lokal ersichtlich waren. Für jede einbezogene Gaststätte wurde ein Protokollbogen angefertigt, auf dem neben der Adresse des Lokals und dem Datum der Beobachtung jeweils zu den einzelnen Getränkeangeboten die Menge und der Preis notiert wurden. Die Erhebungen fanden zwischen dem 16. November und 02. Dezember 2002 statt. 5
6 3. Darstellung der Einzelergebnisse Die Einzelergebnisse sind im Tabellenanhang festgehalten. Dort sind im ersten Teil mit der Überschrift "Getränkedaten" für jede Gaststätte alle ermittelten Einzeldaten jeweils mit Mengen- und Preisangabe dargestellt. Im zweiten Teil des Tabellenanhangs mit der Überschrift "Getränkedaten, umgerechnet auf 1 Liter" wurde die vom Gesetz geforderte Umrechnung auf die einheitliche Bezugsgröße vorgenommen. In den Tabellenspalten für die einzelnen Getränkearten erscheinen hier anstelle der Mengen- und Preisangaben aus der ersten Tabelle die umgerechneten Literpreise. In den beiden folgenden Spalten sind zur besseren Orientierung nochmals pro Gaststätte die jeweils niedrigsten Preise für alkoholische bzw. alkoholfreie Angebote separat dargestellt. In der abschließenden Spalte mit der Überschrift "Differenz" werden die jeweils niedrigsten Preise der beiden Varianten miteinander verglichen. Hierbei wird vom Literpreis des billigsten alkoholischen Angebotes der Literpreis des billigsten alkoholfreien Angebotes abgezogen. Somit ergibt sich eindeutig, dass in den Fällen, in denen in dieser Spalte ein negativer Wert erscheint, gegen das Gesetz verstoßen wird, denn in diesen Gaststätten ist offenbar der Literpreis des billigsten alkoholfreien Getränks höher als der Literpreis des billigsten alkoholischen Getränks. 6
7 4. Gesamtergebnis Fasst man die vorliegenden Einzelergebnisse zusammen, so erhält man insgesamt folgendes Ergebnis dieser Marktbeobachtung: In 229 der untersuchten 501 Gaststätten ist das billigste alkoholfreie Getränk bezogen auf den Literpreis teurer als das billigste alkoholische Getränk. 45,7 % der untersuchten Gaststätten verstoßen gegen 6 GastG. Das Ergebnis bestätigt also die bereits geäußerte Vermutung, wonach die Neuregelung des Gesetzes in der Praxis nicht sonderlich stark beachtet wird. Ob die neuen Bestimmungen bewusst oder unbewusst so unzureichend befolgt werden, kann nicht beurteilt werden. Auffallend ist allerdings, dass sich beim weitaus größten Teil der 229 Gaststätten, deren Preispolitik zu beanstanden ist, beim Vergleich der absoluten Getränkepreise ein anderes Bild ergibt, denn 195 dieser 229 Gaststätten (entspricht 85,2 % von 229) bieten zumindest ein alkoholfreies Getränk absolut betrachtet, also ohne Umrechnung auf den Literpreis, billiger als das billigste alkoholische Getränk an oder zumindest zum gleichen Preis. Dies entspricht genau der Regelung, die früher von den Buchstaben des Gesetzes toleriert und daher auch von den Gerichten akzeptiert wurde. Ganz offensichtlich ist es also immer noch weit verbreitete Praxis, ein alkoholfreies Getränk in kleiner Menge zu einem absolut niedrigeren, aber relativ ungünstigeren Preis anzubieten. Es scheint demnach dringend erforderlich zu sein, denn Sinn der Neuregelung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen auf die Preisgestaltung wesentlich stärker als bisher publik zu machen. Wünschenswert wäre es auf jeden Fall, wenn die Gaststätten sowohl bezogen auf den Literpreis als auch bezogen auf den absoluten Preis zumindest ein preiswertes alkoholfreies Getränk anbieten würden. Leider wird diese Forderung auch von denjenigen, die das Gesetz befolgen, nicht konsequent umgesetzt. Von den 272 (= 54,3 % von 501 Gaststätten der Gesamtstichprobe) Betrieben, die sich im Rahmen dieser Marktbeobachtung gesetzeskonform verhielten, entsprachen 250 diesem Wunsch. In 22 Fällen lag der absolute Preis des relativ billigsten alkoholfreien Getränks höher als der absolute Preis eines alkoholischen Getränks. Dieser Fall kann dann eintreten, wenn das alkoholfreie Getränk in größerer Menge (z.b. 0,25 l oder 0,4 l) angeboten wird als das alkoholische Getränk (z.b. Bier im 0,2 l-glas). Es gibt also durchaus individuelle Formen der Angebotsgestaltung. 7
8 Insgesamt fiel auf, dass häufig nur ein alkoholfreies Getränk bewusst billig angeboten wurde, während andere alkoholfreie Getränke eher teurer als Bier waren. Bei den besonders billigen alkoholfreien Getränken handelte es sich in der Regel um Wasser, Limonade oder Saft, in Einzelfällen wurden aber auch Milch oder Malzbier besonders preisgünstig offeriert, also Getränke, die vermutlich nicht jeder als attraktive Alternative ansehen dürfte. Die Ergebnisse in den einzelnen Untersuchungsorten waren zum Teil recht uneinheitlich. Nachfolgend sind für die einzelnen Erhebungsorte die Anteile der Gaststätten, die gegen die aktuelle Fassung des Gaststättengesetzes verstoßen, angegeben. Wegen der geringen Zahl von ca. 25 Beobachtungen pro Stadt haben diese Zahlen anders als die oben getroffenen Feststellungen zur Gesamtstichprobe nur geringe Aussagekraft. Stadt (Anzahl der Überprüfungen) Gaststätten mit Verstoß gegen 6GastG in % München (25) 16 % Lübeck (25) 28 % Stuttgart (25) 28 % Berlin (26) 35 % Potsdam (24) 38 % Magdeburg (26) 39 % Bremen (25) 40 % Hamburg (26) 42 % Oldenburg (25) 44 % Hannover (25) 44 % Mainz (25) 44 % Dortmund (25) 48 % Köln (25) 48 % Saarbrücken (25) 52 % Dresden (25) 56 % Rostock (25) 56 % Frankfurt/Main (24) 58 % Würzburg (25) 60 % Jena (25) 68 % Karlsruhe (25) 72 % 8
9 Aus den Ergebnissen lassen sich offenbar keine eindeutigen Aussagen über mögliche Zusammenhänge zwischen der Beachtung des Gaststättengesetzes durch die Gastronomie und den Faktoren Ortsgröße oder Region ableiten. Die lokalen Ergebnisse sollten wegen der starken Schwankungsbreite nicht überbewertet werden. Festzuhalten ist, dass die Beachtung des 6 GastG allein von der individuellen Preisgestaltung abhängt und anscheinend keiner übergeordneten Systematik unterliegt. Möglicherweise hat sich die Neuregelung in einigen Städten mehr herumgesprochen als in anderen. Die Untersuchungsergebnisse zeigen jedoch unmissverständlich, dass insgesamt ein hoher Aufklärungsbedarf besteht. 9
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