Eine Pfändung ist nur dann unwirksam, wenn analog 44 VwGO ein schwerwiegender Mangel vorliegt und dieser offenkundig ist.
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- Karlheinz Holtzer
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1 Lösung Fall 17: 1. Sind die einzelnen Pfändungen wirksam? Als Hoheitsakte sind Vollstreckungsakte auch dann als wirksam anzusehen, wenn sie fehlerhaft ergangen sind oder gar nicht hätten ergehen dürfen. Die Pfändung ist dann zwar wirksam, aber durch Rechtsbehelfe angreifbar. Eine Pfändung ist nur dann unwirksam, wenn analog 44 VwGO ein schwerwiegender Mangel vorliegt und dieser offenkundig ist. Beispiele für derart schwerwiegende und offenkundige Mängel sind: Fehlen eines vollstreckbaren Titels Verstoß gegen die funktionelle Zuständigkeit des Vollstreckungsorgans (z.b. bei Forderungspfändung durch den Gerichtsvollzieher) Verstoß gegen die wesentlichsten Formvorschriften, 808 I, II 2 ZPO (z.b. bei telefonischer Pfändung ) Verstoß gegen 865 II ZPO (Rspr., str.) Wirksam ist die Pfändung dagegen in folgenden Konstellationen: Örtliche Unzuständigkeit des Gerichtsvollziehers Pfändung einer sich im Gewahrsam eines Dritten befindenden Sache, ohne dass der Dritte zur Herausgabe bereit ist ( 809 ZPO) Pfändung einer nach 811 ZPO unpfändbaren Sache Pfändung einer schuldnerfremden Sache Die Pfändung bewirkt grundsätzlich die Verstrickung ( 135, 136 BGB) und das Entstehen eines Pfändungspfandrechts ( 804 Abs. 1 ZPO). Eine wirksame (also nicht nichtige) Pfändung führt immer zur Verstrickung; nach der herrschenden gemischt privatrechtlich-öffentlichrechtlichen Theorie bewirkt eine wirksame Pfändung aber nicht automatisch das Entstehen eines Pfändungspfandrechts. Ein Pfändungspfandrecht entsteht nur, wenn die für die Entstehung eines rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Pfandrechts maßgebenden Vorschriften und alle wesentlichen Verfahrensvorschriften beachtet wurden (Musielak, Grundkurs ZPO, Rn. 640). Wirksamkeit der einzelnen Pfändungen: a. PC: wirksam b. Pfändung ist wirksam. Der Teppich befindet sich zwar nachweislich im Eigentum der F und damit im schuldnerfremden Eigentum. Der Gerichtsvollzieher prüft bei der Pfändung jedoch nicht die Eigentumslage, sondern lediglich den Gewahrsam. Grund dafür ist, dass der Gerichtsvollzieher das rechtlich definierte Eigentum nicht ohne eingehende Prüfung feststellen kann. Den Gewahrsam als tatsächliche Gegebenheit kann der Gerichtsvollzieher dagegen sofort prüfen. Die Pfändung ist damit wirksam.
2 c. Haushaltskasse: Auch die Pfändung des in der Haushaltskasse befindlichen Geldes ist wirksam (vgl. oben b.). d. Persischer Teppich: Pfändung ist wirksam. e. Farbfernseher: Pfändung ist ebenfalls wirksam. 2. Welche Rechtsbehelfe haben S und F gegen die einzelnen Pfändungen? a. PC Bei der Pfändung des PC des S könnte ein Verstoß gegen ein Pfändungsverbot gem. 811 ZPO vorliegen. Verstöße gegen 811 ZPO können mit der Vollstreckungserinnerung gem. 766 ZPO geltend gemacht werden. In Betracht kommt zunächst 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Von der Norm wird auch die Berufsvorbereitung erfasst. Das Studium dient der Berufsvorbereitung. Jedoch wird von der Rspr. für ein Jurastudium ein PC als nicht erforderlich zur Durchführung dieses Studiums angesehen, da Jurastudenten den PC nicht für kalkulatorische und graphische Arbeiten, sondern lediglich für die Textverarbeitung benötigten (AG Kiel, JurBüro 2004, 334 f.). 811 Abs. 1 Nr. 5 ist daher nicht einschlägig. Auch ein Verstoß gegen 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO ist nicht einschlägig, da die Vorschrift nur eine genauere Inhaltsbestimmung von Nr. 5 darstellt. Die Pfändung ist damit von S nicht angreifbar. b. Kaukasischer Teppich Die Pfändung könnte aufgrund eines Verstoßes gegen 809 ZPO fehlerhaft sein. Der Teppich befand sich in der gemeinsamen Wohnung des S und der F. Die beiden hatte daher Mitgewahrsam. Die F war aber nicht zur Herausgabe bereit. 739 ZPO ist nach h.m. auf nicht miteinander verheiratete Personen auch nicht entsprechend anwendbar (BGH ZIP 2007, 352). Der Teppich durfte daher vom Gerichtsvollzieher nicht gepfändet werden. Gegen die Pfändung könnte F als Dritte den Rechtsbehelf der Vollstreckungserinnerung gem. 766 ZPO einlegen (hier sog. Dritterinnerung); sie hat insoweit auch Erinnerungsbefugnis (Sonderform des Rechtsschutzbedürfnisses), da die verletzte Norm ( 809 ZPO) drittschützend ist. F hätte daher Erfolg mit der Vollstreckungserinnerung. Schließlich befindet sich der Teppich im Eigentum des F und nicht im Eigentum des Vollstreckungsschuldners S.
3 Da der Gerichtsvollzieher die Eigentumslage an den gepfändeten Gegenständen gerade nicht prüft ist auch keine Vollstreckungserinnerung gegen die Pfändung gem. 766 ZPO möglich. Die F muss daher Drittwiderspruchsklage gem. 771 ZPO erheben. Die Eigentumsvermutung des 1362 BGB ist bei S und F nicht anwendbar, da sie nicht miteinander verheiratet sind. c. Haushaltsgeld Das Haushaltsgeld befand sich nicht im Alleingewahrsam des S. Die F hatte daran Mitgewahrsam und war nicht zur Herausgabe bereit, da dass ein Verstoß gegen 809 ZPO vorliegt. Sie könnte damit eine Dritterinnerung gem. 766 ZPO gegen die Pfändung erheben. Die Pfändung des sich in der Haushaltskasse befindenden Geldes i.h.v. 280 stellt zudem einen Verstoß gegen 811 Abs. 1 Nr. 2 ZPO dar. Diesen Verstoß gegen 811 Abs. 1 Nr. 2 ZPO kann sowohl S als auch F gem. 766 geltend machen. Das Geld befindet sich im Eigentum der F. Ihr Eigentum kann die F jedoch nicht gem. 766 ZPO geltend machen. Sie muss Drittwiderspruchsklage gem. 771 ZPO erheben. d. Persischer Teppich Am Teppich besteht wiederum kein Alleingewahrsam des S. Die F kann die Pfändung daher gem. 766 ZPO angreifen. Der Wert des Teppichs ( ) übertrifft die titulierte Forderung i.h.v bei weitem. Die Pfändung des Teppichs könnte daher einen Verstoß gegen das Überpfändungsverbot des 803 Abs. 1 S. 2 ZPO darstellen. Die Pfändung darf daher nicht weiter ausgedehnt werden, als es zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung erforderlich ist. Ob die Pfändung des Teppichs erforderlich ist, hängt von den Werten der anderen gepfändeten Gegenstände ab. Einen Verstoß gegen 803 Abs. 1 S. 2 ZPO könnte S mittels der Vollstreckungserinnerung gem. 766 ZPO geltend machen. e. Fernseher Hinsichtlich des Fernsehers liegt wiederum ein Verstoß gegen 809, 808 ZPO vor, da er sich nicht im Alleingewahrsam des S befindet. Dies ist von der F gem. 766 ZPO angreifbar. Nach der herrschenden Meinung ist ein Farbfernseher eine dem persönlichen Gebrauch dienende Sache, die ein Schuldner zu seiner angemessenen, bescheiden Lebensführung gem. 811 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bedarf, auch wenn
4 daneben noch ein Radio vorhanden ist. Die Pfändung des Fernsehers ist damit sowohl von S, als auch von F gem. 766 angreifbar, da 811 Abs. 1 Nr. 1 nicht nur schuldnerschützend, sondern im Hinblick auf Personen, die mit dem Schuldner in häuslicher Gemeinschaft leben, auch drittschützend ist und daher sowohl S als auch F erinnerungsbefugt sind.
5 3. Variante: a. PC Hinsichtlich des PCs gilt das gleiche wie im Ausgangsfall. b. Kaukasischer Teppich Die Pfändung des Teppichs war im Ausgangsfall von der F gem. 766 ZPO angreifbar, da sich der Teppich in ihrem Mitgewahrsam befand. Da F und S miteinander verheiratet sind greift nun 739 Abs. 1 ZPO i.v.m Abs.1 BGB. Danach gilt der S als Alleingewahrsamsinhaber des Teppichs. Die F könnte folglich eine Dritterinnerung gegen die Pfändung nur darauf stützen, dass entgegen der Vermutung des 739 Abs. 1 ZPO i.v.m Abs. 1, Satz 2, Abs. 2 BGB vollstreckt wurde, also in Fällen des Getrenntlebens, bei ausschließlich zum persönlichen Gebrauch der F bestimmten Gegenständen und bei vom Haushalt räumlich getrennt geführten Erwerbsgeschäft der F. Nach dem SVH ist dies jedoch hier nicht gegeben. Die F kann daher die Erinnerung nicht erfolgreich geltend machen. F könnte jedoch Drittwiderspruchsklage gem. 771 ZPO erheben. Hinsichtlich des Eigentums gilt gem BGB die gesetzliche Vermutung, dass der Teppich im Eigentum des S steht. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine gesetzliche Vermutung, die widerlegbar ist. c. Haushaltsgeld Bezüglich des Haushaltsgelds greift 739 ZPO. Die Pfändung bleibt jedoch wegen des Verstoßes gegen 811 Abs. 1 Nr. 2 ZPO fehlerhaft und kann weiterhin von F und S mittels der Erinnerung gem. 766 ZPO angegriffen werden. Da sich das Geld im Eigentum der F befindet kann sie auch Drittwiderspruchsklage gem. 771 ZPO erheben. Dabei muss sie jedoch die Eigentumsvermutung des 1362 BGB widerlegen. d. Persischer Teppich Hinsichtlich des Mitgewahrsams der F greift wiederum 739 ZPO. Da der Teppich danach als im Alleingewahrsam des S befindlich gilt, kann F nicht mehr deswegen nach 766 ZPO dagegen vorgehen. Für einen möglichen Verstoß gegen 803 Abs. 1 S. 2 ZPO ergeben sich keine Änderungen gegenüber dem Ausgangsfall. e. Fernseher Auch hinsichtlich des Fernsehers greift 739 ZPO. Die Pfändung ist damit nicht mehr durch F wegen ihres Mitgewahrsams angreifbar.
6 Die Pfändung bleibt jedoch wie im Ausgangsfall wegen eines Verstoßes gegen. 811 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gem. 766 ZPO angreifbar durch S und F.
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