in vivo -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom 06. Mai 2011
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- Clemens Becke
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1 Seite 1/5 in vivo -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom 06. Mai 2011 Expertengespräch zum Thema Brustkrebs bei Männern Und zu diesem Thema begrüße ich jetzt Prof. Cornelia Höß, Chefärztin der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe am Kreisklinikum Ebersberg. Schön, dass Sie bei uns sind. Prof. Dr. Cornelia Höß, Chefärztin der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe des Kreisklinikums Ebersberg: Guten Abend. Frau Prof. Höß, Kuno Meyer konnte es ja kaum glauben, als er von seiner Brustkrebserkrankung gehört hat. Das ist aber für einen Mann eine nachvollziehbare Reaktion, oder? Ich glaube, jeder Mensch erschrickt sehr, wenn er die Diagnose Brustkrebs hört. Und für Männer muss es ja besonders irritierend sein, mit einer typisch weiblichen Krankheit konfrontiert zu werden. Nun ist es so, dass jeder Mensch eine Brustdrüse hat und Frauen erkranken natürlich auf Grund der hormonellen Situation viel, viel häufiger. Aber in einem Prozent der Fälle sind auch Männer betroffen. Kuno Meyer ist von einem plastischen Chirurgen operiert worden. Das kann ich bei einer Frau nachvollziehen. Ist das bei einem Mann normal, muss das so sein? Es kann im Prinzip jeder operieren: Plastische Chirurgen, Chirurgen, Allgemein-Chirurgen, Gynäkologen. Es kommt nur darauf an, dass die- oder derjenige sich mit dieser Erkrankung auskennt. Es ist eine seltene Erkrankung beim Mann und man sollte sich unbedingt an ein Brustzentrum wenden, das nach Leitlinien arbeitet und sich mit diesen Erkrankungen auskennt. Denn die Operation ist nur ein ganz kleiner Teil der ganzen Behandlung. Manchmal muss man vorher Dinge organisieren. Und schön operieren kann eigentlich jeder, aber das ist nur ein ganz kleiner Teil der ganzen Behandlung. Bevor es mit uns beiden gleich im Gespräch weitergeht, haben wir für die Zuschauer ein paar Informationen kurz zusammengefasst im Film.
2 Seite 2/5 Sprecherin: Männlicher Brustkrebs ist sehr selten. Bis zu 500 Männer erkranken jährlich in Deutschland daran. Sie sind bei Diagnosestellung durchschnittlich etwa 70 Jahre alt. Damit trifft sie die Erkrankung etwa zehn Jahre später als von Brustkrebs betroffene Frauen. Die Symptome sind wie bei Frauen: Knoten oder Verhärtungen in der Brust, eine Veränderung der Brustwarze oder ein Ausfluss daraus. Untersucht wird die männliche Brust mittels Ultraschall und Mammographie. Um einen Verdacht abzuklären, wird eine Gewebeprobe aus der Brust entnommen. Die Behandlung orientiert sich an den Leitlinien, die für das Mammakarzinom der Frau gelten. Deshalb sollten sich betroffene Männer an einem Brustkrebszentrum in einer Frauenklinik behandeln lassen. Zum Einsatz kommt eine Kombination aus Operation, Chemotherapie und Bestrahlung. Die Strahlentherapie wird dabei immer wichtiger, um brusterhaltend operieren zu können. Anschließend folgt eine Antikörper- oder Antihormontherapie. Risikofaktoren, die das hormonelle Gleichgewicht der Männer stören, können Brustkrebs begünstigen. Dazu zählen Hodenhochstand, Hodenentzündung, Leberschäden, extremes Übergewicht. Brustkrebs bei Männern ist in vielen Fällen erblich bedingt. Eine humangenetische Untersuchung der Betroffenen und ihrer Familien ist anzuraten. Wird das Risiko von Männern, an Brustkrebs zu erkranken, eigentlich unterschätzt, weil es eben eine typische Frauenerkrankung ist? Das Risiko wird leider meistens unterschätzt, von den Patienten selber, aber auch von den Ärzten. Es gibt Studien, die zeigen, dass die Diagnose meistens eineinviertel Jahre verschleppt wird -- zwischen dem Zeitpunkt, an dem der Mann einen Knoten oder eine Auffälligkeit getastet hat, und der Diagnosestellung. Das heißt, bei Männern sind die Heilungschancen auch schlechter? Nein, im Prinzip nicht. Also es geht nur darum, dass die Erkrankung leider Gottes zu einem späteren Zeitpunkt, eventuell schon in der metastasierten Situation entdeckt wird. Wenn eine Erkrankung in der gleichen Situation wie bei einer Frau entdeckt worden wäre, wären die Heilungschancen absolut gleich. Welche Risikofaktoren sind denn beim Mann, für Männer eben bekannt?
3 Seite 3/5 Also es gibt viele. Krebs ist ein multifaktorielles Erkrankungsbild. Es sind Umweltfaktoren, es ist aber auch gerade bei diesem Krebs, der hormonell häufig abhängig ist, ein Ungleichgewicht zwischen männlichen Hormonen und weiblichen Hormonen. Frauen und Männer haben ja beides, aber nur die Frauen und Männer zu einem ganz anderen Prozentsatz. Das hat oft damit zu tun, dass Übergewichtigkeit oder erhöhter Alkoholkonsum eine Rolle spielen und das können Risikofaktoren sein. Ganz wichtig oder im Moment sehr in der Forschung stehend ist das Problem der genetischen Konstellation, dass zum Beispiel in einer Familie viele Brustkrebsfälle, Eierstockkrebsfälle und eben auch Brustkrebsfälle bei Männern auftreten. Das birgt natürlich schon wieder den Verdacht, dass es sich um eine genetisch fixierte Erkrankung handelt und es gibt die sogenannte Mutation im BRCA2-Gen, bei dem auch Männer betroffen sein können. Können auch Männer innerhalb von Familien Brustkrebs weitertragen, also vererben? Ja natürlich. Es muss nicht jeder daran erkranken, aber er kann ein Vermittler dieser Erkrankung sein. Welche Symptome sind denn für Männer typisch? Genau die gleichen wie für Frauen: Hauteinziehungen, es sind Schorf an der Brustwarze, Sekret an der Brustwarze, Knotenbildungen -- im Prinzip das Gleiche wie bei Frauen. Und wie gehen Männer vor, wenn sie so etwas bei sich vermuten? Männer gehen in der Regel nicht zum Gynäkologen. Welche Anlaufstellen gibt es? Im Prinzip natürlich immer ein Hausarzt oder Allgemein-Mediziner, die Überweisung in ein Brustzentrum sollte dann die Folge sein. Man sollte die gleiche professionelle Diagnostik durchführen, wie bei den Frauen -- also Mammographie, Ultraschall. Denn wenn man das nicht tut und einfach schnell einen Tumor operiert, hat man manche Informationen nicht, die man haben könnte, wenn man zum Beispiel Frischgewebe abgibt. Und man hat schlicht weg ganz andere Vorrausetzungen, wenn erst operiert wird und dann nachgedacht wird. Wie sieht es mit der Therapie aus? Was gibt es mittlerweile für Möglichkeiten?
4 Seite 4/5 Die gleichen wie bei Frauen, also die Operation steht im Vordergrund. Meistens wird zunächst eine Stanzbiopsie durchgeführt. Dann wird entschieden, ob man vorgezogen vor der Operation zum Beispiel eine Chemotherapie macht. Das hat gewisse Vorteile. Man sieht das Ansprechen dieser Therapie, sonst muss man es nachher einfach glauben. Man würde operieren, Strahlentherapie würde sich anschließen und dann eine systemische Therapie, die häufig auch gerade bei Männern ein antihormonelle sein kann. Es muss nicht immer eine Chemotherapie sein, denn die Männer, die einen Brustkrebs bekommen, sind meistens Rezeptor-positiv, das heißt, dass der Tumor Hormone erkennt und darauf auch reagiert, wenn man ihn hier bremst. Wir hatten eben über die Risikofamilien gesprochen. Ist denn dieser genetische Test, den Frauen machen können, für Männer eigentlich auch empfehlenswert? Also ich würde ihn machen. Ich bin immer jemand, der weniger Ängste hat, wenn Klarheit besteht. Ich würde so was gerne wissen wollen, ich würde den Test machen. Und man kann dann ja mit erhöhter Aufmerksamkeit vielleicht die Dinge, die man ja vielleicht nicht verhindern kann, aber frühzeitig entdecken wollen. Frauen haben es einfach leichter, glaube ich, sich einfach Selbsthilfegruppen anzuschließen, nicht wahr? Das ist für Männer immer noch bisschen schwieriger, aber für Männer doch genauso sinnvoll, oder? Also ich finde es sehr sinnvoll und ich finde es eine sehr schöne Idee, dass Herr Meyer dieses Netzwerk gegründet hat. Denn meistens kommen Frauen leichter über Ihre Probleme hinweg, indem sie mit anderen Betroffenen reden. Ich glaube, dass das für Männer genauso gilt. Es schafft sehr viel Entlastung, Menschen in einer ähnlichen Situation zu sehen und Verständnis und Solidarität zu erfahren -- ich finde das sehr wichtig. Will aber auch sehr betonen, dass es für mich eine ganz wichtige Therapieschiene ist, sich die Unterstützung der Psychoonkologie und der Kunsttherapie zu holen. Wir haben immer wieder Männer betreut, bei denen wir gedacht haben, da können wir jetzt doch nicht die Kunsttherapeutin hinschicken. Und was war?
5 Seite 5/5 Und es war wirklich sehr interessant. Die Männer haben gemalt wie die Weltmeister. Es war wirklich eine für sie sehr entlastende Therapie und das sind da ausgebildete Trauma-Therapeutinnen. Das sind Profis, die in einer schwierigen Lebenssituation -- egal mit welchen Methoden -- einfach Unterstützung geben. Und dazu will ich nur motivieren. Hätten Sie abschließend noch einen Rat für alle Patienten? Ja, nicht den Kopf in den Sand stecken. Ich würde immer aufmerksam mit meinem Körper umgehen und wenn irgendein Problem auftritt, würde ich mich beraten lassen. Einfach tapfer sein und hingehen, schauen, ob denn überhaupt irgendwas ist, und wenn, das Beste daraus machen. Ganz herzlichen Dank für das Gespräch. Dankeschön, dass Sie bei uns waren. Ja, wenn Sie, liebe Zuschauer, dringende Fragen haben, dann können Sie die Experten der Deutschen Krebshilfe auch anrufen. Die Nummer sehen Sie unten eingeblendet. Und alle Informationen zu diesem und natürlich auch zu den anderen Themen der Sendung finden Sie wie immer auch im Internet unter
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