Einführung in die Erkenntnistheorie. Prof. Dr. Martin Kusch
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- Norbert Feld
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1 Einführung in die Erkenntnistheorie Prof. Dr. Martin Kusch 1
2 Thema für den ersten Aufsatz: Die klassische Analyse des Wissens und die Gettier-Fälle Material: Vorlesungen & die unter Thema 1 ( Die Definition des Wissens ) angegebene Literatur. Alle verwendete Literatur muss angegeben werden. Zitate sind als solche zu kennzeichnen (mit Seitenangabe). Zirka 12 Seiten. Font cm weit, Zeilenabstand 2.0. In elektronischer Form einzureichen. 2
3 4. Vorlesung: Das Prinzip der Geschlossenheit 3
4 Zwei wichtige Schlussfiguren Modus (Ponendo) Ponens* p q p q Wenn Hans spricht, ist mir fad. Hans spricht. Mir ist fad. * Schlussfigur, die durch das Setzen einer Aussage eine andere Aussage setzt 4
5 Zwei wichtige Schlussfiguren Modus (Ponendo) Ponens* Modus (Tollendo) Tollens** p q p q ( q p ) p q q p Wenn Hans spricht, ist mir fad. Hans spricht. Mir ist fad. Wenn Hans spricht, ist mir fad. Mir ist nicht fad. Hans spricht nicht. * Schlussfigur, die durch das Setzen einer Aussage eine andere Aussage setzt ** die durch das Verneinen eine andere verneint 5
6 1 Der kontrafaktuale Konditionalsatz 2 Nozicks kontrafaktuale Definition des Wissens 3 Nozicks Definition und die Gettier-Fälle 4 Nozicks Definition und der Skeptizismus 5 Die Aufgabe des Prinzips der Geschlossenheit bei Nozick und Dretske 6 Einwände 6
7 1 Der kontrafaktuale Konditionalsatz 2 Nozicks kontrafaktuale Definition des Wissens 3 Nozicks Definition und die Gettier-Fälle 4 Nozicks Definition und der Skeptizismus 5 Die Aufgabe des Prinzips der Geschlossenheit bei Nozick und Dretske 6 Einwände 7
8 Kontrafaktualer Konditionalsatz: Wenn so-und-so [nicht] geschehen wäre, dann wäre das-und-das [nicht] passiert. (*) Wenn ich Sarah nicht dann wäre ich jetzt getroffen hätte, nicht glücklich. Antezedenz Konsequenz 8
9 Kontrafaktualer Konditionalsatz: Wenn so-und-so [nicht] geschehen wäre, dann wäre das-und-das [nicht] passiert. (*) Wenn ich Sarah nicht dann wäre ich jetzt getroffen hätte, nicht glücklich. Antezedenz Konsequenz Wäre ich denn unglücklich, wenn ich in den USA leben würde und dort mit Halle Berry verheiratet wäre? Und gibt es keine Umstände, in denen ich trotz Sarah nicht glücklich wäre? 9
10 Wie lassen sich kontrafaktuale Bedingungssätze genauer verstehen? D.h. unter welchen Bedingungen ist (*) wahr? Beginne mit der wirklichen Welt (in der ich Sarah getroffen habe): und ändere an der Welt nur, dass ich Sarah nicht getroffen habe (und die Umstände, die daraus folgen). Und dann schaue nach, ob ich in der so abgeänderten Welt glücklich bin Wenn nicht, dann ist (*) wahr. 10
11 Wie lassen sich kontrafaktuale Bedingungssätze genauer verstehen? D.h. unter welchen Bedingungen ist (*) wahr? Beginne mit der wirklichen Welt (in der ich Sarah getroffen habe): und ändere an der Welt nur, dass ich Sarah nicht getroffen habe (und die Umstände, die daraus folgen). Und dann schaue nach, ob ich in der so abgeänderten Welt glücklich bin Wenn nicht, dann ist (*) wahr. Damit ich Halle Berry treffe, muss an der wirklichen Welt viel mehr geändert werden. Ebenso hinsichtlich des Unglücklichseins. Diese Szenarien sind daher irrelevant. 11
12 Das Standardmodell (David Lewis) Es gibt viele mögliche (vorstellbare) Welten (denkbare Szenarien)... aber nur eine wirkliche Welt. Die vielen möglichen Welten sind mehr oder weniger weit von der wirklichen Welt entfernt. 12
13 (*) redet nicht über die wirkliche Welt hier habe ich Sarah getroffen. Aber über welche mögliche Welt(en) redet (*)? 13
14 Nennen wir die Welten, in denen ich Sarah nie getroffen habe, die Nicht-Sarah-Welten. Diese liegen verschieden weit von der wirklichen Welt entfernt. 14
15 Nicht-Sarah-Welten Wirkliche Welt 1 Ich habe statt Sarah Halle Berry getroffen. 2 Ich habe mich nie für Frauen interessiert. 3 Ich habe nie Frauen getroffen. 15
16 Nennen wir die Welten, in denen ich jetzt (2013) nicht glücklich bin, die Unglücks-Welten. Diese liegen verschieden weit von der wirklichen Welt entfernt. 16
17 Nicht-Sarah-Welten 3 1 2c b a. Wirkliche Welt Unglücks-Welten a b c Ich habe Sarah getroffen, aber habe 2013 ständig Migräne. Ich habe Sarah getroffen, aber werde 2013 gefoltert. Ich habe mich nie für Frauen interessiert und bin 2013 todunglücklich. 17
18 Nicht-Sarah-Welten 3 1 2c b a. Wirkliche Welt Unglücks-Welten Dass (*) wahr ist, schließt nicht aus, dass es Welten gibt, in denen ich unglücklich bin, obwohl ich Sarah getroffen habe [a, b] Dass (*) wahr ist, schließt nicht aus, dass es Welten gibt, in denen ich jetzt glücklich bin, obwohl ich Sarah nicht getroffen habe [1, 3] 18
19 (*) Wenn ich Sarah nicht dann wäre ich jetzt getroffen hätte, nicht glücklich. Antezedenz Konsequenz Wie lassen sich kontrafaktuale Bedingungssätze genauer verstehen? D.h. unter welchen Bedingungen ist (*) wahr? (*) ist wahr g.d.w. ich in denjenigen Nicht-Sarah-Welten unglücklich bin, die der wirklichen Welt am nächsten liegen. 19
20 Die Existenz solcher Welten zeigt, dass (*) wahr ist. Nicht-Sarah-Welten 3 1 2c b a. Wirkliche Welt Unglücks-Welten 20
21 (*) ist wahr g.d.w. ich in denjenigen Nicht-Sarah-Welten unglücklich bin, die der wirklichen Welt am nächsten liegen. VERGLEICHE DIE EINLEITENDE CHARAKTERISIERUNG: Beginne mit der wirklichen Welt (in der ich Sarah getroffen habe): und jetzt ändere an der Welt, dass ich Sarah nicht getroffen habe (und die Umstände, die daraus folgen). Und dann schaue nach, ob ich in der so abgeänderten Welt glücklich bin Wenn nicht, dann ist (*) wahr. 21
22 Die Existenz solcher Welten zeigt, dass (*) wahr ist. Die Konsequenz muss in den nächstgelegenen Antezedenz- Welten zutreffen. Antezedenz-Welten. Wirkliche Welt Konsequenz-Welten 22
23 In diesem Fall ist (*) falsch. Nicht-Sarah-Welten. Wirkliche Welt Unglücks- Welten 23
24 In diesem Fall ist (*) auch falsch. Nicht-Sarah-Welten. Wirkliche Welt Unglücks- Welten 24
25 (*) Wenn ich Sarah nicht dann wäre ich jetzt getroffen hätte, nicht glücklich. Antezedenz Konsequenz Es gibt mögliche Welten, in denen ich Sarah nie getroffen habe, die aber ansonsten der wirklichen Welt sehr nahekommen und in diesen Welten bin ich jetzt nicht glücklich. Formal: p q p: Ich habe Sarah getroffen. q: Ich bin jetzt glücklich. 25
26 1 Der kontrafaktuale Konditionalsatz 2 Nozicks kontrafaktuale Definition des Wissens 3 Nozicks Definition und die Gettier-Fälle 4 Nozicks Definition und der Skeptizismus 5 Die Aufgabe des Prinzips der Geschlossenheit bei Nozick und Dretske 6 Einwände 26
27 Robert Nozick ( ) Philosophical Explanations (1981) 27
28 (A) Eine kontrafaktuale Definition des Wissens W s p = df (1) p (ist wahr) (2) Ü s p (3) p Ü s p Variationsbedingung (4) p Ü s p & (Ü s p) Festhaltungsbedingung 28
29 (3) p Ü s p Variationsbedingung p Welten. Wirkliche Welt Ü s p Welten Wenn (3) wahr ist, dann gibt es solche Welten. 29
30 (4) p Ü s p & (Ü s p) Festhaltungsbedingung p Welten. Wirkliche Welt Ü s p Welten Wenn (4) wahr ist, dann gibt es solche Welten. 30
31 Die Notwendigkeit der Festhaltungsbedingung Ich bin ein GIT und werde manipuliert zu glauben, ich sei ein GIT. Weiß ich nun ich sei ein GIT? 31
32 Die Notwendigkeit der Festhaltungsbedingung Ich bin ein GIT und werde manipuliert zu glauben, ich sei ein GIT. Weiß ich nun ich sei ein GIT? Nein! Aber (3) Ist erfüllt: Wäre ich kein GIT, dann würde ich auch nicht glauben, ich sei ein GIT. 32
33 Die Notwendigkeit der Festhaltungsbedingung Ich bin ein GIT und werde manipuliert zu glauben, ich sei ein GIT. Weiß ich nun ich sei ein GIT? Nein! Aber (3) Ist erfüllt: Wäre ich kein GIT, dann würde ich auch nicht glauben, ich sei ein GIT. (4) Ist nicht erfüllt: Wäre ich ein GIT, dann hätte ich auch leicht manipuliert werden können zu glauben, ich sei kein GIT. 33
34 Grundidee: Eine Überzeugung, ist nur dann Wissen, wenn sie der Wahrheit auf der Fährte bleibt (tracks the truth). D.h. selbst wenn sich die Dinge in einer nahen möglichen Welt anders verhalten, als sie dies tatsächlich tun. 34
35 1 Der kontrafaktuale Konditionalsatz 2 Nozicks kontrafaktuale Definition des Wissens 3 Nozicks Definition und die Gettier-Fälle 4 Nozicks Definition und der Skeptizismus 5 Die Aufgabe des Prinzips der Geschlossenheit bei Nozick und Dretske 6 Einwände 35
36 E. Gettier (1927 -) Gettiers Gegenbeispiele Edmund Gettier (1963), "Is Justified True Belief Knowledge?" 36
37 dass Bauer 10 Münzen in die Tasche steckt. Gruber weiß dass Bauer sehr qualifiziert ist. dass Boss sagt: Bauer bekommt den Job.
38 dass Bauer 10 Münzen in die Tasche steckt. 38 Gruber weiß dass Bauer sehr qualifiziert ist. dass Boss sagt: Bauer bekommt den Job. rechtfertigt (1) Bauer hat 10 Münzen in der Tasche und er kriegt den Job.
39 dass Bauer 10 Münzen in die Tasche steckt. 39 Gruber weiß dass Bauer sehr qualifiziert ist. dass Boss sagt: Bauer bekommt den Job. rechtfertigt (1) Bauer hat 10 Münzen in der Tasche und er kriegt den Job. Aus (1) folgt (2): rechtfertigt (2) Der Mann, der den Job kriegt, hat 10 Münzen in der Tasche.
40 40 Beweismaterial Subjekt hat rechtfertigt Überzeugung (1)
41 41 Beweismaterial Subjekt hat rechtfertigt deduziert richtig Überzeugung (1) rechtfertigt Überzeugung (2)
42 42 Beweismaterial Subjekt hat rechtfertigt deduziert richtig Überzeugung (1) rechtfertigt Überzeugung (2) WAHR!!!
43 43 Beweismaterial Subjekt hat rechtfertigt deduziert richtig Überzeugung (1) rechtfertigt Überzeugung (2) WAHR!!!
44 44 Beweismaterial Subjekt hat rechtfertigt deduziert richtig Überzeugung (1) rechtfertigt Überzeugung (2) WAHR!!! (2) also wahr und gerechtfertigt. Dann aber nach KAW auch Wissen!
45 Gruber weiß dass Bauer 10 Münzen in die Tasche steckt. dass Bauer sehr qualifiziert ist. Aber: Der Boss hat sich vertan. Müller bekommt den Job. Zufällig hat aber auch Müller 10 Münzen in der Tasche. dass Boss sagt: Bauer bekommt den Job. IRRTUM rechtfertigt (1) Bauer hat 10 Münzen in der Tasche und er kriegt den Job. FALSCH Aus (1) folgt (2): rechtfertigt (2) Der Mann, der den Job kriegt, hat 10 Münzen in der Tasche. WAHR 45
46 46 Beweismaterial Subjekt hat rechtfertigt deduziert richtig Überzeugung (1) FALSCH!!! rechtfertigt Überzeugung (2) WAHR!!!
47 47 Beweismaterial Subjekt hat rechtfertigt deduziert richtig Überzeugung (1) FALSCH!!! rechtfertigt Überzeugung (2) WAHR!!! (2) also wahr und gerechtfertigt. Und dennoch kein Wissen!!!
48 48 Beweismaterial Subjekt hat rechtfertigt deduziert richtig Überzeugung (1) FALSCH!!! rechtfertigt Überzeugung (2) WAHR!!! (2) kein Wissen obwohl wahr und gerechtfertigt: Die Rechtfertigung für (2) hat nichts mit der Wahrheit von (2) zu tun!
49 Nozicks Analyse des Falles (2) erfüllt die Variationsbedingung nicht: Gruber würde (2) auch dann glauben, wenn es falsch wäre. Denn Müller spielt ja für Grubers Überzeugung gar keine Rolle. Also gibt die kontrafaktuale Analyse die richtige Antwort!!! 49
50 1 Der kontrafaktuale Konditionalsatz 2 Nozicks kontrafaktuale Definition des Wissens 3 Nozicks Definition und die Gettier-Fälle 4 Nozicks Definition und der Skeptizismus 5 Die Aufgabe des Prinzips der Geschlossenheit bei Nozick und Dretske 6 Einwände 50
51 Allgemeines: Analyse des Skeptizismus Jede erkenntnistheoretische Analyse des Wissens muss auch die skeptischen Argumente behandeln und ihre Kraft erklären. Das Ziel ist nicht, den Skeptizismus zu widerlegen. Eher zu erklären, wie Wissen möglich ist, auch wenn wir dem Skeptizismus z. T. zustimmen. Wir brauchen nicht den Skeptiker zu überzeugen, und wir können Hypothesen einführen, die jener nicht akzeptiert. 51
52 Es genügt, dass wir diese Hypothesen plausibel finden. Sie müssen uns zeigen, wie die Existenz von Wissen mit den logischen Möglichkeiten zusammenpasst, die der Skeptiker aufzeigt. D.h.: Wir wollen die skeptischen Argumente mit dem Rest unseres Systems von Überzeugungen versöhnen. 52
53 Skeptische Möglichkeiten Der Skeptiker verweist auf Möglichkeiten, dass wir Dinge glauben, die falsch sind. Und der Verweis auf diese Möglichkeiten soll Wissen untergraben. Und zwar zunächst und vor allem Teil (3) der Wissensanalyse. 53
54 Der Skeptiker verneint (3): (3) p Ü s p ( 3): ( p Ü s p ) Der Skeptiker konfrontiert uns mit Szenarien, in denen wir auch dann die Überzeugung dass p hätten, wenn p nicht zuträfe: GIT-Szenarium, Traum, böser Dämon. 54
55 Skeptische Resultate Kann man wissen, dass ein skeptisches Szenarium nicht vorliegt? Dann müsste folgendes gelten: W s p: (1) p W s ( SH) : (1) SH (2) Ü s p (2) Ü s SH (3) p Üp (3) SH Ü s SH (4) p Üp (4) SH Ü s SH 55
56 Skeptische Resultate Kann man wissen, dass ein skeptisches Szenarium nicht vorliegt? NEIN! Dann müsste folgendes gelten: W s ( SH) : (1) SH (3) ist nicht erfüllt: wäre ich in einem skeptischen Szenarium, würde ich nicht unbedingt glauben, dass ich es bin (2) Ü s SH (3) SH Ü s SH (4) SH Ü s SH 56
57 . Wirkliche Welt 57
58 Hierin hat der Skeptiker also recht: wir wissen nicht, ob die von ihm aufgezeigte Möglichkeit besteht oder nicht. Hat damit nicht der Skeptiker schon gewonnen? Er will folgendermaßen schließen: Wenn wir nicht wissen können, dass wir nicht in einem skeptischen Szenarium sind, dann können wir gewöhnliche Dinge (über die Außenwelt) nicht wissen. 58
59 Das skeptische Paradox (1) W [GD] (2) W [ SH] (3) W [ SH] W[GD] Das skeptische Argument (2) W [ SH] (3) W [ SH] W[GD] ( 1) W [GD] 59
60 Formal: (1) W [ SH] (2) W [ SH] W [GD] (K) W [GD] W = Wissen = Negation ( Es ist nicht der Fall, dass ) = Wenn-dann SH = Skeptische Hypothese GD = Gewöhnliche Dinge 60
61 Formal: (1) W [ SH] (2) W [ SH] W [GD] Nozick: Aber (2) ist falsch!!! (K) W [GD] W = Wissen = Negation ( Es ist nicht der Fall, dass ) = Wenn-dann SH = Skeptische Hypothese GD = Gewöhnliche Dinge 61
62 Nozick: Folgendes Szenarium ist möglich Ich weiß, dass a b logisch impliziert: (a) Ich halte gerade eine Vorlesung in Wien. (b) Ich bin kein GIT auf einem fernen Planeten. Ich erfülle die kontrafaktuale Wissensdefinition (1-4) für a. Ich erfülle nicht die kontrafaktuale Wissensdefinition (1-4) für b. 62
63 Nozick: Folgendes Szenarium ist möglich Ich weiß, dass a b logisch impliziert: (a) Ich halte gerade eine Vorlesung in Wien. (b) Ich bin kein GIT auf einem fernen Planeten. Ich erfülle die kontrafaktuale Wissensdefinition (1-4) für a. Ich erfülle nicht die kontrafaktuale Wissensdefinition (1-4) für b. W [GD] Aber nicht: W [ SH] W [GD] W [ SH] Aber nicht: W [GD] W [ SH] W [GD SH] 63
64 Nozick: Folgendes Szenarium ist möglich Ich weiß, dass a b logisch impliziert: (a) Ich halte gerade eine Vorlesung in Wien. (b) Ich bin kein GIT auf einem fernen Planeten. Ich erfülle die kontrafaktuale Wissensdefinition (1-4) für a. Ich erfülle nicht die kontrafaktuale Wissensdefinition (1-4) für b. Aber folgt denn nicht aus meinem Wissen dass a und meinem Wissen dass (a b), dass ich Wissen habe dass b? Und folgt nicht, modus tollens, dass wenn ich kein Wissen habe dass b ich auch a nicht weiß? 64
65 Nozick: Folgendes Szenarium ist möglich W [GD] Aber nicht: W [ SH] W [GD] W [ SH] Aber nicht: W [GD] W [ SH] W [GD SH] Aber folgt denn W [ SH] nicht aus W [GD] und W [GD SH]? Nein! 65
66 W [GD] Aber nicht: W [ SH] W [GD] W [ SH] Aber nicht: W [GD] W [ SH] W [GD SH] p gd Welten. Wirkliche Welt Ü s p gd Welten Wenn (3) wahr ist, dann gibt es solche Welten. 66
67 Der Skeptiker übersieht, dass (3) für gewöhnliche Dinge auch auch dann erfüllt sein kann, wenn wir nicht wissen, dass wir uns nicht in skeptischen Szenarien / Welten befinden. (3) p gd Ü s p gd (3) spricht nur von der p-welt (oder p-welten), die der wirklichen Welt am nächsten sind. Von weiter entfernteren Welten redet es nicht. Und skeptische Welten sind weit entfernt!!! 67
68 (3) kann also wahr sein, auch wenn man in skeptischen Szenarios (GIT, böser Dämon ) falsche Überzeugungen hat!!! Mit anderen Worten: die skeptischen Szenarien sind zu weit von der wirklichen Welt entfernt, als dass sie das Wissen um gewöhnliche Dinge infrage stellen könnten. 68
69 1 Der kontrafaktuale Konditionalsatz 2 Nozicks kontrafaktuale Definition des Wissens 3 Nozicks Definition und die Gettier-Fälle 4 Nozicks Definition und der Skeptizismus 5 Die Aufgabe des Prinzips der Geschlossenheit bei Nozick und Dretske 6 Einwände 69
70 Das skeptische Argument (1) W [ SH] (2) W [ SH] W[GD] (3) W [GD] Moores Argument ( 3) W [GD] (2) W [GD] W[ SH] ( 1) W [ SH] 70
71 Beiden Argumenten ist (2) gemeinsam. Was (2) so plausibel macht ist das Prinzip der Geschlossenheit des Wissens. Wenn ich etwas weiß, dann weiß ich auch, was hieraus logisch folgt. Wenn ich etwas nicht weiß, dann weiß ich auch nicht, was hieraus logisch folgt. (Sofern ich es mir nur sorgfältig durch den Kopf gehen lasse). 71
72 Wenn ich etwas weiß, dann weiß ich auch was hieraus logisch folgt. Vgl. Moore: (1) W [GD] (2) W [GD] W [ SH] (3) W [ SH] (modus tollens) 72
73 Wenn ich etwas weiß, dann weiß ich auch was hieraus logisch folgt. Vgl. Skeptiker: (1) W [GD]? (2) W [GD] W [ SH] (3) W [ SH] (4) W [GD] (modus tollens) 73
74 Wenn wir das Prinzip der Geschlossenheit widerlegen oder einschränken könnten, könnten wir den Skeptiker blockieren!! Ein Gegenbeispiel von Fred Dretske ( ) Wir sind mit der kleinen Marietta im Zoo: 74
75 Marietta: Da sind Zebras. Weiß Marietta, dass hier Zebras sind? 75
76 Marietta: Da sind Zebras. Marietta: Da sind Zebras. Weiß Marietta, dass hier Zebras sind? 76
77 Marietta: Da sind Zebras. Marietta: Da sind Zebras. Weiß Marietta, dass hier Zebras sind? Nein, nicht gemäß dem Prinzip der Geschlossenheit. Und das stimmt auch! 77
78 Marietta steht vor dem Zebragehege (in dem nur Zebras sind), zeigt hinein und sagt: Da sind Zebras. Später steht Marietta steht vor dem Löwenkäfig (in dem nur Löwen sind), zeigt hinein und sagt: Da sind auch Zebras. Weiß Marietta, dass im Zebragehege Zebras sind? Nein sagt das Prinzip der Geschlossenheit: Damit man weiß, dass die Tiere im Zebragehege Zebras sind, muss man auch wissen, was aus dieser Tatsache folgt: dass nämlich die Tiere im Zebragehege keine Löwen sind. 78
79 Marietta: Da sind Zebras. Marietta: Da sind Zebras. 79
80 Marietta: Da sind Zebras. (Als Zebras angemalte Esel!) Marietta: Da sind Zebras. Weiß Marietta, dass hier Zebras sind? Nein sagt das Prinzip der Geschlossenheit. (Mit Dank an Anne Hloch.) 80
81 Marietta: Da sind Zebras. (Als Zebras angemalte Esel!) Marietta: Da sind Zebras. Weiß Marietta, dass hier Zebras sind? Nein sagt das Prinzip der Geschlossenheit. Aber wir denken tatsächlich anders: irrelevante Alternativen!!! (Mit Dank an Anne Hloch.) 81
82 Marietta steht vor dem Zebragehege (in dem nur Zebras sind), zeigt hinein und sagt: Da sind Zebras. Später steht Marietta steht vor einem Gehege, in dem nur als Zebras angemalte Esel sind; sie zeigt hinein und sagt: Da sind auch Zebras. Weiß Marietta, dass im Zebragehege Zebras sind? Nein sagt das Prinzip der Geschlossenheit: Damit man weiß, dass die Tiere im Zebragehege Zebras sind, muss man auch wissen, was aus dieser Tatsache folgt: dass nämlich die Tiere im Zebragehege keine als Zebras angemalten Esel sind. 82
83 Dretske meint, dass wir das Prinzip der Geschlossenheit nicht so uneingeschränkt anwenden: Marietta weiß, dass im Zebragehege Zebras sind, auch wenn sie Zebras nicht von angemalten Eseln unterscheiden kann. Die angemalten Esel sind im Zoo keine relevante Alternative!!! 83
84 Damit Marietta weiß, dass die Tiere im Gehege Zebras sind, muss sie die Alternative ausschließen können, dass die Tiere Löwen sind. Sie muss aber nicht wissen, dass die Tiere keine verkleideten Esel sind. Dass die Tiere Löwen sind, ist eine relevante Alternative in dieser Situation. Dass die Tiere verkleidete Esel sind, ist keine relevante Alternative in dieser Situation. 84
85 Analogie zum Skeptizismus Damit ich weiß, dass ich jetzt eine Vorlesung halte, muss ich wissen, dass dies keine Sprechstunde, keine Berufungskommission, keine Familienfeier ist. Aber ich muss nicht wissen (ausschließen können), dass dies keine durch einen Computer meinem Gehirn gefütterte Illusion ist. Skeptische Alternativen sind keine relevanten Alternativen. 85
86 1 Der kontrafaktuale Konditionalsatz 2 Nozicks kontrafaktuale Definition des Wissens 3 Nozicks Definition und die Gettier-Fälle 4 Nozicks Definition und der Skeptizismus 5 Die Aufgabe des Prinzips der Geschlossenheit bei Nozick und Dretske 6 Einwände 86
87 Einwände (A) Edward Craig: Als Waffe gegen den Skeptiker funktioniert Nozicks Analyse nur dann, wenn die skeptischen Welten weit weg sind. Und wenn sie weit weg sind, dann ist die wirkliche Welt auch keine skeptische Welt. Aber wenn wir das schon wissen, dann brauchen wir Nozicks Attacke auf das Prinzip der Geschlossenheit gar nicht mehr. 87
88 (B) Alan H. Goldman: Mein Thermometer ist präzise zwischen 0 und 60 Grad. Unter 0 gibt es (fälschlicherweise) immer den Wert 0 Grad. Ich sehe, dass das Thermometer 40 Grad anzeigt. Ich schließe, dass es jetzt nicht -30 Grad sind. Ich weiß das auch. Aber nach Nozick weiß ich das nicht: Wenn es wirklich -30 Grad wären, würde ich es nicht glauben (denn dann gäbe ja das Thermometer die Temperatur als 0 Grad an). 88
89 (C) John Hawthorne: Ein echter Hund und eine künstliche Katze sind in meinem Zimmer, und der Hund verstellt die Sicht auf die Katze. Ich sehe den Hund und schließe, dass ein Tier im Zimmer ist. Wäre der Hund nicht im Zimmer gewesen, hätte ich die Deduktion mit Bezug auf die Katze durchgeführt. Weiß ich jetzt, dass ein Tier im Zimmer im Zimmer ist? Nozick sagt: nein ; und das ist falsch. 89
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