Digitalisierungsprozesse im Bauwesen
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- Edwina Hummel
- vor 7 Jahren
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1 Digitalisierungsprozesse im Bauwesen Von Prof. Dr.-Ing. Thomas Schmidt & André Schmiede Optimale Prozessgestaltung Digitalisierungsprozesse im Dienstleistungsgewerbe, im Handel und in der Automobilindustrie kennt heute fast jeder und ist damit mehr oder minder schon einmal in Berührung gekommen. Hier hat sich die Digitalisierung aufgrund der statischen Gegebenheiten leicht etablieren können. Durch die Digitalisierung von Auslieferungsvorgängen beispielsweise in der Logistik oder die Digitalisierung von Einkaufs- und Fertigungsprozessen konnte in den jeweiligen Branchen Personal eingespart und die Abwicklung der Prozesse optimierter gestaltet werden. So erwartet man heute bei einer digitalisierten Bestellung die Lieferung umgehend, fehlerfrei und garantiert. Durch die konsequente Digitalisierung aller digitalisierbaren Prozesse können Automobilunternehmen daher trotz der hohen Löhne noch am Standort Deutschland gewinnbringend produzieren. Realisiert wird dies nicht nur durch einen optimierten Personaleinsatz, sondern auch durch ganzheitlich digitalisierte Fertigungsprozesse. Vom Erstellen eines Prototyps bis zur Serienfertigung und deren Streckenfertigung wird in der Branche digitale Konstruktions- und Fertigungstechnik eingesetzt. Digitalisierung von Bauprozessen Das Bauen ist nun aber ein handwerklicher Prozess, der an unterschiedlichen Orten in unterschiedlichen Situationen fast ausschließlich Prototypen und keine Serien hervorbringt. Dennoch gibt es hier Optimierungspotential hinsichtlich der Planungs- und Fertigungsprozesse. Dies hat man schon in den 1980er Jahren erkannt und versucht, Bauprozesse zu digitalisieren. Damals scheiterte der Versuch besonders an der noch nicht weit genug entwickelten Computertechnik. Die Digitalisierung im Bauwesen zeigte sich zu allererst in den Planungsbüros mit der Ein- Seite 1
2 führung von CAD. Zeichnungen mussten nicht mehr per Post verschickt werden, Korrekturen nicht mehr mühsam aus dem Transparent gekratzt werden. Zum großen Teil wurde CAD in den Anfängen als digitales Zeichenbrett genutzt und fristet größtenteils bis heute dieses Schattendasein in den meisten kleinen und mittelständischen Planungsbüros. Alles wurde und wird meist noch heute 2D digitalisiert. Doch ist ein deutlich zu verzeichnender Trend bei neuentstandenen Büros hin zur dreidimensionalen Digitalisierung zu erkennen. In der studentischen Ausbildung wird an vielen Hochschulen dieser Trend gefördert und verstärkt. Fehlerbehebung im Planungsprozess Mehr und mehr wird auf Grund steigender Leistungsfähigkeit der Computer hinsichtlich Rechenleistung und Speicherkapazität konsequent D modelliert. Somit wird virtuell schon das zukünftige Seite 14 Bauwerk gebaut, kann von allen Seiten betrachtet werden und als Grundlage für fotorealistische Visualisierungen dienen. Außer diesem Effekt, die Vorstellungskraft zu unterstützen, birgt das D-Modell auch die Chance, im Planungsprozess schon Fehler oder Kollisionen zu erkennen, die sonst erst auf der Baustelle sichtbar geworden wären. Fehler, die man sich in der Automobilindustrie auf den Fließbändern nie erlauben könnte. Schon vor dem CAD-Einsatz in Planungsbüros zeigten sich Digitalisierungsprozesse in den Ingenieurbüros durch die Einführung von Berechnungsprogrammen für Tragwerksstatik zur Erleichterung des Rechenaufwandes. Auch hier ging mit steigender Leistungsfähigkeit der Computer der Einsatz von Berechnungssoftware stetig voran. So ist es heute fast Standard alles mit Finite-Elemente-Programmen zu erschlagen. Eine Entwicklung die, am Rande bemerkt, durchaus mit berechtigter Besorgnis der Ingenieure einhergeht.
3 Digitaler Einklang Durch Einführung von FE-Berechnungen wird die Tragwerksplanung und -berechnung heute weitestgehend automatisiert/ digitalisiert. Inzwischen werden hier komplette Bewehrungspläne und Listen schon anhand der Bauteilgeometrie automatisch generiert. In den Büros für technische Gebäudeausrüstung sind die Auslegungsberechnungen für Lüftung, Heizung und Elektrik weitestgehend softwarebasiert. Einige Pioniere dieser Branche generieren aus den erzeugten Strangschemen auch D-Leitungskörper, die dann im Zusammenspiel mit dem virtuellen Architekturmodell und dem Tragwerksmodell in Einklang gebracht werden können. Der digitale Einklang d. h. die detaillierte digitalisierte Abstimmung aller Planer sollte vor Baustart, besser noch vor Ausschreibung erreicht sein. Eine Wand lässt sich im virtuellen Modell mit ein paar Klicks wegstemmen, eine Lüftungs- oder Abwasserleitung im virtuellen Modell leicht umverlegen. Der Statiker kann am virtuellen Modell schnell den zusätzlich benötigten Durchbruch berücksichtigen und die Bewehrungen anpassen. Diese Prozesse auf der Baustelle zu lösen, ist wesentlich aufwendiger, teurer und kostet Zeit und Nerven. Fachübergreifende Zusammenarbeit Probleme können durch eine fachübergreifende Zusammenarbeit früh erkannt und beseitigt werden. Dazu benötigt es neben den digitalen Werkzeugen natürlich auch noch den festen Willen, fachübergreifend zusammenarbeiten zu wollen. Wenn alle projektbeteiligten Planer an einem virtuellen Modell zusammenarbeiten und gegenseitig Informationen austauschen, nennt man diese Zusammenarbeit Building Information Modeling, kurz BIM. Das Resultat dieser Planungsweise ist das virtuelle Bauwerksmodell (Virtual Seite 15
4 Building Model), welches optimalerweise nicht nur abgestimmte Geometrien, Tragwerke und Leitungen beinhaltet, sondern auch Informationen über Material, Kosten und Zeitaufwand für die einzelnen virtuellen Gewerke. So kann der ausführende Bauunternehmer anhand des Modells auch die Mengen und Massen überprüfen, seine eigene Arbeitsplanung an einem virtuellen Modell simulieren, den Ablauf und Maschineneinsatz optimaler koordinieren, den Baufortschritt kontrollieren und seine Abschlagsrechnungen nachvollziehbar einreichen. Notwendiges Umdenken Die großen Unternehmen haben sich des Themas BIM schon längst angenommen, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Das trifft auf Planer wie auch auf ausführende Unternehmen zu. In den Hochschulen stellt man sich dieser Herausforderung in der Ausbildung Seite 16 neuer Fachkräfte mit der Entwicklung entsprechender Lehrinhalte. Noch sind die Digitalisierungsprozesse im Bauwesen bei Weitem nicht abgeschlossen. Der 2-dimensionale Plan auf der Baustelle wird vorerst noch nicht verschwinden. Dieser kann und wird immer noch als Abbild des virtuellen Modelles per Knopfdruck erzeugt werden. Doch wird ein Umdenken und Handeln in Deutschland stattfinden müssen, da im europäischen und internationalen Bereich der Einsatz von vorgegebenen Digitalisierungsprozessen (BIM) bereits von den Auftraggebern gesetzlich gefordert werden kann. Diese Bestrebungen sind im Amtsblatt der Europäischen Union vom in Artikel 22 Abs. 4 bekanntgemacht worden: (4) Für öffentliche Bauaufträge und Wettbewerbe können die Mitgliedstaaten die Nutzung spezifischer elektronischer Instrumente, wie z. B. elektronischer Instrumente für die Gebäudedatenmodellierung oder dergleichen, verlangen...
5 Noch stehen Aufwand und Nutzen insbesondere für mittlere und kleinere Unternehmen unter dem Druck des Tagesgeschäfts nicht im richtigen Verhältnis. Dies wird und muss sich jedoch in naher Zukunft ändern, wenn man weiter mithalten will. Prof. Dr.-Ing. Thomas Schmidt ist Dekan des Fachbereichs Bauwesen an der Hochschule MagdeburgStendal (FH) André Schmiede lehrt an der Hochschule Magdeburg Stendal (FH) auf dem Gebiet Grundlagen der Bauinformatik und Darstellende Geometrie Seite 17
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